TE Lvwg Erkenntnis 2023/2/14 LVwG-M-15/001-2022

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 14.02.2023
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Entscheidungsdatum

14.02.2023

Norm

B-VG Art130 Abs1 Z2
PersFrSchG 1988 Art1
AnhO 1999 §25 Abs1
  1. B-VG Art. 130 heute
  2. B-VG Art. 130 gültig ab 01.02.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 14/2019
  3. B-VG Art. 130 gültig von 01.01.2019 bis 31.01.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  4. B-VG Art. 130 gültig von 01.01.2019 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 138/2017
  5. B-VG Art. 130 gültig von 25.05.2018 bis 31.12.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  6. B-VG Art. 130 gültig von 01.01.2015 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 101/2014
  7. B-VG Art. 130 gültig von 01.01.2014 bis 31.12.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 115/2013
  8. B-VG Art. 130 gültig von 01.01.2014 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  9. B-VG Art. 130 gültig von 01.01.2004 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  10. B-VG Art. 130 gültig von 01.01.1998 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 87/1997
  11. B-VG Art. 130 gültig von 01.01.1991 bis 31.12.1997 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 685/1988
  12. B-VG Art. 130 gültig von 01.07.1976 bis 31.12.1990 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 302/1975
  13. B-VG Art. 130 gültig von 18.07.1962 bis 30.06.1976 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 215/1962
  14. B-VG Art. 130 gültig von 25.12.1946 bis 17.07.1962 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 211/1946
  15. B-VG Art. 130 gültig von 19.12.1945 bis 24.12.1946 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  16. B-VG Art. 130 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Dr. Flendrovsky als Einzelrichter über die Maßnahmenbeschwerde des A, in ***, ***, gegen seine Festnahme sowie die anschließende Anhaltung auf der Polizeiinspektion *** am 17. Jänner 2022 (belangte Behörde: Bezirkshauptmannschaft Baden) nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 3. Oktober 2022 zu Recht:

1.   Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 6 VwGVG teilweise Folge gegeben und die Abnahme und anschließende Verwahrung des Pullovers sowie der Armbanduhr des Beschwerdeführers im Zuge seiner Anhaltung auf der Polizeiinspektion *** am 17. Jänner 2022 von etwas 17:45 bis
18:30 Uhr und weiters das Nichtausstellen einer Bestätigung für diese Anhaltung für rechtswidrig erklärt.

2.   Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

3.   Gemäß § 35 VwGVG hat der Beschwerdeführer dem Bund innerhalb von zwei Wochen Aufwendungen in der Höhe von € 599,30 zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

4.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG iVm
§ 25a Abs. 1 VwGG hinsichtlich der Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Abnahme und Verwahrung von Gegenständen des Beschwerdeführer während seiner Anhaltung (Pullover, Armbanduhr, Schuhe, Gürtel, Rucksack) sowie der Kostenentscheidung eine Revision zulässig, im Übrigen ist eine solche nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

I.       Sachverhalt und Verfahrensgang

1.       Der Beschwerdeführer nahm am 17. Jänner 2022 an einer Demonstration („***“) in *** teil, die mit einer Standkundgebung um 17:00 Uhr am dortigen *** beginnen und dann als Marschkundgebung fortgesetzt werden sollte. Dabei trug er keine Atemschutzmaske.

2.       Aus diesem Grund wurde der Beschwerdeführer um ca. 17:25 Uhr gemäß § 35 Z 3 VStG von einem Polizeibeamten festgenommen und von anderen Polizeibeamten mit einem Fahrzeug („Arrestantenwagen“) der Landespolizeidirektion Niederösterreich (LPD) auf die Polizeiinspektion *** (PI) verbracht.

Dort traf er um ca. 17:45 Uhr ein und wurde (wiederum von anderen Polizeibeamten) aufgefordert, seinen Pullover und seine Schuhe auszuziehen, sowie seinen Rucksack, seinen Gürtel, sein Mobiltelefon und seine Armbanduhr abzulegen. Diese Gegenstände wurden sodann als „Effekten“ in Verwahrung genommen. Sodann wurde der Beschwerdeführer in eine Zelle geführt und dort (bekleidet) einer Durchsuchung unterzogen. Danach wurde die Zelle abgeschlossen und dem Beschwerdeführer eine Decke gereicht. Einige Minuten später wurden ihm Informationsblätter für Festgenommene ausgefolgt, die eine dem § 36a VStG entsprechende Belehrung über seine Rechte (insbesondere das Recht, jemanden von der Festnahme zu verständigen) enthielten. Die Anhaltung dauerte bis ca. 18:30 Uhr. Bei seiner Entlassung erhielt er die verwahrten Gegenstände zurück, eine Haftbestätigung wurde ihm jedoch nicht ausgestellt. Auch als er am nächsten Tag um eine solche Bestätigung ersuchte, wurde sie ihm verweigert.

3.       Gegen diese Amtshandlungen (Festnahme und anschließende Anhaltung) richtet sich die vorliegende Maßnahmenbeschwerde vom 12. Februar 2022, die am 15. Februar 2022 beim Landesverwaltungsgericht Niederösterreich einlangte. Diese enthielt zunächst das Begehren, ein Disziplinarverfahren gegen die einschreitenden Beamten durchzuführen. Begründend machte der Beschwerdeführer Verletzungen der EMRK, des StGB und des SPG geltend.

4.       Mit Schreiben vom 21. Februar 2022 teilte das Landesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer mit, dass das Ziel einer Maßnahmenbeschwerde nur darin liegen könne, einen Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären. Für die strafrechtliche bzw. disziplinäre Verfolgung von Polizeibeamten seien demgegenüber zunächst die Staatsanwaltschaft und die Dienstbehörde und in weiterer Folge die Strafgerichte und die Bundesdisziplinar-behörde zuständig. Eine beim Landesverwaltungsgericht eingebrachte Beschwerde könne nur im Wege einer Richtlinienbeschwerde nach § 89 SPG indirekt zu disziplinären Konsequenzen für Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes führen.

Der Beschwerdeführer wurde aufgefordert, zu erklären, ob er mit der Beschwerde das Ziel verfolge, die bekämpften Verwaltungsakte für rechtswidrig zu erklären bzw. eine Richtlinienbeschwerde erheben wolle.

