TE Vwgh Erkenntnis 2022/12/6 Ra 2018/11/0119

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.12.2022
beobachten
merken

Index

L67008 Ausländergrunderwerb Grundverkehr Vorarlberg
001 Verwaltungsrecht allgemein
10/07 Verwaltungsgerichtshof
59/04 EU - EWR

Norm

EG-Abk Schweiz 2002
GVG Vlbg 2004 §16 Abs1
GVG Vlbg 2004 §16 Abs2
GVG Vlbg 2004 §2 Abs5
GVG Vlbg 2004 §2 Abs5 lita
GVG Vlbg 2004 §2 Abs5 litb
GVG Vlbg 2004 §2 Abs5 litc
GVG Vlbg 2004 §3
GVG Vlbg 2004 §3 Abs1
GVG Vlbg 2004 §3 Abs1 litc
GVG Vlbg 2004 §3 Abs1 lite
GVG Vlbg 2004 §3 Abs2
GVG Vlbg 2004 §7 Abs1 lita
VwGG §42 Abs2 Z1
VwRallg
  1. VwGG § 42 heute
  2. VwGG § 42 gültig ab 01.01.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013
  3. VwGG § 42 gültig von 01.07.2012 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  4. VwGG § 42 gültig von 01.07.2008 bis 30.06.2012 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 4/2008
  5. VwGG § 42 gültig von 01.01.1991 bis 30.06.2008 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 330/1990
  6. VwGG § 42 gültig von 05.01.1985 bis 31.12.1990

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Grünstäudl und Senatspräsident Dr. Schick sowie die Hofrätinnen Dr. Pollak, Mag. Hainz-Sator und MMag. Ginthör als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Vitecek, über die Revision der R GmbH in W (Deutschland), vertreten durch Dr. Dietmar Fritz, Rechtsanwalt in 6870 Bezau, Unterdorf 10, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg vom 16. März 2018, Zl. LVwG-301-9/2017-R10, betreffend Abweisung eines Antrages auf Ausstellung einer Negativbescheinigung gemäß § 16 Abs. 2 des Vorarlberger Grundverkehrsgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Grundverkehrs-Landeskommission Vorarlberg), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Das Land Vorarlberg hat der Revisionswerberin Aufwendungen in Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1        Mit am 2. Juni 2017 bei der belangten Behörde eingelangtem Antrag vom 30. Mai 2017 stellte die Revisionswerberin unter Verwendung eines dafür vorgesehenen Formulars den Antrag auf Ausstellung einer Negativbescheinigung gemäß § 16 Abs. 2 des Vorarlberger Gesetzes über den Verkehr mit Grundstücken - Grundverkehrsgesetz (im Folgenden: VGVG).

2        Den Angaben auf dem Formular zufolge sei die Revisionswerberin Käuferin eines näher bezeichneten Anteils (Wohnung und Parkplatz) an einer näher bezeichneten Liegenschaft in D. Derzeitige Nutzung des Grundstücks sei gewerbliche Vermietung, das Grundstück sei als Baufläche im Flächenwidmungsplan gewidmet.

3        Beigeschlossen war dem Antrag neben dem Kaufvertrag ein Auszug aus dem Handelsregister B des Amtsgerichts Freiburg i. Br. (Deutschland). Als Rechtsform der Revisionswerberin ist „Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesellschaftsvertrag vom 10.3.2017“ angegeben. Im Feld „Sitz, Niederlassung, inländische Geschäftsanschrift, empfangsberechtigte Person, Zweigniederlassungen“ findet sich der Eintrag: „W Geschäftsanschrift: c/o L“, im Feld „Gegenstand des Unternehmens“ findet sich der Eintrag „An- und Verkauf sowie Vermietung von Immobilien“. Als Geschäftsführer scheinen C R und Y R, beide in H/Schweiz, auf.

4        Mit E-Mail vom 8. Juni 2017 beantragte die Revisionswerberin, falls dem Antrag auf Ausstellung der Negativbescheinigung nicht entsprochen werde, die „bescheidmäßige Erledigung“. Ausdrücklich wurde darauf hingewiesen, dass die Regelungen des VGVG über den Grunderwerb durch Ausländer nicht gälten, sofern ein Rechtserwerb in Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs oder des freien Kapitalverkehrs erfolge.

5        Mit Bescheid vom 31. Juli 2017 wies die belangte Behörde den Antrag auf Ausstellung der Negativbescheinigung gemäß § 16 Abs. 2 VGVG ab. Begründend wurde ausgeführt, die Revisionswerberin sei ersucht worden, Staatsbürgerschaftsnachweise und Kopien der aktuellen Reisepässe der beiden vertretungsbefugten Personen C R und Y R vorzulegen, weil die Postanschrift der beiden nicht ausschließe, dass sie Schweizer Staatsangehörige sein könnten. Nach dem VGVG bedürfe der Erwerb von Ferienwohnungen durch Schweizer Staatsangehörige und juristische Personen in Vorarlberg der Genehmigung. Es stelle sich auch die Frage, welchen Geschäften die Revisionswerberin nachgehe. Außerdem würde eine ausgestellte Negativbescheinigung im Hinblick auf § 2 Abs. 5 lit. c VGVG, demzufolge juristische Personen mit Sitz im Inland, an denen ausschließlich oder überwiegend Ausländer beteiligt sind, als Ausländer gelten, zu einer Inländerdiskriminierung führen. Da die Revisionswerberin den Nachweis, dass sie Inländerin oder einer Inländerin gleichgestellt sei, trotz Aufforderung nicht erbracht habe, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

6        In ihrer dagegen erhobenen Beschwerde brachte die Revisionswerberin vor, die antragsgegenständlichen Grundstücke seien keine land- und forstwirtschaftlichen Grundstücke. Die Revisionswerberin sei keine juristische Person mit Sitz im Inland, weshalb § 2 Abs. 5 lit. c VGVG nicht einschlägig sei. Sie beabsichtige, die bisher erfolgte gewerbliche Vermietung der verfahrensgegenständlichen Wohnungseigentumseinheiten fortzuführen. In diesem Sinne habe sie sich bereits gegenüber der belangten Behörde auf die sich aus dem Recht der Europäischen Union ergebenden Rechte des freien Dienstleistungsverkehrs und des freien Kapitalverkehrs berufen. Die Revisionswerberin sei eine nach deutschen Rechtsvorschriften gegründete Gesellschaft, die ihren Sitz und ihre Geschäftsanschrift in Deutschland habe, was mit dem bereits der belangten Behörde vorgelegten Handelsregisterauszug dokumentiert sei. Sie gelte daher gemäß § 2 Abs. 5 lit. b VGVG als Ausländerin. Anders als die belangte Behörde vermeine habe sie nicht nachzuweisen, dass sie Inländerin oder einer Inländerin gleichgestellt sei, sondern vielmehr, dass eine Ausnahme von den Regelungen über den Grundverkehr durch Ausländer vorliege. Dies habe sie mit dem Handelsregisterauszug und ihrer Berufung auf die sich aus dem Recht der Europäischen Union ergebenden Rechte des freien Dienstleistungsverkehrs und des freien Kapitalverkehrs getan, weshalb die beantragte Negativbescheinigung hätte erteilt werden müssen. Das VGVG stelle bei der Begriffsbestimmung, welche juristischen Personen als Ausländer gälten, auf deren Sitz ab, nicht aber darauf, welche Staatsangehörigkeiten die Gesellschafter bzw. Geschäftsführer hätten und wer das Stammkapital geleistet habe. Diese von der Erstbehörde als erforderlich angesehenen Feststellungen seien rechtlich nicht relevant.

