TE Vwgh Erkenntnis 2022/11/22 Ra 2022/10/0109

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Veröffentlicht am 22.11.2022
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein
10/07 Verwaltungsgerichtshof
72/13 Studienförderung

Norm

StudFG 1992 §15 Abs3 idF 2014/I/040
StudFG 1992 §15 Abs3 Z1 idF 2014/I/040
VwGG §35 Abs1
VwRallg
  1. VwGG § 35 heute
  2. VwGG § 35 gültig ab 01.07.2021 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 2/2021
  3. VwGG § 35 gültig von 01.01.2014 bis 30.06.2021 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013
  4. VwGG § 35 gültig von 01.03.2013 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013
  5. VwGG § 35 gültig von 05.01.1985 bis 28.02.2013

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Grünstäudl sowie die Hofräte Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer, die Hofrätin Dr. Leonhartsberger und den Hofrat Dr. Eisner als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kieslich, über die Revision der N S in S, vertreten durch die Haslinger/Nagele Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Mölker Bastei 5, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 25. Mai 2022, Zl. W254 2244338-1/2E, betreffend Studienbeihilfe (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Senat der Studienbeihilfenbehörde an der Stipendienstelle Wien), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

1        Mit dem angefochtenen, im Beschwerdeverfahren ergangenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 25. Mai 2022 wurde der Antrag der Revisionswerberin vom 25. Jänner 2021 auf Gewährung von Studienbeihilfe für ihr an der Universität Wien betriebenes Masterstudium „Economics“ gemäß § 15 Abs. 3 Z 1 Studienförderungsgesetz 1992 (StudFG) abgewiesen. Weiters wurde ausgesprochen, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

2        Begründend ging das Verwaltungsgericht davon aus, dass die Revisionswerberin am 14. Februar 2017 das Bachelorstudium („Wirtschafts- und Sozialwissenschaften“) abgeschlossen und am 10. Juli 2019 für das Wintersemester 2019/20 im Masterstudium „Economics“ inskribiert habe. Sie habe (am 25. Jänner 2021) für dieses Studium Studienbeihilfe beantragt. Das Wintersemester habe am 1. Oktober 2019 begonnen.

3        In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Verwaltungsgericht zusammengefasst aus, entgegen der von der Revisionswerberin vertretenen Ansicht sei davon auszugehen, dass ein Studium erst mit Semesterbeginn im Sinne des § 15 Abs. 3 StudFG „aufgenommen“ werde. Dafür spreche bereits, dass ein Studium „aufnehmen“ nichts anderes heiße als ein Studium „zu beginnen“. Gemäß § 52 Abs. 1 Universitätsgesetz 2002 (UG) beginne das Studienjahr am 1. Oktober. Auch aus dem zum StudFG ergangenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Februar 2012, 2011/10/0057, sei abzuleiten, dass der Begriff ein Studium „aufgenommen“ im „Sinne von ‚begonnen‘ und ‚betrieben‘ zu verstehen“ sei. Hätte der Gesetzgeber als maßgeblichen Zeitpunkt - wie von der Revisionswerberin angenommen - auf die Zulassung zum Studium abstellen wollen, hätte er dies durch eine entsprechende Formulierung zum Ausdruck gebracht. Für ein Abstellen auf den Semesterbeginn sprächen auch die Materialien (RV 53 BlgNR 25. GP 32) zur Novelle BGBl. I Nr. 40/2014. Zudem ergebe sich aus weiteren Bestimmungen des StudFG, dass die Aufnahme des Studiums im Sinne des § 15 Abs. 3 StudFG erst mit Beginn des Semesters erfolge: So sehe etwa § 6 Z 4 StudFG vor, dass der Studierende, der Studienbeihilfe beantrage, das Studium vor Vollendung des 30. Lebensjahres begonnen habe. Stichtag sei dabei der Beginn des Semesters, mit dem das Studium aufgenommen werde (Verweis auf Marinovic/Egger, Studienförderungsgesetz6, 49).

4        Es sei daher der belangten Behörde beizupflichten, dass die Revisionswerberin ihr Masterstudium erst mit dem Beginn des Wintersemesters 2019, daher erst mit 1. Oktober 2019 und somit nicht innerhalb von 30 Monaten nach Abschluss des Bachelorstudiums aufgenommen habe, sodass die Anspruchsvoraussetzungen des § 15 StudFG nicht erfüllt seien.

5        Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

6        In der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden außerordentlichen Revision wird u.a. geltend gemacht, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 15 Abs. 3 Z 1 StudFG dahin, ob hinsichtlich der „Aufnahme“ des Masterstudiums auf den Zeitpunkt der Zulassung zum Masterstudium oder den Beginn des Studienjahres abzustellen sei.

7        Mit Blick auf diese Ausführungen ist die Revision zulässig. Sie erweist sich allerdings als nicht begründet.

8        Die Bestimmung des § 15 Abs. 3 Studienförderungsgesetzes 1992 - StudFG, BGBl. Nr. 305/1992 in der Fassung BGBl. I Nr. 40/2014, lautet:

Vorstudien

§ 15. ...

