TE Lvwg Erkenntnis 2022/9/26 LVwG-851736/4/KPe

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Veröffentlicht am 26.09.2022
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Entscheidungsdatum

26.09.2022

Norm

GewO 1994 §18
GewO 1994 §19
  1. GewO 1994 § 18 heute
  2. GewO 1994 § 18 gültig ab 14.09.2012 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 85/2012
  3. GewO 1994 § 18 gültig von 27.02.2008 bis 13.09.2012 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 42/2008
  4. GewO 1994 § 18 gültig von 01.08.2002 bis 26.02.2008 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 111/2002
  5. GewO 1994 § 18 gültig von 01.01.1998 bis 31.07.2002 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 30/1998
  6. GewO 1994 § 18 gültig von 01.07.1997 bis 31.12.1997 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 63/1997
  7. GewO 1994 § 18 gültig von 19.03.1994 bis 30.06.1997
  1. GewO 1994 § 19 heute
  2. GewO 1994 § 19 gültig ab 22.07.2020 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 65/2020
  3. GewO 1994 § 19 gültig von 14.09.2012 bis 21.07.2020 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 85/2012
  4. GewO 1994 § 19 gültig von 01.08.2002 bis 13.09.2012 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 111/2002
  5. GewO 1994 § 19 gültig von 01.07.1997 bis 31.07.2002 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 63/1997
  6. GewO 1994 § 19 gültig von 19.03.1994 bis 30.06.1997

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erkennt durch seinen Richter Mag. Dr. Pernsteiner über die Beschwerde der R E, S X, X A, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 14. April 2022, GZ: BHUUGe-2022-239783, betreffend die Untersagung der Ausübung des Gewerbes „Kosmetik“

zu Recht:

I.     Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

II.    Gegen diese Entscheidung ist eine Revision unzulässig.

Entscheidungsgründe

I.       Verfahrensgang:

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung (im Folgenden: belangte Behörde) vom 14. April 2022, GZ: BHUUGe-2022-239783, wurde zur Gewerbeanmeldung der R E (im Folgenden: Beschwerdeführerin) festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Ausübung des Gewerbes „Kosmetik“ im Standort S X, X A, nicht vorliegen und wurde daher die Ausübung dieses Gewerbes untersagt, zumal auch nicht das Vorliegen der individuellen Befähigung mit der Einschränkung auf Teiltätigkeiten des betreffenden Gewerbes ausgesprochen werden konnte.

Die belangte Behörde führte begründend zusammengefasst aus, die Beschwerdeführerin erfülle weder die formellen Zugangsvoraussetzungen des § 18 GewO 1994, noch die Voraussetzungen des § 19 GewO 1994 für die Ausübung des von ihr angemeldeten Gewerbes. Daher sei auch die individuelle Befähigung nicht festzustellen und folglich die Gewerbeausübung zu untersagen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die am 6. Mai 2022 mit E-Mail rechtzeitig eingebrachte und als Einspruch bezeichnete Beschwerde, mit welcher die Beschwerdeführerin sinngemäß unter anderem die Erteilung der Gewerbeberechtigung für das Gewerbe „Kosmetik, ausgenommen Piercen und Tätowieren“ begehrte.

Mit Schreiben vom 18. Mai 2022 und unter gleichzeitiger Übermittlung des Bezug habenden Verfahrensaktes legte die belangte Behörde die gegenständliche Beschwerde dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidung vor und beantragte, dieser nicht stattzugeben. Von der Möglichkeit der Beschwerdevorentscheidung wurde kein Gebrauch gemacht.

Damit ergibt sich die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zur Entscheidungsfindung (Art. 130 Abs. 1 Z 1 iVm 131 Abs. 1
B-VG iVm § 3 VwGVG). Gemäß Art. 135 Abs. 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter.

II.      Sachverhalt, Beweiswürdigung:

II.1.   Beweis wurde erhoben durch die Einsichtnahme in den von der belangten Behörde vorgelegten Verfahrensakt und Einsichtnahme ins Gewerbeinformationssystem Austria (GISA).

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte Abstand genommen werden, weil die Beschwerdeführerin eine solche nicht beantragte und dies auch nicht erforderlich erschien, weil aufgrund des Akteninhalts die mündliche Erörterung der Angelegenheit keine weitere Klärung der Rechtssache erwarten ließ (vgl. § 24 Abs 1 u 4 VwGVG).