5.       Mit E-Mail vom 19. März 2022 gab der Beschwerdeführer bekannt, es sei Ziel seiner Beschwerde, das behördliche Handeln als rechtswidrig zu erklären und behauptete außerdem eine Verletzung der Unvoreingenommenheit der einschreitenden Beamten, worin er eine Verletzung der Richtlinien für das Einschreiten gemäß § 31 Abs. 2 Z 5 SPG erblickte.

6.       Darauf forderte das Landesverwaltungsgericht am 23. März 2022 die belangte Behörde zur Stellungnahme auf und leitete die Beschwerde (samt Ergänzung) im Hinblick auf die behauptete Richtlinienverletzung gemäß § 89 Abs. 1 SPG an die LPD weiter.

7.       Die belangte Behörde legte am 4. April 2022 einen Verwaltungsakt vor, in dem sich jedoch nur Unterlagen aus dem Zeitraum ab der Beschwerdeerhebung (insbesondere die Beschwerde selbst sowie ein Bericht des Bezirkspolizeikommandos *** –BPK vom 31. März 2022 über den Vorfall) befanden. Weiters erstattete sie eine Stellungnahme, mit der sie die Abweisung der Beschwerde sowie Kostenersatz im Umfang des Vorlageaufwandes (€ 57,40) sowie des Schriftsatzaufwandes (€ 368,80) beantragte.

8.       Die LPD legte am 20. April 2022 ein Antwortschreiben an den Beschwerdeführer vom 14. April 2022 vor, in dem sie keine Verletzung einer Richtlinie für das Einschreiten zu erkennen vermochte. Dieses enthielt einen Hinweis, dass gemäß § 89 Abs. 4 SPG innerhalb von zwei Wochen eine Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes verlangt werden könne. Angeschlossen waren auch verschiedene die Demonstration betreffende Unterlagen, insbesondere auch der bereits im Behördenakt befindliche Bericht vom 31. März 2022 sowie ein Einsatzbericht, aus dem sich ergibt, dass es bei der Demonstration lediglich zu einer einzigen Festnahme kam.

Ein Antrag des Beschwerdeführers auf Entscheidung durch das Landesverwaltungsgericht langte nicht ein.

9.       Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich führte am 3. Oktober 2022 in Mödling eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der (abgesehen von seinem verspäteten Eintreffen) der Beschwerdeführer sowie eine Vertreterin der belangten Behörde teilnahmen, die beide auch als Parteien einvernommen wurden. Ebenfalls einvernommen wurden die Zeugen B, C, der den Beschwerdeführer am 17. Jänner 2022 festgenommen hat, sowie D, der für seine anschließende Anhaltung auf der PI (mit-)verantwortlich war.

Die Behördenvertreterin beantragte nunmehr auch den Ersatz des Verhandlungsaufwandes.

Beide Parteien verzichteten auf die mündliche Verkündung des Erkenntnisses.

10.      Am 6. Oktober 2022 legte die belangte Behörde auch den Akt des auf Grund einer von der PI am 25. Jänner 2022 wegen des Nichttragens einer Maske während der Teilnahme an der Demonstration am 17. Jänner 2022 erstatteten Anzeige eingeleiteten Verwaltungsstrafverfahrens vor.

11.      Der Verfahrensgang ergibt sich in unbedenklicher Weise aus dem Gerichtsakt.

Der bisher festgestellte Sachverhalt folgt der Beschwerde, wird von der belangten Behörde insoweit nicht bestritten und steht auch mit den Aussagen der Parteien und Zeugen in der mündlichen Verhandlung im Einklang. Es erfolgten lediglich geringfügige Präzisierungen des Beschwerdevorbringens (insbesondere der festgestellten Uhrzeiten) anhand der Stellungnahme der LPD bzw. der Zeugenaussagen, die in der mündlichen Verhandlung erörtert wurden und denen (insoweit) keine Partei entgegengetreten ist.

II.      Weitere Sachverhaltsfeststellungen

1.       Dem Beschwerdeführer wurde am 12. August 2020 vom (damaligen) Arzt F ein Attest ausgestellt, mit dem dieser bestätigte, dass für den Beschwerdeführer das Tragen von einer den Mund- und Nasenbereich abdeckenden mechanischen Schutzvorrichtung aus gesundheitlichen Gründen kontraindiziert, wissenschaftlich belegbar gesundheitsschädlich und im Sinne der Psychohygiene traumatisierend und damit unzumutbar sei.

Beweiswürdigung: Diese Feststellung ergibt sich aus dem in der mündlichen Verhandlung vom Beschwerdeführer vorgelegten Attest, dessen Echtheit von der belangten Behörde nicht bestritten wurde.

2.       Zu Beginn der Demonstration am 17. Jänner 2022 erfolgten mehrfach Lautsprecherdurchsagen, in denen die Teilnehmer auf die Verpflichtung zum Tragen einer FFP2-Maske hingewiesen wurden. Der Beschwerdeführer wurde kurz nach dem Beginn von mehreren Polizeibeamten (in einer Gruppe, darunter der Zeuge C) dazu aufgefordert, eine Maske aufzusetzen, eine solche wurde ihm auch angeboten. Dies lehnte der Beschwerdeführer jedoch ab, wobei er auf sein Attest zwar hinwies, dieses jedoch trotz mehrfacher Aufforderung durch den Zeugen C nicht vorwies.

Nach Feststellung der Identität des Beschwerdeführers hielt der Zeuge C zunächst Rücksprache mit der anwesenden Behördenvertreterin (es handelte sich um dieselbe Vertreterin wie im nunmehrigen Beschwerdeverfahren) sowie der Einsatzleitung des BPK. Von der Behördenvertreterin erhielt er die Anweisung, einige Minuten zuzuwarten und den Beschwerdeführer dann nochmals zum Aufsetzen einer Maske bzw. zum Vorweisen des Attests aufzufordern. Nachdem der Beschwerdeführer beides nach wie vor verweigerte, wurde er vom Zeugen C (unter Bekanntgabe dieses Festnahmegrundes) festgenommen und zum Arrestantenwagen gebracht, mit dem er zur PI verbracht wurde. Auch hierüber wurde die Behördenvertreterin informiert.

