TE Vwgh Erkenntnis 2022/12/14 Ra 2018/06/0209

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Veröffentlicht am 14.12.2022
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein
20/05 Wohnrecht Mietrecht
98/05 Sonstige Angelegenheiten des Wohnbaus

Norm

MRG §30 Abs2 Z15
StadterneuerungsG §1 Abs2
StadterneuerungsG §1 Abs2 idF 1987/340
VwRallg
  1. MRG § 30 heute
  2. MRG § 30 gültig ab 01.01.2002 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 161/2001
  3. MRG § 30 gültig von 01.03.1991 bis 31.12.2001 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 68/1991

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Lehofer sowie die Hofrätin Mag. Rehak und den Hofrat Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision des Israelitischen vereins „A“ in W, vertreten durch die KWR Karasek Wietrzyk Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Fleischmarkt 1, 3. Stock, gegen das am 20. März 2018 mündlich verkündete und mit 14. Juni 2018 schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien, 1. VGW-101/050/17003/2017-16, 2. VGW-101/V/50/82/2018, betreffend Interessenbescheid gemäß § 30 Abs. 2 Z 15 MRG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien; mitbeteiligte Parteien: 1. Verein Ö und 2. J W, beide in W und vertreten durch Dr. Angela Lenzi, Rechtsanwältin in 1080 Wien, Florianigasse 61/3), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1        Der Revisionswerber ist ein gemeinnütziger Verein und Alleineigentümer der Liegenschaft EZ X, KG L., mit der Adresse S.-gasse 8-10 in W. Mit Eingabe vom 10. November 2016 an den Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 64 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht), teilte der Revisionswerber mit, dass auf dem gegenständlichen Grundstück derzeit ein Gebäude errichtet sei, welches vom Revisionswerber im Sinne der Vereinsstatuten zum Zweck der Erhaltung eines seit dem Jahr 1849 bestehenden Bethauses nach jüdischem Ritus genutzt werde. Es sei nun beabsichtigt, das aktuell bestehende Gebäude abzureißen und stattdessen ein neues und modernes Bethaus zu errichten. Ferner sei beabsichtigt, das Bethaus an gleicher Stelle dergestalt wieder zu errichten, dass dieses der sogenannten „S“, einem Bethaus, das während des Novemberpogroms 1938 zerstört worden sei, entsprechen solle. Es sollten auch mehrere Wohnungen für Jungfamilien errichtet werden und es würden an Stelle eines „abbruchreifen“ Gebäudes von ca. 800 m² neue zeitgemäße Vorder- und Hintertrakte mit gemischter Wohn-, Wirtschaft- und Kulturnutzung auf ca. 4.000 m² entstehen. Dem einzigen im Haus wohnenden Bewohner (dem Zweitmitbeteiligten), der in einer auf zwei Etagen zusammengelegten Wohnung auf 200 m² wohne, seien bereits mehrere gleichwertige bzw. hochwertigere Wohnungen angeboten worden. Es werde gemäß § 30 Abs. 2 Z 15 Mietrechtsgesetz (MRG) die Feststellung beantragt, dass der geplante Neu- und Umbau im öffentlichen Interesse liege.

2        Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens stellte die belangte Behörde mit Bescheid vom 13. November 2017 gemäß § 30 Abs. 2 Z 15 MRG fest, dass die Errichtung des in Rede stehenden Neubaues im öffentlichen Interesse liege.

3        In der Bescheidbegründung führte die Behörde unter anderem aus, dass der Revisionswerber auf der gegenständlichen Liegenschaft den Abriss des bestehenden Gebäudes und die Errichtung eines Hotels (gemischte Nutzung: Hotelgewerbe und Wohnungen) an der Straßenfront sowie einer Synagoge im hinteren Bereich der Liegenschaft beabsichtige.

4        Ferner wurde festgestellt, dass im gegenständlichen Mietshaus zwei Mietverhältnisse aufrecht seien. Ein Mietvertrag vom 10. Juni 1975 mit dem erstmitbeteiligten Verein, zu dessen Vereinsobmann der Zweitmitbeteiligte bestellt sei, über die Wohnung II/3, sowie ein Mietvertrag vom 24. Juli 1986 mit dem Zweitmitbeteiligten über die Wohnung III/1.