II.2.   Es liegt folgender entscheidungsrelevanter S A C H V E R H A L T vor:

II.2.1. Antragstellung und Unterlagen

Die Beschwerdeführerin meldete am 22. Februar 2022, 17:01 Uhr auf elektronischem Weg das Gewerbe Kosmetik mit Gültigkeitsbeginn 22. Februar 2022 im Standort X A, S X, an. In dieser Anmeldung wurde auf die bereits bei der Behörde vorliegenden Befähigungsnachweise und der Stellungnahme der Innungsmeisterin (Eingangsnummer 2021-X) verwiesen.

Die Landesinnungsmeisterin führte im E-Mail vom 1. September 2020 im Wesentlichen aus, die Beschwerdeführerin habe 2004 die Lehrabschlussprüfung im Lehrberuf Kosmetik und Fußpflege, sowie im Jahr 2006 im Lehrberuf Massage bestanden. Die Bf habe weiters die Befähigungsprüfung für Massage 2007 absolviert und im Jahr 2007 die Unternehmerprüfung abgelegt. Die Bf könne in allen drei Berufen jeweils rund 2 Jahre Praxis nachweisen. Überdies sei die Bf im Jahr 2009/2010 als gewerberechtliche Geschäftsführerin im Bereich Kosmetik und Fußpflege tätig gewesen.

Abschließend wurde festgehalten, die Landesinnung spreche sich aus fachlicher Sicht für die Erteilung der individuellen Befähigung für die Gewerbe „Massage, mit Ausnahme der in sich geschlossenen Systeme“ „Kosmetik (Schönheitspflege)“ und „Fußpflege“ aus.

Die Beschwerdeführerin legte bei der belangten Behörde unter anderem folgende Unterlagen vor:

-    Zeugnis Lehrabschlussprüfung Kosmetik vom 5. Juli 2004

-    Zeugnis Unternehmerprüfung vom 11. Juli 2007

-    Zeugnis Ausbilderkurs vom 14. März 2006

-    Arbeitsbestätigung H S vom 30. Dezember 2003

-    Arbeitszeugnis S H vom 24. Dezember 2008

-    Arbeitszeugnis Hotel A vom 16. April 2009

-    Arbeitszeugnis F Hotel&Spa vom 29. Oktober 2009 und den

-    Versicherungsdatenauszug vom 15.07.2020

II.2.2. Berufslaufbahn

Die Beschwerdeführerin absolvierte bei H S vom 01. August 2001 bis 31. Dezember 2003 die Lehre für Kosmetik und Fußpflege. Die Lehrabschlussprüfung für den Lehrberuf Kosmetik bestand die Beschwerdeführerin am 5. Juli 2004.

Vom 1. Jänner 2004 bis zum 11. Juli 2006 absolvierte die Beschwerdeführerin im Unternehmen S H die Lehre für den Lehrberuf Massage. Dieses Unternehmen besaß im relevanten Zeitraum eine Gewerbeberechtigung für Kosmetik (Schönheitspflege), GISA Zl. X.

Vom 12. Juli 2006 bis 24. Dezember 2008 (29 Monate, 12 Tage) war die Beschwerdeführerin im Unternehmen S H als Arbeiterin in den Bereichen Fußpflege, Kosmetik und Massage beschäftigt.

Vom 25. Dezember 2008 bis 16. April 2009 (3 Monat, 22 Tage) war die Beschwerdeführerin im Hotel A mit dem Aufgabenbereich „Kosmetik-Pediküre-Maniküre-diverse Massagen, Bäder und Softpackanwendungen sowie Hygiene und Sauberkeit im gesamten Wellnessbereich“ beschäftigt. Dieses Unternehmen besaß im relevanten Zeitraum keine Gewerbeberechtigung für Kosmetik (Schönheitspflege).

Vom 18. Mai 2009 bis 6. Oktober 2009 (4 Monate, 18 Tage) war die Beschwerdeführerin im Hotel F mit dem Aufgabenbereich „Kosmetikanwendungen, Balneologie und Wellnessmassagen mit allen damit verbunden Dienstleistungen“ beschäftigt. Dieses Unternehmen besaß im relevanten Zeitraum keine Gewerbeberechtigung für Kosmetik (Schönheitspflege).