(3) Anspruch auf Studienbeihilfe für ein Masterstudium besteht trotz Absolvierung eines Bachelorstudiums, wenn die Studierenden

1.   das Masterstudium spätestens 30 Monate nach Abschluss des Bachelorstudiums aufgenommen haben und

2.   die vorgesehene Studienzeit zur Absolvierung des Bachelorstudiums um nicht mehr als drei Semester überschritten haben.“

9        Die in § 15 Abs. 3 Z 1 StudFG vorgesehene Frist wurde mit der vom Verwaltungsgericht genannten Neufassung des § 15 Abs. 3 StudFG durch die Novelle BGBl. I Nr. 40/2014 von 24 Monaten auf 30 Monate verlängert. Die Materialien zu dieser Novelle (RV 53 BlgNR 25. GP 32) lauten auszugsweise wie folgt:

Zu Z 2 (§ 15 Abs. 3 StudFG):

In der Studienförderung wird grundsätzlich nur der Erstabschluss gefördert. Als Ausnahme gelten jedoch aufbauende Studien, d.h. etwa ein Masterstudium nach dem ersten Bachelorstudienabschluss. Um die Förderung eines Masterstudiums nach einem Bachelorstudium zu erhalten, müssen Studierende das Masterstudium derzeit binnen höchstens 24 Monaten nach dem Ende des Bachelorstudiums beginnen. Dies führt insbesondere dann zu Problemen, wenn eine zweijährige Berufsdauer nach dem Bachelorabschluss geplant ist. Die Berufstätigkeit kann häufig nicht sofort nach dem Abschluss des Bachelorstudiums aufgenommen werden, ein anschließendes Masterstudium kann immer nur zu Semesterbeginn begonnen werden. Daher findet eine zweijährige Berufstätigkeit zwischen einem Bachelorabschluss und dem Beginn eines Masterstudiums oft keinen Platz. Dies betrifft insbesondere die neue PädagogInnenbildung, bei der auf das Bachelorstudium eine Berufseinstiegsphase folgt und das Masterstudium künftig auch erst danach absolviert werden kann.

Der Entwurf sieht daher vor, dass die maximale Frist zwischen Abschluss des Bachelorstudiums und Aufnahme des Masterstudiums auf 30 Monate ausgeweitet wird.“

10       Der Gesetzgeber ist bei der Neufassung des § 15 Abs. 3 StudFG durch die Novelle BGBl. I Nr. 40/2014 demnach von einem Verständnis der „Aufnahme“ eines aufbauenden Masterstudiums dahin ausgegangen, dass dieses „immer nur zu Semesterbeginn begonnen werden“ kann. Dieser Umstand in Verbindung mit der erwähnten zweijährigen Berufstätigkeit nach dem Bachelorabschluss war nach den wiedergegebenen Materialien Grund für die Verlängerung der maximalen Frist zwischen Abschluss des Bachelorstudiums und Aufnahme des Masterstudiums von 24 Monaten auf 30 Monate.

11       Es kann daher kein Zweifel daran bestehen, dass - jedenfalls seit der Novelle BGBl. I Nr. 40/2014 - dem Gesetz ein Begriffsverständnis zugrunde liegt, wonach mit der Aufnahme eines Masterstudiums im Sinne des § 15 Abs. 3 Z 1 StudFG auf den Beginn eines Semesters - nicht aber auf die Zulassung zum Masterstudium - abgestellt wird. Die gegenteilige Ansicht der Revisionswerberin, die aus dem Umstand, dass bereits in § 15 Abs. 3 StudFG idF BGBl. I 98/1997 die Wendung „nach Abschluss ... aufgenommen“ enthalten war, abzuleiten versucht, dass auch nach der genannten Novelle nicht auf den Beginn eines Semesters abzustellen sei, steht nicht im Einklang mit dem in den Materialien zum Ausdruck gebrachten Begriffsverständnis des Gesetzgebers, das er der genannten Novelle zugrunde gelegt hat.

12       Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Studienrecht für die Auslegung des StudFG nur dann von Bedeutung, wenn das StudFG an im Studienrecht geregelte Sachverhalte anknüpft, ohne ausdrücklich oder zumindest erschließbar selbst eine abweichende Regelung zu treffen (vgl. etwa das auch in der Revision genannte Erkenntnis VwGH 17.9.2014, 2012/10/0045, mwN). Von Letzterem ist aber nach dem Gesagten im Hinblick auf § 15 Abs. 3 Z 1 StudFG jedenfalls seit der Novelle BGBl. I Nr. 40/2014 auszugehen. Der gegenteiligen Ansicht der Revisionswerberin, die sich in ihrer Argumentation insbesondere auf studienrechtliche Überlegungen stützt, ist daher nicht zu folgen.

13       Da bereits der Inhalt der Revision erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Revision gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 22. November 2022

Schlagworte

Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2 Rechtsgrundsätze Fristen VwRallg6/5

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022100109.L00

Im RIS seit

23.01.2023

Zuletzt aktualisiert am

23.01.2023
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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