TE Lvwg Erkenntnis 2022/8/17 LVwG-AV-755/002-2022

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.08.2022
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Entscheidungsdatum

17.08.2022

Norm

GewO 1994 §74
GewO 1994 §360
  1. GewO 1994 § 74 heute
  2. GewO 1994 § 74 gültig ab 18.07.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 96/2017
  3. GewO 1994 § 74 gültig von 01.01.2010 bis 17.07.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 135/2009
  4. GewO 1994 § 74 gültig von 01.12.2004 bis 31.12.2009 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 131/2004
  5. GewO 1994 § 74 gültig von 01.08.2002 bis 30.11.2004 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 65/2002
  6. GewO 1994 § 74 gültig von 01.07.1997 bis 31.07.2002 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 63/1997
  7. GewO 1994 § 74 gültig von 19.03.1994 bis 30.06.1997

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Mag. Sonja Dusatko als Einzelrichterin über die Beschwerde der Frau A, ***, ***, vertreten durch B, Rechtsanwalt in ***, ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Baden vom 09.06.2022, ***, betreffend die Schließung des Betriebes (Hundehandel), zu Recht:

 

1.   Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.   Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.

Rechtsgrundlagen:

§ 28 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG

§ 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG

Entscheidungsgründe:

1.   Zum verwaltungsbehördlichen Verfahren:

Aus einem E-Mail der Abteilung Veterinärangelegenheiten und Lebensmittelkontrolle an den Amtsleiter der Gemeinde *** vom 04.07.2018 ist ersichtlich, dass die Amtstierärztin am 02.07.2018 die Geflügelhaltung der Beschwerdeführerin am 02.07.2018 kontrolliert habe.

Konkret führt sie unter anderem folgendes aus:

Zur Hundehaltung:

Frau A hat einen Bewilligungsantrag für eine Hundepension bei der BH Baden eingebracht. Laut ihrer Aussage wurde dieses Ansinnen mit der Gemeinde vorab besprochen. Sie hält derzeit in Haus und Garten 5 eigene Hunde und wird laut eigene Angaben (Höchstgrenze wird im Bescheid festgelegt) maximal 12 Hunde insgesamt betreuen. Vornehmlich handelt es sich um eine Tagesbetreuung von Hunden berufstätiger Tierbesitzer.“

Der Amtsleiter der Gemeinde *** hat in weiterer Folge über Anrainerbeschwerden an die belangte Behörde berichtet. Daher hat die belangte Behörde beabsichtigt, am 18.01.2021 gegen 9:15 Uhr, eine unangemeldete örtliche Überprüfung durchzuführen. Die Beschwerdeführerin wurde nicht angetroffen. In einem Aktenvermerk dazu ist folgendes festgehalten:

„Beim Eintreffen war lautes Hundegebell zu hören. Im Garten befanden sich 4 Hunde. Es wurde angeläutet, jedoch wurde uns die Türe nicht geöffnet. Entlang der *** war - im besagten Haus - in jedem Raum das Licht aufgedreht und im letzten Raum auch der Fernseher eingeschaltet. C hat auch versucht, Frau A telefonisch zu erreichen, jedoch wurde der Anruf nicht angenommen. Ein Lieferwagen mit blauen Kennzeichen stand in der Einfahrt.“

Am 22.01.2021 hat die belangte Behörde gegen die Beschwerdeführerin eine Verfahrensanordnung dahingehend erlassen, dass die bestehende Betriebsanalage zur Ausübung des Gewerbes „Ausbildung, Betreuung, Pflege und Vermietung von Tieren“ ohne Betriebsanlagenbewilligung betrieben werde und mit sofortiger Wirkung bis zur Erlangung einer Betriebsanlagengenehmigung nicht mehr betrieben werden dürfe.

Die Beschwerdeführerin hat dazu in einer Stellungnahme vom 12.02.2021 (in einem bei der belangten Behörde gegen sie anhängigen Verwaltungsstrafverfahren) angeführt, dass sie gerade die Hundepension im Innenbereich modernisiere und saniere und daher am 18.01.2021 gerade beim Baumarkt war. Es habe sich ausschließlich um ihre Hunde gehandelt, die auch aufgrund der Verfliesung des Eingangsbereiches nicht im Haus bleiben konnten und ein Gasthund eines Bekannten. Es sei verständlich, dass die Hunde melden, wenn Fremde mehrere Minuten lang vor dem Tor auf- und abgingen.

Die Hunde würden melden, wenn Eltern ihre Kinder zu dem bereits mit einem Sichtschutz versehenen Zaun (2 m hoch) bringen. Dies komme am Wochenende mindestens zehnmal vor. Die Kinder würden dann hochgehoben um ihnen die Hunde und Gänse zu zeigen. Auch dürften die Kinder einiger Anrainer, durch ständiges Kreischen und hysterisches Schreien, die Hunde zum Bellen animieren und rund um ihr Grundstück laufen, um die Gänse zu beobachten. Dazu müsse auch ein fremdes Grundstück, welches an ihres anschließe, betreten werden. Ihre und auch die Gasthunde dürften nur unter Aufsicht im Garten spielen, vor 6:00 Uhr und nach 22:00 Uhr lasse sie keinen Hund in den Garten. Bei ihr würde nicht gebellt, und wenn, dann werde es umgehend unterbunden, das würden auch ihre unmittelbaren Nachbarn wissen. Ihr seien keine Nachbarbeschwerden bekannt, sie habe sich in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft erkundigt, es habe sich ihr gegenüber niemand über störenden Lärm durch Hundegebell oder Gänsegeschnatter negativ geäußert.