Vom 1. November 2009 bis 20. Mai 2010 (6 Monate, 19 Tage) war die Beschwerdeführerin in der Apotheke X e.U. mit dem Aufgabenbereich „Kosmetikerin und Fußpflegerin“ als gewerberechtliche Geschäftsführerin beschäftigt.

In der Zusammenschau ergibt sich somit für die Bereiche Kosmetik, Fußpflege und Massage eine (nach der Lehrzeit erbrachte) Gesamtarbeitszeit von 44 Monaten und 10 Tagen. Bei Aliquotierung dieser Gesamtarbeitszeit auf die jeweiligen Fachbereiche Massage, Fußpflege und Kosmetik ergibt im Ergebnis eine Arbeitszeit von 16 Monaten und 19 Tagen im Gewerbe Kosmetik:

II.3. Beweiswürdigung

Die Ausbildung zum Lehrberuf „Kosmetik (Schönheitspflege)“ ergibt sich aus dem vorliegenden Lehrabschlusszeugnis. Die Arbeitszeiten ergeben sich aus den vorliegenden Dienstzeugnissen.

Inwieweit die angeführten Unternehmen über eine Gewerbeberechtigung für Kosmetik für den relevanten Beschäftigungszeitraum verfügten, ergibt sich aus der Einsichtnahme ins offene GISA.

III.     In rechtlicher Hinsicht ist Folgendes auszuführen:

III.1. Zur Rechtslage

Gemäß § 16 Abs. 1 erster Satz GewO 1994 ist Voraussetzung für die Ausübung von reglementierten Gewerben und von Teilgewerben ferner der Nachweis der Befähigung. Kann der Einschreiter diesen Nachweis nicht erbringen, so hat er einen Geschäftsführer (§ 39) zu bestellen.

Gemäß § 16 Abs. 2 Gew0 1994 ist unter Befähigungsnachweis der Nachweis zu verstehen, dass der Einschreiter die fachlichen einschließlich der kaufmännischen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen besitzt, um die dem betreffenden Gewerbe eigentümlichen Tätigkeiten selbständig ausführen zu können.

Gemäß § 18 Abs. 1 GewO 1995 hat der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit für jedes reglementierte Gewerbe, hinsichtlich der im § 94 Z 14, 32, 33, 41 und 46 genannten Gewerbe und hinsichtlich des im § 94 Z 42 genannten Gewerbes, soweit es sich um die Tätigkeiten des Piercens und Tätowierens handelt, im Einvernehmen mit dem Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen, durch Verordnung festzulegen, durch welche Belege - für sich allein oder in entsprechender Verbindung untereinander - die Zugangsvoraussetzungen zum betreffenden Gewerbe, gegebenenfalls für dessen eingeschränkte Ausübung, im Hinblick auf die hiefür erforderliche fachliche Befähigung jedenfalls als erfüllt anzusehen sind. Dabei hat der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit zu berücksichtigen, dass bei reglementierten Gewerben, bei denen der Qualifikation auf Grund der Richtlinie 92/51/EWG über eine zweite allgemeine Regelung zur Anerkennung beruflicher Befähigungsnachweise in Ergänzung der Richtlinie 89/48/EWG oder der Richtlinie 89/48/EWG über eine allgemeine Regelung zur Anerkennung der Hochschuldiplome Diplomniveau zukommt, dieses Diplomniveau gewahrt bleibt.

Gemäß § 18 Abs. 2 GewO 1994 kommen als Belege im Sinne des Abs. 1 in Betracht

1. Zeugnis über die erfolgreich abgelegte Meisterprüfung bei den im § 94 als Handwerke bezeichneten reglementierten Gewerben oder über eine sonstige Befähigungsprüfung;

