TE Lvwg Erkenntnis 2023/1/31 LVwG-2023/50/0158-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 31.01.2023
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Entscheidungsdatum

31.01.2023

Index

82/02 Gesundheitsrecht allgemein

Norm

VwGVG §28 Abs3
EpidemieG 1950 §32 Abs1 Z4
EpidemieG 1950 §32 Abs1 Z5
EpidemieG 1950 §32 Abs1 Z7

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol fasst/erkennt durch seinen Richter Mag. Schreier über die Beschwerde des AA, vertreten durch die at ***- GmbH, Adresse 1, **** Z, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Z (belangte Behörde) vom 30.11.2022, IL***, betreffend eine Vergütung nach dem Epidemiegesetz (EpiG)

I.

den B E S C H L U S S:

1.       Der Beschwerde wird hinsichtlich den Zeitraum von 17.3.2020 bis 25.3.2020 Folge gegeben, der angefochtene Bescheid diesbezüglich aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde gemäß § 28 Abs 3 VwGVG zurückverwiesen.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

II.

zu Recht:

1.       Die Beschwerde wird hinsichtlich den Zeitraum von 26.3.2020 bis 13.4.2020 als unbegründet abgewiesen.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Vergütung des Verdienstentgangs allenfalls in Höhe von EUR 4.350,- aufgrund der Schließung des einleitend bezeichneten Gastgewerbebetriebes für den Zeitraum von 17.03.2020 bis 13.04.2020 und der geleisteten Entgeltfortzahlungen samt Dienstgeberbeiträge

für den Zeitraum von 17.03.2020 bis 13.04.2020, wird gemäß §§ 20, 32 Abs 1 Z 4 und 5 sowie Abs 3 und 4 EpiG, BGBl Nr 186/1950, zuletzt geändert durch BGBl I Nr 131/2022, iVm. der EpiGBerechnungsverordnung, BGBl II Nr 329/2020, zuletzt geändert durch BGBl II Nr 151/2022, und der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Z, Bote für Tirol Stück 10b (Nr 123/2020), sowie §§ 1 und 4 Abs. 2 COVID-19-Maßnahmengesetz, BGBl I Nr 12/2020, in der Fassung BGBl I Nr 16/2020, iVm sämtlichen auf dieser Rechtsgrundlage erlassenen Verordnungen ab.

Zusammengefasst sei zwar der gegenständliche Gastgewerbebetrieb durch die VO-BH Z-123 von 17.3.2020 bis 25.3.2020 geschlossen worden. Am 17.3.2020 sei jedoch § 3 COVID-19-MV-96 in Kraft getreten, welche ein bundesweites Betretungsverbot für Gastgewerbebetriebe angeordnet habe. Dadurch sei die auf das Epidemiegesetz 1950 gestützte VO-BH Z-123 kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung in § 4 Abs 2 COVID-19-MG im überschneidenden Anwendungsbereich außer Kraft getreten. Damit würden für die Dauer der Geltung des § 3 COVID-19-MV-96 die Bestimmungen des Epidemiegesetzes 1950 im selben Geltungsbereich nicht mehr zur Anwendung kommen, womit auch keine Entschädigung gemäß § 32 EpiG mehr gebühren könne. Daran ändere auch der nachträgliche Ausspruch des Verfassungsgerichtshofs über die Gesetzwidrigkeit und Unanwendbarkeit des § 3 COVID-19-MV-96 nichts. Da für den Gastronomiebetrieb die Verordnung gemäß § 20 EpiG nicht mehr anzuwenden gewesen sei, sondern lediglich Maßnahmen auf Grundlage des COVID-19-Maßnahmengesetzes in Geltung bzw anzuwenden gewesen seien, bestünde für diesen Zeitraum als auch für den übrigen beantragten Zeitraum, in welchem ebenfalls nur Maßnahmen auf Grundlage des COVID-19-Maßnahmengesetzes in Geltung bzw anzuwenden gewesen seien, keine Entschädigung gemäß § 32 EpiG. Zum geltend gemachten Anspruch aufgrund der geleisteten Entgeltfortzahlungen stelle die Bestimmung des § 32 Abs 1 Z 4 EpiG auf eine Schließung von Betriebsstätten gemäß § 20 EpiG ab. Entsprechend den Ausführungen zum Gastgewerbebetrieb, wonach aufgrund der ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung in § 4 Abs 2 COVID-19-MG diese Bestimmung jedoch nicht zur Anwendung gelange, gebühre folglich ebenfalls keine Entschädigung gemäß § 32 EpiG.

In der dagegen erhobenen Beschwerde verwies der Beschwerdeführer zusammenfassend auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 14.11.2022, Ro 2022/03/0048-3, wonach für Gastronomiebetriebe ein Vergütungsanspruch nach § 32 EpiG für den Zeitraum vom 17.03 bis 25.03.2020 bestehe.

II.      Sachverhalt

Der Beschwerdeführer betreibt einen Gastronomiebetrieb in **** Y, Adresse 2– *** (Foodtruck in Z).

Von 17.3.2020 bis 13.4.2020 war der Beschwerdeführer gehindert, diesen zu betreiben.

III.     Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ist unstrittig und ergibt sich aus dem vorgelegten Akt.

IV.      Rechtslage

Epidemiegesetz 1950 (EpiG, BGBl 1950/186 [WV] in der den relevanten Zeitraum betreffenden Fassung 2020/23)

㤠20

Betriebsbeschränkung oder Schließung gewerblicher Unternehmungen

(1) Beim Auftreten von Scharlach, Diphtherie, Abdominaltyphus, Paratyphus, bakterieller Lebensmittelvergiftung, Flecktyphus, Blattern, Asiatischer Cholera, Pest oder Milzbrand kann die Schließung von Betriebsstätten, in denen bestimmte Gewerbe ausgeübt werden, deren Betrieb eine besondere Gefahr für die Ausbreitung dieser Krankheit mit sich bringt, für bestimmt zu bezeichnende Gebiete angeordnet werden, wenn und insoweit nach den im Betriebe bestehenden Verhältnissen die Aufrechterhaltung desselben eine dringende und schwere Gefährdung der Betriebsangestellten selbst sowie der Öffentlichkeit überhaupt durch die Weiterverbreitung der Krankheit begründen würde.

