TE Vwgh Erkenntnis 1990/5/9 89/03/0197

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Veröffentlicht am 09.05.1990
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

AVG §45 Abs2;
StVO 1960 §1;
StVO 1960 §2 Abs1 Z1;
StVO 1960 §4 Abs1;
StVO 1960 §4 Abs5;

Betreff

N gegen Tiroler Landesregierung vom 8. Mai 1989, Zl. IIb2-V-7076/4-1989, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer im Verwaltungsrechtszug schuldig erkannt, er habe am 21. März 1988 um ca. 00.00 Uhr einen dem Kennzeichen nach bestimmten PKW auf einem näher bezeichneten Parkplatz aus seinem Parkstreifen heraus gelenkt und sei in der Folge gegen den ebenfalls dort abgestellten PKW des namentlich angeführten Eigentümers gestoßen, wobei sowohl das Fahrzeug des Beschwerdeführers als auch das gegenbeteiligte Fahrzeug beschädigt worden seien, und er habe es als eine Person, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall mit Sachschaden in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei, in der Folge unterlassen, ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle zu verständigen, obwohl es zu einem gegenseitigen Nachweis von Name und Anschrift jener Personen, in deren Vermögen der Schaden entstanden sei, nicht gekommen sei. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs. 5 StVO begangen. Gemäß § 99 Abs. 3 lit. b StVO wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in der Höhe von S 4.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 6 Tage und 16 Stunden) verhängt.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In der gegen den Beschwerdeführer erstatteten Anzeige vom 1. April 1988 wurde dargelegt, daß das nach Beschädigung am PKW des Beschwerdeführers verbliebene Glas der rechten hinteren Schluß- und Blinkleuchte einerseits und der am Unfallsort sichergestellte Glaskörper andererseits einander genau entsprochen hätten. Weiters wurde in der Anzeigenergänzung vom 10. April 1988 anhand von Lichtbildern dargetan, daß die beim Bruch entstandenen Ränder des am PKW verbliebenen Glases und des am Unfallsort sichergestellten Glases genau übereinstimmten. Der Verwaltungsgerichtshof vermag weder zu erkennen, daß hinsichtlich der Frage der Zuordnung der Glasteile das Ermittlungsverfahren durch Einholung des Gutachtens eines Sachverständigen zu ergänzen gewesen wäre, noch daß die belangte Behörde die Angaben der ermittelnden Gendarmeriebeamten kritiklos übernommen hätte. Die im angefochtenen Bescheid getroffene Feststellung, daß die am Unfallsort sichergestellten Glasteile eindeutig vom Fahrzeug des Beschwerdeführers stammen, ist nicht als rechtswidrig zu erkennen. Im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens ergaben sich keine Anhaltspunkte dafür, daß der Schaden am gegenbeteiligten Fahrzeug durch ein anderes Fahrzeug als durch den PKW des Beschwerdeführers verursacht und daß dieser PKW in anderer Weise als durch einen Zusammenstoß mit dem bezeichneten gegenbeteiligten Fahrzeug beschädigt worden wäre. Da nach der Aktenlage im gegebenen Zusammenhang eine andere Person als der Beschwerdeführer als Lenker von dessen PKW nicht in Betracht kam, durfte die belangte Behörde in nicht als rechtswidrig zuerkennender Weise dem angefochtenen Bescheid zu Grunde legen, daß die Tatbestandsvoraussetzung des § 4 Abs. 1 StVO (Person, "deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht") auf den Beschwerdeführer zutraf.

Der belangten Behörde ist nicht entgegenzutreten, wenn sie der Art, in der, und den genauen Stellen, an denen die Glassplitter vom PKW des Beschwerdeführers am Unfallsort aufgefunden wurden, im gegebenen Zusammenhang für die Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes keine Bedeutung dahin beimaß, daß sich daraus ein Argument gegen die Täterschaft des Beschwerdeführers ergeben hätte.