2. Zeugnis über die erfolgreich abgelegte Unternehmerprüfung;

3. Zeugnis über den Abschluss einer Studienrichtung an einer Universität;

4. Zeugnis über den erfolgreichen Besuch eines Fachhochschul-Studienganges;

5. Zeugnis über den erfolgreichen Besuch einer Schule;

6. Zeugnis über den erfolgreichen Besuch eines Lehrganges;

7. Zeugnis über die erfolgreich abgelegte Lehrabschlussprüfung;

8. Zeugnis über eine fachliche Tätigkeit;

9. Zeugnis über eine Tätigkeit in leitender Stellung;

10. Zeugnis über eine Tätigkeit als Betriebsleiter;

11. Nachweise über eine Tätigkeit als Selbstständiger.

Gemäß § 18 Abs. 3 GewO 1994 ist unter fachlicher Tätigkeit (Abs. 2 Z 8) eine Tätigkeit zu verstehen, die geeignet ist, die Erfahrungen und Kenntnisse zu vermitteln, die zur selbstständigen Ausübung des betreffenden Gewerbes erforderlich sind. Unter Tätigkeit in leitender Stellung (Abs. 2 Z 9) ist eine Tätigkeit zu verstehen, die überwiegend mit fachspezifischen Aufgaben und mit der Verantwortung für mindestens eine Abteilung des Unternehmens verbunden ist. Unter Tätigkeit als Betriebsleiter (Abs. 2 Z 10) ist eine Tätigkeit zu verstehen, die in einer der folgenden Funktionen ausgeübt wurde

1. als Leiter des Unternehmens oder einer Zweigniederlassung oder

2. als Stellvertreter des Unternehmers oder des Leiters des Unternehmens, wenn mit dieser Stellung eine Verantwortung verbunden ist, die der des vertretenen Unternehmers oder Leiters entspricht oder

3. in leitender Stellung je nach der Eigenart des betreffenden Gewerbes mit kaufmännischen oder mit kaufmännischen und technischen Aufgaben und mit der Verantwortung für mindestens eine Abteilung des Unternehmens.

Gemäß § 18 Abs. 4 GewO 1994 hat der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit, wenn es Gründe der Abwehr von besonderen Gefahren für das Leben oder die Gesundheit von Menschen erfordern, durch Verordnung festzulegen, dass Zeugnisse im Sinne des Abs. 2 für ein Gewerbe nicht mehr zu berücksichtigen sind, wenn der Inhaber des Zeugnisses seit der Prüfung, dem Abschluss der Ausbildung oder seit der fachlichen Tätigkeit, die durch das betreffende Zeugnis bescheinigt wird, zehn Jahre nicht mehr die den Gegenstand des betreffenden Gewerbes bildenden Tätigkeiten ausgeübt hat.

Gemäß § 18 Abs. 5 GewO 1994 ist bei Schulen, bei denen eine Abschlussprüfung vorgesehen ist, der erfolgreiche Besuch (Abschluss) durch das Abschlussprüfungszeugnis (Reifeprüfungszeugnis), bei Schulen, bei denen keine Abschlussprüfung vorgesehen ist, durch das Abschlusszeugnis (Jahreszeugnis) nachzuweisen. Als Abschluss eines Studiums gilt der Abschluss eines Diplom-, Bachelor-, Master- oder Doktoratsstudiums. Als Abschluss eines Fachhochschul-Studienganges gilt der Abschluss eines Fachhochschul-Bachelorstudienganges, eines Fachhochschul-Masterstudienganges oder eines Fachhochschul-Diplomstudienganges.

§ 1 der Verordnung des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit über die Zugangsvoraussetzungen für das reglementierte Gewerbe der Kosmetik (Schönheitspflege), BGBl. II Nr. 139/2003 idF BGBl. II Nr. 399/2008, (im Folgenden: VO Zugangsvoraussetzungen Kosmetik) lautet wie folgt:

Zugangsvoraussetzungen

§ 1. (1) Durch die im Folgenden angeführten Belege ist die fachliche Qualifikation zum Antritt des Gewerbes der Kosmetik (Schönheitspflege) (§ 94 Z 42 GewO 1994), ausgenommen Piercen und Tätowieren, als erfüllt anzusehen:

1.Zeugnis über die erfolgreich abgelegte Befähigungsprüfung oder

2.Zeugnisse über eine ununterbrochene dreijährige einschlägige Tätigkeit als Selbstständiger oder als Betriebsleiter (§ 18 Abs. 3 GewO 1994) oder

3. Zeugnisse über eine ununterbrochene zweijährige einschlägige Tätigkeit als Selbstständiger oder als Betriebsleiter, sofern für die betreffende Tätigkeit eine vorherige erfolgreich abgeschlossene Ausbildung gemäß Abs. 3 nachgewiesen wird, die staatlich oder von einer zuständigen Berufs- oder Handelsinstitution anerkannt ist, oder