Aus einem Bericht der Polizeiinspektion *** vom 01.06.2021 ist ersichtlich, dass diese im Zeitraum vom 27.04.2021 bis 31.05.2021 insgesamt 28 Kontrollen im Zuge des Streifendienstes durchführte. Am 02.05.2021 seien zwei Personen, welche das Grundstück der Beschwerdeführerin verlassen haben, wahrgenommen worden. Bei der daraufhin erfolgten Befragung hätten diese angegeben, dass sie sich dort einen Hund, den sie kaufen möchten, angesehen hätten. Ansonsten habe es keine Anhaltspunkte für die Ausübung eines Gewerbes gegeben.

Aus einem weiteren Bericht der Polizeiinspektion *** vom 11.08.2021 geht hervor, dass Beamte der Polizeiinspektion *** am 11.08.2021 eine Kontrolle durchgeführt haben. Dabei haben mindestens 10 Hunde im Außenbereich der Liegenschaft in 02.06.2002 ***, ***, wahrgenommen werden können. Ebenso habe lautes Hundebellen aus dem Inneren des Hauses festgestellt werden können, wobei nach Wahrnehmung der Beamten davon ausgegangen werde, dass sich im Innenbereich des Hauses aufgrund des unterschiedlichen Hundebellens noch mal 5-10 Hunde aufgehalten hätten. Laut Gemeinde besitze die Beschwerdeführerin laut Hundeliste vier Hunde. Dabei handle es sich um einen „Deutschen Draathaar“, einen Mischling und zwei Labradorhunde. Die Beschwerdeführerin sei nicht angetroffen worden und habe nicht befragt werden können.

Daraufhin hat die belangte Behörde mit Bescheid vom 20.08.2021, ***, „bei der bestehenden, konsenslos betriebenen Betriebsanlage der Frau A, im Standort ***, ***, die Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes“ durch „Schließung des gesamten Betriebes“ angeordnet.

Aus einem Bericht der Polizeiinspektion *** vom 12.09.2021 geht hervor, dass von Beamten der Polizeiinspektion *** am 21.08.2021 um 18:14 Uhr im Außenbereich der Liegenschaft ***, ***, 12 Hunde, am 31.08.2021 um 09:40 Uhr 7 Hunde, am 02.09.2021 um 17:30 Uhr 5 Hunde, am 04.09.2021 um 10:00 Uhr mindestens 10 Hunde und am 06.09.2021 um 10:30 Uhr mindestens 9 Hunde wahrgenommen wurden.

Mit Erkenntnis vom 25.11.2021, LVwG-AV-1685/001-2021, hat das LVwG NÖ aus Anlass der Beschwerde den Spruch des Bescheides vom 20.08.2021, ***, dahingehend präzisiert, dass die Worte "Schließung des gesamten Betriebes“ durch die Worte „Schließung des Betriebes (Hundepension)“ ausgetauscht werden und im Übrigen die Beschwerde abgewiesen.

Am 08.02.2022 verfasste der Amtstierarzt der belangten Behörde folgenden Aktenvermerk:

„Am 14.01.2022, 08:00 bis 10:00, wurde gemeinsam mit Frau C die Hundehaltung von Frau A, ***, ***, einer amtstierärztlichen Kontrolle unterzogen.

Im Zuge dieser Kontrolle wurden die zum Zeitpunkt der Überprüfung von Frau A gehaltenen Hunde per Chip ausgelesen und in folgenden Tabellen zusammengefasst:

Bei Frau A registrierte Hunde:

Chipnummer  Name     Vorort Bemerkung

***                     D         ja    Soll zu Frau E (Mutter) kommen

***                  F         Ja

***                  G         Ja    Soll zu Frau H kommen

***                  I         Ja

***                  J     Nein Soll in Oberösterreich sein;“***“

Wollte sich Frau A behalten

***                  K         ja Soll zu Frau E kommen

***                  L         ja

***                  M         ja

Bei Frau A vorgefundene, aber nicht in der HTBD registrierte Hunde:

Chipnummer  Name   Vorort Bemerkung

***                  N               Ja Soll zur Familie O kommen

Ohne Chip P          Ja        Hsukymix, wurde trächtig einem          Obdachlosen abgenommen

***                                     Ja        m, grau, Welpe von P

***                                     Ja        m, braun, Welpe von P

***                                     Ja        m, weiß gefleckt, Welpe von P

***                              Ja        m, stichelhaarig, Welpe von P

***                              Ja  w, beige, Welpe von P

***                              Ja   w, beige, Welpe von P

***                              Ja   m, hellbraun, Welpe von P

***                              Ja   m, rotweiß, Welpe von P

***                              Ja   w, schwarze Maske, Welpe von P

***                     Q               Ja        Soll Herrn R, Lebensgefährte von         Frau A, gehören

***                  S               Ja        Soll Frau A gehören

 

Die Hündin T, weißer Pudel, sei bereits am 08.01.2022 an die Familie U, ***, ***, Tel.: ***, verkauft worden.

Zu den nicht registrierten Hunden befragt, gab Frau A an, dass diese Hunde von ihr zum Verkauf angeboten werden würden, da sie einen Hundehandel angemeldet habe und die Betriebssperre (veranlasst durch die Anlagenabteilung der BH Baden, Anmerkung) sich lediglich auf die Hundepension beschränken würde.

