TE Vwgh Erkenntnis 1950/10/17 0567/50

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Veröffentlicht am 17.10.1950
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Fohn und die Räte Dr. Mahnig, Dr. Dietmann, Dr. Seibt und Dr. Chamrath als Richter, im Beisein des Landesregierungsoberkommissärs Dr. Riemer als Schriftführer, über die Beschwerde der EP in K gegen den Bescheid des Amtes der Kärntner Landesregierung vom 19. Februar 1950, Zl. 248 - 9/50, betreffend Wohnungsanforderung, zu Recht erkannt

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Gesetzwidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde eine Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Wohnungsanforderungsbescheid des Magistrates Klagenfurt vorn 22. Dezember 1949 als verspätet zurückgewiesen und diese Entscheidung damit begründet, dass die Zustellung des erstbehördlichen Bescheides an die Beschwerdeführerin am 2. Jänner 1950 versucht worden wäre, sie aber zu Hause nicht angetroffen, somit die Ersatzzustellung nach § 23 AVG vom Postorgan vorgenommen und das Schriftstück bei der Post hinterlegt worden sei. Die vorschriftsmässige Hinterlegung habe gemäss § 23 Abs. 6 AVG die Wirkung der Zustellung. Die erst am 12. Jänner 1950 zur Post gegebene Berufung sei somit verspätet eingebracht, da im Wohnungsanforderungsverfahren gemäss § 21 WAG eine einwöchige Berufungsfrist zu gelten hat. In dem erstbehördlichen Bescheid sei überdies eine richtige und vollständige Rechtsmittelbelehrung enthalten gewesen. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde, in der Gesetzwidrigkeit des Inhaltes und Gesetzwidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Die Beschwerde ist begründet.

Unbestritten ist, dass der erstbehördliche Bescheid vom 22. Dezember 1949 am 2. Jänner 1950 an die beteiligten Parteien, nämlich an den Hauseigentümer Ing. R, die Mutter der Beschwerdeführerin und Antragsgegnerin KW durch den Postboten T zugestellt wurde, hinsichtlich der Beschwerdeführerin, die aber damals gerade zufällig nicht in der Wohnung anzutreffen war, die Ersatzzustellung dagegen durch postamtliche Hinterlegung nach Abs. 4 des § 23 AVG durchgeführt worden ist.

Die Beschwerdeführerin erklärt, erst am 10. Jänner 1950 bei der Post das Schriftstück eingehändigt bekommen zu haben. Ein schriftlicher Beleg für diese Behebung ist im Akte nicht ersichtlich, aber auch das Gegenteil kann nicht bewiesen werden. Wenn die Beschwerdeführerin nun behauptet, der Anforderungsbescheid wäre ihr zu eigenen Handen, sohin nach den Bestimmungen des § 24 AVG zuzustellen gewesen, so ist diese Meinung wohl rechtsirrig. Denn weder nach den Verwaltungsverfahrensgesetzen noch nach den Vorschriften des Wohnungsanforderunggesetzes (§ 21 WAG) ist eine Zustellung zu eigenen Handen in diesem Falle vorgeschrieben. Dass die Behörde selbst im Sinne des Abs. 1 des § 24 AVG eine Zustellung zu eigenen Handen angeordnet hätte, dafür gibt der Akt keinerlei Anhaltspunkte, und wurde im übrigen auch von der Beschwerdeführerin selbst nicht behauptet. Es war also die Ersatzzustellung nach § 23 AVG durchaus zulässig. Hienach hätte das Postorgan an einen ihm bekannten erwachsenen Angestellten oder einen zur Familie gehörigen Hausgenossen der Empfängerin zuzustellen gehabt, wenn die Beschwerdeführerin nicht zu Hause anzutreffen war. Da zur gleichen Zeit an die Wohngemeinschaft mit der Beschwerdeführerin teilende Mutter derselben, Frau KW, eine Ausfertigung desselben Bescheides zugestellt worden ist und das Hindernis des Abs. 3 des § 23 AVG offenbar nicht im Wege stand, so wäre vorerst die Uebergabe des Schriftstückes an KW vorzunehmen gewesen, die auf dem die postämtliche Hinterlegung feststellenden Rückschein bloss als „Zeugin“ unterfertigte. Erst in zweiter Linie (§ 23 Abs. 2 AVG) war vom Postorgan der Versuch zu machen, die Zustellung durch Vermittlung des im selben Hause wohnenden Vermieters oder der ebenda wohnenden Aufsichtsperson durchzuführen. Dem Vermieter Ing. R wurde nun, gleichwie der KW eine Ausfertigung desselben Schriftstückes zur gleichen Zeit eingehändigt. Das Postorgan hat aber auch von dieser Möglichkeit einer Ersatzzustellung keinen Gebrauch gemacht. Denn dass sich der Vermieter etwa geweigert habe, das für die Beschwerdeführerin bestimmte Schriftstück anzunehmen, wurde von keiner Seite auch nur behauptet.

Somit steht fest, dass bei der Zustellung Mängel unterlaufen sind. Die Bestimmung, dass die postämtliche Hinterlegung die Wirkung der Zustellung hat (§ 23 Abs. 6 AVG) greift daher nicht Platz, vielmehr gilt die Zustellung erst in dem Zeitpunkt vollzogen, in dem das Schriftstück der Person, für die es bestimmt ist, tatsächlich zukam (§ 31 AVG) und das ist nach der unwiderlegten Behauptung der Beschwerdeführerin am 10. Jänner 1950.

Die Berufungsfrist beginnt daher erst mit diesem Tage; die Berufung war somit innerhalb der einwöchigen Frist des § 21 WAG überreicht worden. Die Annahme der belangten Behörde, die Berufung sei verspätet erhoben worden, ist demnach mit dem Gesetz in Widerspruch, weshalb der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG aufzuheben war.

Wien, am 17. Oktober 1950

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1950:1950000567.X00

Im RIS seit

11.04.2023

Zuletzt aktualisiert am

11.04.2023
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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