7        In der mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Vorarlberg gab der Beschwerdevertreter an, die beiden Gesellschafter der Revisionswerberin seien Schweizer Staatsangehörige.

8        Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde ab und bestätigte den Bescheid der belangten Behörde. Unter einem wurde gemäß § 25a VwGG ausgesprochen, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei.

9        Als Sachverhalt stellte das Verwaltungsgericht fest, bei den gegenständlichen Grundstücksnummern (Top W 9 und Abstellplatz EP 53) handle es sich um Grundstücke, die als Baufläche gewidmet seien. Die gegenständliche Wohnanlage sei für die gewerbliche Vermietung vorgesehen. Die Revisionswerberin beabsichtige, die Wohnung und den Abstellplatz für die gewerbliche Vermietung zu benützen. Der Kaufpreis habe insgesamt € 442.716 betragen. Der Kaufvertrag enthalte weder Klauseln noch Nebenabreden.

10       Die Revisionswerberin sei eine Verwaltungsgesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz in W in Deutschland. An der Geschäftsanschrift sei ein Paketservice und eine Postfachvermietung ansässig. Eine andere Postadresse der Revisionswerberin sei nicht auffindbar, auch habe keine Homepage der Revisionswerberin gefunden werden können. Die beiden Geschäftsführer, C R und Y R, seien Schweizer Staatsangehörige, beide schienen im Schweizer Telefonbuch an einer näher genannten Adresse in der Schweiz auf.

11       In rechtlicher Hinsicht führte das Verwaltungsgericht nach Wiedergabe der seiner Ansicht nach maßgeblichen Vorschriften des VGVG aus, in Art. 7 lit. f des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit (im Folgenden kurz: Freizügigkeitsabkommen) regelten die Vertragsparteien das Recht auf Erwerb von Immobilien im Zusammenhang mit der Ausübung der im Rahmen dieses Abkommens eingeräumten Rechte. Gemäß Art. 25 Abs. 2 erster Halbsatz des Anhanges I des Freizügigkeitsabkommens habe der Staatsangehörige einer Vertragspartei, der ein Aufenthaltsrecht habe und seinen Hauptwohnsitz nicht im Aufnahmestaat nehme, hinsichtlich des Erwerbs der für die Ausübung einer Erwerbstätigkeit dienenden Immobilien die gleichen Rechte wie die Inländer. Gemäß Art. 25 Abs. 3 erster Halbsatz des Anhanges I habe ein Grenzgänger hinsichtlich des Erwerbs einer für die Ausübung einer Erwerbstätigkeit dienenden Immobilie und einer Zweitwohnung die gleichen Rechte wie die Inländer.

12       Die Revisionswerberin sei eine Firma, die Immobilien ankaufe, verkaufe und vermiete und habe ihren Sitz in Deutschland. Daher sei sie gemäß § 3 VGVG „wie eine inländische Firma“ zu sehen. Daher sei zu prüfen gewesen, welche Staatsangehörigkeit die Gesellschafter haben. Die Revisionswerberin habe zwei Gesellschafter, die gleichzeitig auch Geschäftsführer seien, beide seien Schweizer Staatsangehörige.

13       Nach den Materialien zum Grundverkehrsgesetz, LGBl. Nr. 61/1993, habe sich das EWR-Abkommen „in der nunmehrigen Fassung auf das Recht der Europäischen Union“ bezogen. Die Gleichbehandlung aufgrund des EWR-Abkommens erschöpfe sich in der Gleichstellung von Einzelpersonen und Marktteilnehmern hinsichtlich der vier Freiheiten und der Wettbewerbsbedingungen. Im Hinblick auf den Grundverkehr bedeute dies somit keine generelle Gleichstellung aller Personen und Gesellschaften im EWR, sondern nur, soweit dies im Zusammenhang mit der Verwirklichung der vier Freiheiten stehe, wie zB ein Grunderwerb zum Zwecke der Ausübung der Freizügigkeit und der Niederlassungsfreiheit. Sei ein konkreter Rechtserwerb beabsichtigt, so sei die Frage zu klären, zu welchem Zweck der Rechtserwerb erfolge und ob der Rechtserwerber zur Erreichung dieses Zwecks mit Inländern gleich zu behandeln sei. Treffe im Einzelfall das Gebot der Inländergleichbehandlung nicht zu, so sei der Rechtserwerb nach den Bestimmungen über den Grunderwerb durch Ausländer zu beurteilen.

14       Die beiden einzigen „Beteiligten“ der Revisionswerberin seien Schweizer Staatsangehörige und hätten ihren Hauptwohnsitz in der Schweiz. Für Staatsangehörige einer Vertragspartei, die wie im konkreten Fall ein Aufenthaltsrecht hätten, jedoch nicht ihren Hauptwohnsitz im Aufnahmestaat nähmen, sei „lediglich ein solcher Immobilienerwerb gestattet - und somit den Inländern gleichgestellt - der der Ausübung einer Erwerbstätigkeit dient“.

15       Die Revisionswerberin beabsichtige, die Liegenschaft gewerblich zu vermieten. Im Verfahren sei nicht behauptet worden, dass C R und Y R eine Erwerbstätigkeit in einer Niederlassung im Sinne einer wirtschaftlichen Tätigkeit verrichten wollten. Es sei vielmehr klar, dass die Revisionswerberin von ihrem Firmensitz in Deutschland aus agieren möchte. Als bloße Kapitalanlage oder Handelsobjekt dürfe die Immobilie indes nicht verwendet werden, und das Freizügigkeitsabkommen sei daher auf den gegenständlichen Rechtserwerb nicht anwendbar. Wenn einer Gesellschaft, die nach § 3 VGVG einer inländischen Gesellschaft gleichzustellen sei, die Gesellschafter so wie im vorliegenden Fall Schweizer Staatsangehörige seien, so seien diese nicht schon dann Inländern beim Erwerb von Immobilien gleichgestellt, wenn die Voraussetzungen des Art. 24 des Anhangs I des Freizügigkeitsabkommens vorlägen. Vielmehr sei das Recht auf Immobilienerwerb unter Anwendung des Art. 7 lit. f des Freizügigkeitsabkommens nur insoweit gewährt, als dieses mit der Ausübung der im Rahmen dieses Abkommens eingeräumten Rechte verbunden sei. Daraus folge, dass der gegenständliche Rechtserwerb den Regelungen des § 2 Abs. 5 lit. c VGVG unterworfen bleibe und daher die Abweisung des Antrags auf Erteilung der Negativbescheinigung zu Recht erfolgt sei.

16       Die Frage, ob es sich im vorliegenden Fall um ein Umgehungsgeschäft handeln könnte, müsse nicht eingehend erörtert werden, weil schon aufgrund des zur Niederlassungsfreiheit Erörterten das Rechtsgeschäft der grundverkehrsbehördlichen Genehmigungspflicht unterliege.