4. Zeugnisse über eine ununterbrochene zweijährige einschlägige Tätigkeit als Selbstständiger oder als Betriebsleiter, sofern für die betreffende Tätigkeit zusätzlich eine mindestens dreijährige einschlägige Tätigkeit als Unselbstständiger

nachgewiesen wird, oder

5. Zeugnisse über eine ununterbrochene dreijährige einschlägige Tätigkeit als Unselbstständiger, sofern für die betreffende Tätigkeit eine vorherige erfolgreich abgeschlossene Ausbildung gemäß Abs. 3 nachgewiesen wird, die staatlich oder von einer zuständigen Berufs- oder Handelsinstitution anerkannt ist.

(2) Die im Abs. 1 Z 2 und 4 geregelten Tätigkeiten dürfen im Zeitpunkt des Einlangens der Gewerbeanmeldung nicht länger als zehn Jahre beendet worden sein.

(3) Ausbildungen nach Abs. 1 Z 3 und 5 sind Folgende:

Studienrichtung Medizin/Humanmedizin/ Zahnmedizin oder Lehrabschlussprüfung im Lehrberuf Kosmetiker (Schönheitspfleger), Ausbildung im gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege oder eine andere vorher erfolgreich abgeschlossene, staatlich oder von einer zuständigen Berufs- oder Handelsorganisation anerkannte Ausbildung mit vergleichbarer Schwerpunktsetzung.

(4) Unter einer fachlichen Tätigkeit im Sinne des Abs. 1 ist eine hauptberufliche, nicht im Rahmen eines Lehrverhältnisses zurückgelegte Beschäftigung im Rahmen einer befugten Berufsausübung zu verstehen.

III.2. Erfüllung der Zugangsvoraussetzungen gem. § 18 GewO 1994

Die Beschwerdeführerin verfügt zwar über einen Lehrabschluss im Gewerbe Kosmetik, konnte aber kein Zeugnis über eine erfolgreich abgelegte Befähigungsprüfung für dieses Gewerbe vorweisen.

Mit Arbeitszeugnissen hat die Beschwerdeführerin Zeiten einer Berufsausübung im Ausmaß von 44 Monaten und 10 Tagen nachgewiesen. Für die Erfüllung der Zugangsvoraussetzungen zum Gewerbe Kosmetik ist jedoch eine einschlägige Tätigkeit (§ 1 Abs 1 Z 5 VO Zugangsvoraussetzungen Kosmetik) nachzuweisen, die hauptberuflich und nicht im Rahmen eines Lehrverhältnisses zurückgelegt wurde (§ 1 Abs 4 VO Zugangsvoraussetzungen Kosmetik).

Unter Beachtung dieser Grundsätze müssen bei der Beurteilung der Erfüllung der Zugangsvoraussetzungen jene Tätigkeitszeiten gänzlich außer Betracht bleiben, die während des Lehrverhältnisses bei H S und S H (bis 11. Juli 2006) absolviert wurden.

Hinsichtlich der übrigen nachgewiesenen Zeiten (44 Monaten und 10 Tagen) ist aufgrund der Arbeitszeugnisse evident, dass nicht nur Tätigkeiten ausschließlich aus dem Gewerbe „Kosmetik“, sondern auch aus anderen Gewerben, verrichtet wurden. Nachdem nach der VO Zugangsvoraussetzungen Kosmetik aber nur eine hauptberuflich ausgeübte einschlägige Tätigkeit angerechnet werden darf, sind die Tätigkeitszeiten, in welchem auch Leistungen von anderen Gewerben erbracht wurden, entsprechend zu aliquotieren. Ausgehend von einer gleichmäßigen Aufteilung errechnet sich unter Berücksichtigung dieser Grundsätze somit eine aliquote einschlägige Tätigkeitsdauer im Gewerbe Kosmetik von 16 Monaten und 19 Tagen.

Hinzuweisen ist darüber hinaus aber auch darauf, dass unter einer fachlichen Tätigkeit (§ 18 Abs 2 Z 8 GewO 1994) eine Tätigkeit zu verstehen ist, die geeignet ist, die Erfahrungen und Kenntnisse zu vermitteln, die zur selbstständigen Ausübung des betreffenden Gewerbes erforderlich sind (§ 18 Abs 3 1. Satz GewO 1994), womit wiederum die für das konkrete Gewerbe typischen Kerntätigkeiten iSd § 31 Abs 1 2. Satz GewO 1994 angesprochen sind (vgl. Sander in Ennöckl/Raschauer/Wessely, GewO § 18, Rdz 5). Nachdem typische Kerntätigkeiten den jeweiligen Gewerben vorbehalten sind, ist anzunehmen, dass fachliche Tätigkeiten, die bei einem Unternehmen ohne entsprechende Gewerbeberechtigung ausgeübt werden, nicht dem Erfordernis der VO Zugangsvoraussetzungen Kosmetik genügen. Daher können solche Zeiten auch nicht auf die fachliche Tätigkeit gem. § 18 Abs 2 Z 8 GewO 1994 angerechnet werden.

Die formalen Zugangsvoraussetzungen des § 18 GewO iVm VO Zugangsvoraussetzungen Kosmetik werden daher von der Beschwerdeführerin nicht erfüllt.

III.3. Erfüllung der Zugangsvoraussetzungen durch individuellen Befähigungsnachweis gem. § 19 GewO 1994

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kann die Feststellung der individuellen Befähigung für die Ausübung des jeweiligen Gewerbes nur dann bejahend getroffen werden, wenn die vom Antragsteller absolvierte Ausbildung (Bildungsgang, bisherige Tätigkeit) mindestens in gleicher Weise wie die in den den Befähigungsnachweis festlegenden Vorschriften geforderte Ausbildung das Ausbildungsziel verwirklichen lässt (VwGH 6.4.2005, 2004/04/0047) und die vom Antragsteller beigebrachten Unterlagen die Annahme gerechtfertigt erscheinen lassen, dass er immerhin über so viele Kenntnisse und Erfahrungen verfügt, die als erforderlich erachtet werden, um Leistungen erbringen zu können, welche in der Regel von Inhabern des betreffenden Gewerbes verlangt werden.

Vorauszuschicken ist, dass nach § 19 1. Satz GewO 1994 es Sache des Antragstellers ist, die für die Gewerbeausübung erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen initiativ nachzuweisen, sodass die Behörde in diesem Zusammenhang keine amtswegige Ermittlungspflicht trifft (VwGH 18.3.2015, Ro 2014/04/0035-5).

Nach den obigen Ausführungen hat die Behörde den Bildungsgang der Beschwerdeführerin mit den Rechtsvorschriften über den standardisierten Befähigungsnachweis zu vergleichen und aufgrund dieses Vergleiches zu beurteilen, ob der tatsächlich absolvierte Bildungsgang dem in den Zugangsbestimmungen festgelegten Bildungsziel entspricht. Kann dies bejaht werden, ist der individuelle Befähigungsnachweis festzustellen; entspricht die tatsächlich absolvierte Ausbildung nicht den ausbildungsrechtlichen Anforderungen, darf eine Feststellung im Sinne des § 19 GewO 1994 nicht getroffen werden.

Entscheidungsmaßstab für die Beurteilung des Vorliegens der individuellen Befähigung bildet der Inhalt der oben zitierten Verordnung über die Zugangsvoraussetzungen für das reglementierte Gewerbe der Kosmetik.

Gegenständlich hat die Beschwerdeführerin die Lehre für das reglementierte Gewerbe der Kosmetik absolviert und die Unternehmerprüfung abgelegt. Die Beschwerdeführerin konnte aber keine Befähigungsprüfung oder eine ausreichende unselbständige, hauptberuflich ausgeübte einschlägige Tätigkeit im Gewerbe Kosmetik nachweisen.

Der Beschwerdeführerin ist zuzugestehen, dass sie ein gewisses Niveau an Kenntnissen und Fähigkeiten sowie Erfahrungen bereits belegen kann.

Die Befähigungsprüfungsordnung für Kosmetik vom 13.12.2017 sieht für das Gewerbe Kosmetik, ausgenommen Piercen und Tätowieren, 5 Prüfungs-Module vor:

1.   fachlich praktische Prüfung, Teil A und B

2.   fachlich mündliche Prüfung, Teil A und B

3.   fachliche schriftliche Prüfung

4.   Ausbilderprüfung

5.   Unternehmerprüfung

Festzuhalten ist, dass die Beschwerdeführerin die Anforderungen der Module 4 und 5 bereits erfüllt. Ebenso wird der Teil A des Moduls 1 und des Moduls 2 durch die Lehrabschlussprüfung abgedeckt.