In Ansehung eines "Gutachtens" (Stellungnahme außerhalb der Regelung des § 52 AVG 1950) zum Beweis dafür, daß die am Fahrzeug des Beschwerdeführers nicht mit den am anderen Fahrzeug festgestellten Beschädigungen korrespondierten, wies die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides darauf hin, daß der Beschwerdeführer die Vorlage eines solchen Gutachtens in seiner Stellungnahme vom 1. Juli 1988 zwar angekündigt, daß er ein solches Gutachten im Verwaltungsstrafverfahren jedoch nicht vorgelegt habe. Diese Ausführungen im angefochtenen Bescheid entsprechen der Aktenlage. Die belangte Behörde konnte sich mit der vom Beschwerdeführer erwähnten und vom Verwaltungsgerichtshof aus seinem Akt Zl. 89/12/0102 herangezogenen Ausfertigung ("Gutachten") vom 30. Juni 1988 als solcher daher nicht auseinandersetzen. Es ist ihr nicht entgegenzutreten, wenn sie hinsichtlich der aus dieser Ausfertigung in der Berufung zitierten Ausführungen die Auffassung vertrat, daß das Ausmaß eines bei einer Kollision von Fahrzeugen verursachten Schadens von vielen Faktoren abhänge und daß das an den beteiligten Fahrzeugen feststellbare Schadensausmaß nach den Umständen erheblich von einander abweichen könne. Darin, daß die belangte Behörde ihre anhand der Glasteile getroffene Feststellung durch die vom Beschwerdeführer aus der Äußerung vom 30. Juni 1988 vorgetragenen Ausführungen nicht als widerlegt ansah, liegt keine Rechtswidrigkeit.

Vom PKW des Beschwerdeführers standen für die Lack-Vergleichsuntersuchung nur Lackteile vom Motorraum zur Verfügung, weil der Beschwerdeführer, wovon die belangte Behörde im Hinblick auf die Äußerung des Gendarmeriepostens vom 28. Mai 1988 ausgehen durfte, nicht bereit war, Lackteile vom Wagenäußeren sicherstellen zu lassen. Daß Lackteile vom Äußeren des PKWs des Beschwerdeführers in die den Lackabrieb betreffende vergleichende Laboruntersuchung nicht einbezogen wurden, belastet den angefochtenen Bescheid daher nicht mit Rechtswidrigkeit.

Zum Ergebnis der Lack-Vergleichsuntersuchung nahm der Beschwerdeführer im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens lediglich in seiner Berufung Stellung (Punkt 1, letzter Absatz, der Berufung). Einen Unterschied zwischen der Außenlackierung des PKW und der Lackierung im Bereich des Motorraumes, nämlich daß hier keine Metalliselackierung, dort hingegen eine tabakbraune Metalliselackierung angebracht gewesen sei, brachte der Beschwerdeführer im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens nicht zur Sprache und es ergaben sich für die belangte Behörde nach der Aktenlage auch sonst keine Anhaltspunkte für das Bestehen eines solchen Unterschiedes. Wenn der Beschwerdeführer nunmehr in seiner vorliegenden Beschwerde einen solchen Unterschied geltend macht, handelt es sich um eine Neuerung, auf die der Verwaltungsgerichtshof nach § 41 Abs. 1 VwGG nicht einzugehen hat.

Das Ergebnis der Laboruntersuchung betreffend die materialmäßige Identität des als Lackabrieb gesicherten Fremdlackes mit dem vom PKW des Beschwerdeführers entnommenen Vergleichslack wurde mit der Wendung "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" mitgeteilt, ohne daß irgendwelche gegen das Ergebnis der Laboruntersuchung sprechende Vorbehalte zum Ausdruck gebracht worden wären. Die belangte Behörde durfte daher davon ausgehen, daß kein Grund vorhanden sei, dem Ergebnis der Laboruntersuchung nicht zu folgen. Es war daher nicht rechtswidrig, wenn sich die belangte Behörde in der Frage nach dem vom Täter gelenkten Fahrzeug und somit auch nach dem Täter über das die Glasteile betreffende Ermittlungsergebnis hinaus auch auf das Ergebnis der Lackuntersuchung stützte und dieses Untersuchungsergebnis als eine für die Täterschaft des Beschwerdeführers sprechende Tatsache beurteilte.