Aufgrund der Tatsache, dass bei der Kontrolle am 14.01.2022 bei Frau A 21 (!) Hunde vorgefunden wurden, wobei davon 13 Hunde zum Zwecke des Verkaufes von Frau A gehalten wurden, wird gebeten zu prüfen, inwieweit die Räumlichkeiten mit der Adresse ***, ***, als Betriebsstätte zum Vollzug des Gewerbes zum Hundehandel verwendet werden dürfen.“

Mit Schreiben vom 03.03.2022 hat die belangte Behörde der Beschwerdeführerin dieses Überprüfungsergebnis übermittelt und sie mit Verfahrensanordnung aufgefordert,

„den der Rechtsordnung entsprechenden Zustand der Betriebsanlage im Standort ***, ***, durch die Vornahme nachstehender Maßnahmen herzustellen:

Die bestehende Betriebsanalage zur Ausübung des Gewerbes „Handelsgewerbe mit Ausnahme der reglem. Handelsgewerbe (KFZ)“, Hundehandel, wird ohne Betriebsanlagenbewilligung betrieben und darf mit sofortiger Wirkung bis zur Erlangung einer Betriebsanlagengenehmigung nicht mehr betrieben werden.“

Die belangte Behörde hat weiters ausgeführt, dass aufgrund des Überprüfungsergebnisses der Überprüfung am 14.01.2022 feststehe, dass eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage im Sinne des § 74 GewO 1994 vorliege und das Gewerbe Hundehandel, sohin ein „Handelsgewerbe mit Ausnahme der reglem. Handelsgewerbe (KFZ)“, ausgeübt werde. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass von diesem gewerbebehördlich nicht genehmigten Betrieb eine Gefährdung von Interessen im Sinne des § 74 Abs. 2 GewO 1994, insbesondere eine Belästigung der Nachbarn durch Lärm, Geruch oder in anderer Weise, ausgehe. Die Betriebsanlage werde ohne Betriebsanlagengenehmigung betrieben.

Es bestehe somit im gegenständlichen Fall der Verdacht einer Übertretung nach

§ 366 Abs. 1 Z. 1 und Z. 2 GewO 1994.

Aus einem Ausdruck aus der Internetseite *** vom 14.03.2022, die im Verfahrensakt der belangten Behörde aufliegt, ist ersichtlich, dass „V, ***, ***“, 4 näher genannte Hunde („W, englische Bulldogge, 1.500.--; X, Maltipoo, 1.400.--; Y, englische Bulldogge, 1.100.--; Z, Dackel, 1.200.--;“ alle unter 6 Monate) auf dieser Internetplattform zum Verkauf angeboten hat.

Am 21.04.2022 hat die belangte Behörde eine weitere örtliche Überprüfung in Anwesenheit der Beschwerdeführerin durchgeführt, zu der auch der Amtstierarzt und eine bautechnische Amtssachverständige zugezogen wurde.

In der Niederschrift vom 21.04.2022 ist unter anderem Folgendes angeführt:

„Am heutigen Tag wurde seitens des Fachgebietes „Veterinär“ eine angekündigte

Überprüfung des Standortes durchgeführt. ….

Am gegenständlichen Grundstück waren 14 Hunde – davon 1 Hund von Frau E – vor Ort….

Weiters wurde das Wohnhaus besichtigt. Hier konnte festgestellt werden, dass das Schlafzimmer, Wohnraum, Küche und die Wohnküche (herangezogen wurde der aktuelle, klausulierte Bescheid Parie A von der Gemeinde *** vom 19.10.1990) Diese Räumlichkeiten werden für die Unterbringung der Hunde genutzt.

Näheres ist aus der Stellungnahme der Amtssachverständige für Bautechnik zu entnehmen…..

Stellungnahme ASV für Bautechnik:

….

Das Grundstück wird im Süd/Westen über öffentliches Gut erschlossen. Das Grundstück ist allseitig eingefriedet. Der Zugang erfolgt über eine Gehtüre oder ein zweiflügeliges Tor. Hier erreicht man die sogenannte „Schleuse“ in welcher sich Kunden aufhalten, sollte eine Hundebesichtigung stattfinden.

Das Gebäude ist eingeschoßig ausgeführt und besitzt augenscheinlich weder ein Keller- noch ein zweites oberirdisches Geschoß.

….

Laut Aussage von Frau A werden folgende Räumlichkeiten betrieblich für

die Hundebetreuung genutzt:

Nord/ Westlicher Gebäudeteil:

?    Küche mit 22,03m², in dieser wird die Nahrung der Hunde zubereitet;

?    Wohnraum mit 32,43m², dieser Raum wird augenscheinlich als Schlafraum für die Hunde genutzt;

?    Schlafzimmer mit 22,03m², dieser Raum wird als Aufenthaltsraum für die Hunde genutzt;

?    Lager mit 5,40m², in diesem Raum ist eine Kühltruhe und Regale errichtet und es wird hier die Hundenahrung aufbewahrt;

?    Vorraum mit 11,00m² samt angrenzendem Bad samt WC, Heizraum (das Gebäude wird durch die bestehende Heizungsanlage konditioniert);

Süd/ Östlicher Gebäudeteil:

?    Wohnküche mit 22,50m²; hier soll der Quarantäneraum für die Hunde untergebracht werden;

Laut Aussage von Frau A dienen folgende Räume der privaten Nutzung:

?    Wohn-Schlafzimmer mit 34,34m²;

?    Vorraum mit 7,48m²;

?    Bad/WC mit 5,50m²;

Stellungnahme Amtstierarzt:

Am 21.04.2022 wurde gemeinsam mit Frau C die Hundehaltung von Frau A, ***, *** einer amtstierärztlichen Überprüfung unterzogen.

Zur Verifizierung der von Frau A gehaltenen Hunde wurde jeder Hund, der zum Zeitpunkt der Kontrolle im Haus bzw. Garten gehaltenen Hunde wurde, mittels Chiplesegerät erfasst.