Was die

-    praktische Prüfung, Modul 1, Teil B,

-    fachlich mündliche Prüfung, Modul 2, Teil B und die

-    fachlich schriftliche Prüfung, Modul 3

betrifft, werden allerdings vom Prüfungswerber „weiterführende Fertigkeiten auf höherem Niveau“ im Vergleich zum Niveau der Lehrabschlussprüfung verlangt.

Die individuelle Befähigung kann nur insofern belegt werden, als die vom Antragsteller absolvierte Ausbildung (Bildungsgang, bisherige Tätigkeit) das Ausbildungsziel in gleicher Weise verwirklicht wie jene in den erwähnten Vorschriften (VwGH vom 20.05.2015). Damit ist im Verfahren zur Beurteilung der individuellen Befähigung das Vorliegen dieser „weiterführenden Fertigkeiten auf höherem Niveau“ entsprechend den Anforderungen der Prüfungsordnung nachzuweisen.

Aufgrund der vorgelegten Unterlagen kann aber nicht darauf geschlossen werden, dass sich die Beschwerdeführerin durch ihre praktische Tätigkeit solche „weiterführende Fertigkeiten auf höherem Niveau“ (wie sie die Prüfungsordnung vorsieht) in ausreichendem Ausmaß angeeignet hat.

Nachdem die Zugangsvoraussetzungen eine dreijährige Tätigkeit im Kernbereich des Gewerbes vorsehen, die Beschwerdeführerin (bei entsprechender Aliquotierung) aber weniger als die Hälfte dieser Zeit einer einschlägigen Tätigkeit nachgegangen ist, kann aber auch nicht davon ausgegangen werden, dass alle praktischen Ausbildungsziele erreicht werden konnten und eine Gleichwertigkeit zur Befähigungsprüfung – insbesondere was die fachlichen Prüfungsteile betrifft – vorliegt.

Die Zeiten der einschlägigen praktischen Tätigkeit sind im konkreten Fall vor allem auch deshalb nur aliquot zu berücksichtigen, weil aus den fachlichen Anforderungen der Prüfungsordnungen für Kosmetik (Schönheitspflege), Fußpflege und Massage ersichtlich ist, dass die Ausbildungsziele berufsspezifisch höchst unterschiedlich sind. Die fachlichen Ausbildungsinhalte sind weitestgehend inkongruent. Daher kann auch keine wechselseitige Anrechnung der Zeiten der praktischen Tätigkeit stattfinden.

Was das Schreiben der Landesinnungsmeisterin vom 1. September 2020 betrifft, in welchem sich die Landesinnung aus fachlicher Sicht für die Erteilung der Gewerbeberechtigung ausgesprochen hat, so ist darauf zu verweisen, dass sich diese lediglich auf die Prüfung der im Schreiben genannten vorgelegten Urkunden beschränkt hat. Wie bereits oben dargestellt, kann aus diesen Urkunden aber gerade nicht das Vorhandensein „weiterführender Fertigkeiten auf höherem Niveau“ bei der Beschwerdeführerin abgeleitet werden.

Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass in der Gesamtbetrachtung der von der Beschwerdeführerin vorgelegten Beweismitteln nicht nachgewiesen werden konnte, dass sie für die Ausübung des Gewerbes „Kosmetik“ – auch nicht „Kosmetik ausgenommen Piercen und Tätowieren“ – über ausreichende Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen verfügt, die auch den für das Gewerbe geltenden ausbildungsrechtlichen Anforderungen entsprechen und demgemäß die individuelle Befähigung nicht festgestellt werden kann.

Aus den genannten Sach- und Rechtsgründen war somit die Beschwerde als unbegründet abzuweisen und der angefochtene Bescheid zu bestätigen.

IV.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Es liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Abweisung; Befähigungsnachweis; Kerntätigkeit; Kosmetik

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGOB:2022:LVwG.851736.4.KPe

Zuletzt aktualisiert am

24.01.2023
Quelle: Landesverwaltungsgericht Oberösterreich LVwg Oberösterreich, http://www.lvwg-ooe.gv.at
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