TE Vwgh Erkenntnis 2014/9/17 2012/10/0045

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Veröffentlicht am 17.09.2014
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
72/01 Hochschulorganisation;
72/13 Studienförderung;

Norm

StudFG 1992 §13 Abs2;
StudFG 1992 §20 Abs2;
StudFG 1992 §6 Z3;
UniversitätsG 2002 §52;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl, die Vizepräsidentin Dr. Sporrer und den Hofrat Dr. Rigler als Richterinnen und Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde des C K in Wien, vertreten durch Freimüller Obereder Pilz Rechtsanwälte GmbH in 1080 Wien, Alser Straße 21, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung (nunmehr: Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft) vom 2. Februar 2012, Zl. BMWF-54.010/0010-III/6a/2011, betreffend Studienbeihilfe, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Zuerkennung einer Studienbeihilfe wegen Überschreitung der zweifachen Studienzeit zuzüglich eines Semesters gemäß § 20 Abs. 2 Studienförderungsgesetz 1992 - StudFG, BGBl. Nr. 305/1992 idF BGBl. I Nr. 135/2009, ab.

Die belangte Behörde begründet diese Abweisung im Wesentlichen damit, dass der Beschwerdeführer, der seit dem Wintersemester 2005/06 an der Universität Wien das Studium der Mathematik betrieb, mit der Ablegung der Diplomprüfung am 5. März 2010 die zweifache Studienzeit (acht Semester) des ersten Studienabschnittes zuzüglich eines Semesters (insgesamt neun Semester), wenn auch nur um wenige Tage, überschritten habe. Damit sei der Tatbestand des § 20 Abs. 2 StudFG erfüllt und liege ein günstiger Studienerfolg gemäß § 6 Z 3 StudFG nicht vor.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der die Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Vorauszuschicken ist, dass gemäß dem letzten Satz des § 79 Abs. 11 VwGG idF BGBl. I Nr. 122/2013 in den mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren - soweit (wie für den vorliegenden "Altfall") durch das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013, nicht anderes bestimmt ist - die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden sind. Weiters ist vorweg darauf hinzuweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof den angefochtenen Bescheid auf Basis der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt seiner Erlassung zu überprüfen hat.

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Gewährung von Studienbeihilfen und anderen Studienförderungsmaßnahmen (Studienförderungsgesetz 1992 - StudFG), BGBl. Nr. 305/1992 idF BGBl. I Nr. 135/2009, lauten (auszugsweise) wie folgt:

"§ 6. Voraussetzung für die Gewährung einer Studienbeihilfe ist, daß der Studierende

...

3. einen günstigen Studienerfolg nachweist (§§ 16 bis 25),

...

§ 13. ...

(2) Unter der vorgesehenen Studienzeit ist jene in Semestern oder Studienjahren definierte Zeitspanne zu verstehen, die in den jeweiligen Studienvorschriften für die Absolvierung eines Studienabschnittes oder eines Studiums festgelegt ist.

...

§ 20. (1) Studierende an Universitäten, Theologischen Lehranstalten und Fachhochschulen erbringen den Nachweis eines günstigen Studienerfolges

1. in den ersten beiden Semestern durch die Zulassung als ordentliche Studierende;

...

(2) Ein günstiger Studienerfolg liegt nicht vor, wenn ein Studierender die erste Diplomprüfung (das erste Rigorosum) des Studiums, für das Studienbeihilfe beantragt wird, oder eines Vorstudiums nicht innerhalb der zweifachen vorgesehenen Studienzeit zuzüglich eines weiteren Semesters absolviert hat.

..."

Das im Beschwerdefall gleichfalls maßgebliche Bundesgesetz über die Organisation der Universitäten und ihre Studien (Universitätsgesetz 2002 - UG), BGBl. I Nr. 120/2002 idF BGBl. I Nr. 45/2001, hat (auszugsweise) folgenden Wortlaut:

"Einteilung des Studienjahres

§ 52. Das Studienjahr besteht aus dem Wintersemester, dem Sommersemester und der lehrveranstaltungsfreien Zeit. Es beginnt am 1. Oktober und endet am 30. September des folgenden Jahres. Der Senat hat nähere Bestimmungen über Beginn und Ende der Semester und der lehrveranstaltungsfreien Zeit zu erlassen.

..."

Die belangte Behörde begründete ihre Auffassung des Nicht-Vorliegens eines günstigen Studienerfolges gemäß § 20 Abs. 2 StudFG damit, dass § 13 Abs. 2 StudFG unter der vorgesehenen Studienzeit jene in Semestern oder Studienjahren definierte Zeitspanne verstünde, die in den jeweiligen Studienvorschriften für die Absolvierung eines Studienabschnittes oder eines Studiums festgelegt sei. Die hierfür maßgebliche Studienvorschrift sei das UG 2002, insbesondere § 52, sowie die vom Senat zu erlassenden näheren Bestimmungen über Beginn und Ende der Semester und der lehrveranstaltungsfreien Zeit.

