TE Vwgh Erkenntnis 1995/12/20 93/03/0132

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Veröffentlicht am 20.12.1995
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Index

90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

StVO 1960 §1;
StVO 1960 §89a Abs2 lita idF 1987/213;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Sauberer, Dr. Gruber, Dr. Gall und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gruber, über die Beschwerde des K in G, vertreten durch Dr. T, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom 15. April 1993, Zl. A 17-K-9.989/1993-1, betreffend Kostenvorschreibung gemäß § 89a StVO 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer ist schuldig, der Landeshauptstadt Graz Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid vom 15. April 1993 wurde der Beschwerdeführer durch den Gemeinderat der Landeshauptstadt Graz verpflichtet, die Kosten für die Entfernung und Aufbewahrung seines an einer näher bezeichneten Örtlichkeit abgestellten, nach Marke, Type und Farbe bestimmten Kraftfahrzeuges ohne behördliches Kennzeichen in der Gesamthöhe von S 2.652,-- binnen zwei Wochen ab Rechtskraft zu bezahlen. In der Begründung dieses Bescheides wurde im wesentlichen festgestellt, daß der Beschwerdeführer sein Fahrzeug ohne Anbringung von Kennzeichen in einer Gasse abgestellt habe, bei der es sich wohl um eine Straße im Privatbesitz handle, welche aber von jedermann uneingeschränkt benützt werden könne. Eine Tafel oder Abschrankung sei nicht vorhanden; ebenso werde dieser Straßenzug von der Müllabfuhr und vom Winterdienst bzw. Reinigungsdienst des städtischen Wirtschaftshofes befahren. Die belangte Behörde ging daher davon aus, daß es sich bei der angeführten Gasse um eine Straße mit öffentlichem Verkehr im Sinne des § 1 Abs. 1 StVO 1960 handle, auf die die Vorschriften der Straßenverkehrsordnung 1960, sohin auch die Vorschrift des § 89a leg. cit., Anwendung fänden. Bereits das Aufstellen des Fahrzeuges ohne Kennzeichentafeln durch den Beschwerdeführer reiche aus, um den Entfernungstatbestand des § 89a Abs. 2 lit. a (zweiter Fall) StVO 1960 zu erfüllen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der der Beschwerdeführer den Antrag stellt, den angefochtenen Bescheid kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat - unter Abstandnahme von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG - erwogen:

Gemäß § 89a Abs. 2 lit. a StVO 1960 in der Fassung der 14. Novelle BGBl. Nr. 213/1987 ist die Entfernung eines auf der Straße stehenden Fahrzeuges ohne weiteres Verfahren zu veranlassen, wenn zu vermuten ist, daß sich dessen der Inhaber entledigen wollte, sowie bei einem ohne Kennzeichentafeln abgestellten Kraftfahrzeug oder Anhänger. Nach dem eindeutigen Wortlaut dieser Bestimmung rechtfertigt sohin seit dem Inkrafttreten der 14. StVO-Novelle der bloße Umstand, daß an dem Kraftfahrzeug keine Kennzeichentafeln angebracht sind, bereits seine Entfernung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 1992, Zl. 92/02/0209).

Der Beschwerdeführer wendet gegen den angefochtenen Bescheid im wesentlichen ein, daß er Besitzer von zwei Fahrzeugen sei, wobei er die Fahrzeuge abwechselnd unter Inanspruchnahme eines Wechselkennzeichens benütze. Der jeweils nicht benützte PKW sei dabei "ohne Wechselkennzeichen" im Hof des Hauses P-Gasse Nr. 16 abgestellt. Da im Bereich der Einfahrt Aufgrabungsarbeiten durchgeführt worden seien, sei er gezwungen gewesen, das gegenständliche Fahrzeug "in der P-Gasse Nr. 19" abzustellen, welche im Privatbesitz einer näher genannten Person stehe. Weiters bestehe zugunsten des Hauses P-Gasse Nr. 16 auf dieser Straße die Dienstbarkeit des Geh- und Fahrweges. Es sei daher die Annahme der belangten Behörde, bei der gegenständlichen Straße handle es sich um eine solche mit öffentlichem Verkehr verfehlt, weil so wie dem Beschwerdeführer Personen die Möglichkeit eingeräumt sei, den Weg als Servitutsberechtigte zu benützen, sodaß er nicht von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden könne. Da der Beschwerdeführer von den "Besitz- und Eigentumsverhältnissen am Straßengrund sowie von der eingeräumten Dienstbarkeit" Kenntnis gehabt habe, habe sich die faktische Benützung des Weges für ihn "in einem anderen Lichte" dargestellt.