17       Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende (außerordentliche) Revision.

18       Die belangte Behörde nahm von der Erstattung einer Revisionsbeantwortung Abstand.

19       Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Revision erwogen:

20       1.1.1. Das Vorarlberger Gesetz über den Verkehr mit Grundstücken (VGVG), LGBl. Nr. 42/2004 in der bei Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses maßgeblichen Fassung LGBl. Nr. 2/2017, lautete (auszugsweise):

„1. Abschnitt

Allgemeine Bestimmungen

§ 1 Anwendungsbereich, Ziel

(1) Den Bestimmungen dieses Gesetzes unterliegt der Verkehr mit

...

b)   Grundstücken, sofern an diesen Ausländer Rechte erwerben.

...

§ 2 Begriffsbestimmungen

...

(5) Als Ausländer gelten

a)   natürliche Personen, die nicht die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen;

b)   juristische Personen und eingetragene Personengesellschaften, die ihren Sitz im Ausland haben;

c)   juristische Personen und eingetragene Personengesellschaften mit dem Sitz im Inland, an denen ausschließlich oder überwiegend Ausländer gemäß lit. a oder b beteiligt sind oder deren geschäftsführenden Organen mindestens zur Hälfte Ausländer angehören;

...

§ 3 Gleichbehandlung mit Inländern

(1) Soweit sich dies aus dem Recht der Europäischen Union ergibt, gelten die Regelungen über den Grunderwerb durch Ausländer nicht für

a)   Personen in Ausübung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer;

b)   Personen und Gesellschaften in Ausübung der Niederlassungsfreiheit;

c)   Personen und Gesellschaften in Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs;

d)   Personen in Ausübung des Aufenthaltsrechtes;

e)   Personen und Gesellschaften in Ausübung des freien Kapitalverkehrs, sofern sie im Gebiet eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder sonst im Geltungsbereich des EWR-Abkommens ansässig sind.

(2) Soweit sich aus staatsvertraglichen Verpflichtungen ergibt, dass Personen gleich wie Inländer zu behandeln sind, gelten die Regelungen über den Grunderwerb durch Ausländer nicht.

(3) Der Nachweis, dass er Inländer ist oder die Ausnahme von den Regelungen über den Grundverkehr durch Ausländer vorliegt, obliegt dem Rechtserwerber.

...

2. Abschnitt Verwaltungsrechtliche Beschränkung des Verkehrs mit Grundstücken

...

2. Unterabschnitt

Grunderwerb durch Ausländer

§ 7 Genehmigungspflicht

(1) Der Erwerb folgender Rechte durch Ausländer bedarf der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung:

a)   das Eigentum an Grundstücken oder an Bauwerken im Sinne des § 435 ABGB;

...

§ 8 Voraussetzungen

(1) Der Rechtserwerb darf nur genehmigt werden, wenn

a)   beim Rechtserwerb an einem land- oder forstwirtschaftlichen Grundstück die Voraussetzungen des § 6 erfüllt sind,

b)   staatspolitische Interessen nicht beeinträchtigt werden und

c)   ein kulturelles, volkswirtschaftliches oder soziales Interesse am Rechtserwerb durch den Ausländer besteht.

(2) Der Abs. 1 ist nicht anzuwenden, soweit staatsvertragliche Verpflichtungen entgegenstehen.

...

3. Abschnitt

Behörden und Verfahren

...

§ 16 Feststellung, Negativbescheinigung

(1) Der Vorsitzende der Grundverkehrs-Landeskommission hat auf Antrag festzustellen, ob ein Rechtserwerb der Genehmigungspflicht unterliegt oder nicht.

(2) Wenn offenkundig ist, dass ein Grundverkehr nicht der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung bedarf, so hat dies der Vorsitzende der Grundverkehrs-Landeskommission zu bescheinigen (Negativbescheinigung).

(3) Ein Antrag auf Feststellung gemäß Abs. 1 oder auf Ausstellung einer Negativbescheinigung ist beim Vorsitzenden der Grundverkehrs-Landeskommission einzubringen. Der Antrag hat die Angaben und Unterlagen zu umfassen, die zur Beurteilung der Genehmigungsbedürftigkeit des Grundverkehrs erforderlich sind, insbesondere die Angaben über den Zweck des Rechtserwerbs sowie eine Ausfertigung der Urkunden, aus welchen sich der Rechtsgrund des Rechtserwerbs ergibt.

...

5. Abschnitt

Grundbuchseintragung

...

§ 31 Schein- und Umgehungsgeschäfte

Die Behörde hat Schein- und Umgehungsgeschäfte nach ihrer wahren Beschaffenheit bzw. dem beabsichtigten Rechtsgeschäft zu beurteilen. Diese unterliegen, so wie das wahre Rechtsgeschäft abgeschlossen worden ist, den Bestimmungen dieses Gesetzes.

...“

21       1.1.2.1. Die im Revisionsfall ausschlaggebenden Bestimmungen des VGVG, nämlich § 2 Abs. 5 und § 3, gehen zurück auf das aus Anlass des Beitritts Österreichs zum EWR neu beschlossene Grundverkehrsgesetz (1993), LGBl. Nr. 61/1993, welches (auszugsweise) wie folgt lautete:

„§ 2 Begriffsbestimmungen

...

(4) Als Ausländer gelten

a)   natürliche Personen, die nicht die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen,

b)   juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts und eingetragene Erwerbsgesellschaften, die ihren Sitz im Ausland haben,

c)   juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts und eingetragene Erwerbsgesellschaften mit dem Sitz im Inland, an denen ausschließlich oder überwiegend Ausländer gemäß lit. a oder b beteiligt sind oder deren geschäftsführenden Organen mindestens zur Hälfte Ausländer angehören,

...

§ 3 Gleichbehandlung mit Inländern

(1) Soweit sich dies aus dem Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Abkommen) ergibt, gelten die Regelungen über den Grunderwerb durch Ausländer nicht für

a)   Personen in Ausübung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer gemäß Art. 28 EWR-Abkommen,

b)   Personen und Gesellschaften in Ausübung der Niederlassungsfreiheit gemäß Art. 31 und 34 EWR- Abkommen,

c)   Personen und Gesellschaften in Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs gemäß Art. 36 EWR- Abkommen,

d)   Personen in Ausübung des Aufenthaltsrechtes gemäß Anhang VIII Z. 6 und 7 EWR-Abkommen,

e)   Personen und Gesellschaften zum Zwecke von Direktinvestitionen, Immobilieninvestitionen oder sonstigen Geschäften des Kapitalverkehrs gemäß Art. 40 EWR-Abkommen.

(2) Beim Erwerb von Grundstücken zu Ferienzwecken gelten die Regelungen über den Grunderwerb durch Ausländer nicht für natürliche Personen, die ihren Wohnsitz in Ausübung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer oder der Niederlassungsfreiheit (Abs. 1 lit. a und b) im Inland haben.

(3) Der Nachweis, daß er Inländer ist oder die Ausnahme von den Regelungen über den Grundverkehr durch Ausländer vorliegt, obliegt dem Rechtserwerber.