5        Das bestehende Gebäude sei mit den Bebauungsvorschriften vereinbar. Nach dem baubehördlich genehmigten Konsens diene mehr als die Hälfte der Gesamtnutzfläche Wohnzwecken. Das Parterre sei als Geschäftslokalfläche sowie als Portierswohnung gewidmet. Das erste Obergeschoß sei als Versammlungsraum gewidmet, das zweite und dritte Obergeschoß als Wohnfläche. Das Dachgeschoß sei nicht ausgebaut. Im bestehenden Gebäude seien laut Baukonsens vier Wohnungen vorhanden (die Portierswohnung im Parterre mit 23 m2, die Wohnung Top 3 im zweiten Obergeschoß mit 134 m2, die Wohnungen Top 4 mit 64,90 m2 und Top 5 mit 63,80 m2 im dritten Obergeschoß). Die Portierswohnung im Erdgeschoß sowie die Wohnung Top 3 im zweiten Obergeschoß hätten laut Baukonsens das WC außerhalb des Wohnungsverbandes. Die zwei aufrechten Mietverträge bezögen sich auf die Wohnungen Top 3 und Top 4. Zwei der vier Wohnungen verfügten über kein WC innerhalb des Wohnungsverbandes.

6        Mit näherer Begründung hielt die belangte Behörde fest, dass der Tatbestand der Assanierungsbedürftigkeit gegeben sei und der geplante Neubau somit im öffentlichen Interesse liege. Andere öffentliche Interessen im Sinn des § 30 Abs. 2 Z 15 MRG lägen nicht vor.

7        Den gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerden der erst- und zweitmitbeteiligten Parteien wurde mit dem angefochtenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien (im Folgenden: Verwaltungsgericht) Folge gegeben und der Bescheid dahingehend abgeändert, dass der Antrag des Revisionswerbers auf Feststellung, dass die Errichtung des in Rede stehenden Neubaues im öffentlichen Interesse liege, abgewiesen werde. Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde für nicht zulässig erklärt.

8        In seinen Entscheidungsgründen gab das Verwaltungsgericht den bisherigen Verfahrensablauf einschließlich der Beschwerdevorbringen wieder, ergänzt durch die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren durchgeführten Verfahrensschritte einschließlich der mündlichen Verhandlung, in der die mündliche Verkündung des Erkenntnisses erfolgte.

9        Soweit für das gegenständliche Verfahren von Bedeutung, hielt das Verwaltungsgericht unter anderem fest, dass in der mündlichen Verhandlung der Zeuge Dipl.-Ing. H. von der Magistratsabteilung 37 (Baupolizei) Folgendes angegeben habe:

„Es ist tatsächlich so, dass die WC’s konsensgemäß in den Wohnungsverband integriert sind. Im Jahr 1966 gab es den Konsens für Bad und WC im 3. Stock. Die Bewilligung aus dem Jahr 1987 betrifft die Innentreppe. Der Urkonsens hinsichtlich des zweiten Stockes, der noch im Jahr 1966 bestand bezeichnet das im Plan von 1987 als Bad bezeichneten Raum noch als Zimmer. Im Bescheid es dem Jahr 1987 ist von einem Umbau eines Bades nicht die Rede.“

Ferner habe der Zeuge angegeben:

„Es ist möglich innerhalb der beiden Wohnungen das WC und Bad aufzusuchen, trotz der vorhandenen Innentreppe sind es jedoch noch baupolizeilich zwei Wohnungen.“

10       Im Erwägungsteil des angefochtenen Erkenntnisses führte das Verwaltungsgericht nach Zitierung der hier maßgebenden Rechtsvorschriften zunächst aus, „dass die Feststellungen hinsichtlich des als erwiesen angenommenen Sachverhalts sowie die rechtlichen Ausführungen“ zu beiden Verfahren hinsichtlich der erst- und der zweitmitbeteiligten Parteien „zutreffen, und gültig sind“.

11       Danach stellte das Verwaltungsgericht im Rahmen seiner rechtlichen Erwägungen fest, dass sich im Gebäude S.-gasse 8 Wohnungen sowie ein Bethaus nach jüdischem Ritus befänden. Mieter einer auf zwei Etagen zusammengelegten Wohnung mit einer Gesamtfläche von ca. 200 m2 sei der Zweitmitbeteiligte bzw. der erstmitbeteiligte Verein, dessen Obmann der Zweitmitbeteiligte sei. Diese zusammengelegte Wohnung befinde sich im zweiten und dritten Obergeschoß des Gebäudes, verbunden durch eine mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, MA 37, bewilligte Wendeltreppe als Verbindung zwischen den Wohnungen Top Nr. 2 (Anmerkung: gemeint wohl Top Nr. 3) im zweiten Stock und Top Nr. 5 im dritten Stock des Gebäudes. Im dritten Obergeschoß des Gebäudes befinde sich eine weitere Wohnung mit ca. 63,8 m2, wobei im Verfahren nicht vorgebracht worden sei, wer Mieter dieser Wohnung sei bzw. ob diese Wohnung tatsächlich vermietet sei. Im ersten Obergeschoß des Gebäudes befinde sich ein Versammlungssaal mit einer Grundfläche von 138,20 m2. Im Erdgeschoß befänden sich laut Einreichplan des Revisionswerbers zwei Beträume. Aus den vom Revisionswerber vorgelegten Mietverträgen gehe hervor, dass hinsichtlich der Wohnung im zweiten Obergeschoß, Tür 3, der Mietvertrag mit dem erstmitbeteiligten Verein am 10. Juni 1975 geschlossen worden sei. Als Mietgegenstand werde eine Wohnung, bestehend aus drei Zimmern, einem Kabinett, Küche, Vorzimmer, Bad und Balkon beschrieben. Der zweite, am 24. Juli 1986 unterzeichnete Mietvertrag betreffe die Vermietung der Wohnung im dritten Obergeschoß, wobei sich aus dem Mietvertrag keine Top-Nummer, jedoch die Größe der Wohnung mit 64,9 m2 mit einer Ausstattung Kategorie A, bestehend aus zwei Zimmern, Küche, Vorzimmer, Badezimmer und WC ergebe.