Hunde, die in der Heimtierdatenbank auf Frau A registriert waren:

Chipnummer   Name       Vorort  Bemerkung

***                             F               ja             Labradormischling

***                           I                ja             Schäfermischling

***                        J               ja             Lagotto Romagnolo

***                        AA                ja             Yorkshire Terrier

***                             BB              ja             Rauhaardackel

***                             K                 ja             Labrador

***                             CC             ja             Labrador

***                             L               Ja              Deutsch Drahthaar

***                        M               Ja             Schnauzermischling

Hunde, die in der Heimtierdatenbank nicht auf Frau A registriert waren:

 

Chipnummer   Name       Vorort  Bemerkung

***                             DD             Ja             Labrador; registriert auf:           EE

***                             P                 Ja             Mischlingshündin; Nicht gemeldet

***                                F bzw. „GG“    Chihuahua; registriert auf:

Ja             HH

***                             II bzw. „JJ“           Mischlingshund; registriert auf:       Ja             LL

***                             KK                Ja             Schnauzermischling; registriert         auf: E

 

Zum Zeitpunkt der Kontrolle konnten keine Mängel nach dem Tierschutzgesetz und der zweiten Tierhalteverordnung festgestellt werde.

Es wird angemerkt, dass die Wohnräume, in denen die Hunde gehalten wurden, stark verschmutzt waren und eine starken „Eigengeruch“ hatten.“

In die Niederschrift waren zahlreiche Fotos eingegliedert, die den jeweiligen räumlichen Bereich darstellen.

Am 07.06.2022 übermittelte die Gemeinde *** der belangten Behörde eine Nachbarbeschwerde vom 07.06.2022. Darin ist von vielen Hunden auf dem Grundstück die Rede und dass am Wochenende extrem viele Leute da gewesen seien, um Hunde (auch Welpen) abzuholen.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 09.06.2022, ***, verfügte die Bezirkshauptmannschaft Baden „bei der bestehenden, konsenslos betriebenen Betriebsanlage der Frau A, im Standort ***, ***, die Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes“ durch „Schließung des Betriebes (Hundehandel).“

Als Rechtsgrundlage war § 360 Abs. 1 und 5 GewO angeführt.

Begründend wurde auf die Überprüfung am 14.02. bzw. 14.01.2022 und am 21.04.2022 verwiesen und diese dargestellt.

2.   Zum Beschwerdevorbringen:

Gegen den Bescheid vom 09.06.2022, ***, hat die Beschwerdeführerin durch ihren Rechtsvertreter innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben und die ersatzlose Behebung des angefochtenen Bescheides beantragt.

Begründend hat sie vorgebracht, dass im angefochtenen Bescheid lediglich auf eine Überprüfung am 14.02.2022 hingewiesen worden sei und zum Zeitpunkt der Überprüfung gehaltene Hunde per Chip ausgelesen worden seien und die Ergebnisse in Tabellen zusammengefasst worden seien. Die belangte Behörde habe jede Ermittlungstätigkeit unterlassen, inwieweit eine Betriebsanlage für die Ausübung des Hundehandels tatsächlich erforderlich sei. Die belangte Behörde habe sich lediglich darauf beschränkt, den Geschäftsbetrieb dadurch zu stören, indem die Polizei jeden, der in den letzten Monaten von und zum Grundstück der Beschwerdeführerin gefahren sei bzw. diese besucht habe, zu befragen, ob Hundehandel betrieben werde bzw. ob man einen Hund gekauft habe. Dazu wurde die Einvernahme näher genannter Zeugen beantragt.

Die belangte Behörde gehe davon aus, dass für die Ausübung des Hundehandels eine Betriebsanlagengenehmigung erforderlich sei. Dies ist aber hier nicht der Fall. Für den Hundehandel wäre nur dann eine Betriebsanlage erforderlich, wenn die Hunde für einen langen Zeitraum standortmäßig gehalten werden. Dies sei aber nicht zwingend erforderlich z.B. im Online Handel. Aus diesem Grund sei der Hundehandel auch nicht in der Gewerbeordnung aufgezählt, gleichwohl die Aufzählung nicht zwingend taxativ sei.

Mit Bescheid vom 20.08.2021, ***, bestätigt durch das Erkenntnis des LVwG NÖ vom 25.11.2021, LVwG-AV-1685/001-2021, sei der Betrieb Hundepension geschlossen worden. Es sei darauf Bezug genommen, dass es sich bei der Adresse ***, *** um den Gewerbestandort handle. Derartige Feststellungen gäbe es hier nicht, sodass die belangte Behörde rechtswidrig davon ausgehe, dass sich der geschlossene Betrieb Hundepension auf den Hundehandel zwingend beziehe, was tatsächlich nicht der Fall sei.

3.   Zum durchgeführten Ermittlungsverfahren:

Das LVwG NÖ hat in das Gewerberegister, ins Grundbuch sowie in den vorgelegten Verwaltungsakt und in die ebenfalls die Beschwerdeführerin betreffenden Verwaltungsakte des LVwG NÖ, LVwG-AV-1685/001-2021 sowie LVwG-S-2424/001-2021, sowie in die Akte der belangten Behörde *** und ***, Einsicht genommen. Weiters wurden die örtlichen Verhältnisse anhand von Luftbildaufnahmen in Google-Maps und IMAP überprüft. Überdies wurden Google-Eintragungen der Beschwerdeführerin überprüft bzw. sind auch aus dem Verfahren LVwG-AV-1685/001-2021 amtsbekannt.