Beweiswürdigung: Diese Feststellungen ergeben sich aus den übereinstimmenden Aussagen des Zeugen C und der Behördenvertreterin. Die Aussage des Beschwerdeführers stimmt damit nur insoweit nicht überein, als letzterer bei seiner Einvernahme angab, ihm sei keine Möglichkeit eingeräumt worden, sein Attest vorzuweisen. Insoweit werden die Aussagen des Zeugen C und der Behördenvertreterin im Hinblick darauf, dass diese miteinander im Einklang stehen und die Aussage des Zeugen im Gegensatz zu jener des Beschwerdeführers unter Wahrheitspflicht erfolgte, als glaubwürdig erachtet. Es ist auch kein nachvollziehbarer Grund erkennbar, warum der Beschwerdeführer die Behauptung, ihm sei keine Gelegenheit zum Vorweis des Attests geboten worden, erst in der Verhandlung und nicht schon in der Beschwerde erhoben hat, wo er nur pauschal vorbringt, er habe ein Attest gehabt; er bringt auch nicht vor, dass das Attest bei der anschließenden Durchsuchung vorgefunden worden wäre. Im Übrigen stimmt die Aussage der Zeugin B, die die Amtshandlung aus einer Entfernung von etwa 5 m (wenn auch ohne akustische Wahrnehmung) beobachten konnte, ebenfalls mit den Angaben des Zeugen C und der Behördenvertreterin insoweit überein, als sie dabei nichts anderes als den von ihr als „üblich“ bezeichneten Ablauf wahrnahm, bei dem Kundgebungsteilnehmer ohne Maske, somit auch der Beschwerdeführer, nach ihrem Maskenbefreiungsattest gefragt wurden. Eine Abweichung von diesem Ablauf hat sie, wie sie auf entsprechende ausdrückliche Nachfrage angab, nur einmal erlebt, als sie dem in ihrem Fall einschreitenden Polizeibeamten bereits bekannt war. Schließlich spricht auch der Umstand, dass die die Demonstration überwachenden Beamten (insbesondere der Zeuge C) zwar mehrere Amtshandlungen an Teilnehmern durchführten, die keine Maske trugen, jedoch der Beschwerdeführer als einziger festgenommen wurde (während die Teilnehmer, die zwar weiterhin keine Maske aufsetzten, aber ein Attest vorwiesen, bloß angezeigt wurden), gegen die (erst) in der Verhandlung erhobene Behauptung des Beschwerdeführers.

3.       Auf der PI wurde der Beschwerdeführer von den Polizeibeamten, die ihn im Arrestantenwagen begleitet hatten, dem Zeugen D sowie einem weiteren Beamten übergeben. Diese prüften um 17:45 Uhr nochmals die Identität des Beschwerdeführers, nahmen seine oben unter I.2 angeführten Effekten in Verwahrung und verbrachten ihn in die Zelle, wo er durchsucht wurde. Währenddessen verfasste der Zeuge D ein Anhalteprotokoll sowie eine Anzeige an die belangte Behörde wegen des Nichttragens einer Maske während der Teilnahme an einer Versammlung. Nach dessen Fertigstellung wurden dem Beschwerdeführer die Informationsblätter für Festgenommene ausgehändigt.

Den Wunsch, eine Person von seiner Festnahme zu verständigen, äußerte der Beschwerdeführer nicht.

Nachdem um ca. 18:30 Uhr die Standkundgebung beendet war und die Marschkundgebung die PI passiert hatte (die polizeiliche Überwachung dauerte noch bis 19:30 Uhr an), wurde der Beschwerdeführer – nach Rücksprache mit der Behördenvertreterin sowie Rückgabe der abgenommenen Effekten – entlassen.

Beweiswürdigung: Diese Feststellungen ergeben sich aus den Aussagen des Zeugen D und der Behördenvertreterin sowie (präzisierend) der Stellungnahme der LPD, die mit dem Beschwerdevorbringen bzw. der Aussage des Beschwerdeführers in der Verhandlung nicht im Widerspruch stehen. Insbesondere erklärte der Beschwerdeführer in der Verhandlung, sich nicht mehr erinnern zu können, ob er den Wunsch nach einem Telefonat geäußert habe, sodass auch insoweit kein Widerspruch zu den Angaben des Zeugen bestand, dem ein solcher Wunsch des Beschwerdeführers ebenfalls nicht in Erinnerung war.

III.     Rechtsvorschriften

1.       Die maßgeblichen Bestimmungen des Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetzes (VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl. I 109/2021, lauten:

„[…]

Inhalt der Beschwerde

§ 9. […]

(2) Belangte Behörde ist

[…]

2. in den Fällen des Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG jene Behörde, der die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt zuzurechnen ist

[…]

(4) Bei Beschwerden gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG tritt an die Stelle der Bezeichnung der belangten Behörde, soweit dies zumutbar ist, eine Angabe darüber, welches Organ die Maßnahme gesetzt hat.

[…]

Verhandlung

§ 24. (1) Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

[…]

Erkenntnisse

§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

[…]

(6) Ist im Verfahren wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG eine Beschwerde nicht zurückzuweisen oder abzuweisen, so hat das Verwaltungsgericht die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären und gegebenenfalls aufzuheben. Dauert die für rechtswidrig erklärte Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt noch an, so hat die belangte Behörde unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Zustand herzustellen.

[…]

Kosten im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt

§ 35. (1) Die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG) obsiegende Partei hat Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei.

(2) Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei.

[…]

(3a) § 47 Abs. 5 VwGG ist sinngemäß anzuwenden.

(4) Als Aufwendungen gemäß Abs. 1 gelten:

[…]

3. die durch Verordnung des Bundeskanzlers festzusetzenden Pauschalbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand.

(6) Die §§ 52 bis 54 VwGG sind auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.

(7) Aufwandersatz ist auf Antrag der Partei zu leisten. […]

[…]“

2.       Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesverfassungsgesetzes über den Schutz der persönlichen Freiheit (hier abgekürzt mit PersFrG), BGBl. 684/1988 idF BGBl. I 2/2008, lauten:

„Artikel 1

(1) Jedermann hat das Recht auf Freiheit und Sicherheit (persönliche Freiheit).