12       Mit den Mietverträgen seien vom Revisionswerber auch noch Pläne betreffend den zweiten und dritten Stock des Gebäudes vorgelegt worden, wobei der Plan aus dem zweiten Stock betreffend die Wohnung mit 134 m2 hinsichtlich der Einrichtung mit einem Bad nicht mit dem Mietvertrag übereinstimme, weil sich hieraus nicht ergebe, dass ein Bad in dieser Wohnung vorhanden sei. Auch für den dritten Stock gebe es einen vorgelegten Plan, aus dem sich ergebe, dass in der Wohnung, die laut Mietvertrag 64,9 m2 aufweise, Bad und WC vorhanden seien.

13       Hinsichtlich des Versammlungsraumes im ersten Stock sei ebenfalls ein Plan vom Revisionswerber vorgelegt worden, genauso wie für Erdgeschoß und Zwischengeschoß, aus denen sich ergebe, dass im Erdgeschoß zwei Beträume vorhanden seien. Hinsichtlich des Zwischengeschoßes ergebe sich keine Widmung dieses Geschoßes aus dem vom Revisionswerber vorgelegten Plan.

14       Die Magistratsabteilung 37, Baupolizei, habe ebenfalls Pläne für den dritten Stock vorgelegt, ebenso für den zweiten Stock. Aus den Plänen, die im Rahmen des Einbaus der Wendeltreppe im Jahre 1987 der Baupolizei vorgelegt worden seien, ergebe sich, dass im zweiten Stock ein Badezimmer in der Größe von 11,5 m2 eingerichtet sei. Es sei dort situiert, wo auf dem Plan des Revisionswerbers ein Dienerzimmer eingeschrieben sei.

15       Gemeinsam mit der Vorlage der Pläne habe die Baupolizei bekanntgegeben, dass laut Konsens die Gang-WCs im dritten Obergeschoß aufgelassen und in die Wohnungen Top 4 und 5 jeweils ein internes WC eingebaut worden sei. Dies sei im Jahr 1966 erfolgt. Im Jahr 1987 „sei die Wohnung Top 3 mit der Wohnung Top 5 im Konsens von 1966 die Wohnung Top 4 durch eine interne Stiege verbunden worden“. Insofern hätte auch die Wohnung Top 3 das interne WC der Wohnung Top 5 zur Verfügung.

16       Ferner führte das Verwaltungsgericht aus:

„Hinsichtlich der Ausstattung mit Sanitäranlagen gaben die [mitbeteiligten Parteien] sowohl in aufgetragener Stellungnahme vom 31. Oktober 2017 an, dass sich im Erdgeschoß in der ehemaligen Portierwohnung eine Synagoge mit Wasser und WC innen befindet genauso wie im zweiten Stock in der Wohnung [des Zweitmitbeteiligten] und im dritten Stock in der kleinen Wohnung [des Zweitmitbeteiligten] mit einer weiteren kleinen Wohnung jeweils WC und Bad und Wasser innen befinden. Dies sei ein [dem Revisionswerber] seit Jahren bekannter Zustand. Dasselbe Vorbringen erstatteten [die mitbeteiligten Parteien] im Rahmen der Beschwerde wie auch im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung, in der sowohl [der Zweitmitbeteiligte] sowie dessen Ehefrau in äußerst nachvollziehbarer und klarer Art angaben, dass sowohl in der Wohnung Top 3 als auch in der Wohnung Top 5 ein internes WC vorhanden ist. Im zweiten Stock bereits seit den 1960er Jahren. Wobei das auf dem Plan der Magistratsabteilung 37 aus 1987 eingezeichnete Bad im 2. Stock auch ein WC beinhaltet, was von der Zeugin [Ehefrau des Zweitmitbeteiligten] in klarer und nachvollziehbarer Weise dargetan und durch dem erkennenden Gericht vorgelegte Fotos untermauert wurde. [...]