Auf Anfrage des LVwG NÖ hat die belangte Behörde mitgeteilt, dass die Überprüfung durch die Amtstierärzte am 14.01.2022 stattgefunden habe. Im angefochtenen Bescheid auf S 1 handle es sich bei "14.02.2022“ um einen Tippfehler. Richtig müsste es „14.01.2022“ heißen.

4.   Feststellungen:

Der Verfahrensablauf ist in Punkt 1. dargestellt.

Die Beschwerdeführerin ist Inhaberin folgender Gewerbeberechtigungen

-    seit 29.02.2016: Ausbildung, Betreuung, Pflege und Vermietung von Tieren sowie die Beratung hinsichtlich artgerechter Haltung und Ernährung von Tieren mit Ausnahme der den Tierärzten vorbehaltenen diagnostischen und therapeutischen Tätigkeiten

-    seit 11.01.2016: Handelsgewerbe mit Ausnahme der reglementierten Handelsgewerbe

-    seit 26.08.2021: Vermittlung von Werk-und Dienstleistungsverträgen an Befugte unter Ausschluss der Übernahme von Aufträgen im eigenen Namen und auf eigene Rechnung sowie ausgenommen der den Immobilientreuhändern, Reisebüros, Transportagenten, Spediteuren, Vermögensberatern, Versicherungsvermittlern und Wertpapiervermittlern vorbehaltenen Tätigkeiten

Standort dieser Gewerbeberechtigungen war bis 19.04.2022: ***, ***; seit 20.04.2022 ist Standort der Gewerbeberechtigung ***, ***.

-    seit 15.07.2018: Vermietung von beweglichen Sachen ausgenommen Waffen, Medizinprodukte und Luftfahrzeuge

Standort dieser Gewerbeberechtigung ist ***, ***;

Die Beschwerdeführerin ist Alleineigentümerin des Grundstückes Nummer ***, EZ ***, KG *** mit einer Gesamtfläche von 1253 m², wovon 927 m² als Gartenfläche ausgewiesen sind. Nordwestlich, südlich und südöstlich des Grundstückes befindet sich Siedlungsgebiet. Nordöstlich angrenzend an das Grundstück befindet sich eine bewaldete Liegenschaft.

Die Beschwerdeführerin betreibt an der Adresse ***, ***, eine Betriebsanlage zur Ausübung des Hundehandels. Betreffend die Anwesenheit von Hunden und Kunden, die Hunde besichtigen bzw. abholen würden, gab es Nachbarbeschwerden.

5.   Beweiswürdigung:

Die Daten betreffend die Gewerbeberechtigungen der Beschwerdeführerin ergeben sich aus dem online verfügbaren Gewerberegister. Die Eigentümereigenschaft des Grundstückes mit der Adresse ***, ***, ergibt sich aus dem Grundbuch. Die örtlichen Verhältnisse sind aus Google-Maps ersichtlich.

Aus der Niederschrift vom 21.04.2022 sind die örtlichen Verhältnisse und auch die Nutzung der einzelnen Räumlichkeiten der Liegenschaft ersichtlich. Weiters ist auch dieser Überprüfung sowie aus der Überprüfung am 14.01.2022 ersichtlich, dass sich zahlreiche Hunde (wovon einige auf die Beschwerdeführerin registriert sind) auf der Liegenschaft ***, ***, aufhalten.

Dass die Beschwerdeführerin selbst einen Hundehandel betreibt, wurde von ihr nicht bestritten. Bestritten wurde lediglich, dass für den Hundehandel eine Betriebsanlage erforderlich ist und dass an der Adresse ***, ***, eine Betriebsanlage betrieben werde (zu den rechtlichen Überlegungen dazu siehe unten.

6.   Erwägungen:

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtsache, sofern die

Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, durch Erkenntnis zu erledigen.

§ 360 Abs. 1 und 1a der GewO im hier relevanten Ausmaß bestimmt Folgendes:

(1) Besteht der Verdacht einer Übertretung gemäß § 366 Abs. 1 Z 1, 2 oder 3, so hat die Behörde unabhängig von der Einleitung eines Strafverfahrens den Gewerbeausübenden bzw. den Anlageninhaber mit Verfahrensanordnung zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes innerhalb einer angemessenen, von der Behörde zu bestimmenden Frist aufzufordern;….. Kommt der Gewerbeausübende bzw. der Anlageninhaber dieser Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist nicht nach, so hat die Behörde mit Bescheid die zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes jeweils notwendigen Maßnahmen, wie die Stilllegung von Maschinen oder die Schließung von Teilen des Betriebes oder die Schließung des gesamten Betriebes zu verfügen.

(1a) In den Fällen des Verdachts einer Übertretung gemäß § 366 Abs. 1 Z 2 oder Z 3 oder § 367 Z 25 hat ein Bescheid gemäß Abs. 1 nicht zu ergehen, wenn und solange im konkreten Einzelfall

1.   für die Behörde keine Bedenken vom Standpunkt des Schutzes der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen oder der Vermeidung von Belastungen der Umwelt (§ 69a) hervorkommen, und

2.   innerhalb einer von der Behörde gleichzeitig mit der Verfahrensanordnung gemäß Abs. 1 bestimmten, angemessenen und nicht erstreckbaren Frist ein diesem Bundesgesetz entsprechendes Ansuchen (§ 353) um die erforderliche Genehmigung eingebracht und sodann auf Grund dieses Ansuchens ein entsprechender Genehmigungsbescheid erlassen wird.

Abs. 1a gilt nicht für in der Anlage 3 zu diesem Bundesgesetz angeführte Betriebsanlagen.