...“

22       1.1.2.2. Die RV zum Grundverkehrsgesetz (1993), 44. Beilage im Jahre 1993 zu den Sitzungsberichten des XXV. Vorarlberger Landtages, 10 ff., lautet (auszugsweise):

„1. Allgemeines:

...

Der Ausländergrundverkehr wird durch den Beitritt Österreichs zum Europäischen Wirtschaftsraum entscheidend verändert. Die dadurch notwendige Gleichbehandlung von EWR-Staatsangehörigen - soweit es zur Ausübung der Freizügigkeit, des freien Dienstleistungsverkehrs und des freien Kapitalverkehrs erforderlich ist -, mit Inländern läßt eine weitere Verschärfung der Bodenknappheit erwarten. Gemeinsam mit raumplanungsrechtlichen Bestimmungen hat das neue Grundverkehrsgesetz daher Regelungen über die Begründung und Nutzung von Ferienwohnsitzen sowie Vorschriften über Baugrundstücke zu enthalten.

...

c) Dienstleistungsfreiheit:

Die Dienstleistungsfreiheit (Art. 59 bis 66 EWGV, Art. 36 bis 39 EWR-Abkommen), umfaßt die zeitlich begrenzte, in grenzüberschreitender Weise gegen Entgelt erbrachte Leistung vor allem im gewerblichen, kaufmännischen, handwerklichen und freiberuflichen Bereich nach dem Grundsatz der Inländergleichbehandlung. Während die freie Niederlassung auf eine volle Integration in die Wirtschaft des Aufnahmelandes gerichtet ist, umfaßt die Dienstleistungsfreiheit nur eine gelegentliche Tätigkeit. Von besonderer Bedeutung für den Grundverkehr ist die Erbringung von Dienstleistungen im Immobiliensektor. Die für diesen Sektor eigens geregelte Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit umfaßt Personen und Gesellschaften, die ihr Einkommen gewerbsmäßig aus Kauf, Verkauf, Vermietung, Verpachtung, Verwaltung von bebauten oder unbebauten Grundstücken oder aus der Vermittlungstätigkeit erzielen. Angehörige der Immobilienbranche, welche Dienstleistungen in einem anderen Mitgliedsstaat erbringen, haben ein uneingeschränktes Recht auf den damit verbundenen Grunderwerb, ausgenommen zu Zwecken der Eigennutzung.

...

Die Erbringer von Dienstleistungen haben grundsätzlich das Recht, Betriebe und Privatgrundstücke zu erwerben, soweit dies - wie dies der Europäische Gerichtshof ausdrückte - „für die tatsächliche Ausübung dieser Freiheit von Nutzen ist“(RS 305/87).

Auch im Bereich der Dienstleistungsfreiheit ist davon auszugehen, daß Maßstab der gemeinschaftsrechtlichen Kontrolle von Beschränkungen das Prinzip der Verhältnismäßigkeit ist.

...

e) Freier Kapitalverkehr:

Die Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 67 bis 73 EWGV, Art. 40 bis 45 EWR-Abkommen), die lange Zeit nur eine untergeordnete Rolle spielte, hat mit der Verabschiedung der Kapitalverkehrsrichtlinie 88/361/EWG (Anhang XII Z. 1. EWR-Abkommen) den Charakter einer eigenständigen Freiheit erlangt.

Der Art. 40 EWR-Abkommen statuiert die vierte der klassischen Freiheiten, nämlich die Freiheit des Kapitalverkehrs. Soweit das für das Funktionieren des gemeinsamen Marktes erforderlich ist, darf der Kapitalverkehr in bezug auf Berechtigte, die in den EG-Mitgliedsstaaten oder den EFTA-Staaten ansässig sind, keinen Beschränkungen und keiner Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit oder des Wohnortes der Parteien oder des Anlageortes unterliegen.

Kapitalverkehr im Sinne des EWR-Abkommens ist eine freie Wertübertragung aus einem Mitgliedsstaat in einen anderen, die regelmäßig zugleich eine Vermögensanlage darstellt. Dabei muß es sich nicht um einen Austausch von Leistung und Gegenleistung handeln, denn auch Formen der einseitigen Wertübertragung fallen unter die Kapitalverkehrsfreiheit. Es ist gleichgültig, ob die Wertübertragung in Form von Sachkapital (direkte Investitionen, Immobilien, Unternehmensbeteiligungen, usw.) oder Geldkapital (Anleihen, Kredite, Wertpapieranlagen) vorgenommen wird.

Im Gegensatz zu den Freiheiten des Personenverkehrs begünstigt der Art. 40 EWR-Abkommen nicht bloß die Staatsangehörigen der EWR-Mitgliedstaaten, sondern alle natürlichen und juristischen Personen, die in diesen Staaten ansässig sind. Für den Grundstücksverkehr bedeutet das, daß die durch die Freiheit des Kapitalverkehrs bewirkte gegenseitige Öffnung der Immobilienmärkte sämtlichen Personen, die in einem EWR-Staat ansässig sind, unabhängig von ihrer Nationalität zugutekommen wird.

Art. 1 der Richtlinie Nr. 88/361/EWG des Rates vom 24.6.1988 zur Durchführung von Art. 67 des Vertrages statuiert - vorbehaltlich der in der Richtlinie genannten Ausnahmen - die Pflicht der Mitgliedstaaten zur Beseitigung sämtlicher Beschränkungen des Kapital Verkehrs zwischen Gebietsansässigen. Der Begriff “Immobilieninvestitionen“ umfaßt den „Kauf von bebauten und unbebauten Grundstücken sowie den Bau von Gebäuden zu Erwerbszwecken oder persönlichen Zwecken durch Privatpersonen und ebenso Nießbrauchsrechte, Grunddienstbarkeiten und Erbbaurechte“, also auch investive Käufe ohne Niederlassungsabsicht.

Wie oben bereits festgestellt wurde, ist gemeinschaftsrechtlich noch nicht geklärt, ob sich die Kapitalverkehrsfreiheit künftig zu einem allgemeinen Beschränkungsverbot fortentwickeln wird. Die Rechtsentwicklung ist bei der Kapitalverkehrsfreiheit noch nicht bei der strengen Verhältnismäßigkeitskontrolle angelangt. Auch aufgrund der derzeit bestehenden Regelungen einzelner EG-Länder (Dänemark, Griechenland) in Angelegenheiten des Grundverkehrs scheint die Beschränkung des Grunderwerbs im Interesse des Allgemeinwohls (siehe § 1 des Entwurfs) jedenfalls gerechtfertigt. Die Beschränkung des Rechtserwerbs für bestimmte Zwecke (siehe § 8 Abs. 3 lit. a des Entwurfs) ist nicht diskriminierend und baut auf einer schon lange bestehenden Rechtstradition auf, wonach der Eigentumserwerb von unbebauten Grundstücken vom Bedarf des Erwerbers abhängt. Die Kapitalverkehrsrichtlinie (88/361/EWG) erwähnt im Art. 6 Abs. 4 als ausdrückliche Ausnahme vom Prinzip der völligen Liberalisierung des Kapitalverkehrs, daß bestehende einzelstaatliche Rechtsvorschriften zur Regelung des Erwerbs von Zweitwohnsitzen aufrecht erhalten werden dürfen, bis der Rat weitere Vorschriften erläßt. Den EG-Staaten wird damit die Möglichkeit eröffnet, bestehende Erwerbsbeschränkungen aufrecht zu erhalten. Voraussetzung ist jedoch, daß die entsprechenden Regelungen bei Erlaß der Richtlinie bestanden haben. Im EWR-Abkommen hat Art. 6 Abs. 4 eine spezifische Anpassung in der Weise erfahren, daß die EFTA-Staaten und damit auch Öste reich bis 1.1.1996 Beschränkungen betreffend den Erwerb von Zweitwohnsitzen einführen dürfen, die in ihrer Wirkung jenen der Gemeinschaft entsprechen,

f) Übergangsbestimmung:

Gemäß dem Anhang XII zum EWR-Abkommen kann Österreich bestehende innerstaatliche Rechtsvorschriften zur Regelung von Eigentum von Ausländern und/oder Eigentum von Gebietsfremden im Bereich der Immobilien (Immobilieninvestitionen) bis 1.1.1996 aufrechterhalten.