Dieses Vorbringen vermag der Beschwerde jedoch nicht zum Erfolg zu verhelfen:

Gemäß § 1 Abs. 1 StVO 1960 gilt dieses Bundesgesetz für Straßen mit öffentlichem Verkehr. Gemäß § 1 Abs. 2 leg. cit. gilt dieses Bundesgesetz für Straßen ohne öffentlichen Verkehr insoweit, als andere Rechtsvorschriften oder die Straßenerhalter nichts anderes bestimmen. Als Straße gilt gemäß § 2 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. eine für den Fußgänger- oder Fahrzeugverkehr bestimmte Landfläche samt den in ihrem Zuge befindlichen und diesem Verkehr dienenden baulichen Anlagen. Für den Begriff einer Straße ist demnach maßgebend, daß es sich um eine für den Fahrzeugverkehr oder für den Fußgängerverkehr bestimmte Landfläche handelt, wobei unter dem Fahrzeugverkehr sowohl der fließende als auch der ruhende Verkehr zu verstehen sind.

Straßen mit öffentlichem Verkehr sind gemäß § 1 Abs. 1

2. Satz leg. cit. solche, die von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden können. Eine Straße kann dann von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden, wenn sie nach dem äußeren Anschein zur allgemeinen Benützung freisteht. Dem folgend legte die belangte Behörde dem angefochtenen Bescheid jenen Begriff der Straße mit öffentlichem Verkehr zugrunde, demzufolge die betreffende rechtliche Eigenschaft nicht nach den Besitz- und Eigentumsverhältnissen am Straßengrund, sondern nach der tatsächlichen Benützbarkeit und Benützung zu beurteilen ist. Es kommt also nicht darauf an, ob die gegenständliche Landfläche ganz oder teilweise im Privateigentum steht, sondern es kann davon ausgegangen werden, daß es sich bei einer Straße dann um eine solche mit öffentlichem Verkehr handelt, wenn sie weder abgeschrankt noch als Privatstraße gekennzeichnet ist, wie die belangte Behörde im vorliegenden Fall unbekämpft festgestellt hat (vgl. hiezu u.a. die hg. Erkenntnisse vom 25. April 1990, Zl. 89/03/0192, und vom 9. Mai 1990, Zl. 89/03/0197). Auch aus dem alleinigen Umstand, daß eine Straße nur von einer bestimmten Gruppe von Verkehrsteilnehmern benutzt werden darf, wie etwa von Anrainern - oder wie im vorliegenden Fall von Servitutsberechtigten - kann nicht geschlossen werden, daß es sich um eine Straße ohne öffentlichen Verkehr handelt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. Jänner 1973, Zl. 1921/71).

Es kann daher in dem Umstand, daß die belangte Behörde den Tatbestand des § 89a Abs. 2 lit. a StVO 1960 als erfüllt ansah, keine Rechtswidrigkeit erblickt werden. Eine Ausnahme zugunsten von Kraftfahrzeugen, für die ein Wechselkennzeichen zugewiesen wurde, enthält § 89a Abs. 2 lit. a StVO 1960 nicht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Februar 1993, Zl. 93/02/0017). Der Beschwerdeführer war daher gemäß § 89a Abs. 7 StVO 1960 zur Bezahlung der Kosten für das Entfernen und Aufbewahren zu verpflichten, deren Höhe er nicht bestritten hat.

Die Beschwerde erweist sich somit als nicht begründet, sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Straße mit öffentlichem Verkehr

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1993030132.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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