Entsprechend der vom geschädigten Fahrzeugeigentümer am 13. Jänner 1989 abgelegten Zeugenaussage nahm die belangte Behörde eine Eingrenzung des für die Tatzeit in Betracht kommenden Zeitraumes vor. Es war nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde im Zusammenhang mit den Feststellungen über die Identität des beteiligten PKWs den Zeitpunkt des Verkehrsunfalles mit ca. 00.00 Uhr des 21. März 1988 feststellte, nachdem der Beschwerdeführer entsprechend den am 12. Jänner 1989 abgelegten Zeugenaussagen die Preisverteilung des Schirennens zu einer nicht mehr näher bestimmbaren Zeit, etwa in der letzten Stunde des 20. März 1988, verlassen und nachdem entsprechend den Zeugenaussagen vom 10. Jänner 1989 die Mutter des Beschwerdeführers vor dem Niederlegen eine letzte den PKW des Beschwerdeführers betreffende Wahrnehmung um ca.

23.15 Uhr und der Vater des Beschwerdeführers eine weitere diesen PKW betreffende Wahrnehmung erst um 01.45 Uhr gemacht hatte.

Der Beschwerdeführer vermag im Hinblick auf seine Ersteinvernahme vom 1. April 1988 in seiner vorliegenden Beschwerde zumindest kein Argument vorzutragen, welches gegen seine Täterschaft gesprochen hätte. Im übrigen enthält selbst die vorliegende Beschwerde keinerlei Tatsachenvorbringen, demzufolge anläßlich der Ersteinvernahme Vorhaltungen gemacht worden wären, die darauf abgezielt hätten, den Beschwerdeführer zu ihn belastenden tatsachenwidrigen Angaben zu veranlassen. Es war nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde in der Aussage des Beschwerdeführers anläßlich seiner Ersteinvernahme einen Hinweis auf dessen ursächliche Beteiligung am Verkehrsunfall um ca. 00.00 Uhr des 21. März 1988 erblickte. Der Verwaltungsgerichtshof vermag im Unterbleiben einer auf die festgestellte Tatzeit rasch folgenden Reparatur des PKWs des Beschwerdeführers keinen Umstand zu erblicken, den die belangte Behörde für die Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes im Verwaltungsstrafverfahren berücksichtigen hätte müssen.

Entsprechend der durch § 1 StVO gegebenen Rechtslage legte die belangte Behörde dem angefochtenen Bescheid jenen Begriff der Straße mit öffentlichem Verkehr zu Grunde, demzufolge die betreffende rechtliche Eigenschaft nicht nach den Besitz- und Eigentumsverhältnissen am Straßengrund, sondern nach der tatsächlichen Benützbarkeit und Benützung zu beurteilen ist (vgl. unter anderem das hg. Erkenntnis vom 8. April 1987, Zl. 85/03/0173). Die in der Beschwerde vertretene Auffassung, dem Umstand, daß der Parkplatz nicht - durch ein Schild - als Privatparkplatz gekennzeichnet sei, komme keine Bedeutung zu, es komme auf die vom Eigentümer der Verkehrsfläche verfolgten Zwecke an, geht an dieser Rechtslage vorbei. Auf dem Boden der im angefochtenen Bescheid getroffenen Sachverhaltsfeststellungen über das Aussehen und die Frequenz des Parkplatzes war es nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde diese Verkehrsfläche als Straße mit öffentlichem Verkehr im Sinne des § 1 Abs. 1 StVO beurteilte.

Die vorliegende Beschwerde erweist sich somit zur Gänze als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Schlagworte

Straße mit öffentlichem Verkehrfreie BeweiswürdigungMeldepflichtBeweiswürdigung Wertung der Beweismittel

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1989030197.X00

Im RIS seit

12.06.2001

Zuletzt aktualisiert am

02.07.2014
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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