Diese unter dem Titel „freier Kapitalverkehr“ normierte Übergangsregelung wird dahingehend ausgelegt, daß sämtliche geltenden Grundverkehrsbestimrnungen bis 1.1.1996 aufrechterhalten werden können, das heißt, daß die für Ausländer geltenden grundverkehrsrechtlichen Regelungen auch für EWR-Staatsbürger weiterhin in Geltung bleiben können (siehe § 32 des Entwurfs).

3. Das neue Grundverkehrsrecht:

...

b) Gleichstellung der EWR-Staatsbürger:

Wie unter Punkt 2. dargestellt ist, erfordert das durch das EWR-Abkommen zu übernehmende EG-Recht eine weitgehende Gleichstellung der EWR-Staatsbürger mit österreichischen Staatsbürgern. Die für die übrigen Ausländer geltenden grundverkehrsrechtlichen Beschränkungen können aufrechterhalten werden. Weitere Anpassungserfordernisse ergeben sich mit der Verwirklichung der Kapitalverkehrsfreiheit, die allen im EWR ansässigen Personen zugutekommt (siehe oben Punkt 2. e).

...

6. Zu den einzelnen Bestimmungen:

...

Zu § 3:

...

Wie in den Erläuternden Bemerkungen zu Punkt 2. f festgestellt wurde, können bis 1.1.1996 die ausländergrundverkehrsrechtlichen Regelungen auch für EWR-Staatsbürger aufrechterhalten werden. Ab diesem Zeitpunkt sind die grundverkehrsrechtlichen Regelungen auf die mit dem EWR-Abkommen als EWR-Recht zu übernehmenden EG-rechtlichen Bestimmungen anzupassen.

Die geltenden ausländergrundverkehrsrechtlichen Regelungen unterscheiden lediglich, ob der Erwerber als In- oder Ausländer im Sinne des Grundverkehrsgesetzes gilt. Ist der Erwerber Ausländer, so gelten für ihn - ungeachtet des Erwerbszweckes - verschärfte Genehmigungsvoraussetzungen bzw. unterliegt der Rechtserwerb überhaupt erst der Genehmigungspflicht.

Anders stellt sich hingegen die aufgrund des EWR- Abkommens notwendige Gleichbehandlung von Staatsbürgern eines Mitgliedsstaates des EWR bzw. von Gesellschaften im EWR dar. Die Gleichbehandlung aufgrund des EWR-Abkommens erschöpft sich in der Gleichbehandlung von Einzelpersonen und Marktteilnehmern hinsichtlich der vier Freiheiten und der Wettbewerbsbedingungen. Im Hinblick auf den Grundverkehr bedeutet dies somit keine generelle Gleichbehandlung aller Personen und Gesellschaften im EWR, sondern nur soweit dies im Zusammenhang mit der Verwirklichung der vier Freiheiten steht, wie z.B. Grunderwerb zum Zwecke der Ausübung der Freizügigkeit oder der Niederlassungsfreiheit. Ist ein konkreter Rechtserwerb beabsichtigt, so ist die Frage zu klären, zu welchen Zweck der Rechtserwerb erfolgt und ob zur Erreichung dieses Zweckes der Rechtserwerber mit Inländern gleich zu behandeln ist. Ergibt diese Prüfung, daß der Ausländer gleich einem Inländer zu behandeln ist, so erfolgt das weitere Verfahren nach den Bestimmungen über den Verkehr mit land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken bzw. über den Verkehr mit Baugrundstücken. Trifft im Einzelfall das Gebot der Inländergleichbehandlung nicht zu, so ist der Rechtserwerb nach den Bestimmungen über den Grunderwerb durch Ausländer (§§ 9 und 10 des Entwurfs) zu beurteilen.

Da die Schweiz das EWR-Abkommen nicht ratifiziert hat, wurde im Anpassungsprotokoll zum Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Art. 2 lit. b des EWR-Abkommens wie folgt geändert: „EFTA-Staaten: die Republik Finnland, die Republik Island, das Königreich Norwegen, die Republik Österreich, das Königreich Schweden und, unter den Voraussetzungen des Art. 1 Abs. 2 des Anpassungsprotokolls zum Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum, das Fürstentum Liechtenstein.“

...

Freiheit des Dienstleistungsverkehrs:

Gemäß Art. 36 EWR-Abkommen unterliegt der freie Dienstleistungsverkehr im Gebiet der Vertragsparteien für Angehörige der EG-Mitgliedstaaten und der EFTA-Staaten, die in einem anderen EG-Staat bzw. in einem anderen EFTA-Staat als demjenigen des Leistungsempfängers ansässig sind, keinen Beschränkungen. Dienstleistungen im Sinne des EWR-Abkommens sind Leistungen, die in der Regel gegen Entgelt erbracht werden, soweit sie nicht den Vorschriften über den freien Waren- und Kapitalverkehr oder über die Freizügigkeit unterliegen. Als Dienstleistungen gelten insbesondere

a)   gewerbliche Tätigkeiten,

b)   kaufmännische Tätigkeiten,

c)   handwerkliche Tätigkeiten,

d)   freiberufliche Tätigkeiten.

Der Leistende kann zwecks Erbringung seiner Leistungen seine Tätigkeit vorübergehend in dem Staat ausüben, in dem die Leistung erbracht wird, und zwar unter den Voraussetzungen, welche dieser Staat für seine eigenen Angehörigen vorschreibt (Art. 37 EWR-Abkommen).

Die Dienstleistungsfreiheit erfaßt nicht nur die Fälle, in denen sich der Leistende zum Zweck der Erbringung seiner Leistung in einen anderen Mitgliedstaat begibt (z.B. Montagearbeiten, Ausübung einer anwaltlichen Tätigkeit - positive Dienstleistungsfreiheit), sondern nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs findet sie auch Anwendung, wenn sich der Leistungsempfänger in grenzüberschreitender Weise zum Leistungserbringer hin begibt (z.B. Arztbesuch, Kuraufenthalt, Fremdenverkehr - negative Dienstleistungsfreiheit) oder wenn lediglich die Leistung die Grenze überschreitet (z.B. Versicherungs- oder Bankendienste, Rundfunk und Fernsehen).

...