(2) Beim Auftreten einer der im ersten Absatz angeführten Krankheiten kann unter den sonstigen dort bezeichneten Bedingungen der Betrieb einzelner gewerbsmäßig betriebener Unternehmungen mit fester Betriebsstätte beschränkt oder die Schließung der Betriebsstätte verfügt sowie auch einzelnen Personen, die mit Kranken in Berührung kommen, das Betreten der Betriebsstätten untersagt werden.

(3) Die Schließung einer Betriebsstätte ist jedoch erst dann zu verfügen, wenn ganz außerordentliche Gefahren sie nötig erscheinen lassen.

§ 24

Verkehrsbeschränkungen für die Bewohner bestimmter Ortschaften

Sofern dies im Hinblick auf Art und Umfang des Auftretens einer meldepflichtigen Erkrankung zum Schutz vor deren Weiterverbreitung unbedingt erforderlich ist, hat die Bezirksverwaltungsbehörde für die Bewohner von Epidemiegebieten Verkehrbeschränkungen zu verfügen. Ebenso können Beschränkungen für den Verkehr mit den Bewohnern solcher Gebiete von außen angeordnet werden.

§ 32

Vergütung für den Verdienstentgang

(1) Natürlichen und juristischen Personen sowie Personengesellschaften des Handelsrechtes ist wegen der durch die Behinderung ihres Erwerbes entstandenen Vermögensnachteile dann eine Vergütung zu leisten, wenn und soweit

4. sie in einem gemäß § 20 im Betrieb beschränkten oder geschlossenen Unternehmen beschäftigt sind, oder

5. sie ein Unternehmen betreiben, das gemäß § 20 in seinem Betrieb beschränkt oder gesperrt worden ist, oder

7. sie in einer Ortschaft wohnen oder berufstätig sind, über welche Verkehrsbeschränkungen gemäß § 24 verhängt worden sind,

und dadurch ein Verdienstentgang eingetreten ist.

(2) Die Vergütung ist für jeden Tag zu leisten, der von der in Abs. 1 genannten behördlichen Verfügung umfaßt ist.

(3) Die Vergütung für Personen, die in einem Arbeitsverhältnis stehen, ist nach dem regelmäßigen Entgelt im Sinne des Entgeltfortzahlungsgesetzes, BGBl. Nr. 399/1974, zu bemessen. Die Arbeitgeber haben ihnen den gebührenden Vergütungsbetrag an den für die Zahlung des Entgelts im Betrieb üblichen Terminen auszuzahlen. Der Anspruch auf Vergütung gegenüber dem Bund geht mit dem Zeitpunkt der Auszahlung auf den Arbeitgeber über. Der für die Zeit der Erwerbsbehinderung vom Arbeitgeber zu entrichtende Dienstgeberanteil in der gesetzlichen Sozialversicherung und der Zuschlag gemäß § 21 des Bauarbeiterurlaubsgesetzes 1972, BGBl. Nr. 414, ist vom Bund zu ersetzen.

(4) Für selbständig erwerbstätige Personen und Unternehmungen ist die Entschädigung nach dem vergleichbaren fortgeschriebenen wirtschaftlichen Einkommen zu bemessen.

(5) Auf den gebührenden Vergütungsbetrag sind Beträge anzurechnen, die dem Vergütungsberechtigten wegen einer solchen Erwerbsbehinderung nach sonstigen Vorschriften oder Vereinbarungen sowie aus einer anderweitigen während der Zeit der Erwerbsbehinderung aufgenommenen Erwerbstätigkeit zukommen.

§ 43a

Zuständigkeiten betreffend COVID-19

(1) Verordnungen nach diesem Bundesgesetz betreffend COVID-19 sind vom für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesminister zu erlassen.

(2) Verordnungen nach diesem Bundesgesetz betreffend COVID-19 können vom Landeshauptmann erlassen werden, wenn keine Verordnung gemäß Abs. 1 erlassen wurde oder zusätzliche Maßnahmen zu einer Verordnung gemäß Abs. 1 festgelegt werden.

(3) Verordnungen nach diesem Bundesgesetz betreffend COVID-19 können von der Bezirksverwaltungsbehörde erlassen werden, wenn keine Verordnungen gemäß Abs. 1 oder 2 erlassen wurden oder zusätzliche Maßnahmen zu Verordnungen nach Abs. 1 oder 2 festgelegt werden.

(4) In einer Verordnung gemäß Abs. 1 bis 3 kann entsprechend der jeweiligen epidemiologischen Situation regional differenziert werden.

(5) Durch Verordnung gemäß Abs. 1 können Verordnungen gemäß Abs. 2 und 3 oder Teile davon aufgehoben werden. Durch Verordnung gemäß Abs. 2 können Verordnungen gemäß Abs. 3 oder Teile davon aufgehoben werden.

(6) Verordnungen gemäß Abs. 2 und 3 sind vor deren Inkrafttreten dem für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesminister mitzuteilen.“

Epidemiegesetz 1950 (EpiG, BGBl 1950/186 [WV] in der nunmehr geltenden Fassung 2022/195)

㤠20

Betriebsbeschränkung oder Schließung gewerblicher Unternehmungen

(1) Beim Auftreten von Scharlach, Diphtherie, Abdominaltyphus, Paratyphus, bakterieller Lebensmittelvergiftung, Flecktyphus, Blattern, Asiatischer Cholera, Pest oder Milzbrand kann die Schließung von Betriebsstätten, in denen bestimmte Gewerbe ausgeübt werden, deren Betrieb eine besondere Gefahr für die Ausbreitung dieser Krankheit mit sich bringt, für bestimmt zu bezeichnende Gebiete angeordnet werden, wenn und insoweit nach den im Betriebe bestehenden Verhältnissen die Aufrechterhaltung desselben eine dringende und schwere Gefährdung der Betriebsangestellten selbst sowie der Öffentlichkeit überhaupt durch die Weiterverbreitung der Krankheit begründen würde.

(2) Beim Auftreten einer der im ersten Absatz angeführten Krankheiten kann unter den sonstigen dort bezeichneten Bedingungen der Betrieb einzelner gewerbsmäßig betriebener Unternehmungen mit fester Betriebsstätte beschränkt oder die Schließung der Betriebsstätte verfügt sowie auch einzelnen Personen, die mit Kranken in Berührung kommen, das Betreten der Betriebsstätten untersagt werden.

(3) Die Schließung einer Betriebsstätte ist jedoch erst dann zu verfügen, wenn ganz außerordentliche Gefahren sie nötig erscheinen lassen.

§ 24

Verkehrsbeschränkungen in Bezug auf Epidemiegebiete

(1) Sofern dies im Hinblick auf Art und Umfang des Auftretens einer meldepflichtigen Erkrankung zum Schutz vor deren Weiterverbreitung unbedingt erforderlich ist, sind für die in Epidemiegebieten aufhältigen Personen Verkehrsbeschränkungen anzuordnen. Ebenso können Beschränkungen für das Betreten von Epidemiegebieten angeordnet werden.

(2) Verkehrsbeschränkungen für in Epidemiegebieten aufhältige Personen gemäß Abs. 1 sind insbesondere:

1. Voraussetzungen und Auflagen für das Verlassen des Epidemiegebietes, wie

a) das Vorliegen bestimmter Zwecke für das Verlassen des Epidemiegebietes,

b) das Erfordernis eines Nachweises über eine lediglich geringe epidemiologische Gefahr und

c) das Antreten einer selbstüberwachten Heimquarantäne nach Verlassen des Epidemiegebietes,

2. die Untersagung des Verlassens des Epidemiegebietes, sofern Maßnahmen nach Z 1 nicht ausreichen, wobei solche Maßnahmen erforderlichenfalls nebeneinander zu ergreifen sind.

(3) Beschränkungen für das Betreten von Epidemiegebieten gemäß Abs. 1 sind insbesondere:

1. Voraussetzungen und Auflagen für das Betreten des Epidemiegebietes, wie

a) das Vorliegen bestimmter Zwecke für das Betreten des Epidemiegebietes,

b) das Erfordernis eines Nachweises über eine lediglich geringe epidemiologische Gefahr und

c) zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19: die Verpflichtung zum Tragen einer den Mund- und Nasenbereich abdeckenden mechanischen Schutzvorrichtung,

2. die Untersagung des Betretens des Epidemiegebietes, sofern Maßnahmen nach Z 1 nicht ausreichen, wobei solche Maßnahmen erforderlichenfalls nebeneinander zu ergreifen sind.

(4) Im Zusammenhang mit Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 gelten für das Erfordernis eines Nachweises über eine lediglich geringe epidemiologische Gefahr § 1 Abs. 5 Z 5 und Abs. 5a bis 5d COVID-19-MG sinngemäß.

(5) Im Zusammenhang mit Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 gelten als Epidemiegebiete gemäß Abs. 1 bestimmte örtlich abgegrenzte oder abgrenzbare Teile des Bundesgebietes, in denen außergewöhnliche regionale Umstände im Hinblick auf die Verbreitung von SARS-CoV-2 vorliegen. Außergewöhnliche regionale Umstände liegen etwa vor, wenn aufgrund der Bewertung der epidemiologischen Situation gemäß § 1 Abs. 7 COVID-19-MG im bundesweiten Vergleich ein besonders hohes Risiko der Verbreitung von SARS-CoV-2 anzunehmen ist oder wenn aufgrund wesentlich veränderter Eigenschaften des Virus die bereits gesetzten Bekämpfungsmaßnahmen oder die weitere Bekämpfungsstrategie erheblich gefährdet sind.

§ 32

Vergütung für den Verdienstentgang

(1) Natürlichen und juristischen Personen sowie Personengesellschaften des Handelsrechtes ist wegen der durch die Behinderung ihres Erwerbes entstandenen Vermögensnachteile dann eine Vergütung zu leisten, wenn und soweit

4. sie in einem gemäß § 20 im Betrieb beschränkten oder geschlossenen Unternehmen beschäftigt sind, oder

5. sie ein Unternehmen betreiben, das gemäß § 20 in seinem Betrieb beschränkt oder gesperrt worden ist, oder

7. sie in einem Epidemiegebiet, über das Verkehrsbeschränkungen gemäß § 24 verhängt worden sind, aufhältig sind oder Beschränkungen hinsichtlich des Betretens unterworfen sind

und dadurch ein Verdienstentgang eingetreten ist.

(2) Die Vergütung ist für jeden Tag zu leisten, der von der in Abs. 1 genannten behördlichen Verfügung umfaßt ist.

(3) Die Vergütung für Personen, die in einem Arbeitsverhältnis stehen, ist nach dem regelmäßigen Entgelt im Sinne des Entgeltfortzahlungsgesetzes, BGBl. Nr. 399/1974, zu bemessen. Die Arbeitgeber haben ihnen den gebührenden Vergütungsbetrag an den für die Zahlung des Entgelts im Betrieb üblichen Terminen auszuzahlen. Der Anspruch auf Vergütung gegenüber dem Bund geht mit dem Zeitpunkt der Auszahlung auf den Arbeitgeber über. Der für die Zeit der Erwerbsbehinderung vom Arbeitgeber zu entrichtende Dienstgeberanteil in der gesetzlichen Sozialversicherung und der Zuschlag gemäß § 21 des Bauarbeiterurlaubsgesetzes 1972, BGBl. Nr. 414, ist vom Bund zu ersetzen.

(3a) Der Anspruch auf Vergütung gegenüber dem Bund gemäß Abs. 3 besteht ungeachtet privatrechtlicher oder öffentlich-rechtlicher Verpflichtungen zur Fortzahlung des Entgelts beziehungsweise der Bezüge.

(4) Für selbständig erwerbstätige Personen und Unternehmungen ist die Entschädigung nach dem vergleichbaren fortgeschriebenen wirtschaftlichen Einkommen zu bemessen.

(5) Auf den gebührenden Vergütungsbetrag sind Beträge anzurechnen, die dem Vergütungsberechtigten wegen einer solchen Erwerbsbehinderung nach sonstigen Vorschriften oder Vereinbarungen sowie aus einer anderweitigen während der Zeit der Erwerbsbehinderung aufgenommenen Erwerbstätigkeit zukommen. Dies gilt nicht im Falle der Fortzahlung des Entgelts bzw. der Bezüge gemäß Abs. 3a.

(6) Der für das Gesundheitswesen zuständige Bundesminister kann, wenn und soweit dies zur Gewährleistung einer einheitlichen Verwaltungsführung erforderlich ist, durch Verordnung nähere Vorgaben zur Berechnung der Höhe der Entschädigung oder Vergütung des Verdienstentgangs erlassen.

§ 43a

Zuständigkeiten betreffend COVID-19

(1) Verordnungen nach diesem Bundesgesetz betreffend COVID-19 sind vom für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesminister zu erlassen.

(2) Verordnungen nach diesem Bundesgesetz betreffend COVID-19 können vom Landeshauptmann erlassen werden, wenn keine Verordnung gemäß Abs. 1 erlassen wurde oder zusätzliche Maßnahmen zu einer Verordnung gemäß Abs. 1 festgelegt werden.

(3) Verordnungen nach diesem Bundesgesetz betreffend COVID-19 können von der Bezirksverwaltungsbehörde erlassen werden, wenn keine Verordnungen gemäß Abs. 1 oder 2 erlassen wurden oder zusätzliche Maßnahmen zu Verordnungen nach Abs. 1 oder 2 festgelegt werden.

(4) In einer Verordnung gemäß Abs. 1 bis 3 kann entsprechend der jeweiligen epidemiologischen Situation regional differenziert werden.

(5) Durch Verordnung gemäß Abs. 1 können Verordnungen gemäß Abs. 2 und 3 oder Teile davon aufgehoben werden. Durch Verordnung gemäß Abs. 2 können Verordnungen gemäß Abs. 3 oder Teile davon aufgehoben werden.

(6) Verordnungen gemäß Abs. 2 und 3 sind vor deren Inkrafttreten dem für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesminister mitzuteilen.

…“

COVID-19-Maßnahmengesetz (COVID-19-MG, BGBl I 2020/12 in der den relevanten Zeitraum betreffenden Fassung 2020/23)

㤠1

Betreten von Betriebsstätten zum Zwecke des Erwerbs von Waren- und Dienstleistungen sowie Arbeitsorte

Beim Auftreten von COVID-19 kann der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz durch Verordnung das Betreten von Betriebsstätten oder nur bestimmten Betriebsstätten zum Zwecke des Erwerbs von Waren und Dienstleistungen oder Arbeitsorte im Sinne des § 2 Abs. 3 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz untersagen, soweit dies zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 erforderlich ist. In der Verordnung kann geregelt werden, in welcher Zahl und zu welcher Zeit jene Betriebsstätten betreten werden dürfen, die vom Betretungsverbot ausgenommen sind. Darüber hinaus kann geregelt werden, unter welchen bestimmten Voraussetzungen oder Auflagen Betriebsstätten oder Arbeitsorte betreten werden dürfen.

(Anmerkung: Mit der Novelle BGBl I 2020/16 wurde die Überschrift zu § 1 neu gefasst und in § 1 die Wortfolge „oder Arbeitsorte im Sinne des § 2 Abs. 3 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz“ eingefügt. Mit der Novelle BGBl I 2020/23 wurde der letzte Satz des § 1 eingefügt.)

§ 2

Betreten von bestimmten Orten

Beim Auftreten von COVID-19 kann durch Verordnung das Betreten von bestimmten Orten untersagt werden, soweit dies zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 erforderlich ist. Die Verordnung ist

1.   vom Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege- und Konsumentenschutz zu erlassen, wenn sich ihre Anwendung auf das gesamte Bundesgebiet erstreckt,

2.   vom Landeshauptmann zu erlassen, wenn sich ihre Anwendung auf das gesamte Landesgebiet erstreckt, oder

3.   von der Bezirksverwaltungsbehörde zu erlassen, wenn sich ihre Anwendung auf den politischen Bezirk oder Teile desselben erstreckt.

Das Betretungsverbot kann sich auf bestimmte Zeiten beschränken.

Darüber hinaus kann geregelt werden, unter welchen bestimmten Voraussetzungen oder Auflagen jene bestimmten Orte betreten werden dürfen“

(Anmerkung: Der letzte Satz des § 2 wurde mit der Novelle BGBl I 2020/23 angefügt.)

§ 4

Inkrafttreten

(1) Dieses Bundesgesetz tritt mit Ablauf des Tages der Kundmachung in Kraft und mit Ablauf des 31. Dezember 2020 außer Kraft.

(1a) Abs. 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 16/2020 tritt rückwirkend mit 16.03.2020 in Kraft.

(2) Hat der Bundesminister gemäß § 1 eine Verordnung erlassen, gelangen die Bestimmungen des Epidemiegesetzes 1950, BGBl. Nr. 186/1950, betreffend die Schließung von Betriebsstätten im Rahmen des Anwendungsbereichs dieser Verordnung nicht zur Anwendung.

(3) Die Bestimmungen des Epidemiegesetzes 1950 bleiben unberührt.

(4) Verordnungen aufgrund dieses Bundesgesetzes können vor seinem Inkrafttreten erlassen werden, dürfen jedoch nicht vor diesem in Kraft treten.

(5) §§ 1, 2 und § 2a idF des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 23/2020 treten mit dem der Kundmachung folgenden Tage in Kraft.“

(Anmerkung: Mit Novelle BGBl I 2020/16 wurde § 4 Abs 2 durch Einführung der Wortfolge „im Rahmen des Anwendungsbereiches dieser Verordnung“ neu gefasst und der Abs 1a eingefügt. Abs 5 wurde mit der Novelle BGBl I 2020/23 eingefügt.)

COVID-19-Maßnahmengesetz (COVID-19-MG, BGBl I 2020/12 in der nunmehr geltenden Fassung 2022/103)

§ 3

Betreten und Befahren von Betriebsstätten und Arbeitsorten sowie Benutzen von Verkehrsmitteln

(1) Beim Auftreten von COVID-19 kann durch Verordnung

1. das Betreten und das Befahren von Betriebsstätten oder nur bestimmten Betriebsstätten zum Zweck des Erwerbs von Waren oder der Inanspruchnahme von Dienstleistungen,

2. das Betreten und das Befahren von Arbeitsorten oder nur bestimmten Arbeitsorten gemäß § 2 Abs. 3 des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes (ASchG) durch Personen, die dort einer Beschäftigung nachgehen, und

3. das Benutzen von Verkehrsmitteln oder nur bestimmten Verkehrsmitteln

geregelt werden, soweit dies zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 erforderlich ist.

(2) In einer Verordnung gemäß Abs. 1 kann entsprechend der epidemiologischen Situation festgelegt werden, in welcher Zahl und zu welcher Zeit oder unter welchen Voraussetzungen und Auflagen Betriebsstätten oder Arbeitsorte betreten und befahren oder Verkehrsmittel benutzt werden dürfen. Weiters kann das Betreten und Befahren von Betriebsstätten oder Arbeitsorten sowie das Benutzen von Verkehrsmitteln untersagt werden, sofern gelindere Maßnahmen nicht ausreichen.

§ 4

Betreten und Befahren von bestimmten Orten und öffentlichen Orten in ihrer Gesamtheit

(1) Beim Auftreten von COVID-19 kann durch Verordnung das Betreten und das Befahren von

1. bestimmten Orten oder

2. öffentlichen Orten in ihrer Gesamtheit

geregelt werden, soweit dies zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 erforderlich ist.

(2) In einer Verordnung gemäß Abs. 1 kann entsprechend der epidemiologischen Situation festgelegt werden, in welcher Zahl und zu welcher Zeit oder unter welchen Voraussetzungen und Auflagen diese Orte betreten und befahren werden dürfen. Weiters kann das Betreten und Befahren bestimmter Orte gemäß Abs. 1 Z 1, nicht aber öffentlicher Orte in ihrer Gesamtheit gemäß Abs. 1 Z 2 untersagt werden, sofern gelindere Maßnahmen nicht ausreichen.

§ 13

Inkrafttreten

(1) Dieses Bundesgesetz tritt mit Ablauf des Tages der Kundmachung in Kraft und mit Ablauf des 30. Juni 2023 außer Kraft. Sofern dies aufgrund der epidemiologischen Situation unbedingt erforderlich ist, kann durch Verordnung der Bundesregierung ein anderer Zeitpunkt des Außerkrafttretens dieses Bundesgesetzes bestimmt werden, wobei dieser nicht nach dem 31. Dezember 2023 liegen darf.

(1a) Abs. 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 16/2020 tritt rückwirkend mit 16. März 2020 in Kraft.

(2) Wurde eine Verordnung gemäß § 3 erlassen, gelangen die Bestimmungen des Epidemiegesetzes 1950, BGBl. Nr. 186/1950, betreffend die Schließung von Betriebsstätten im Rahmen des Anwendungsbereichs dieser Verordnung nicht zur Anwendung.

(3) Die Bestimmungen des Epidemiegesetzes 1950 bleiben unberührt.

…“

Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend vorläufige Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 (COVID-19-MV-96, BGBl II 2020/96 idF 130)

§ 3

(1) Das Betreten von Betriebsstätten sämtlicher Betriebsarten der Gastgewerbe ist untersagt.

(2) Abs. 1 gilt nicht für Gastgewerbebetriebe, welche innerhalb folgender Einrichtungen betrieben werden:

1.   Kranken- und Kuranstalten;

2.   Pflegeanstalten und Seniorenheime;

3.   Einrichtungen zur Betreuung und Unterbringung von Kindern und Jugendlichen einschließlich Schulen und Kindergärten;

4.   Betrieben, wenn diese ausschließlich durch Betriebsangehörige genützt werden dürfen.

(3) Abs. 1 gilt nicht für Beherbergungsbetriebe, wenn in der Betriebsstätte Speisen und Getränke ausschließlich an Beherbergungsgäste verabreicht und ausgeschenkt werden.

§ 5

(1) Diese Verordnung tritt mit Ablauf des 13. April 2020 außer Kraft.

(2) Die Änderungen dieser Verordnung durch die Verordnung BGBl. II Nr. 112/2020 treten mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft.

(3) § 4 dieser Verordnung in der Fassung der Verordnung BGBl. II Nr. 130/2020 tritt mit Ablauf des 3. April 2020 in Kraft. Im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Bestimmung bestehende Verordnungen eines Landeshauptmannes oder einer Bezirksverwaltungsbehörde über Betretungsverbote von Beherbergungsbetrieben bleiben unberührt.

(4) Die §§ 1 bis 3 treten mit Ablauf des 13. April 2020 außer Kraft.

(5) § 4 tritt mit Ablauf des 24. April 2020 außer Kraft.“

Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Z über verkehrsbeschränkende Maßnahmen nach dem Epidemiegesetz 1950 für den Bezirk Z Land (in weiterer Folge VO-BH Z-123, Bote für Tirol 10b/2020, 123)

Auf Grund stark zunehmend nachgewiesener an SARSCoV-2 erkrankten Personen im Bezirk Z-Land sowie der hohen Anzahl der dort urlaubsbedingt aufhältigen Personen aus internationalen Ländern sind die nachfolgenden behördlichen Anordnungen aus medizinischer Sicht unbedingt erforderlich, um eine Weiterverbreitung dieser Erkrankung möglichst einzudämmen.

Die Bezirkshauptmannschaft Z verordnet in Ergänzung zur Verordnung vom 11. März 2020, EPI-29/1-2020, als zuständige Behörde gemäß §§ 15, 20, 24 und 26 Epidemiegesetz 1950 in Verbindung mit der Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Betriebsbeschränkung oder Schließung gewerblicher Unternehmungen bei Auftreten von Infektionen mit SARS-CoV-2 („2019 neuartiges Coronavirus“), jeweils in der geltenden Fassung in der geltenden Fassung folgende Maßnahmen zur Verhinderung der Weiterverbreitung einer Krankheit, konkret des Corona-Virus (SARS-CoV-2):

§ 1

a) Für die Bewohner der Gemeinden im Bezirk Z-Land sowie für die in diesen Gemeinden aufhältigen Personen wird die Beförderung mit jenen Kursen des Kraftfahrlinienverkehrs, welche der Abwicklung des Schibusverkehrs dienen, sowie mit Seilbahnanlagen verboten.

Ausgenommen sind jene Kurse, die zur Aufrechterhaltung des öffentlichen Personennahverkehrs dienen.

b) Weiters wird für die Bewohner der Gemeinden im Bezirk Z-Land sowie für die in diesen Gemeinden aufhältigen Personen wird der Besuch sämtlicher in den Gemeindegebieten befindlichen Gastgewerbebetriebe, die rein der Unterhaltung dienende Aktivitäten darbieten, verboten. Diese Maßnahmen gelten innerhalb der Betriebsräume und außerhalb auf den Freiterrassen, Gastgärten und den vorgelagerten Freiflächen.

    Alle Gastgewerbebetriebe zu touristischen Zwecken im Bezirk Z-Land, insbesondere Gast- und Beherbergungsbetriebe, Hotelbetriebe, Appartementhäuser, Restaurants, Cafés, Bars, Chalets, Airbnb, Privatzimmervermietungen und dergleichen sowie Campingplätze sind zu schließen.

    Davon ausgenommen ist die Verabreichung von Speisen zur Grundversorgung der Bevölkerung.

§ 2

Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes haben die Beschränkungen zu überwachen und gegebenenfalls sicherheitspolizeilich einzuschreiten.

§ 3

(1) Die Bestimmungen dieser Verordnung, mit Ausnahme des § 1 lit b, treten mit Ablauf des 15. März 2020 in Kraft.

(2) § 1 lit b dieser Verordnung tritt mit Ablauf des 16. März 2020 in Kraft.

(3) Die §§ 1 und 2 dieser Verordnung treten mit 13. April 2020 außer Kraft.

§ 4

Wer gemäß § 1 dieser Verordnung zuwiderhandelt, begeht gemäß § 40 Epidemiegesetz 1950 eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu € 1.450, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu vier Wochen, zu bestrafen.“

(Diese Verordnung wurde mit Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Z, Bote für Tirol, 12a/2020, 184, am 26.3.2020 aufgehoben.)

Verordnung des Landeshauptmannes vom 6. April 2020, mit der die Verordnung nach § 2 Z 2 des COVID-19-Maßnahmengesetzes, LGBl. Nr. 35/2020, in der Fassung der Verordnung LGBl. Nr. 41/2020, aufgehoben wird (in weiterer Folge VO-LH-44, LGBl 2020/44)

„Auf Grund von § 2 Z 2 des Covid-19-Maßnahmengesetzes, BGBl. I Nr. 12/2020, zuletzt geändert durch das Gesetz BGBl. I Nr. 23/2020, wird verordnet:

§ 1

Die Verordnung des Landeshauptmannes nach § 2 Z 2 des COVID-19-Maßnahmengesetzes, LGBl. Nr. 35/2020, in der Fassung der Verordnung LGBl. Nr. 41/2020, wird aufgehoben.

§ 2

Diese Verordnung tritt mit dem Ablauf des Tages der Kundmachung in Kraft.“

V.       Erwägungen

A. Gegenstand des Verfahrens

Im Kern des gegenständlichen Verfahrens steht die Frage, ob durch die Erlassung des auf das COVID-19-Maßnahmengesetz gestützten Betretungsverbots für Gaststätten (§ 3 COVID-19-MV-96) und die dazu ergangenen Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofs die auf das Epidemiegesetz gestützte Betriebsschließung von Gaststätten durch § 1 lit b Satz 3 VO-BH Z-123 anzuwenden war.

Zudem ist zu prüfen, ob § 1 lit b Satz 3 VO-BH Z-123 am 26.3.2020 noch in Kraft war.

Abschließend ist zu prüfen, ob für den Zeitraum ab 26.3.2020 bzw 27.3.2020 bis 13.4.2020 noch eine auf das Epidemiegesetz 1950 gestützte Verordnung in Kraft war, und damit ein allfälliger Entschädigungsanspruch bestand.

B. Wortlaut der Verordnungen

§ 1 lit b Satz 3 VO-BH Z-123, kundgemacht am 14.3.2020, ordnete – gestützt auf § 20 EpiG, mit Inkrafttreten am 17.3.2020 – an: „Alle Gastgewerbebetriebe zu touristischen Zwecken im Bezirk Z-Land, insbesondere Gast- und Beherbergungsbetriebe, Hotelbetriebe, Appartementhäuser, Restaurants, Cafés, Bars, Chalets, Airbnb, Privatzimmervermietungen und dergleichen sowie Campingplätze sind zu schließen.“ Die VO-BH Z-123 wurde mit der VO-BH Z-184 am 26.3.2020 aufgehoben und trat damit mit Ablauf des 25.3.2020 außer Kraft.

Mit § 3 Abs 1 COVID-19-MV-96, kundgemacht am 15.3.2020, wiederum ordnete der Bundesminister für Gesundheit – gestützt auf § 1 COVID-19-MG, mit Inkrafttreten am 17.3.2020 – an: „Das Betreten von Betriebsstätten sämtlicher Betriebsarten der Gastgewerbe ist untersagt.

Die VO-LH-35, kundgemacht am 20.3.2020, ordnete – gestützt auf § 2 Z 2 COVID-19-MG, mit Inkrafttreten am 21.3.2020 - das grundsätzliche unverzügliche Verlassen des Landesgebietes Tirol für Personen an, die nicht über einen Wohnsitz in Tirol verfügten. Zudem wurde die Zufahrt zu und die Abfahrt aus den Gemeinden im Landesgebiet und das Verlassen des eigenen Wohnsitzes, mit wenigen Ausnahmen, zB aus triftigen Gründen zur Deckung von Grundbedürfnissen, verboten. Die VO-LH-35 wurde mit der VO-LH-44 am 7.4.2020 aufgehoben und trat damit mit Ablauf des 6.4.2020 außer Kraft.

C. Verhältnis der Verordnungen (§ 4 Abs 2 COVID-19-MG)

Zum Zeitpunkt der Geltung der VO-BH Z-123 und der COVID-19-MV-96 sah – aufgrund des mit BGBl I 2020/16 rückwirkend mit 16.3.2020 in Kraft getretenen – § 4 Abs 2 COVID-19-MG für das Verhältnis zum Epidemiegesetz eine ausdrückliche Klausel vor: „Hat der Bundesminister gemäß § 1 eine Verordnung erlassen, gelangen die Bestimmungen des Epidemiegesetzes … betreffend die Schließung von Betriebsstätten im Rahmen des Anwendungsbereichs dieser Verordnung nicht zur Anwendung.

§ 1 COVID-19-MG ermächtigt unter anderem, das Betreten von Betriebsstätten oder nur bestimmten Betriebsstätten zum Zweck des Erwerbs von Waren und Dienstleistungen zu untersagen. Demgegenüber erlaubt § 20 Abs 2 EpiG bei Auftreten näher bezeichneter Krankheiten die Schließung der Betriebsstätte. Der Gesetzgeber verwendet zwar unterschiedliche Begriffe, § 1 COVID-19-MG spricht von Betretungsverboten, § 20 EpiG von Betriebsschließungen. § 4 Abs 2 COVID-19-MG bringt allerdings klar zum Ausdruck, im Falle der Erlassung einer Verordnung nach § 1 COVID-19-MG kommen in deren Anwendungsbereich die Bestimmungen des Epidemiegesetzes betreffend die Schließung von Betriebsstätten nicht zur Anwendung.

D. Aufhebung des § 3 COVID-19-MV-96

Mit Erkenntnis vom 1.10.2020, V 405/2020, stellte der Verfassungsgerichtshof die Gesetzwidrigkeit des § 3 COVID-19-MV-96 (BGBl II 2020/96 idF 130) und mit Erkenntnis vom 29.9.2021, V 188/2021, die Gesetzwidrigkeit des § 3 COVID-19-MV-96 (BGBl II 2020/96) fest und sprach jeweils die Nichtanwendung dieser Bestimmung aus.

E. Anlassfallwirkung (Art 139 Abs 6 Satz 2 B-VG)

Gemäß Art 139 Abs 6 Satz 2 B-VG ist grundsätzlich die Verordnungsbestimmung weiterhin auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles anzuwenden, sofern der Verfassungsgerichtshof nicht in seinem aufhebenden Erkenntnis anderes ausspricht. Da der Verfassungsgerichtshof ausdrücklich die Nichtanwendung des § 3 COVID-19-MV-96 aussprach, gilt dies auch für vor der Aufhebung verwirklichter Tatbestände (VfGH 26.11.2020, E 2355/2020). Es ist so vorzugehen, als ob die als gesetzwidrig aufgehobene Norm bereits zum Zeitpunkt der Verwirklichung des Sachverhalts nicht mehr der Rechtsordnung angehört hätte (VwGH 1.3.2017, Ro 2015/03/0022; 28.6.2012, 2012/15/0085; 30.5.2011, 2010/12/0034; 28.4.2011, 2010/15/0182).

Beschwerdeführer wären wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt, wenn die Anwendung der Verordnung für deren Rechtsstellung nachteilig war (VfGH 22.9.2017, E 457/2017).

F. Entschädigung aufgrund des § 1 lit b Satz 3 VO-BH Z-123 im gegenständlichen Fall für den Zeitraum von 17.3.2020 bis 25.3.2020

Die Anwendbarkeit dieser Anlassfallwirkung auf mit dem gegenständlichen Fall vergleichbare Konstellationen klärte der Verwaltungsgerichtshof in mehreren Entscheidungen vom 14.11.2022, Ro 2022/03/0048, 0049 und 0050, sowie vom 22.11.2022, Ro 2022/03/0047.

Dazu führte der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 14.11.2022, Ro 2022/03/0048, Rz 25 ff, aus: „Im Anlassfall ist so vorzugehen, als ob die als gesetzwidrig erkannte Norm bereits zur Zeit der Verwirklichung des dem Anlassfall zugrunde gelegten Tatbestandes nicht mehr der Rechtsordnung angehört hätte (vgl. VfSlg. 16.987/2003; vgl. auch VwGH 28.6.2012, 2012/15/0085). Gestützt auf Art. 139 Abs. 6 zweiter Satz B-VG hat der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis V 188/2021 ua. die Anlassfallwirkung auf alle Fälle erstreckt (‚nicht mehr anzuwenden‘), wodurch die Feststellung der Gesetzwidrigkeit auch auf den Revisionsfall zurückwirkt (vgl. VfGH 26.11.2020, E 2355/2020; vgl. zur Erstreckung der Anlassfallwirkung gemäß Art. 140 Abs. 7 zweiter Satz B-VG VfSlg. 15.401/1999).

Dementsprechend hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 28. Februar 2022, Ra 2021/09/0229, Rn. 32 f, ausgeführt, dass § 3 COVID-19-MV-96 zufolge des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 29. September 2021, V 188/2021 ua., auch in einem Verwaltungs-(gerichts-)verfahren über einen Vergütungsanspruch nach § 32 EpiG nicht mehr anzuwenden ist. Dies führte in jenem Revisionsverfahren dazu, dass Verordnungen nach (dort) § 24 EpiG nicht (mehr) durch § 3 COVID-19-MV-96 verdrängt wurden. Der Verwaltungsgerichtshof fasste dieses Ergebnis dahingehend zusammen, dass ein aus den Verordnungen nach dem EpiG ableitbarer Vergütungsanspruch daher nicht deshalb nicht mehr besteht, weil gleichzeitig die auf § 1 COVID-19-MG gestützte Verordnung des Bundesministers in Geltung stand.

Dass das hg. Erkenntnis Ra 2021/09/0229 Beschränkungen eines Gastgewerbebetriebes auf Grund von Verordnungen nach § 24 EpiG betraf und ein Vergütungsanspruch daher gestützt auf § 32 Abs. 1 Z 7 EpiG zu prüfen war, ändert angesichts der gleichgelagerten maßgeblichen Rechtsfrage – entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts – nichts an der Maßgeblichkeit dieser Ausführungen für den Revisionsfall.

Im Revisionsfall hatte das Verwaltungsgericht daher den auf § 32 Abs. 1 Z 5 EpiG gestützten Antrag der Revisionswerberin auf Vergütung für den Verdienstentgang so zu beurteilen, als ob § 3 COVID-19-MV-96 im gegenständlichen Anspruchszeitraum nicht der Rechtsordnung angehört hätte.

Dies hat das Verwaltungsgericht, welches selbst davon ausgeht, dass der Revisionswerberin auf Grund der auf § 20 EpiG gestützten Schließung ihrer Betriebsstätte durch die Verordnung der Landeshauptstadt Z ‚dem Grunde nach‘ ein Anspruch auf Vergütung für den Verdienstentgang gemäß § 32 Abs. 1 Z 5 EpiG zugestanden wäre, verkannt und sein Erkenntnis dadurch mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet.

Somit ist im gegenständlichen Fall die Entschädigung ausschließlich aufgrund der VO-BH Z-123 zu prüfen.

G. Aufhebung und Zurückverweisung hinsichtlich des Zeitraums von 17.3.2020 bis 25.3.2020

Gemäß § 28 Abs 2 und Abs 3 VwGVG kann das Landesverwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheids an die Behörde zurückverweisen, wenn die belangte Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen hat, der maßgebliche Sachverhalt nicht feststeht und die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst nicht im Interesse der Raschheit gelegen oder nicht mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs kann von der Möglichkeit der Zurückverweisung an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen nur bei krassen bzw besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht werden (VwGH 22.6.2016, Ra 2016/03/0027 mwN; 19.4.2016, Ra 2015/01/0010). Diese Zurückverweisung kommt daher nur in Betracht, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterließ, wenn sie lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte setzte oder bloß ansatzweise ermittelte (VwGH 12.11.2021, Ra 2014/20/0029 mwN; 6.7.2016, Ra 2015/01/0123; 22.6.2016, Ra 2016/03/0027 mwN; 24.6.2015, Ra 2015/04/0019; 26.6.2014, Ro 2014/03/0063). So ist eine Zurückverweisung zulässig, wenn die Behörde den entscheidungswesentlichen Sachverhalt sehr unzureichend feststellte, indem sie keine für die Entscheidung in der Sache brauchbaren Ermittlungsergebnisse lieferte (VwGH 28.3.2017, Ro 2016/09/0009), oder wenn diese keinerlei Schritte setzte, um die erforderlichen Beurteilungen vornehmen zu können (VwGH 17.3.2016, Ra 2015/11/0127). Auch muss der Grund der Aufhebung und Zurückverweisung für die Entscheidung des Falls präjudiziell sein (VwGH 30.7.2021, Ro 2017/06/0029; 26.6.2014, Ro 2014/03/0063).

Im gegenständlichen Fall war die belangte Behörde der Ansicht, für den angeführten Gastgewerbebetrieb und für die geleisteten Entgeltfortzahlungen samt Dienstgeberbeiträge bestehe ein Anspruch auf Vergütung des Verdienstentgangs dem Grunde nach nicht. Deshalb – so die belangte Behörde ausdrücklich – traf diese keine weiteren Erhebungen und Feststellungen zur Höhe des diesbezüglichen Verdienstentgangs. Aufgrund der nunmehr vom Verwaltungsgerichtshof geklärten Rechtsfrage besteht der Anspruch auf Verdienstentgang allerdings sehr wohl.

Die belangte Behörde ging (fehlerhaft) von der Unanwendbarkeit einer Bestimmung aus und ermittelte deshalb den dazu gehörigen Sachverhalt nicht. Die Ermittlung der Höhe der Entschädigung ist entscheidungswesentlich. Deshalb liegen im gegenständlichen Fall die Voraussetzungen für eine Zurückverweisung vor (übereinstimmend zu vergleichbaren Konstellationen Götzl/Gruber/Reisner/Winkler, Das neue Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte2 [2017] § 28 Rz 20 mwN).

Die belangte Behörde hat nunmehr im gegenständlichen Fall Erhebung

Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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