§ 366 GewO bestimmt Folgendes:

Eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3 600 € zu bestrafen ist, begeht, wer

2.eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage (§ 74) ohne die erforderliche Genehmigung errichtet oder betreibt;

Die Beschwerdeführerin hat laut Gewerberegister eine aufrechte Gewerbeberechtigung für den Hundehandel. Wie oben dargestellt wurden auf ihrer Homepage auch Hunde gegen Entgelt zum Verkauf angeboten. Die Beschwerdeführerin hat auch nicht bestritten, dass sie das Gewerbe Hundehandel ausübt. Somit geht das LVwG NÖ beim von der Beschwerdeführerin ausgeübten Hundehandel von einer gewerblichen Tätigkeit aus.

Zum Verdacht des Betriebes einer genehmigungspflichtigen Betriebsanlage:

§ 74 Abs. 1 und 2 GewO bestimmt Folgendes:

(1) Unter einer gewerblichen Betriebsanlage ist jede örtlich gebundene Einrichtung zu verstehen, die der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit regelmäßig zu dienen bestimmt ist.

(2) Gewerbliche Betriebsanlagen dürfen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,

1. das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 450/1994, in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen Familienangehörigen oder des nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 450/1994, in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen eingetragenen Partners, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden; als dingliche Rechte im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten auch die im § 2 Abs. 1 Z 4 lit. g angeführten Nutzungsrechte,

2. die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen,

3. die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, den Betrieb von Kranken- und Kuranstalten oder die Verwendung oder den Betrieb anderer öffentlichen Interessen dienender benachbarter Anlagen oder Einrichtungen zu beeinträchtigen,

4. die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder

5. eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 20.12.1994, 94/04/0162, 8.11.2000, 2000/04/0157) reicht bereits die grundsätzliche Eignung einer Betriebsanlage, Gefährdungen, Belästigungen im Sinne des § 74 Abs. 2 GewO herbeizuführen, um die Genehmigungspflicht zu begrünen. Ob im konkreten Einzelfall tatsächlich Gefährdungen bestehen, ist im Genehmigungsverfahren zu prüfen.

Tatbestandselement nach § 74 Abs. 2 GewO ist die mit einer gewerblichen Betriebsanlage verbundene konkrete Eignung.

Die Beschwerdeführerin hat in ihrer Beschwerde dargestellt, dass der Betrieb einer Betriebsanlage für den Hundehandel nicht erforderlich sei und hat dazu auf den online - Hundehandel verwiesen. Dazu darf aber ausgeführt werden, dass der zu verkaufende Hund tatsächlich irgendwo real existent bis zum Verkauf, im engerem Sinne bis zur Übergabe – gehalten werden muss. In vielen Fällen wird auch von Kaufinteressenten ein Hund besichtigt, der dann doch nicht gekauft wird. Auch dazu muss ein Besichtigungsort vorhanden sein. Sinnvollerweise sollte sich sowohl der Kunde, als auch der Verkäufer für die Besichtigung einige Zeit nehmen, um zu überprüfen, ob der zu verkaufende Hund und der potentielle Käufer harmonieren. Sinnvollerweise wird dabei auch über Impfungen, allfällige Krankheiten, Stammbaum, Ernährung und Verhalten des Hundes gesprochen. Ein verantwortungsvoller Hundeverkäufer wird dabei auch überprüfen, ob der Hund zu den Lebensumständen des Käufers (z.B. Kinder, berufliche und räumliche Situation, kann der Hund stundenweise alleine zu Hause bleiben oder nicht, welche „Hundeerfahrung“ hat der Käufer bereits, etc.). All dies nimmt Zeit in Anspruch; allenfalls sind auch mehrere Besichtigungstermine pro Hund bzw. auch Käufer erforderlich, um eine geordnete Übergabe vorzubereiten. Berücksichtigt werden muss dabei auch, dass Hundewelpen aus sozialen und tierschutzrechtlichen Gründen nicht sofort nach der Geburt von der Hundemutter getrennt werden dürfen. Auch dies erfordert den Aufenthalt der real existenten Hundemutter und der real existenten Hundewelpen an einem Ort. Tatsächlich haben sich ja auch P samt neun Welpen, wie sich aus der Überprüfung vom 14.01.2022 ergibt, vor Ort an der Adresse ***, ***, sowie zahlreiche andere dort angeführte Hunde aufgehalten. Von einem rein virtuellen Online-Handel kann daher nicht ausgegangen werden. Bei den unter Punkt 1. dargestellten Überprüfungen durch die Behörde als auch durch die Polizei konnten immer wieder zahlreiche Hunde angetroffen werden. Die Beschwerdeführerin gesteht indirekt selbst ein, dass Kaufinteressenten zur Besichtigung von Hunden zur Adresse ***, ***, kommen würden, indem sie in der Beschwerde kritisiert, dass der Geschäftsbetrieb gestört werde, indem die Polizei jeden, der in den letzten Monaten von und zum Grundstück der Beschwerdeführerin gefahren sei oder diese besucht habe, kontrolliert worden sei und befragt worden sei, ob Hundehandel betrieben werde.

Im vorliegenden Fall erscheint der Betrieb eines Hundehandels mit der damit allfällig verbundenen Geräuschentwicklung durch zahlreiche bellende Hunde und ohne nähere Vorgaben, was die maximale Anzahl der betreuten Hunde ist, durchaus geeignet, Nachbarn zu belästigen. Auch ist die Betriebsweise eines Hundehandels durchaus geeignet, Kunden, die einen Hund besichtigen, zu gefährden. Das Leben oder die Gesundheit der Beschwerdeführerin kann ebenso bei der Ausübung des Gewerbes Hundehandel gefährdet werden, zumal Hunde an sich geeignet sind, Menschen durch Bisse, Kratzen oder Tritte zu verletzen und auch zu töten. Das LVwG NÖ geht daher davon aus, dass zumindest die grundsätzliche Eignung, Gefährdungen, Belästigungen im Sinne des § 74 Abs. 1 und 2 GewO herbeizuführen, gegeben ist.