Abs. 1 lit. e:

Art. 40 EWR-Abkommen bestimmt, daß der Kapitalverkehr in Bezug auf Berechtigte, die in den EG-Mitgliedstaaten oder den EFTA-Staaten ansässig sind, keinen Beschränkungen und keiner Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit oder des Wohnortes der Parteien oder des Anlageortes unterliegt. Die Durchführungsbestimmungen dazu sind im Anhang XII EWR-Abkommen enthalten.

Die Nomenklatur für den Kapitalverkehr gemäß Art. 1 der Richtlinie Nr. 88/361/EWG des Rates vom 24.6.1988 zur Durchführung von Art. 67 des Vertrages (Liberalisierung des Kapitalverkehrs) enthält nähere Konkretisierungen, welche Angelegenheiten Gegenstand des freien Kapitalverkehrs sind.

Direktinvestitionen sind Investitionen jeder Art durch natürliche Personen, Handels-, Industrie- oder Finanzunternehmen zur Schaffung oder Aufrechterhaltung dauernder oder direkter Beziehungen zwischen denjenigen, die die Mittel bereitstellen, und den Unternehmern oder Unternehmen, für die die Mittel zum Zwecke einer wirtschaftlichen Tätigkeit bestimmt sind. Der Begriff der Direktinvestition ist also im weitesten Sinne gemeint.

Nach der erwähnten Nomenklatur umfaßt der Begriff Immobilieninvestitionen den Kauf von bebauten und unbebauten Grundstücken sowie den Bau von Gebäuden zu Erwerbszwecken oder persönlichen Zwecken durch Privatpersonen. Diese Kategorie umfaßt auch die Nießbrauchsrechte, Grunddienstbarkeiten und Erbbaurechte. Im Falle der Genehmigung ist durch entsprechende Auflagen sicherzustellen, daß das Grundstück entsprechend dem angegebenen Erwerbszweck verwendet wird, bzw. - und dies ist im besonderen Maße beim Erwerb im Rahmen der Kapitalverkehrsfreiheit bedeutend - nicht als Ferienwohnsitz verwendet wird (vgl. § 12 des Entwurfs).

Abs. 2:

Wie zu Abs. 1 bereits festgestellt wurde, ist für die Frage der Gleichbehandlung mit Inländern der Erwerbszweck von Bedeutung. Da bestehende Regelungen über den Erwerb von Zweitwohnsitzen im Bereich des Kapitalverkehrs und des allgemeinen Aufenthaltsrechtes (s.o. die drei Aufenthaltsrichtlinien) aufrechterhalten werden können, werden Rechtserwerbe durch Ausländer, ausgenommen durch Personen, die im Rahmen der Ausübung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer oder der Niederlassungsfreiheit im Inland ansässig sind, weiterhin den ausländergrundverkehrsrechtlichen Bestimmungen unterworfen.

...“

23       1.1.3. Der oben unter Punkt 1.1.1. zitierte § 3 Abs. 1 lit. e geht auf die Novelle LBGl. Nr. 21/2000 des Grundverkehrsgesetzes (1993) zurück; die Gesetzesmaterialien (Selbständiger Antrag 8. Beilage im Jahre 2000 zu den Sitzungsberichten des XXVII. Vorarlberger Landtages, 4 ff.) führen hiezu aus (auszugsweise):

„...

II. Zu den einzelnen Bestimmungen

...

Auf die Kapitalverkehrsfreiheit nach Art. 40 des EWR-Abkommens können sich aufgrund des genannten Artikels von vornherein nur Personen und Gesellschaften berufen, die im Geltungsbereich des EWR-Abkommens ansässig sind. Soweit sich der Zusatz in § 3 Abs. 1 lit. e auf die Kapitalverkehrsfreiheit nach dem EWR-Abkommen bezieht („... sofern sie ... sonst im Geltungsbereich des EWR-Abkommens ansässig sind“), hat er daher nur deklarative Bedeutung. Der Kapitalverkehrsfreiheit nach Art. 56 EG hingegen (anders als jener des EG-Vertrages in der Fassung vor Maastricht als auch der Kapitalverkehrsfreiheit nach Art. 40 des EWR-Abkommens) ist eine Begrenzung des Kreises der Begünstigten auf die im Gebiet der Mitgliedstaaten ansässigen Personen und Gesellschaften nicht zu entnehmen. Art. 57 EG ermöglicht jedoch die Anwendung derjenigen Beschränkungen des Kapitalverkehrs auf dritte Länder, die am 31. Dezember 1993 bereits bestanden haben. Die Inanspruchnahme dieser Möglichkeit wird - im Sinne der schon bisher bestehenden Rechtslage - durch den ersten Teil des Zusatzes in § 3 Abs. 1 lit. e zum Ausdruck gebracht. Soweit sich der Zusatz in § 3 Abs. 1 lit. e auf die Kapitalverkehrsfreiheit nach dem EG-Vertrag bezieht („... sofern sie im Gebiet eines Mitgliedstaates der EU ... ansässig sind“), hat er daher nicht nur deklarative Bedeutung.

...“

24       1.2. Das Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit (im Folgenden: Freizügigkeitsabkommen), ABl. Nr. 114 vom 30/04/2002, S 0006 - 0072, lautet (auszugsweise):

„...

I. GRUNDBESTIMMUNGEN

...

Artikel 7

Sonstige Rechte

Die Vertragsparteien regeln insbesondere die folgenden mit der Freizügigkeit zusammenhängenden Rechte gemäß Anhang I:

a)   Recht auf Gleichbehandlung mit den Inländern in bezug auf den Zugang zu einer Erwerbstätigkeit und deren Ausübung sowie auf die Lebens-, Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen;

...

f)   Recht auf Erwerb von Immobilien im Zusammenhang mit der Ausübung der im Rahmen dieses Abkommens eingeräumten Rechte;

...

ANHANG I

FREIZÜGIGKEIT

...

VI. ERWERB VON IMMOBILIEN

Artikel 25

1.   Der Staatsangehörige einer Vertragspartei, der ein Aufenthaltsrecht hat und seinen Hauptwohnsitz im Aufnahmestaat nimmt, hat hinsichtlich des Erwerbs von Immobilien die gleichen Rechte wie die Inländer. Er kann unabhängig von der Dauer seiner Beschäftigung jederzeit nach den geltenden innerstaatlichen Regeln seinen Hauptwohnsitz im Aufnahmestaat nehmen. Das Verlassen des Aufnahmestaates bedingt keine Veräußerungspflicht.

2.   Der Staatsangehörige einer Vertragspartei, der ein Aufenthaltsrecht hat und seinen Hauptwohnsitz nicht im Aufnahmestaat nimmt, hat hinsichtlich des Erwerbs der für die Ausübung einer Erwerbstätigkeit dienenden Immobilien die gleichen Rechte wie die Inländer; diese Rechte bedingen keine Veräußerungspflicht beim Verlassen des Aufnahmestaates. Ferner kann ihm der Erwerb einer Zweitwohnung oder einer Ferienwohnung bewilligt werden. Für diese Kategorie von Staatsangehörigen läßt dieses Abkommen die geltenden Regeln für die bloße Kapitalanlage und den Handel mit unbebauten Grundstücken und Wohnungen unberührt.