Dementsprechend habe der Senat der Universität Wien für das Wintersemester 2009/10 u.a. das Ende des Wintersemesters mit 31. Jänner 2010, den Beginn des Sommersemesters mit 1. März 2010 festgelegt. Prüfungen, die in der vorlesungsfreien Zeit abgelegt würden, seien dem vorangegangenen Semester zuzurechnen. Da das Sommersemester 2010 am 1. März begonnen habe, könnten daher ab dem 1. März abgelegte Prüfungen nur dem Sommersemester zugerechnet werden, unabhängig davon, dass die Inskriptionsfrist an der Universität Wien am 15. März 2010 geendet habe.

Da die gesetzliche Studienzeit des ersten Studienabschnittes des vom Beschwerdeführer betriebenen Studiums vier Semester betragen habe, habe der Beschwerdeführer mit der Ablegung der Diplomprüfung nach Beginn des zehnten Semesters des Studiums die zweifache Studienzeit des ersten Studienabschnittes (acht Semester) zuzüglich eines Semesters (neun Semester), wenn auch nur um wenige Tage, überschritten. Damit sei der Tatbestand des § 20 Abs. 2 StudFG erfüllt und liege ein günstiger Studienerfolg gemäß § 6 Z 3 StudFG nicht vor.

Der Beschwerdeführer bringt unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des Bescheides dagegen im Wesentlichen vor, dass die von der belangten Behörde herangezogenen Bestimmungen des § 52 UG und die Rechtsakte des Senates der Universität Wien zur Festlegung von Beginn und Ende der Semester als jeweilige Studienvorschriften im Sinne des § 13 Abs. 2 StudFG nicht einschlägig wären. Die Systematik der Regelung des § 13 Abs. 2 StudFG setze vielmehr voraus, dass ein bestimmtes Datum auch einem bestimmten Semester zuordenbar sei, ansonsten die Regelung in verfassungswidriger Weise unbestimmt wäre, wenn etwa eine im Februar abgelegte Prüfung weder dem Winter- noch dem Sommersemester zurechenbar wäre.

Nach Auffassung des Beschwerdeführers sei vielmehr Rückgriff auf § 62 Abs. 3 UG zu nehmen, wonach sich die Wirkung der Meldung der Fortsetzung des Studiums für ein Semester bis zum Ende der Nachfrist des unmittelbar darauf folgenden Semesters erstreckt, sofern die Zulassung zum Studium noch nicht erloschen ist. Gemäß § 61 Abs. 2 UG beginne mit Ablauf der allgemeinen Zulassungsfrist die Nachfrist, die im Wintersemester am 30. November, im Sommersemester am 30. April ende. Bei diesen Regelungen handle es sich um die tatsächlich einschlägigen jeweiligen Studienvorschriften im Sinne des § 13 Abs. 2 StudFG, was sich zuletzt auch aus § 74 Abs. 4 UG ergebe, wonach Prüfungen, die außerhalb des Wirkungsbereiches einer Fortsetzungsmeldung abgelegt würden, absolut nichtig seien. Nach Auffassung des Beschwerdeführers sei hinsichtlich der zeitlichen Zuordenbarkeit von Prüfungen auf die Wirkung der Fortsetzungsmeldung abzustellen, welche wiederum an die Gliederung des Studienjahres im Semester anknüpfe. Die Wirkung der Fortsetzungsmeldung umfasse gemäß § 62 Abs. 3 UG ein Semester und erstrecke sich stets auch einige Zeit in das nächstfolgende Semester; konkret erstrecke sich die Wirkung der Fortsetzungsmeldung für ein Wintersemester bis 30. April des folgenden Semesters. Dass die relevanten Zeiträume nicht scharf voneinander abgegrenzt wirkten, sondern sich vielmehr überschnitten, würde den Umstand berücksichtigen, dass Prüfungen oftmals im Haupttermin am Ende eines Semesters und im Nebentermin am Beginn und Verlauf des folgenden Semesters abgehalten würden.

Der von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid herangezogene § 52 UG habe hingegen vor Augen, die Ferien, also die lehrveranstaltungsfreie Zeit, von der Vorlesungszeit abzugrenzen. Die dadurch festgelegten zeitlichen Determinanten seien u.a. deshalb ungeeignet, eine Prüfung exakt einem Semester zuzuordnen, weil dieses System völlig starr wäre und auf die Verwaltungspraxis keinerlei Rücksicht nehmen würde, nach welcher Prüfungen, die dem Studieninhalt eines bestimmten Semesters zuordenbar wären, eben auch zu Beginn des nächstfolgenden Semesters abgehalten werden würden.