Da eine Genehmigungspflicht für die Errichtung und den Betrieb der Anlage vorliegt, bestand für die Behörde im Sinne des § 360 Abs. 1 GewO zumindest der Verdacht einer Übertretung gemäß § 366 Abs. 1 Z. 2. GewO. Da der § 360 GewO lediglich den Verdacht einer Übertretung erfordert und § 74 Abs. 2 GewO lediglich auf die Eignung, eine Gefährdung oder Belästigung herbeizuführen, abstellt, lagen die Voraussetzungen für die Anwendung des § 360 Abs. 1 GewO jedenfalls vor. Gemäß § 360 Abs. 1 2. Satz GewO hat die Behörde, wenn der Gewerbeausübende bzw. Anlageninhaber der vorherigen Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist nicht nachkommt, mit Bescheid die zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes jeweils notwendigen Maßnahmen zu verfügen.

Die Rechtswohltat des § 360 Abs. 1a GewO kommt der Beschwerdeführerin insoferne nicht zugute, da sich aus den von der Gemeinde *** zitierten Anrainerbeschwerden ergibt, dass Interessen des § 74 Abs. 2 GewO beeinträchtig werden können.

Besteht der Verdacht einer Übertretung gemäß § 366 Abs. 1 Z. 2 GewO, dann hat die Behörde den Anlageninhaber zunächst mit Verfahrensanordnung zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes innerhalb einer angemessenen von der Behörde zu bestimmenden Frist aufzufordern.

Nach der herrschenden Lehre hat die Verfahrensanordnung zwei Teile zu umfassen:

1.   die Darstellung der Gesetzwidrigkeit und

2.   die Aufforderung, den der Rechtsordnung entsprechenden Zustand dadurch herzustellen, dass das rechtswidrige Verhalten auf Dauer eingestellt wird oder solange eingestellt wird, bis die gewerberechtlichen Voraussetzungen für die Rechtmäßigkeit dieses Verhaltens vorliegen.

Zweckmäßigerweise ist der Gewerbeausübende bzw. Anlageninhaber auch darüber zu informieren, welche Schritte zu setzen sind, damit eine Gewerbeausübung bzw. das Betreiben einer Anlage im Einklang mit der Rechtsordnung erfolgen kann.

In der Verfahrensanordnung muss nach der herrschenden Rechtsprechung nicht bereits die Maßnahme zur Erreichung eines Sollzustandes angeführt werden, sondern es ist dieser Zustand hinreichend konkret zu beschreiben (VwGH 16. Juli 1996, Zl. 96/04/0062).

Nach dem Wortlaut des § 360 Abs. 1 GewO 1994 ist zwischen den vom Anlageninhaber zu setzenden Verhalten und den von der Behörde zu verfügenden Maßnahmen zu unterscheiden. Sache des Anlageninhabers ist es, den der Rechtsordnung entsprechenden Zustand herzustellen und zwar auf die von ihm zu wählende Art und Weise, das heißt mit den von ihm zu wählenden Maßnahmen. Tut er dies nicht innerhalb der festgesetzten Frist, so hat die Behörde die zu Erreichung des Sollzustandes notwendigen Maßnahmen (bescheidmäßig) zu verfügen. In der Verfahrensanordnung sind daher nicht bereits die Maßnahmen, wohl aber der Sollzustand und zwar so hinreichend konkret zu beschreiben, dass kein Zweifel daran bestehen kann, welches Ergebnis der Anlageninhaber innerhalb der gesetzten Frist zu bewirken hat (VwGH vom 16.07.1996, 96/04/0062).

Die im § 360 Abs. 1 zweiter Satz geregelte Ermächtigung zur Verfügung einstweiliger Zwangs- und Sicherheitsmaßnahmen hat zur Voraussetzung, dass eine solche Maßnahme erst nach einer entsprechenden Aufforderung („mit Verfahrensanordnung zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes innerhalb einer angemessenen, von der Behörde zu bestimmenden Frist aufzufordern“) gesetzt werden darf. Das Fehlen dieser Voraussetzung (der Aufforderung im Sinne des Gesetzes) bewirkt, dass die Maßnahme als mit dem Mangel eines gesetzlichen Erfordernisses behaftet, unzulässig ist (VwGH vom 16.07.1996, 96/04/0062).

In der Verfahrensanordnung vom 03.03.2022 hat die belangte Behörde dargestellt, dass bei der Ausübung des Gewerbes Hundehandel in ***, ***, eine gewerbliche Betriebsanlage betrieben wird und diese geeignet sei Nachbarn zu belästigen. Weiters hat die belangte Behörde dargestellt, dass der Betrieb des Hundehandels ab sofort bis zur Erlangung einer Betriebsanlagengenehmigung nicht mehr betrieben werden dürfe.

Die Darstellung der Konsenswidrigkeit, nämlich der Hundehaltung ohne Betriebsanlagengenehmigung ist nach Rechtsansicht des LVwG NÖ ausreichend gegeben.

Die Verfahrensanordnung setzt auch die Gewährung einer ausreichend langen Frist zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes voraus. Im vorliegenden Fall war die Frage, ob die Frist mit „sofort“ möglich ist. Eine durchschnittliche oder maximale Hundeanzahl ergibt sich aus dem Verfahrensakt nicht. Bei der Überprüfung am 14.01.2022 wurden 21 Hunde vorgefunden, bei der Überprüfung am 21.04.2022 14 Hunde.