(2) Niemand darf aus anderen als den in diesem Bundesverfassungsgesetz genannten Gründen oder auf eine andere als die gesetzlich vorgeschriebene Weise festgenommen oder angehalten werden.

(3) Der Entzug der persönlichen Freiheit darf nur gesetzlich vorgesehen werden, wenn dies nach dem Zweck der Maßnahme notwendig ist; die persönliche Freiheit darf jeweils nur entzogen werden, wenn und soweit dies nicht zum Zweck der Maßnahme außer Verhältnis steht.

(4) Wer festgenommen oder angehalten wird, ist unter Achtung der Menschenwürde und mit möglichster Schonung der Person zu behandeln und darf nur solchen Beschränkungen unterworfen werden, die dem Zweck der Anhaltung angemessen oder zur Wahrung von Sicherheit und Ordnung am Ort seiner Anhaltung notwendig sind.

Artikel 2

(1) Die persönliche Freiheit darf einem Menschen in folgenden Fällen auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden:

[…]

3.zum Zweck seiner Vorführung vor die zuständige Behörde wegen des Verdachtes einer Verwaltungsübertretung, bei der er auf frischer Tat betreten wird, sofern die Festnahme zur Sicherung der Strafverfolgung oder zur Verhinderung weiteren gleichartigen strafbaren Handelns erforderlich ist;

[…]

Artikel 4

[…]

(5) Ein aus dem Grund des Art. 2 Abs. 1 Z 3 Festgenommener ist, wenn der Grund für die Festnahme nicht schon vorher wegfällt, unverzüglich der zuständigen Behörde zu übergeben. Er darf keinesfalls länger als 24 Stunden angehalten werden.

(6) Jeder Festgenommene ist ehestens, womöglich bei seiner Festnahme, in einer ihm verständlichen Sprache über die Gründe seiner Festnahme und die gegen ihn erhobenen Anschuldigungen zu unterrichten. Den sprachlichen Minderheiten bundesgesetzlich eingeräumte Rechte bleiben unberührt.

(7) Jeder Festgenommene hat das Recht, daß auf sein Verlangen ohne unnötigen Aufschub und nach seiner Wahl ein Angehöriger und ein Rechtsbeistand von der Festnahme verständigt werden.

[…]“

3.       Gemäß Art. 5 des Staatsgrundgesetzes über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger (StGG), RGBl. 142/1857, ist das Eigentum unverletzlich. Eine Enteignung gegen den Willen des Eigentümers kann nur in den Fällen und in der Art eintreten, welche das Gesetz bestimmt.

3.1.    Gemäß Art. 1 Abs. 1 des ersten Zusatzprotokolls zur Europäischen Menschenrechtskonvention (1. ZPEMRK), BGBl. 210/1958 (durch BGBl. 59/1964 in Verfassungsrang gehoben), hat jede natürliche oder juristische Person ein Recht auf Achtung ihres Eigentums. Niemandem darf sein Eigentum entzogen werden, es sei denn, dass das öffentliche Interesse es verlangt, und nur unter den durch Gesetz und durch die allgemeinen Grundsätze des Völkerrechts vorgesehenen Bedingungen.

4.       Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK, BGBl. 210/1958 (durch BGBl. 59/1964 in Verfassungsrang gehoben), hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

Gemäß Art. 8 Abs.2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit der Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

5.       Die maßgeblichen Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG), BGBl. 52 idF BGBl. I 58/2018, lauten:

„[…]

Zuständigkeit

§ 26. (1) Enthalten die Verwaltungsvorschriften über die sachliche Zuständigkeit keine Bestimmungen, so sind in Verwaltungsstrafsachen die Bezirksverwaltungsbehörden zuständig.

(2) In Verwaltungsstrafsachen in den Angelegenheiten des sachlichen Wirkungsbereiches der Landespolizeidirektionen ist jedoch im Gebiet einer Gemeinde, für das die Landespolizeidirektion zugleich Sicherheitsbehörde erster Instanz ist, die Landespolizeidirektion zuständig.

(3) Ob und inwieweit die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes durch Ausübung der in diesem Bundesgesetz geregelten Befugnisse am Strafverfahren mitzuwirken haben, bestimmen die Verwaltungsvorschriften.

§ 27. (1) Örtlich zuständig ist die Behörde, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden ist, auch wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg in einem anderen Sprengel eingetreten ist.

[…]

Festnahme

§ 35. Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes dürfen außer den gesetzlich besonders geregelten Fällen Personen, die auf frischer Tat betreten werden, zum Zweck ihrer Vorführung vor die Behörde festnehmen, wenn

[…]

3.der Betretene trotz Abmahnung in der Fortsetzung der strafbaren Handlung verharrt oder sie zu wiederholen sucht.

§ 36. (1) Jeder Festgenommene ist unverzüglich der nächsten sachlich zuständigen Behörde zu übergeben oder aber, wenn der Grund der Festnahme schon vorher wegfällt, freizulassen. Die Behörde hat den Angehaltenen unverzüglich zu vernehmen. […]

(2) Für die Anhaltung gilt § 53c Abs. 1 und 2 sinngemäß; das Erfordernis genügenden Tageslichtes kann jedoch entfallen, sofern ausreichende künstliche Beleuchtung vorhanden ist.

(3) Dem Festgenommenen ist ohne unnötigen Aufschub zu gestatten, einen Angehörigen (§ 36a AVG) oder eine sonstige Person seines Vertrauens zu verständigen und Kontakt mit einem Verteidiger aufzunehmen und diesen zu bevollmächtigen. […] Bestehen gegen eine Verständigung durch den Festgenommenen selbst Bedenken, so hat die Behörde die Verständigung vorzunehmen.

[…]

Rechtsbelehrung

§ 36a. Der Beschuldigte ist sogleich oder unmittelbar nach seiner Festnahme schriftlich in einer für ihn verständlichen Sprache über die Gründe seiner Festnahme und die gegen ihn erhobenen Anschuldigungen, über sein Recht auf Akteneinsicht, über sonstige wesentliche Rechte im Verfahren (§ 33 Abs. 2, § 36 Abs. 1 letzter Satz, Abs. 3 erster und zweiter Satz) und darüber zu informieren, dass er berechtigt ist, Zugang zu dringender medizinischer Versorgung zu erhalten. Ist die schriftliche Belehrung in einer Sprache, die der Beschuldigte versteht, nicht verfügbar, so ist er mündlich unter Beiziehung eines Dolmetschers zu belehren und die schriftliche Übersetzung ist ihm nachzureichen. Der Umstand der Belehrung ist schriftlich festzuhalten.

[…]

Durchführung des Strafvollzuges

§ 53c. (1) Häftlinge dürfen ihre eigene Kleidung tragen […].

(2) Häftlinge sind in einfach und zweckmäßig eingerichteten Räumen mit ausreichendem Luftraum und genügend Tageslicht unterzubringen. Die Hafträume sind gut zu lüften und in der kalten Jahreszeit entsprechend zu heizen. […]

[…]

(6) Die obersten Behörden haben für den Strafvollzug in den Hafträumen der Bezirksverwaltungsbehörden oder Landespolizeidirektionen eine Hausordnung zu erlassen. Darin sind die Rechte und Pflichten der Häftlinge unter Bedachtnahme auf die Aufrechterhaltung der Ordnung sowie unter sinngemäßer Berücksichtigung der sich aus dem Strafvollzugsgesetz – StVG, BGBl. Nr. 144/1969 ergebenden Grundsätze des Strafvollzuges und der räumlichen und personellen Gegebenheiten zu regeln […].

[…]“

6.       Die maßgeblichen Bestimmungen der (insbesondere auf Grundlage des § 53c Abs. 6 VStG erlassenen) Anhalteordnung (AnhO), BGBl. II 128/1999 idF BGBl. II 439/2005 lauten:

„[…]

2. Abschnitt

Vollzug der Haft

Anhaltung

§ 4.(1) Die Häftlinge sind unter Achtung der Menschenwürde und mit möglichster Schonung ihrer Person anzuhalten.

[…]

(2) Häftlinge haben ihre eigene Kleidung zu tragen. […]

[…]

Aufnahme

§ 6. […]

(4) Jeder Häftling hat sich bei der Aufnahme einer Durchsuchung zu unterziehen, die nur von jemandem desselben Geschlechts vorgenommen werden darf. […]

[…]

Verfügung über Kleidungsstücke und sonstige Effekten

§ 9. (1) In den Zellen dürfen nur die notwendigen Bekleidungsstücke, die zur Körperpflege und zur Einnahme von Speisen erforderlichen Gegenstände (geeignetes Essbesteck), persönliche Gegenstände und Gegenstände zur Freizeitgestaltung, sofern sie nicht als ordnungsstörend oder als gefährlich einzustufen sind, sowie Lebensmittel und Tabakwaren in geringen Mengen aufbewahrt werden. Die Mitnahme von Elektrogeräten bedarf einer Bewilligung des Kommandanten. Häftlinge dürfen geringfügige Geldbeträge bei sich haben, wenn dies der Kommandant generell für zulässig erklärt hat. Medikamente dürfen ausnahmslos nur mit Zustimmung des Arztes in die Zelle mitgenommen werden.

(2) Sonstige Effekten sind in Verwahrung zu nehmen, der Häftling kann jedoch über diese Gegenstände verfügen. Sie sind in ein Verzeichnis aufzunehmen, dessen Richtigkeit und Vollständigkeit sowohl das Aufsichtsorgan, welches die Aufnahme durchführt, als auch der Häftling zu bestätigen hat. Ist der Häftling des Schreibens unkundig oder verweigert er die Unterschrift, so sind Richtigkeit und Vollständigkeit des Verzeichnisses von einem zweiten Aufsichtsorgan zu bestätigen.

(3) Verwahrungshäftlingen dürfen über die Abs. 1 und 2 hinaus Beschränkungen auferlegt werden, die im Hinblick auf die kurze Dauer der Anhaltung oder deshalb geboten sind, weil Tatsachen die Annahme rechtfertigen, der Häftling werde sein Leben oder seine Gesundheit gefährden.

[…]

(5) Bei der Entlassung sind die in Verwahrung genommenen Effekten dem Häftling gegen Bestätigung auszufolgen.

[…]

Verpflegung

§ 13. […]

(2) Die Häftlinge haben Anspruch […] auf ausreichende Versorgung mit Trinkwasser. […]

Entlassung

§ 25. (1) Jedem Betroffenen ist bei seiner Entlassung aus dem Haftraum der Behörde eine Bestätigung über die Dauer der Anhaltung auszufolgen (Haftbestätigung).

[…]

3. Abschnitt

Sonstige Bestimmungen

[…]

Kurzfristige Anhaltungen

§ 27. Für Anhaltungen in Verwahrungsräumen einer Sicherheitsdienststelle, die einen Zeitraum von 48 Stunden nicht übersteigen, wie insbesondere Anhaltungen bis zur Überstellung in den Haftraum einer Sicherheitsbehörde oder einer Strafvollzugsanstalt sind die Abschnitte 1 und 2, soweit dem nicht zwingende Erfordernisse der zugrunde liegenden Amtshandlung oder die kurze Dauer der Anhaltung entgegenstehen, sinngemäß anzuwenden. […]“

[…]“

6.1.    Gemäß § 132 Abs. 2 zweiter Satz des Strafvollzugsgesetzes (StVG), BGBl. 144/1969, idF BGBl. I 50/2012, ist den Häftlingen eine Armband- oder Taschenuhr jedenfalls zu belassen. Diese Bestimmung gilt gemäß § 153 StVG auch für den Vollzug von Freiheitsstrafen, deren Dauer 18 Monate nicht übersteigt.

6.2.    Gemäß § 182 Abs. 2 der Strafprozessordnung (StPO), BGBl. 631/1975 idF BGBl. I 52/2009, sind soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, auf den Vollzug der Untersuchungshaft die Bestimmungen des Strafvollzugsgesetzes über den Vollzug von Freiheitsstrafen, deren Strafzeit 18 Monate nicht übersteigt, dem Sinn nach anzuwenden.

7.       Die maßgeblichen Bestimmungen des COVID-19-Maßnahmengesetzes (COVID-19-MG), BGBl. I 12/2020 in der am 17. Jänner 2022 geltenden Fassung BGBl. I 255/2021, lauteten:

„Anwendungsbereich und allgemeine Bestimmungen

§ 1. (1) Dieses Bundesgesetz ermächtigt zur Regelung des Betretens und des Befahrens von Betriebsstätten, Arbeitsorten, Alten- und Pflegeheimen sowie stationären Wohneinrichtungen der Behindertenhilfe, bestimmten Orten und öffentlichen Orten in ihrer Gesamtheit, zur Regelung des Benutzens von Verkehrsmitteln, zur Regelung von Zusammenkünften sowie zu Ausgangsregelungen als gesundheitspolizeiliche Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19.

[…]

Zusammenkünfte

§ 5. (1) Beim Auftreten von COVID-19 können vorbehaltlich des Abs. 2 Zusammenkünfte von Personen aus verschiedenen Haushalten geregelt werden, soweit dies zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 erforderlich ist.

[…]

(4) In einer Anordnung gemäß Abs. 1 können Zusammenkünfte

1. an die Einhaltung bestimmter Voraussetzungen oder Auflagen gebunden werden

[…].

Strafbestimmungen

§ 8. […]

(5a) Wer

[…]

2. eine Zusammenkunft entgegen den sonstigen gemäß § 5 Abs. 4 festgelegten Beschränkungen organisiert oder daran teilnimmt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 50 Euro bis zu 500 Euro, im Nichteinbringungsfall mit Freiheitsstrafe von bis zu einer Woche, zu bestrafen;

[…]“

8.       Die maßgeblichen Bestimmungen der (insbesondere auf Grundlage des § 5 Abs. 1 COVID-19-MG erlassenen) 6. COVID-19-Schutzmaßnahmenverordnung (6. COVID-19-SchuMaV), BGBl. II 537/2021 in der am 17. Jänner 2022 geltenden Fassung BGBl. II 6/2022, lauteten:

„[…]

Allgemeine Bestimmungen

§ 2. (1) Als Maske im Sinne dieser Verordnung gilt eine Atemschutzmaske der Schutzklasse FFP2 (FFP2-Maske) ohne Ausatemventil oder eine Maske mit mindestens gleichwertig genormtem Standard.

[…]

Zusammenkünfte

§ 14. (1) Das Verlassen des eigenen privaten Wohnbereichs und der Aufenthalt außerhalb des eigenen privaten Wohnbereichs zum Zweck der Teilnahme an Zusammenkünften ist für Personen, die über keinen 2G-Nachweis verfügen, nur für folgende Zusammenkünfte zulässig:

[…]

2. Versammlungen nach dem Versammlungsgesetz 1953, BGBl. Nr. 98/1953;

[…]

Bei Zusammenkünften gemäß Z 1 bis 7 ist in geschlossenen Räumen eine Maske zu tragen. Bei Zusammenkünften gemäß Z 2 gilt dies auch im Freien.

[…]

Ausnahmen

§ 21. […]

(4) Die Pflicht zum Tragen einer Maske gilt nicht

[…]

8. für Personen, denen dies aus gesundheitlichen oder behinderungsspezifischen Gründen nicht zugemutet werden kann. In diesem Fall darf auch eine sonstige den Mund- und Nasenbereich abdeckende und eng anliegende mechanische Schutzvorrichtung getragen werden. Sofern den Personen auch dies aus gesundheitlichen Gründen nicht zugemutet werden kann, darf auch eine sonstige nicht eng anliegende, aber den Mund- und Nasenbereich vollständig abdeckende mechanische Schutzvorrichtung getragen werden. Eine vollständige Abdeckung liegt vor, wenn die nicht eng anliegende Schutzvorrichtung bis zu den Ohren und deutlich unter das Kinn reicht. Sofern den Personen auch dies aus gesundheitlichen Gründen nicht zugemutet werden kann, gilt die Pflicht zum Tragen einer den Mund- und Nasenbereich abdeckenden mechanischen Schutzvorrichtung nicht.

[…]

Glaubhaftmachung

§ 22. (1) Das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß den §§ 3, 14 und 21 ist auf Verlangen gegenüber

1.Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes,

[…]

glaubhaft zu machen.

(2) Der Ausnahmegrund gemäß § 21 Abs. 10 und 10a und die Ausnahmegründe, wonach aus gesundheitlichen Gründen

1. das Tragen einer Maske oder einer den Mund- und Nasenbereich abdeckenden und eng anliegenden mechanischen Schutzvorrichtung oder einer den Mund- und Nasenbereich abdeckenden mechanischen Schutzvorrichtung nicht zugemutet werden kann,

[…]

[…] ist durch eine von einem in Österreich oder im EWR zur selbstständigen Berufsausübung berechtigten Arzt ausgestellte Bestätigung nachzuweisen.

[…]“

9.       § 89 des Sicherheitspolizeigesetzes (SPG), BGBl. 566/1991 idF BGBl. I 161/2013, lautet auszugsweise:

„Beschwerden wegen Verletzung von Richtlinien für das Einschreiten

§ 89. (1) Insoweit mit einer Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht die Verletzung einer gemäß § 31 festgelegten Richtlinie behauptet wird, hat das Landesverwaltungsgericht sie der zur Behandlung einer Aufsichtsbeschwerde in dieser Sache zuständigen Behörde zuzuleiten.

(2) Menschen, die in einer binnen sechs Wochen, wenn auch beim Landesverwaltungsgericht (Abs. 1), eingebrachten Aufsichtsbeschwerde behaupten, beim Einschreiten eines Organs des öffentlichen Sicherheitsdienstes, von dem sie betroffen waren, sei eine gemäß § 31 erlassene Richtlinie verletzt worden, haben Anspruch darauf, daß ihnen die Dienstaufsichtsbehörde den von ihr schließlich in diesem Punkte als erwiesen angenommenen Sachverhalt mitteilt und sich hiebei zur Frage äußert, ob eine Verletzung vorliegt.

[…]

(4) Jeder, dem gemäß Abs. 2 mitgeteilt wurde, daß die Verletzung einer Richtlinie nicht festgestellt worden sei, hat das Recht, binnen 14 Tagen die Entscheidung des Landesverwaltungsgerichts zu verlangen, in dessen Sprengel das Organ eingeschritten ist; dasselbe gilt, wenn eine solche Mitteilung (Abs. 2) nicht binnen drei Monaten nach Einbringung der Aufsichtsbeschwerde ergeht. Das Landesverwaltungsgericht hat festzustellen, ob eine Richtlinie verletzt worden ist.“

IV.      Rechtliche Beurteilung

1.       Vorauszuschicken ist, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Verfahren über Maßnahmenbeschwerden jene Sach- und Rechtslage maßgebend ist, die im Zeitpunkt der Setzung des Verwaltungsaktes bestand (VwGH 26.06.2018, Ra 2016/05/0081, mwN).

Somit ist der Prüfung der Rechtmäßigkeit der vom Beschwerdeführer bekämpften Festnahme und anschließenden Anhaltung die am 17. Jänner 2022 geltende Rechtslage zu Grunde zu legen.

2.       Der Beschwerdeführer bekämpft mit der Beschwerde, wie sich aus deren Inhalt ergibt, sowohl seine Festnahme als auch die anschließende Anhaltung in den Räumlichkeiten der PI. Wie die belangte Behörde in ihrer Stellungnahme zutreffend ausführt, hat der Beschwerdeführer damit zwei Akte unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt angefochten, zwischen denen zu unterscheiden ist. Eine rechtmäßig ausgesprochene Festnahme rechtfertigt somit noch nicht eine andauernde Freiheitsentziehung (VwGH 27.10.1997, 93/10/0107).

Der Beschwerdeführer hat darüber hinaus ursprünglich auch eine Richtlinienbeschwerde nach § 89 SPG erhoben, die gemäß dessen Abs. 1 vom Landesverwaltungsgericht Niederösterreich der Landespolizeidirektion Niederösterreich zugeleitet wurde. Diese teilte dem Beschwerdeführer am 14. April 2022 gemäß § 89 Abs. 2 SPG mit, dass sie die Verletzung einer Richtlinie gemäß § 31 SPG nicht zu erkennen vermöge.

Einen Antrag nach § 89 Abs. 4 SPG hat der Beschwerdeführer nicht gestellt. Daher hat über die Richtlinienbeschwerde keine Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes zu ergehen.

3.       Der Beschwerdeführer hat in seiner Beschwerde die Landespolizeidirektion Niederösterreich als belangte Behörde bezeichnet. Gleichzeitig ist unstrittig, dass die bei den vom Beschwerdeführer bekämpften Maßnahmen (die allesamt im Stadtgebiet von *** stattfanden) tätig gewordenen Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes davon ausgingen, der Beschwerdeführer habe durch das Nichttragen einer Maske (ohne Vorliegen eines Befreiungsgrundes) eine Verwaltungsübertretung begangen. Die Verfolgung dieser nach § 8 Abs. 5a Z 2 iVm § 5 Abs. 4 Z 1 COVID 19-MG iVm § 14 Abs. 1 6. COVID 19-SchuMaV strafbaren Übertretung obliegt jedoch (mangels einer besonderen Zuständigkeitsregelung) nach § 26 Abs. 1 und § 27 Abs. 1 VStG der Bezirkshauptmannschaft Baden. Somit ist diese auch gemäß § 9 Abs. 2 Z 2 VwGG im vorliegenden Beschwerdeverfahren nach Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG belangte Behörde.

Daran ändert die verfehlte Bezeichnung in der Beschwerde nichts. Insbesondere berechtigt diese das Landesverwaltungsgericht nicht zur Zurück- oder Abweisung der Beschwerde, tritt doch gemäß § 9 Abs. 4 VwGVG im Maßnahmenbeschwerde-verfahren an die Stelle der Bezeichnung der belangten Behörde eine Angabe darüber, welches Organ die Maßnahme gesetzt hat, sofern dies zumutbar ist Diese Angaben enthält die Beschwerde in ausreichender Weise. Auf deren Grundlage im Zusammenhalt mit dem sonstigen Beschwerdevorbringen war die belangte Behörde vom Landesverwaltungsgericht daher von Amts wegen zu bestimmen (vgl. VwGH 18.10.2016, Ro 2015/03/0029, mwN, wo dies selbst für bestimmte Fälle fehlerhafter Angaben über die einschreitenden Organe bejaht wurde).

4.       Im Hinblick auf die zahlreichen in der Beschwerde angeführten Rechtsvorschriften, die der Beschwerdeführer durch seine Festnahme als verletzt erachtet, ist darauf hinzuweisen, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 28 Abs. 6 VwGVG (bzw. der Vorgängerbestimmung des § 67c Abs. 3 AVG) der Prozessgegenstand des Verfahrens über eine Maßnahmenbeschwerde die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes ist. Das subjektiv-öffentliche Recht eines Maßnahmenbeschwerdeführers besteht somit alleine darin, dass der angefochtene Verwaltungsakt für Vorheriger Suchbegriffrechtswidrig erklärt wird. Die Gründe der Rechtswidrigkeit haben sich dagegen aus der Begründung der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes zu ergeben (VwGH 05.12.2017, Ra 2017/01/0373, mwN).

4.1.    Inhaltlich ist zur Beschwerdebegründung festzuhalten, dass Art. 14 EMRK nicht den Gleichheitsgrundsatz erweitert und keine selbständige, von den übrigen normativen Vorschriften der EMRK losgelöste Bedeutung hat (VfSlg. 15.129/1998, mwN auch auf die Rsp des EGMR). Diese Bestimmung vermittelt subjektive Rechtspositionen somit nur im Zusammenhalt mit anderen durch die EMRK gewährleisteten Rechten.

Die durch Art. 9 EMRK gewährleistete Gewissensfreiheit gewährt kein Recht, einem allgemein anzuwendenden Gesetz nicht Folge zu leisten Grabenwarter/Pabel, EMRK, § 22 Rz 115, mwN). Dementsprechend kann sich auch ein wegen des Verstoßes gegen ein solches Gesetz Festgenommener nicht auf dieses Recht berufen.

Bestimmungen des StGB gewährleisten keine subjektiv-öffentlichen Rechte.

Das SPG findet auf den vorliegenden Fall im Hinblick darauf, dass die Festnahme und Anhaltung des Beschwerdeführers nicht in Ausübung der Sicherheitspolizei (vgl. § 3 iVm den §§ 19 ff SPG) erfolgte, keine Anwendung (zur über die Sicherheitspolizei hinausgehenden Bestimmung des § 89 SPG vgl. schon oben 2.).

Die in der Beschwerde angeführten Rechtsvorschriften sind für die Beurteilung der Rechtsmäßigkeit der vom Beschwerdeführer bekämpften Maßnahmen daher ohne Relevanz.

4.2.    Jedoch greifen Festnahme und Anhaltung des Beschwerdeführers in das durch Art. 1 PersFrG verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Schutz der persönlichen Freiheit ein. Die Modalitäten der Anhaltung des Beschwerdeführers (Durchsuchung, Abnahme und Verwahrung von Gegenständen des Beschwerdeführers greifen darüber hinaus in die verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Schutz des Eigentums (Art. 5 StGG, Art. 1 1. ZPEMRK) sowie auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Art. 8 EMRK) ein. Dementsprechend kommt dem Beschwerdeführer auch ein einfachgesetzliches subjektives Recht auf Einhaltung jener Bestimmungen zu, die Eingriffe in die vorgenannten Grundrechte regeln. Im vorliegenden Fall sind das die die Festnahme bzw. Anhaltung regelnden Bestimmungen der §§ 35 f iVm § 53c VStG sowie der AnhO.

5.       Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt die Festnahme einer Person durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gemäß § 35 VStG voraus, dass die festzunehmende Person „auf frischer Tat betreten“ wird. Das heißt, diese Person muss also eine als Verwaltungsübertretung strafbare Handlung verüben und bei Begehung dieser Tat betreten werden, wobei das erste dieser beiden Erfordernisse bereits erfüllt ist, wenn das Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die Verübung einer Verwaltungsübertretung mit gutem Grund – und damit vertretbar – annehmen konnte (VwGH 02.10.2020, Ra 2020/03/0075, mwN).

Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich, dass der Zeuge C – ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes – den Beschwerdeführer dabei betreten hat, als dieser an einer Versammlung teilnahm und keine Maske trug. Er wies auch keine Bestätigung vor, aus der sich die Unzumutbarkeit, eine Maske zu tragen, ergeben hätte. Somit konnte der Zeuge vertretbar davon ausgehen, den Beschwerdeführer bei der Begehung einer Verwaltungsübertretung nach § 8 Abs. 5a Z 2 iVm § 5 Abs. 4 Z 1 COVID 19-MG iVm § 14 Abs. 1 6. COVID 19-SchuMaV betreten zu haben. Da sich der Beschwerdeführer außerdem trotz mehrfacher Aufforderung weigerte, eine Maske zu tragen oder eine Bestätigung vorzulegen, war der Festnahmegrund des § 35 Z 3 VStG erfüllt.

Dass der Beschwerdeführer im Verwaltungsstrafverfahren, in dem ihm die Verwaltungsübertretung zur Last gelegt wurde, schließlich zwei Atteste (darunter jenes vom 12.08.2020, über das er im Zeitpunkt der Festnahme bereits verfügte, das er jedoch nicht vorwies) vorlegte, die zur Einstellung des Verfahrens führten, ändert an der Vertretbarkeit der (ex ante-)Annahme der Begehung der Übertretung durch den Zeugen C nichts. Es ist somit kein Grund zu erkennen, die Festnahme des Beschwerdeführers für rechtswidrig zu erklären.

6.       Zur anschließenden Anhaltung ist zunächst auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach die Einvernahme einer festgenommenen Person unverzüglich nach der Festnahme erfolgen soll. Eine mehrstündige Verzögerung bedarf einer besonderen Rechtfertigung (VwGH 30.03.2017, Ra 2015/03/0076, mwN). Bei der Auslegung der in § 36 Abs. 1 VStG angeordneten Verpflichtung, jeden Festgenommenen unverzüglich der nächsten sachlich zuständigen Behörde zu übergeben, und ihn keinesfalls länger als 24 Stunden anzuhalten, hat der Verfassungsgerichtshof die einer Behörde durch eine Reihe von Umständen (Nachtzeit, Wochenende, größere Anzahl von Festnahmen oder andere dringende Amtshandlungen) entstehenden Schwierigkeiten mitberücksichtigt. So hat er etwa ausgesprochen, dass die Einvernahme eines während der Nacht Festgenommenen im Allgemeinen nicht „sofort“, sondern erst in den Morgenstunden oder zumindest am frühen Vormittag zu erfolgen braucht (vgl. hiezu VfSlg. 11.146/1986 und 11.817/1988, mwN). Auch wenn der Gesetzgeber durch Statuierung einer 24-Stunden-Maximalfrist für die Anhaltung davon ausgeht, dass die Überstellung zur Behörde und die Vernehmung eines Festgenommenen nicht in allen Fällen kurz nach der Festnahme möglich sein wird, hat die Behörde ihr zumutbare organisatorische und personelle Maßnahmen jedenfalls zu treffen, um der sich aus § 36 Abs. 1 VStG ergebenden Verpflichtung nachzukommen. So hat der VfGH etwa die Dauer einer Anhaltung dann als Rechtsverletzung beurteilt, wenn keine Vorsorge getroffen wurde, dass der Festgenommene unverzüglich der zuständigen Sicherheitsbehörde übergeben oder der Behörde rechtzeitig vor Dienstschluss eine Anhaltung (Festnahme) telefonisch avisiert worden war (vgl. hiezu VfSlg. 11.371/1987, und 11.781/1988; darauf bezugnehmend VwGH 12.04.2005, 2003/01/0489 ua.).

Dazu ist für den konkreten Fall festzuhalten, dass die Festnahme des Beschwerdeführers um 17:25 Uhr und somit zwar nicht zur Nachtzeit, jedoch außerhal

Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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