Die belangte Behörde trat in ihrer Gegenschrift der Beschwerde damit entgegen, dass das UG und das StudFG unterschiedliche Regelungssachverhalte zum Gegenstand hätten. Während das UG etwa organisations- und studienrechtliche Sachverhalte zu regeln habe, regle das StudFG für einen Teil der Studierenden, nämlich sozial bedürftige Studierende mit günstigem Studienerfolg, die Anspruchsvoraussetzungen für eine mit öffentlichen Mitteln finanzierte Studienbeihilfe. Nach Auffassung der belangten Behörde habe es auf die Studienförderung keine Auswirkung, wenn nach dem UG für andere Rechtsfolgen (Erstreckung der Wirkung der Fortsetzungsmeldung) Nachfristen festgelegt würden.

Der Verwaltungsgerichtshof teilt die Auffassung der belangten Behörde, dass die vom Beschwerdeführer am 5. März 2010 abgelegte und den ersten Studienabschnitt beendende Prüfung dem Sommersemester 2010, sohin im zehnten Semester seines Studiums, zuzurechnen ist und zwar aus folgenden Erwägungen:

Gemäß § 20 Abs. 2 StudFG liegt ein günstiger Studienerfolg (der eine der Voraussetzungen für die Gewährung einer Studienbeihilfe darstellt) u.a. nicht vor, wenn die bzw. der Studierende die erste Diplomprüfung des Studiums nicht innerhalb der zweifachen vorgesehenen Studienzeit zuzüglich eines weiteren Semesters absolviert hat. Gemäß § 13 Abs. 2 StudFG ist unter der vorgesehenen Studienzeit eine in Semestern definierte Zeitspanne zu verstehen, die in den jeweiligen Studienvorschriften für die Absolvierung u.a. eines Studienabschnittes festgelegt ist.

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen hat, ist das Studienrecht für die Auslegung des StudFG nur dann von Bedeutung, wenn das StudFG an im Studienrecht geregelte Sachverhalte anknüpft, ohne ausdrücklich oder zumindest erschließbar selbst eine abweichende Regelung zu treffen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 7. Oktober 1998, Zl. 97/12/0199, und vom 28. Juni 1995, Zl. 94/12/0274).

Der belangten Behörde ist darin nicht entgegen zu treten, wenn sie sich zur Auslegung des § 13 Abs. 2 StudFG als maßgebliche Studienvorschrift zunächst auf § 52 UG sowie die aufgrund dessen vom Senat zu erlassenden Bestimmungen über Beginn und Ende der Semester und der lehrveranstaltungsfreien Zeit beruft.

Aus diesen Regelungen erhellt, dass jedenfalls eine Prüfung, die nach Beginn des Sommersemesters abgelegt wird, dem vorangegangenen Wintersemester nicht mehr zuzurechnen ist, sofern nicht eine Gegenteiliges anordnende Norm besteht. Im vorliegenden Fall fehlt eine solche Bestimmung allerdings. Auch den Bestimmungen über die Fortsetzungsmeldung, auf die sich der Beschwerdeführer beruft, ist keine Regelung zu entnehmen, wonach die während der Frist für die Fortsetzungsmeldung abgelegte Prüfung als im vorangegangenen Wintersemester abgelegt zu gelten hätte.

Dazu kommt, dass auch die vom Beschwerdeführer behauptete Unbestimmtheit der Regelung über in der vorlesungsfreien Zeit abgelegte Prüfungen, aus welcher er die Notwendigkeit einer verfassungskonformen Interpretation des § 13 Abs. 2 StudFG abzuleiten sucht, im vorliegenden Fall nicht gegeben ist.

Zwar ist die zeitliche Zuordnung von Studienleistungen außerhalb der lehrveranstaltungsfreien Zeit nicht (mehr) ausdrücklich geregelt, eine solche ist aber aus dem StudFG im Sinne der oben zitierten verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung erschließbar (vgl. ERläutRV 184 BlgNR 21. GP).

Dies bedeutet für den vorliegenden Fall, dass die Frist für den Nachweis des günstigen Studienerfolges gemäß § 20 Abs. 2 iVm § 6 Abs. 3 StudFG mit dem Ende der an das Wintersemester 2009/10 anschließenden Ferien endete und dass daher die am 5. März 2010 absolvierte Prüfung dem Sommersemester 2010 zuzurechnen ist.

Aus diesen Gründen war die Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff VwGG iVm der (auf "Altfälle" gemäß § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. I Nr. 8/2014, weiter anzuwendenden) VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 17. September 2014

Schlagworte

Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2014:2012100045.X00

Im RIS seit

31.10.2014

Zuletzt aktualisiert am

03.11.2014
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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