Auf *** ist ersichtlich, dass es 55 Tierpensionen in NÖ gibt. Es darf davon ausgegangen werden, dass in *** ebenfalls noch einige Tierpensionen dazukommen. Die Hunde könnten also kurzfristig in Tierpensionen bis zum Verkauf untergebracht werden. Dazu bedarf es eines telefonischen und organisatorischen Aufwandes um die Verbringung der Hunde zu organisieren. Allenfalls kommt auch die Verbringung in ein Tierschutzhaus in Betracht. Grundsätzlich erscheint dies dem LVwG NÖ bei dem Verhältnis von Hunden und sonstigen Tierpensionen bzw. Tierschutzhäusern in NÖ und *** in wenigen Stunden machbar, zumal eigene, auf die Beschwerdeführerin registrierte Hunde, die von der Beschwerdeführerin gehalten und nicht zum Verkauf angeboten werden und deren Verkauf auch nicht beabsichtigt ist, nicht darunterfallen.

Nach der herrschenden Lehre (vergleiche Stolzlechner, Müller, Seider, Vogelsang, Höllbacher, GewO, 4. Aufl. RZ 17 zu § 360 mit Entscheidungsnachweisen) bestimmt sich die Angemessenheit der Frist gemäß § 360 Abs. 1 GewO danach, ob in dieser der der Rechtsordnung entsprechende Zustand hergestellt werden kann oder nicht. Bei entsprechender Fallgestaltung kann noch eine „unverzügliche“ Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes im Sinne des Gesetzes angemessen sein. Dabei ist insbesondere auch zu betonen, dass der Begriff „unverzüglich“ nicht das völlige Fehlen einer Frist in dem Sinn in sich einschließt, dass dem Verpflichteten keine Zeit zur Erfüllung bliebe. Die zur Durchführung der aufgetragenen Leistung notwendige Zeit steht dem Verpflichteten jedenfalls zu Verfügung. Im vorliegenden Fall geht das LVwG NÖ davon aus, dass eine Frist von wenigen Stunden – wie oben dargestellt - ausreichend sein wird, um die „Verkaufshunde“ an andere Orte zu verbringen. Eine Frist von wenigen Stunden kann aber noch unter dem Begriff „sofort“ qualifiziert werden. Insoferne erscheint die in der Verfahrensanordnung aufgetragene sofortige Einstellung des Betriebes Hundehandel in der Betriebsanlage ***, ***, ebenso wie die im angefochtenen Bescheid aufgetragene sofortige Schließung als zulässig.

Der Verdacht der Gewerbeausübung und des Betriebs einer genehmigungspflichtigen Betriebsanlage besteht auch derzeit noch. In der Beschwerde hat die Beschwerdeführerin ausgeführt, dass ihr „Geschäftsbetrieb“ durch Befragungen der Polizei gestört werde. Daraus kann auf einen Geschäftsbetrieb und den Aufenthalt von zeitweiligen „Verkaufshunden“ an der Adresse ***, ***, geschlossen werden. Dass der Standort der Gewerbeberechtigung mit 20.04.2022 nach ***, ***, verlegt wurde, ändert daran auch nichts, zumal auch bei der Überprüfung am 21.04.2022 von der Beschwerdeführerin angegeben wurde, dass das Büro nach *** verlegt worden sei und einerseits zahlreiche Hunde vorgefunden wurden und andererseits auch die Räumlichkeiten laut Angabe der Beschwerdeführerin für die Hundebetreuung genutzt würden und entsprechend adaptiert waren. Die Beschwerdeführerin hat auch nicht einmal vorgebracht, dass und welche anderen Räumlichkeiten nunmehr zur Unterbringung und Besichtigung der „Verkaufshunde“ genutzt würden.

Die Behörde kann bzw. hat Maßnahmen aufzutragen, die den der Rechtsordnung entsprechenden Zustand wiederherstellen. Nach der Rechtsprechung kann die Behörde schon bei dem bestehenden Verdacht einer gesetzwidrigen (konsenslosen) Gewerbeausübung durch einen “contrarius actus” im Sinne der bezogenen Gesetzesstelle begegnen. Die verfügte Maßnahme muss notwendig und geeignet sein, den – wenn auch nur im Rahmen eines Verdachtes gegebenen – rechtswidrigen Zustand zu beseitigen. Der § 360 Abs. 1 GewO lässt der Behörde keinen Raum für eine Interessensabwägung im Sinne einer Vermeidung von Härten (vergleiche dazu sinngemäß VwGH 18.09.1984, Zl. 84/04/0095, VwGH 24.08.1995, Zl. 95/04/0069).

Die im angefochtenen Bescheid vorgeschriebenen Maßnahmen stellen grundsätzlich eine zum bisherigen Zustand geeignete Gegenmaßnahme dar. Dass die Anlage allenfalls unter Vorschreibung von Auflagen und/oder einer allfälligen maximalen Gesamthundezahl grundsätzlich genehmigungsfähig sein kann, steht dem nicht entgegen. Das Betriebsanlagengenehmigungsverfahren dient ja geraden dem Zweck, die Beeinträchtigung der im § 74 Abs. 2 geschützten Interessen zu vermeiden und zu deren Schutz Auflagen vorzuschreiben.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

Die Beschwerdeführerin hat in ihrer Beschwerde die Einvernahme näher genannter Zeugen zum Beweis dafür, dass der Geschäftsbetrieb dadurch gestört werde, dass die Polizei jeden, der in den letzten Monaten von und zum Grundstück der Beschwerdeführerin gefahren sei, kontrolliert und befragt habe, beantragt. Somit ha

Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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