...“

25       2. Die Revision ist, wie sie vorbringt, zulässig, weil - soweit ersichtlich - zu § 3 Abs. 1 VGVG im Zusammenhang mit der im Revisionsfall entscheidenden Frage, wann sich eine nach dem Recht eines Mitgliedstaates der Europäischen Union gegründete juristische Person in einem Fall wie dem vorliegenden auf die Grundfreiheiten berufen kann, keine Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs vorliegt.

26       3. Die Revision ist im Ergebnis auch begründet.

27       3.1. Vorauszuschicken ist Folgendes:

28       3.1.1. Gemäß § 3 Abs. 3 VGVG obliegt dem Rechtserwerber der Nachweis, dass er Inländer ist oder die Ausnahme von den Regelungen über den Grundverkehr durch Ausländer (§§ 7 und 8 VGVG) vorliegt.

29       Gemäß § 16 Abs. 1 VGVG hat der Vorsitzende der Grundverkehrs-Landeskommission auf Antrag festzustellen, ob ein Rechtserwerb der Genehmigungspflicht unterliegt oder nicht. Wenn offenkundig ist, dass ein Grundverkehr (gemeint: ein Rechtserwerb) nicht der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung bedarf, so hat dies der Vorsitzende gemäß § 16 Abs. 2 zu bescheinigen (Negativbescheinigung). Aus § 16 Abs. 3 erster Satz VGVG, wonach ein Antrag auf Feststellung gemäß Abs. 1 oder auf Ausstellung einer Negativbescheinigung beim Vorsitzenden einzubringen ist, ergibt sich, dass auch die Ausstellung einer Negativbescheinigung grundsätzlich nur auf Antrag erfolgt.

30       Zum Erfordernis der „Offenkundigkeit“ der Nichterforderlichkeit einer grundverkehrsbehördlichen Genehmigung nach § 16 Abs. 2 VGVG vertritt der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung, dass „Offenkundigkeit“ in diesem Sinne nur vorliegt, wenn keinerlei Raum für einen vernünftigen Zweifel an der Entscheidung der gestellten Frage bleibt (vgl. VwGH 19.12.2006, 2006/02/0304, unter Hinweis auf VwGH 11.10.2002, 99/02/0065, und 28.4.2006, 2004/05/0322). Die „Offenkundigkeit“ verneint hat der Verwaltungsgerichtshof etwa dann, wenn der begründete Verdacht gegeben war, dass die Vertragsparteien ein Umgehungsgeschäft zwecks Vermeidung einer Genehmigungspflicht abgeschlossen haben (vgl. VwGH 11.10.2002, 99/02/0065), aber auch dann, wenn eine Kaufliegenschaft die Flächenwidmung „Freifläche-Landwirtschaftsgebiet“ aufwies, der Erwerber aber unter Rückgriff auf europarechtliche Judikatur eine seiner Ansicht nach zulässige Nutzung zu Ferienzwecken ins Treffen führte (vgl. VwGH 19.12.2006, 2006/02/0304).

31       Die Gegenüberstellung von § 16 Abs. 1 und Abs. 2 VGVG zeigt, dass es einem Rechtserwerber stets offensteht, einen Feststellungsbescheid über die Genehmigungsbedürftigkeit des Rechtserwerbs zu beantragen. Für „eindeutige“ Fälle, in denen nur die „Offenkundigkeit“ der Genehmigungsfreiheit zu beurteilen ist, steht ihm der in Abs. 2 vorgesehene Antrag auf Ausstellung einer Negativbescheinigung offen.

32       3.1.2. Im Revisionsfall ergibt sich sowohl nach der Aktenlage als auch aus den Feststellungen des Verwaltungsgerichts und den Revisionsausführungen, dass die Revisionswerberin einen Antrag auf Ausstellung einer Negativbescheinigung gestellt hat, nicht aber einen auf Feststellung, ob der Rechtserwerb der Genehmigungspflicht unterliegt.

33       3.2. Gemäß § 7 Abs. 1 lit. a VGVG bedarf der Erwerb des Eigentums an Grundstücken durch Ausländer der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung. Die Genehmigungsvoraussetzungen, auf die im Revisionsfall nicht näher einzugehen ist, sind in § 8 VGVG geregelt.

34       § 2 Abs. 5 VGVG regelt, wer als Ausländer zu gelten hat. Dazu zählen ua. neben natürlichen Personen, die nicht die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen (lit. a), auch juristische Personen, die ihren Sitz im Ausland haben (lit. b), aber auch juristische Personen mit dem Sitz im Inland, an denen ausschließlich Ausländer gemäß lit. a oderb beteiligt sind oder deren Verwaltung ausschließlich oder überwiegend Ausländern zukommt (lit. c).

35       § 3 Abs. 1 VGVG regelt unter der Überschrift „Gleichbehandlung mit Inländern“, in welchen Fällen die Regelungen über den Grunderwerb durch Ausländer iSd. § 2 VGVG nicht gelten. Sie gelten - soweit sich dies aus dem Recht der Europäischen Union ergibt - ua. nicht für Personen und Gesellschaften in Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs (lit. c) und für Personen und Gesellschaften in Ausübung des freien Kapitalverkehrs, sofern sie im Gebiet eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder sonst im Geltungsbereich des EWR-Abkommens ansässig sind (lit. e).

36       Die Regelungen über den Grunderwerb durch Ausländer gelten überdies gemäß § 3 Abs. 2 VGVG nicht, soweit sich aus staatsvertraglichen Verpflichtungen ergibt, dass Personen gleich wie Inländer zu behandeln sind.

37       § 3 VGVG stellt die Gleichbehandlung mit Inländern für bestimmte Ausländer dadurch her, dass die grundsätzlich maßgeblichen Regelungen für den Grunderwerb durch Ausländer (insbesondere die Genehmigungspflicht), die für den Grunderwerb durch Inländer von vornherein nicht einschlägig sind, auch für den Grunderwerb durch näher umschriebene Personen und Gesellschaften, die nach § 2 Abs. 5 lit. a und b VGVG als Ausländer gelten, nicht anzuwenden sind. Durch diese durch einen Verweis auf das Unionsrecht charakterisierte Ausnahmebestimmung versucht das VGVG, wie bereits die unter Pkt. 1.1.2.2. wiedergegebenen Materialien zum Grundverkehrsgesetz (1993) zeigen, den aus dem Unionsrecht erfließenden Rechten von bestimmten Nicht-Inländern (insb. Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten und juristischen Personen mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat) auch innerstaatlich zum Durchbruch zu verhelfen.

38       Damit nimmt das VGVG in Kauf, dass der Grunderwerb bestimmter juristischer Personen, an denen ausschließlich Ausländer iSd. § 2 Abs. 5 VGVG beteiligt sind, - sofern es das Recht der Europäischen Union verlangt - von den Regeln über den Grunderwerb durch Ausländer ausgenommen ist, indes der Rechtserwerb durch juristische Personen mit dem Sitz im Inland, an denen ausschließlich Ausländer beteiligt sind und die daher gemäß § 2 Abs. 5 lit. c VGVG als Ausländer gelten, der Genehmigungspflicht unterliegt. Dagegen bestehen nach der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes vor dem Hintergrund des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 18. Juni 2019, VfSlg 20335, zum im Wesentlichen gleichen Inhalt des Tiroler Grundverkehrsgesetzes 1996 keine Bedenken unter dem Gesichtspunkt einer verfassungswidrigen Inländerdiskriminierung.