Das Verwaltungsgericht Wien nimmt daher als erwiesen an, dass sich in dem Gebäude [S.-gasse 8] drei Wohnungen befinden, nämlich die Wohnung Top 3 und 5, im zweiten und dritten Stock, die Wohnung Top 4 im dritten Stock sowie eine Portierswohnung im Erdgeschoß [Bethaus] wobei zumindest zwei von diesen drei Wohnungen nämlich die Wohnung Top 3 plus 5 sowie die Wohnung Top 4 mit Bad und WC im Wohnungsverband ausgestattet sind. Vorweg wird ebenfalls als erwiesen angenommen, dass die Wohnungen konsensmäßig in der als erwiesen angenommenen Art und Weise ausgestattet sind, wofür die vorgelegten Mietverträge sowie der Plan aus dem Jahr 1987 und der Konsens aus 1966 sprechen. [Der Revisionswerber] hat außer dem Umstand, dass es sich bei der Wohnung Top 3 plus 5 um zwei getrennte Wohnungen handelt, dem nichts entgegen zu setzen gehabt, insbesondere nicht den Aussagen bzw. dem Akteninhalt hinsichtlich der Ausstattung sämtlicher Wohnungen im zweiten und dritten Obergeschoß des Gebäudes mit sanitären Einrichtungen im Rahmen des Wohnungsverbandes.“

17       Dieses Beweisergebnis „wird mit den anderen unbestritten gebliebenen Feststellungen des angefochtenen Bescheides der belangten Behörde hinsichtlich der Umstände, dass mit rechtskräftigen Bescheiden der Magistratsabteilung 37 das geplante Bauvorhaben des Revisionswerbers genehmigt wurde, sowie die Nettoauslastung der Gästebetten in den Betriebskategorien 2016 in Wien bei rund 60 Prozent lag und dass die sogenannte ,S‘, eine Vereinssynagoge, sich im gegenständlichen Miethaus befindet.“ Es sei somit den Ausführungen der belangten Behörde im erstinstanzlichen Bescheid zu folgen, wenn sie hinsichtlich sämtlicher Voraussetzungen des § 30 Abs. 2 Z 15 MRG davon ausgehe, dass sämtliche vom Revisionswerber vorgebrachten Umstände, die einen Neubau im öffentlichen Interesse indizierten, nicht vorlägen.

18       Dazu verwies das Verwaltungsgericht „auf die umfangreiche und klare Begründung des Bescheides der belangten Behörde“. Hinsichtlich des Kriteriums der Assanierungsbedürftigkeit gehe das Verwaltungsgericht davon aus, dass die Qualifikation als assanierungsbedürftig, wie sie in § 1 Abs. 2 Stadterneuerungsgesetz vorgeschrieben sei, insofern nicht erfüllt sei, als nicht mindestens die Hälfte der vorhandenen Wohnungen mangelhaft ausgestattet wäre. Vielmehr sei davon auszugehen, dass sämtliche zu Wohnzwecken genützte Wohnungen, nämlich zumindest die Wohnungen Top 3, 4 und 5 im zweiten und dritten Obergeschoß des Gebäudes mit konsensgemäß eingebauten Sanitäreinrichtungen (Bad und WC) ausgestattet seien.

19       Überdies könne sich das Verwaltungsgericht nicht der Auffassung der belangten Behörde anschließen, dass eine Abwägung der öffentlichen Interessen an der Durchführung des Bauvorhabens mit den privaten Interessen des Antragsgegners im Verfahren zur Erlassung eines Interessenbescheides nicht vorgesehen sei.

20       Die Aufzählung der im öffentlichen Interesse liegenden Umstände in § 30 Abs. 2 Z 15 MRG sei demonstrativ. Das dort umschriebene öffentliche Interesse (unter Berücksichtigung der schutzwürdigen Interessen der betroffenen Mieter) könne sachverhaltsmäßig allenfalls durch ein „Zusammenwirken“ verschiedener in dieser Gesetzesstelle aufgezählten Kriterien gegeben sein. Es handle sich um eine im Zweifel restriktiv auszulegende Norm. Eine Interessenabwägung habe nicht nur bei widerstreitenden öffentlichen Interessen stattzufinden, sondern auch gegenüber schutzwürdigen Interessen der durch die Kündigung betroffenen Mieter.

21       Das Verwaltungsgericht gehe davon aus, dass schon aufgrund des Erfordernisses des Zusammenwirkens verschiedener in dieser Gesetzesstelle aufgezählter Kriterien ein öffentliches Interesse im Sinne des § 30 Abs. 2 Z 15 MRG nicht vorliegen könne, habe doch bereits die belangte Behörde nach umfangreicher Feststellung und Abwägung der vom Revisionswerber ins Treffen geführten Interessen festgehalten, dass allein wegen Assanierungszwecken das öffentliche Interesse als gegeben angenommen werden müsse. Alle anderen vom Revisionswerber ins Treffen geführten Argumente und Kriterien seien von der belangten Behörde „zu Recht verworfen“ worden. Allein das Interesse an der Assanierung könne und dürfe nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht den Ausschlag zugunsten des Antrags des Revisionswerbers geben. Darüber hinaus könne auch von einem öffentlichen Interesse an der Assanierung im Sinne des § 1 Abs. 2 Stadterneuerungsgesetz nicht ausgegangen werden, weil eine ausreichende Ausstattung einer Mehrzahl der im Gebäude vorhandenen Wohnungen als erwiesen anzunehmen sei.

22       Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Revision wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichts, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

23       Nach Einleitung des Vorverfahrens durch den Verwaltungsgerichtshof erstattete die belangte Behörde eine Revisionsbeantwortung, in der sie sich hinsichtlich des Vorbringens, dass bei der Beurteilung der Assanierungsbedürftigkeit eines Gebäudes auf den baubehördlichen Konsens abzustellen sei, dem Revisionswerber anschloss, diesem jedoch hinsichtlich des Vorbringens einer Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichts entgegentritt. Ohne einen konkreten Antrag hinsichtlich der Revision zu stellen, beantragt die belangte Behörde die Zuerkennung von Aufwandersatz.

24       Die mitbeteiligten Parteien beantragen in ihrer gemeinsam eingebrachten Revisionsbeantwortung die Zurückweisung bzw. Abweisung der Revision und die Zuerkennung von Aufwandersatz.

25       Der Revisionswerber erstattete eine ergänzende Stellungnahme zu den Revisionsbeantwortungen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

26       Die vorliegende Revision erweist sich bereits aufgrund des Vorbringens in der Zulässigkeitsbegründung, mit dem unter anderem gravierende Begründungs- und Feststellungsmängel im angefochtenen Erkenntnis behauptet werden, als zulässig. Sie ist auch begründet.

27       Gemäß Abs. 1 des § 30 MRG, BGBl. Nr. 520/1981 in der Fassung BGBl. I Nr. 161/2001, kann der Vermieter nur aus wichtigen Gründen den Mietvertrag kündigen.

Nach § 30 Abs. 2 Z 15 MRG ist es als ein wichtiger Grund insbesondere anzusehen, wenn ein Miethaus ganz oder in dem Teil, in dem sich der Mietgegenstand befindet, abgetragen oder umgebaut werden soll, mit dem Abbruch (Umbau) die Errichtung eines neuen (geänderten) Baues sichergestellt ist, die Bezirksverwaltungsbehörde auf Antrag des Bauwerbers mit Bescheid erkannt hat, dass selbst unter Berücksichtigung schutzwürdiger Interessen der bisherigen Mieter der geplante Neubau (Umbau) aus Verkehrsrücksichten, zu Assanierungszwecken, zur Vermehrung der Wohnungen, die zur Beseitigung oder Milderung eines im Ortsgebiet bestehenden quantitativen Wohnungsbedarfes oder eines qualitativen Wohnfehlbestandes geeignet sind, oder aus anderen Gründen im öffentlichen Interesse liegt und dem Mieter Ersatz beschafft wird.

28       Der Begriff der Assanierung in § 30 Abs. 2 Z 15 MRG ist im Sinne des Stadterneuerungsgesetzes, BGBl. Nr. 287/1974 auszulegen (vgl. VwGH 18.12.2008, 2008/06/0082, mwN).

29       Das Stadterneuerungsgesetz gilt gemäß § 1 Abs. 2 leg. cit. in der Fassung BGBl. Nr. 340/1987 auch für Gebäude außerhalb von Assanierungsgebieten, sofern

1. sie mit den Bebauungsvorschriften (Flächenwidmungs- und Bebauungsplan) vereinbar sind,

2. mindestens die Hälfte der Gesamtnutzfläche, das ist die Summe der Nutzflächen aller Wohnungen und Geschäftsräume, Wohnzwecken dient,

3. sie mehr als zwei Wohnungen enthalten und

4. mindestens die Hälfte der Wohnungen mangelhaft ausgestattet ist (§ 3 Z 10).

Hievon ausgenommen sind landwirtschaftliche Wohnhäuser außerhalb eines geschlossenen Siedlungsgebietes. Z 1 gilt für zum Abbruch bestimmte Gebäude nicht.

30       Gemäß § 29 Abs. 1 VwGVG sind Erkenntnisse der Verwaltungsgerichte zu begründen. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat diese Begründung jenen Anforderungen zu entsprechen, die in seiner Rechtsprechung zu den §§ 58 und 60 AVG entwickelt wurden. Demnach sind in der Begründung eines Erkenntnisses die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die für die Beweiswürdigung maßgeblichen Erwägungen sowie die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erfordert dies in einem ersten Schritt die eindeutige, eine Rechtsverfolgung durch die Partei ermöglichende und einer nachprüfenden Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts zugängliche konkrete Feststellung des der Entscheidung zugrunde gelegten Sachverhalts, in einem zweiten Schritt die Angabe jener Gründe, welche das Verwaltungsgericht im Falle des Vorliegens widerstreitender Beweisergebnisse in Ausübung der freien Beweiswürdigung dazu bewogen haben, gerade jenen Sachverhalt festzustellen, und in einem dritten Schritt die Darstellung der rechtlichen Erwägungen, deren Ergebnisse zum Spruch der Entscheidung geführt haben. Diesen Erfordernissen werden die Verwaltungsgerichte zudem (nur) dann gerecht, wenn sich die ihre Entscheidung tragenden Überlegungen zum maßgebenden Sachverhalt, zur Beweiswürdigung sowie zur rechtlichen Beurteilung aus den verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen selbst ergeben.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bestehen die drei logisch aufeinander aufbauenden und formal zu trennenden Elemente einer ordnungsgemäß begründeten verwaltungsgerichtlichen Entscheidung erstens in einer im Indikativ gehaltenen Tatsachenfeststellung, zweitens in der Beweiswürdigung, drittens in der rechtlichen Beurteilung. Lässt eine Entscheidung die Trennung dieser Begründungselemente in einer Weise vermissen, dass die Rechtsverfolgung durch die Partei oder die nachprüfende Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts maßgeblich beeinträchtigt wird, dann führt ein solcher Begründungsmangel zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung schon aus diesem Grund (vgl. zum Ganzen etwa VwGH 24.3.2022, Ra 2021/05/0154, mit weiteren Judikaturverweisen).

31       Zu Recht bemängelt der Revisionswerber, dass die Begründung des angefochtenen Erkenntnisses den dargestellten Anforderungen nicht entspricht.

32       Das Verwaltungsgericht stellte in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Erkenntnisses zunächst den Verfahrensablauf vor der belangten Behörde, den Inhalt des behördlichen Bescheides, das Beschwerdevorbringen sowie die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erfolgten Verfahrensschritte einschließlich der durchgeführten mündlichen Verhandlung dar. Feststellungen, welchen konkreten Sachverhalt das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung zugrunde legte, erfolgten zunächst nicht. Vielmehr führte das Verwaltungsgericht - im Rahmen seiner rechtlichen Erwägungen - aus, „dass die Feststellungen hinsichtlich des als erwiesen angenommenen Sachverhalts sowie die rechtlichen Ausführungen zu beiden Verfahren“ des Erstmitbeteiligten und des Zweitmitbeteiligten „zutreffen, und gültig sind“, ohne darzulegen, auf welche konkreten Feststellungen sich diese Ausführungen beziehen und welcher Sachverhalt als erwiesen angenommen werde.

33       Danach wurden in den rechtlichen Erwägungen Feststellungen zur örtlichen Situation und den im Gebäude befindlichen Wohnungen getroffen, gefolgt von den Ausführungen zu den vom Revisionswerber vorgelegten Mietverträgen und Plänen, wobei unter anderem zu einem Plan betreffend eine Wohnung im zweiten Stock angemerkt wurde, dass dieser hinsichtlich der Einrichtung mit einem Bad nicht mit dem Mietvertrag übereinstimme, und den Angaben der Baupolizei.

34       In den weiteren, im Rahmen der rechtlichen Erwägungen platzierten - teilweise durch beweiswürdigende Erwägungen ergänzten - Ausführungen des Verwaltungsgerichts wurden die Angaben der mitbeteiligten Parteien und der Ehefrau des Zweitmitbeteiligten zur Ausstattung mit Sanitäranlagen wiedergegeben und als „nachvollziehbar“ und „klar“ beurteilt.

35       „Daher“ nahm es das Verwaltungsgericht „als erwiesen“ an, dass sich in dem Gebäude S.-gasse 8 drei Wohnungen befänden, nämlich „die Wohnung Top 3 und 5“ im zweiten und dritten Stock, die Wohnung Top 4 im dritten Stock sowie die Portierswohnung im Erdgeschoß (Bethaus), wobei zumindest zwei von diesen drei Wohnungen (die „Wohnung Top 3 plus 5“ sowie die Wohnung Top 4) mit Bad und WC im Wohnungsverband ausgestattet seien. Ebenfalls werde „als erwiesen“ angenommen, dass die Wohnungen „konsensgemäß in der als erwiesen angenommenen Art und Weise ausgestattet“ seien, wofür die vorgelegten Mietverträge sowie der Plan aus dem Jahr 1987 und der Konsens aus 1966 sprächen.

36       In weiterer Folge führte das Verwaltungsgericht aus, dass der belangten Behörde zu folgen sei, wenn diese hinsichtlich sämtlicher Voraussetzungen des § 30 Abs. 2 Z 15 MRG davon ausgehe, dass sämtliche vom Revisionswerber vorgebrachten Umstände, die einen Neubau im öffentlichen Interesse indizierten, nicht vorlägen, wobei „auf die umfangreiche und klare Begründung des Bescheides der belangten Behörde“ verwiesen wurde, ohne diese behördliche Begründung inhaltlich näher zu erörtern.

37       Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vermag die Darstellung des Verwaltungsgeschehens die fehlende Begründung einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung ebenso wenig zu ersetzen wie die bloße Zitierung von Beweisergebnissen oder die bloße Inklusion anderweitiger Aktenteile (vgl. etwa VwGH 30.4.2021, Ra 2021/03/0036, mwN).

38       Bereits aufgrund des weitgehenden Fehlens einer im Indikativ gehaltenen Tatsachenfeststellung sowie der teilweisen Vermengung der Wiedergabe des Verfahrensablaufes mit beweiswürdigenden Elementen und der rechtlichen Beurteilung erweist sich das angefochtene Erkenntnis im Sinne der oben zitierten Judikatur als rechtswidrig, weil dadurch die Rechtsverfolgung durch die Partei und die nachprüfende Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts maßgeblich beeinträchtigt wird.

39       Hinzu kommt - was der Revisionswerber ebenso zutreffend rügt -, dass das Verwaltungsgericht bestimmte Beweisergebnisse nicht erkennbar in die - insgesamt nur sehr rudimentäre - Beweiswürdigung bzw. in seine rechtliche Beurteilung einbezogen hat. Zwar legt das Verwaltungsgericht seiner Beurteilung betreffend die Frage einer Assanierungsbedürftigkeit nach § 30 Abs. 2 Z 15 MRG in Verbindung mit § 1 Abs. 2 Stadterneuerungsgesetz grundsätzlich zutreffend im Sinne der hg. Judikatur (vgl. VwGH 21.9.2000, 99/06/0021, und erneut VwGH 18.12.2008, 2008/06/0082, mwN) zugrunde, dass es im Zusammenhang mit der Frage der Anzahl der Wohnungen und deren Ausstattung auf die Rechtmäßigkeit bzw. einen bestehenden Konsens ankommt.

40       Dabei ging das Verwaltungsgericht im angefochtenen Erkenntnis davon aus, dass sich in dem gegenständlichen bestehenden Gebäude drei Wohnungen befänden, wobei es die Wohnung Top 3 im zweiten Stock und die Wohnung Top 5 im dritten Stock, die durch eine Treppe miteinander verbunden sind, als eine (gemeinsame) Wohnung beurteilte. Abgesehen davon, dass das Verwaltungsgericht in diesem Zusammenhang beweiswürdigende Überlegungen weitgehend vermissen lässt, hat es sich insbesondere mit den Ausführungen des Zeugen Dipl.-Ing. H. von der Magistratsabteilung 37 - Baupolizei, wonach es sich trotz der vorhandenen Innentreppe „baupolizeilich um zwei Wohnungen“ handle, nicht erkennbar auseinandergesetzt. Es ist aber nicht auszuschließen, dass das Verwaltungsgericht bei Einbeziehung der erwähnten Zeugenaussage des Vertreters der Baupolizei hinsichtlich der Frage der Anzahl der Wohnungen zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre.

41       Mit der Frage der Anzahl der bestehenden Wohnungen im Zusammenhang steht auch die Beurteilung des Verwaltungsgerichts, dass die Wohnung „Top 3 plus 5“ (im zweiten und dritten Stock) und die Wohnung Top 4 (im dritten Stock) - konsensgemäß - mit Bad und WC im Wohnungsverband ausgestattet seien, wobei es dazu auf die vorgelegten Mietverträge, den Plan aus dem Jahr 1987 und den Konsens aus 1966 verwies, ohne im Einzelnen auf diese Dokumente näher einzugehen.

42       Der erwähnte Zeuge Dipl.-Ing. H. hatte im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht allerdings angegeben, dass es „im Jahr 1966 den Konsens für Bad und WC im 3. Stock“ gegeben habe und „die Bewilligung aus dem Jahr 1987 [...] die Innentreppe [betrifft]“. Ferner hatte er ausgeführt, dass „der Urkonsens hinsichtlich des zweiten Stockes, der noch im Jahr 1966 bestand“, den „im Plan von 1987 als Bad bezeichneten Raum noch als Zimmer“ bezeichnet habe und im Bescheid aus dem Jahr 1987 „von einem Umbau eines Bades nicht die Rede“ sei. Überdies hielt das Verwaltungsgericht im angefochtenen Erkenntnis - im Rahmen seiner rechtlichen Erwägungen - selbst fest, dass der vom Revisionswerber (unter anderem) vorgelegte „Plan aus dem zweiten Stock betreffend die Wohnung mit 134 m2 hinsichtlich der Einrichtung mit einem Bad nicht mit dem Mietvertrag übereinstimmt, da sich daraus nicht ergibt, dass ein Bad in dieser Wohnung vorhanden ist“.

43       Es ist somit auch hier nicht auszuschließen, dass das Verwaltungsgericht unter Berücksichtigung der erwähnten Beweisergebnisse und nach Aufklärung des von ihm selbst attestierten Widerspruchs zwischen Mietvertrag und Plan zu einem anderen Ergebnis hinsichtlich der konsensgemäßen Ausstattung der Wohnungen gelangt wäre.

44       Im Übrigen legte das Verwaltungsgericht seiner Beurteilung zwar grundsätzlich zutreffend zugrunde, dass bei der Feststellung gemäß § 30 Abs. 2 Z 15 MRG auch eine Interessenabwägung mit den schutzwürdigen Interessen der durch die Kündigung betroffenen Mieter vorzunehmen ist (vgl. etwa VwGH 9.9.1999, 98/06/0126; 23.12.1999, 97/06/0143; 16.5.2013, 2012/06/0135, mwN). Welche konkreten schutzwürdigen Interessen der bisherigen Mieter es im vorliegenden Fall in die Beurteilung einbezogen habe, bezeichnete das Verwaltungsgericht jedoch nicht näher.

45       Da sich das angefochtene Erkenntnis bereits aus den dargestellten Erwägungen als rechtswidrig erweist, war auf das weitere Revisionsvorbringen nicht mehr einzugehen.

46       Ergänzend ist für das fortzusetzende Verfahren anzumerken, dass das Verwaltungsgericht im angefochtenen Erkenntnis bereits aufgrund des von ihm aus der hg. Judikatur (Verweis auf VwGH 16.5.2013, 2012/06/0135) abgeleiteten Erfordernisses des „Zusammenwirkens“ verschiedener in § 30 Abs. 2 Z 15 MRG aufgezählten Kriterien ein öffentliches Interesse im Sinne dieser Bestimmung als nicht vorliegend beurteilte, zumal vom einzigen von der belangten Behörde als gegeben angenommenen öffentlichen Interesse (Assanierungszwecke) nach Meinung des Verwaltungsgerichts nicht ausgegangen werden könne.

47       Dazu ist festzuhalten, dass nach der zitierten hg. Judikatur (vgl. auch VwGH 25.2.2010, 2008/06/0148, mwN) das in § 30 Abs. 2 Z 15 MRG umschriebene öffentliche Interesse (unter Berücksichtigung schutzwürdiger Interessen der betroffenen Mieter) sachverhaltsmäßig allenfalls erst durch ein „Zusammenwirken“ verschiedener der in dieser Gesetzesstelle aufgezählten Kriterien gegeben sein kann. Das bedeutet jedoch (lediglich), dass diese Frage nur nach einer im jeweiligen Einzelfall vorzunehmenden Interessenabwägung beurteilt werden kann. Aus der zitierten Rechtsprechung ist hingegen nicht abzuleiten, dass von Vornherein in jedem Fall nur bei Zutreffen mehrerer in § 30 Abs. 2 Z 15 MRG umschriebener Kriterien (bzw. bei deren „Zusammenwirken“) ein öffentliches Interesse im Sinne der genannten Bestimmung angenommen werden kann.

48       Das angefochtene Erkenntnis war gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

49       Die in der Revision beantragte mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 3 VwGG entfallen.

50       Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014. Angemerkt wird, dass dem Antrag der belangten Behörde (die sich in ihrer Revisionsbeantwortung teilweise dem Revisionsvorbringen anschloss, ohne jedoch einen auf die Revision bezogenen Antrag zu stellen) auf Zuerkennung von Kostenersatz schon deswegen keine Berechtigung zukommen konnte, weil gemäß § 47 Abs. 2 Z 2 in Verbindung mit Abs. 5 VwGG der Rechtsträger, in dessen Namen die belangte Behörde in dem dem Verfahren vor dem LVwG vorangegangenem Verfahren tätig geworden ist, Anspruch auf Aufwandersatz nur im Falle einer Abweisung der Revision, nicht aber im Falle der Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses, hat (vgl. auch VwGH 29.7.2015, Ra 2015/07/0034).

Wien, am 14. Dezember 2022

Schlagworte

Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2018060209.L00

Im RIS seit

30.01.2023

Zuletzt aktualisiert am

30.01.2023
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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