TE Vwgh Beschluss 2023/3/9 Ra 2022/20/0382

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Veröffentlicht am 09.03.2023
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Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pfiel, den Hofrat Mag. Eder und die Hofrätin Mag. Rossmeisel, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Herrmann-Preschnofsky, in der Rechtssache der Revision des A H, dzt. in Haft in der Justizanstalt W, vertreten durch Mag. Daniel Raffling, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Universitätsring 12/1/13, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. Oktober 2022, W296 2259090-1/8E, betreffend Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbotes sowie rechtlich davon abhängender Aussprüche nach dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Dem Revisionswerber, einem Staatsangehörigen von Somalia, wurde aufgrund eines von ihm im Jahr 2014 gestellten Antrages vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit Bescheid vom 7. Jänner 2016 nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter erteilt, die in der Folge verlängert wurde.

2        Der Revisionswerber wurde ab dem Jahr 2017 in Österreich straffällig und wegen der von ihm begangenen Straftaten mehrfach rechtskräftig verurteilt.

3        Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 9. August 2022 wurde dem Revisionswerber der Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 aberkannt, ihm ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nach § 57 AsylG 2005 nicht erteilt, gegen ihn gestützt auf § 52 Abs. 2 Z 4 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), § 10 Abs. 1 Z 5 AsylG 2005 und § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) eine Rückkehrentscheidung sowie gemäß § 53 Abs. 1 und Abs. 3 Z 1 FPG ein auf die Dauer von acht Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen und eine Frist für die freiwillige Ausreise nach § 55 Abs. 1 bis Abs. 3 FPG festgelegt. Allerdings stellte die Behörde unter einem gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 und § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung und Abschiebung des Revisionswerbers nach Somalia nicht zulässig sei.

4        Das Bundesverwaltungsgericht wies die dagegen erhobene Beschwerde nach Durchführung einer Verhandlung im Wesentlichen als unbegründet ab. Lediglich die Dauer des Einreiseverbotes wurde auf fünf Jahre herabgesetzt. Unter einem sprach das Verwaltungsgericht aus, dass die Erhebung einer Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

5        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

7        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8        In der Begründung für die Zulässigkeit der Revision wendet sich der Revisionswerber gegen die im Rahmen der Erlassung der Rückkehrentscheidung erfolgte Interessenabwägung und macht geltend, es sei die Frage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen, „ob trotz dem öffentlichen Interesse einer Rückkehr das Privat- und Familienleben dennoch gewichtiger ist, wenn der Rückzukehrende Kinder zurücklassen müsste“. Im Übrigen habe der Verwaltungsgerichtshof die Verfahrenshilfe bewilligt. Das wäre nicht geschehen, wenn die Rechtsverfolgung als aussichtslos zu beurteilen gewesen wäre.

9        Dem ist zu entgegnen, dass die Gewährung von Verfahrenshilfe den Revisionswerber nicht davon entbindet, in der Revision gesondert die Gründe darzustellen, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichts die Revision für zulässig erachtet wird (vgl. VwGH 2.2.2018, Ra 2017/18/0387).

10       Da der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG nur im Rahmen der dafür in der Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorgebrachten Gründe zu überprüfen hat, er ist weder verpflichtet, solche anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen. Dementsprechend erfolgt die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulassungsbegründung. In der gesonderten Zulassungsbegründung ist konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat. Lediglich pauschale Behauptungen erfüllen diese Voraussetzungen nicht (vgl. etwa VwGH 29.11.2022, Ra 2021/20/0351, mwN).

11       Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalles in Form einer Gesamtbetrachtung durchgeführte Interessenabwägung im Sinn des Art. 8 EMRK im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel (vgl. VwGH 21.11.2022, Ra 2022/14/0285, mwN).

12       Bei der nach § 9 BFA-VG vorzunehmenden Interessenabwägung muss eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Fremden, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 9 Abs. 2 BFA-VG genannten Kriterien und unter Einbeziehung der sich aus § 9 Abs. 3 BFA-VG ergebenden Wertungen, in Form einer Gesamtbetrachtung vorgenommen werden (vgl. nochmals VwGH Ra 2022/14/0285, mwN).

13       Die - vom Revisionswerber angesprochene - Berücksichtigung des Kindeswohls im Kontext aufenthaltsbeendender Maßnahmen stellt lediglich einen Aspekt im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung dar; das Kindeswohl ist daher bei der Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen von Fremden nicht das einzig ausschlaggebende Kriterium. Die konkrete Gewichtung des Kindeswohls im Rahmen der nach § 9 BFA-VG vorzunehmenden Gesamtbetrachtung hängt von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab (vgl. etwa VwGH 29.6.2022, Ra 2021/20/0403, mwN).

14       Das Bundesverwaltungsgericht hat sich im Rahmen der von ihm vorgenommenen Interessenabwägung mit der Frage des Kindeswohls betreffend die beiden - bei der Mutter lebenden - Kinder ausreichend befasst. Dass die darauf Bezug nehmenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts mit einem vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Fehler behaftet wären, wird in der Revision nicht aufgezeigt.

15       In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 9. März 2023

Schlagworte

Auswertung in Arbeit!

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2023:RA2022200382.L00

Im RIS seit

11.04.2023

Zuletzt aktualisiert am

11.04.2023
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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