39       3.3.1. Die Revisionswerberin hat im gesamten Verfahren vor der belangten Behörde und vor dem Verwaltungsgericht betont, sie sei als in Deutschland gegründete Gesellschaft mit Sitz in Deutschland zweifellos Ausländerin iSd. § 2 Abs. 5 lit. b VGVG. Die Regeln über den Grunderwerb durch Ausländer seien aber auf den gegenständlichen Rechtserwerb gemäß § 3 Abs. 1 deshalb nicht anzuwenden, weil sie sich auf die Freiheit des Dienstleistungsverkehrs (lit. c) und des Kapitalverkehrs (lit. e) berufen könne. Die Staatsangehörigkeit der beiden Gesellschafter (C R und Y R) sei dabei nicht von Belang.

40       3.3.2. Das Verwaltungsgericht vertritt hingegen die Auffassung, im Revisionsfall sei das Freizügigkeitsabkommen von Bedeutung. Nach dessen Anhang I Art. 25 Abs. 2 erster Halbsatz habe der Staatsangehörige einer Vertragspartei, der ein Aufenthaltsrecht hat und seinen Hauptwohnsitz nicht im Aufnahmestaat nimmt, hinsichtlich des Erwerbs der für die Ausübung einer Erwerbstätigkeit dienenden Immobilien die gleichen Rechte wie ein Inländer. Die Revisionswerberin, „eine Firma, die Immobilien ankauft, verkauft und vermietet“ und ihren Sitz in Deutschland habe, sei deswegen gemäß § 3 VGVG wie eine inländische Firma zu sehen, sodass - so die Meinung des Verwaltungsgerichts - zu prüfen sei, welche Staatsangehörigkeit die Gesellschafter hätten. Beide Gesellschafter (C R und Y R) seien Schweizer Staatsangehörige mit Hauptwohnsitz in der Schweiz. Für Staatsangehörige einer Vertragspartei, die wie im Revisionsfall ein Aufenthaltsrecht hätten, jedoch nicht ihren Hauptwohnsitz im Aufnahmestaat nähmen, sei lediglich ein solcher Immobilienerwerb gestattet und somit jenem von Inländern gleichgestellt, der der Ausübung einer Erwerbstätigkeit diene.

41       Dass die beiden Gesellschafter eine Erwerbstätigkeit in einer „Niederlassung“ im Sinne einer wirtschaftlichen Tätigkeit verrichten wollten, sei nicht behauptet worden. Vielmehr sei klar, dass die Revisionswerberin von ihrem Firmensitz in Deutschland aus agieren wolle. Als bloße Kapitalanlage oder Handelsobjekt dürfe die Immobilie jedoch nicht verwendet werden, weshalb das Freizügigkeitsabkommen auf den gegenständlichen Rechtserwerb nicht anwendbar sei. Der gegenständliche Rechtserwerb bleibe demnach „den Regelungen des § 2 Abs. 5 lit. c VGVG über den Grunderwerb durch Ausländer unterworfen“.

42       3.3.3. Der Duktus der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses zeigt, dass das Verwaltungsgericht ungeachtet seiner Sachverhaltsannahme, bei der Revisionswerberin handle es sich um eine nach deutschem Recht gegründete Gesellschaft mit Sitz in Deutschland, die Immobilien ankaufe, verkaufe und vermiete, die entscheidende Prüfung, ob diese zweifelsfrei als Ausländerin iSd. § 2 Abs. 5 lit. b VGVG geltende Gesellschaft sich beim Rechtserwerb der in Rede stehenden Liegenschaften auf die Freiheit des Dienstleistungsverkehrs (§ 3 Abs. 1 lit. c VGVG) oder des Kapitalverkehrs (§ 3 Abs. 1 lit. e VGVG) berufen kann und aus diesem Grund von der Anwendung der Regelungen über den Grunderwerb durch Ausländer ausgenommen ist, gar nicht vorgenommen hat.

43       Dabei hat das Verwaltungsgericht insbesondere verkannt, dass § 3 VGVG nach Ausweis der Materialien zum Grundverkehrsgesetz (1993) für juristische Personen die sog. Sitztheorie zugrundelegt und nicht die sog. Kontrolltheorie (vgl. oben Pkt. 1.1.2.2.). Auf der Grundlage der Sachverhaltsannahmen des Verwaltungsgerichts ist die Revisionswerberin als nach deutschem Recht gegründete Gesellschaft mit Sitz in Deutschland anzusehen. Es ist daher gegenständlich nicht von Bedeutung, dass die Gesellschafter und Geschäftsführer der Revisionswerberin Staatsangehörige der Schweiz sind, sodass auch die Anwendung des Freizügigkeitsabkommens auf den vorliegenden Fall nicht nachvollziehbar ist. Es ist daher weder ersichtlich, weshalb die (unstrittige) Schweizer Staatsangehörigkeit der beiden Gesellschafter vom Verwaltungsgericht herausgestellt wird, noch ist nachvollziehbar, weshalb im Revisionsfall § 2 Abs. 5 lit. c VGVG einschlägig sein sollte, handelt es sich bei der Revisionswerberin doch zweifelsfrei nicht um eine juristische Person mit Sitz im Inland.

44       Das Verwaltungsgericht verkennt weiters, dass aus der von ihm gezogenen rechtlichen Konsequenz, dass sich die Revisionswerberin nicht auf das Freizügigkeitsabkommen berufen könne, noch nicht folgt, dass der gegenständliche Rechtserwerb den Regelungen über den Grunderwerb durch Ausländer unterworfen wäre. Zu diesem Ergebnis hätte das Verwaltungsgericht nur gelangen können, wenn auf die Revisionswerberin die Bestimmung des § 3 Abs. 1 VGVG über die Gleichbehandlung mit Inländern nicht anwendbar wäre. Mit den Tatbestandsvoraussetzungen insbesondere der lit. c und e leg. cit. hat sich das Verwaltungsgericht aber nicht auseinandergesetzt.

45       Da eine derartige Auseinandersetzung aufgrund einer unzutreffenden Rechtsauffassung unterblieben ist, erweist sich das angefochtene Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit des Inhalts behaftet. Dieses kann sich auch nicht auf § 16 Abs. 2 VGVG stützen, weil eine auf unrichtiger Rechtsansicht beruhende fehlende rechtliche Beurteilung nicht auf die mangelnde „Offenkundigkeit“ der Genehmigungsfreiheit iS dieser Bestimmung schließen lässt.

46       Es kann im Revisionsfall ferner dahinstehen, ob das Verwaltungsgericht zum Fehlen der Offenkundigkeit iSd. § 16 Abs. 2 VGVG hätte gelangen können, weil substantielle Hinweise auf ein Umgehungsgeschäft iSd. § 31 VGVG vorlägen. Das Verwaltungsgericht ist dieser Frage nämlich, wie es selbst betont, nicht nachgegangen.

47       3.4. Aus den dargelegten Erwägungen war das angefochtene Erkenntnis gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

48       3.5. Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte - ua. im Hinblick auf die Durchführung einer Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht - gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.

Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten