TE Lvwg Erkenntnis 2022/6/27 VGW-101/007/7800/2022

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.06.2022
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Entscheidungsdatum

27.06.2022

Index

50/01 Gewerbeordnung

Norm

GewO 1994 §9 Abs1
GewO 1994 §9 Abs2
GewO 1994 §16 Abs1
GewO 1994 §94 Z2
  1. GewO 1994 § 9 heute
  2. GewO 1994 § 9 gültig ab 01.01.2007 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 161/2006
  3. GewO 1994 § 9 gültig von 02.12.2006 bis 31.12.2006 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 161/2006
  4. GewO 1994 § 9 gültig von 01.08.2002 bis 01.12.2006 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 111/2002
  5. GewO 1994 § 9 gültig von 01.07.1997 bis 31.07.2002 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 63/1997
  6. GewO 1994 § 9 gültig von 19.03.1994 bis 30.06.1997
  1. GewO 1994 § 9 heute
  2. GewO 1994 § 9 gültig ab 01.01.2007 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 161/2006
  3. GewO 1994 § 9 gültig von 02.12.2006 bis 31.12.2006 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 161/2006
  4. GewO 1994 § 9 gültig von 01.08.2002 bis 01.12.2006 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 111/2002
  5. GewO 1994 § 9 gültig von 01.07.1997 bis 31.07.2002 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 63/1997
  6. GewO 1994 § 9 gültig von 19.03.1994 bis 30.06.1997
  1. GewO 1994 § 16 heute
  2. GewO 1994 § 16 gültig ab 30.11.2004 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 131/2004
  3. GewO 1994 § 16 gültig von 01.08.2002 bis 29.11.2004 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 111/2002
  4. GewO 1994 § 16 gültig von 01.07.1997 bis 31.07.2002 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 63/1997
  5. GewO 1994 § 16 gültig von 01.07.1996 bis 30.06.1997 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/1997
  6. GewO 1994 § 16 gültig von 19.03.1994 bis 30.06.1996
  1. GewO 1994 § 94 heute
  2. GewO 1994 § 94 gültig ab 17.10.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 94/2017
  3. GewO 1994 § 94 gültig von 29.03.2016 bis 16.10.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 155/2015
  4. GewO 1994 § 94 gültig von 28.12.2013 bis 28.03.2016 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 212/2013
  5. GewO 1994 § 94 gültig von 14.09.2012 bis 27.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 85/2012
  6. GewO 1994 § 94 gültig von 01.09.2012 bis 13.09.2012 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 99/2011
  7. GewO 1994 § 94 gültig von 19.08.2010 bis 31.08.2012 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 66/2010
  8. GewO 1994 § 94 gültig von 01.01.2010 bis 18.08.2010 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 121/2009
  9. GewO 1994 § 94 gültig von 27.02.2008 bis 31.12.2009 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 42/2008
  10. GewO 1994 § 94 gültig von 01.01.2007 bis 26.02.2008 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 161/2006
  11. GewO 1994 § 94 gültig von 15.01.2005 bis 31.12.2006 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 131/2004
  12. GewO 1994 § 94 gültig von 01.08.2002 bis 14.01.2005 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 111/2002
  13. GewO 1994 § 94 gültig von 01.07.1997 bis 31.07.2002 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 63/1997
  14. GewO 1994 § 94 gültig von 01.07.1996 bis 30.06.1997 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/1997
  15. GewO 1994 § 94 gültig von 19.03.1994 bis 30.06.1996

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien erkennt durch seinen Richter Dr. Köhler über die Beschwerde der A. GmbH gegen den Bescheid des Magistrats der Stadt Wien (Magistratisches Bezirksamt für den 4. und 5. Bezirk) vom 01.06.2022, Zl. …, betreffend Verkürzung der Frist zur weiteren Ausübung des Gewerbes (§ 9 Abs. 2 GewO) zu Recht:

I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Beschwerdegegenstand

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 01.06.2022 wurde gemäß § 9 Abs. 2 GewO die Frist zur weiteren Ausübung des Gewerbes durch die nunmehr beschwerdeführende Partei – nach dem am 30.04.2022 erfolgten Ausscheiden der bisherigen Geschäftsführerin – dahingehend verkürzt, dass unverzüglich ein neuer Geschäftsführer zu bestellen ist. Gleichzeitig wurde gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG die aufschiebende Wirkung einer gegen diesen Bescheid eingebrachten Beschwerde ausgeschlossen.

Feststellungen

Die A. GmbH (beschwerdeführende Partei) ist im Firmenbuch eingetragen zur Zahl FN … und hat zur GISA-Zahl … das reglementierte Gewerbe Augenoptik angemeldet. Die bisherige Geschäftsführerin (B. C., BSc, geboren am …) ist per 30.04.2022 ausgeschieden. Aktuell ist kein gewerberechtlicher Geschäftsführer für die beschwerdeführende Partei bestellt.

Beweiswürdigung

Das Verwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Behördenakt und Abfrage von Firmenbuch und GISA. Die dortigen Einträge sind unbedenklich. Das Ausscheiden der bisherigen Geschäftsführerin ist unstrittig, auch das aktuelle Fehlen eines (befähigten) gewerberechtlichen Geschäftsführers steht außer Streit (und ergibt sich aus dem GISA).

Rechtliche Beurteilung

Die Beschwerde stützt sich im Wesentlichen darauf, dass im „Ladengeschäft“ der beschwerdeführenden Partei keine augenoptischen Dienstleistungen erbracht würden, die unter einen Meisterzwang fallen würden. Es bedürfe daher keiner Benennung eines Augenoptiker-Meisters als gewerberechtlicher Geschäftsführer. Alle Dienstleistungen würden online erbracht. In den Filialen erfolge die Beratung der Kunden bei der Auswahl der Brillenfassungen und es gebe dort einen digitalen Sehtest. Die Messgeräte würden ähnlich der Telemedizin ferngesteuert und ein bei der beschwerdeführenden Partei beheimateter Augenoptikermeister steuere die Geräte zur Ermittlung der Sehstärke und weitere Parameter. Er sei nicht am Ort. Die beschwerdeführende Partei gehe davon aus, dass die Gewerbeanmeldung eher dem Einzelhandel mit oder der Ausstellung von Brillenfassungen entsprechen müsse. So sei dies jedenfalls in Deutschland, wo derzeit 176 Filialen mit diesem System betrieben würden.

Die Beschwerde verkennt die Rechtslage:

Scheidet ein Geschäftsführer aus, darf ein Gewerbe gemäß § 9 Abs. 2 GewO bis zur Bestellung eines neuen Geschäftsführers, längstens jedoch während sechs Monaten, weiter ausgeübt werden. Die Behörde hat diese Frist zu verkürzen, wenn mit der weiteren Ausübung des Gewerbes ohne Geschäftsführer eine besondere Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen verbunden ist (vgl. dazu VwGH 02.02.2012, 2011/04/0219) oder in den vorangegangenen zwei Jahren vor dem Ausscheiden des Geschäftsführers das Gewerbe insgesamt länger als sechs Monate ohne Geschäftsführer ausgeübt wurde.

Dass bei der Fristverkürzung nach § 9 Abs. 2 GewO nur solche Gefahren für Leib und Leben relevant sein sollten, die sich im Betrieb selbst verwirklichen, kann weder dem Wortlaut des Gesetzes noch den damit verfolgten Absichten des Gesetzgebers entnommen werden; auch die Folgen einer mangelhaften Gewerbeausübung für die Kunden ist zu beachten (VwGH 02.02.2012, 2011/04/0219).

Der angefochtene Bescheid nimmt auf konkrete Gefahren nur knapp Bezug. Es würden im Rahmen der bestehenden Gewerbeberechtigung Arbeiten durchgeführt werden, welche bei unsachgemäßer Ausführung zweifellos eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen darstellen (zum Erfordernis einer ausreichenden Begründung siehe nochmals VwGH 02.02.2012, 2011/04/0219).

Allerdings ist für den Beschwerdefall zu beachten, dass die beschwerdeführende Partei (ausschließlich) das Gewerbe Augenoptik angemeldet hat; dies ist ein reglementiertes Gewerbe gemäß § 94 Z 2 GewO (siehe auch § 98 GewO).

§ 9 Abs. 1 GewO selbst ordnet keine Unterscheidung nach der Gewerbeart an und verlangt generell für die Gewerbeausübung durch eine juristische Person eine Geschäftsführerbestellung. Voraussetzung für die Ausübung eines reglementierten Gewerbes ist aber gemäß § 16 Abs. 1 GewO (u.a.) der Nachweis der Befähigung (vgl. VwGH 09.04.2013, 2010/04/0089 = VwSlg 18.601 A/2013). Wer diesen Nachweis nicht erbringen kann, hat einen Geschäftsführer zu bestellen. § 9 Abs. 2 GewO gilt in diesen Fällen mit der Maßgabe, dass die Bestellung des neuen Geschäftsführers binnen einem Monat zu erfolgen hat.

Durch die Bestellung eines gewerberechtlichen Geschäftsführers soll die fachlich einwandfreie Ausübung des Gewerbes und die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften sichergestellt werden (vgl. § 39 Abs. 1 GewO), weshalb § 9 Abs. 2 GewO die weitere Ausübung des Gewerbes bei Ausscheiden des bisherigen gewerberechtlichen Geschäftsführers ausdrücklich von der rechtzeitigen Bestellung eines neuen gewerberechtlichen Geschäftsführers abhängig macht (VwGH 01.02.2017, Ra 2015/04/0047).

§ 9 Abs. 2 GewO erlaubt die Verkürzung der Frist zur weiteren Ausübung des Gewerbes. Ex lege dauert dieser Fortbetrieb für längstens sechs Monate. Für ein reglementiertes Gewerbe verkürzt § 16 Abs. 1 GewO diese Frist jedoch auf einen Monat.

Der angefochtene Bescheid vom 01.06.2022 ordnet eine unverzügliche Geschäftsführerbestellung an. Die bisherige Geschäftsführerin ist per 30.04.2022 aus dem Gewerbebetrieb ausgeschieden. Der Bedarf an einer Neubesetzung ist seit damals bekannt (wohl bereits früher, nachdem eine Kündigungsfrist o.Ä. anzunehmen ist).

Wenn die beschwerdeführende Partei meint, dass mit der gegenständlichen Unternehmung ohnehin keine augenoptischen Dienstleistungen, sondern ein bloßes Handelsgewerbe ausgeübt wird, ist dem entgegenzuhalten, dass das ausschließlich angemeldete Gewerbe auf Augenoptik lautet und dies eben ein reglementiertes Gewerbe gemäß § 94 Z 2 GewO ist.

Aus § 9 Abs. 2 iVm § 16 Abs. 1 GewO ergibt sich, dass ein Monat nach Ausscheiden der bisherigen Geschäftsführerin ein neuer Geschäftsführer zu bestellen ist. Einen Ermessens-/Verlängerungsspielraum räumt das Gesetz nicht ein (VwGH 27.05.1983, 82/04/0258). Nachdem die Einmonatsfrist mit dem Ausscheiden am 30.04.2022 zu laufen begann (maßgeblicher Zeitpunkt gemäß VwGH 12.05.2011, 2008/04/0046), konnte mit Bescheid vom 01.06.2022 – als bereits ein Monat angelaufen war – keine andere Frist als ein „unverzüglich“ gewählt werden.

Der gegenständliche Betrieb ist daher ohne Geschäftsführerbestellung nicht weiter auszuüben (vgl. auch § 367 Z 1 GewO).

Allenfalls müsste die beschwerdeführende Partei einen Wechsel in ein anderes Gewerbe in Form eines gegenüber dem aktuell angemeldeten Gewerbe eingeschränkten/adaptierten Leistungsangebot anstreben.

Nicht nachvollziehbar ist das Beschwerdevorbringen zu einem „bei uns beheimatete[n] Augenoptikermeister“. Ein gewerberechtlicher Geschäftsführer ist laut GISA nicht bestellt. Sofern es sich um einen in der deutschen Schwestern- oder Muttergesellschaft tätigen Dienstnehmer handelt, ist dieser freilich ebenfalls nicht für das gegenständliche Verfahren relevant (vgl. zum Erfordernis einer tatsächlichen Betätigung im [österreichischen] Betrieb § 39 Abs. 2 bis 3 GewO).

Aufgrund der dargestellten Sach- und Rechtslage ergibt sich eine eindeutige, aktuelle Pflicht zur Geschäftsführerbestellung und die gesetzliche, nichtdisponible Frist für den Fortbetrieb ohne Geschäftsführer ist (jedenfalls mittlerweile) abgelaufen. Selbst wenn man hier einen normativen Ausspruch als nicht erforderlich oder nicht vorgesehen erachten würde, wäre die beschwerdeführende Partei durch den angefochtenen Bescheid (auch insofern) nicht in Rechten verletzt.

Die Beschwerde war aus diesen Gründen als unbegründet abzuweisen.

Die Behörde kann die aufschiebende Wirkung einer rechtzeitig eingebrachten, zulässigen Bescheidbeschwerde gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG ausschließen, wenn nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides oder die Ausübung der durch den angefochtenen Bescheid eingeräumten Berechtigung wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist. Ein solcher Ausspruch ist tunlichst schon in den über die Hauptsache ergehenden Bescheid aufzunehmen.

Der mit der Beschwerde verbundene Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde ist durch die gegenständliche Sachentscheidung gegenstandslos.

Diese Entscheidung konnte ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung gefällt werden. Keine Verfahrenspartei hat die Durchführung einer Verhandlung beantragt. Der maßgebliche Sachverhalt ist unstrittig. Eine Erörterung hätte keine weitere Klärung erbracht, zumal die Rechtslage ebenso klar ist und keinen Abwägungs-/Entscheidungsspielraum zulässt.

Die ordentliche Revision an den VwGH ist nicht zulässig, weil keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des VwGH ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des VwGH auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Die Rechtslage ist aufgrund der Gesetzeslage klar und durch die Rechtsprechung geklärt. Der gegenständlich vorgenommenen Würdigung kommt keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu. Schließlich liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor.

Schlagworte

Reglementiertes Gewerbe; Augenoptik; Geschäftsführer; Ausscheiden; Bestellung; Frist

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2022:VGW.101.007.7800.2022

Zuletzt aktualisiert am

16.02.2023
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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