TE Lvwg Erkenntnis 2022/7/29 VGW-031/100/9080/2022

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.07.2022
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Entscheidungsdatum

29.07.2022

Index

90/02 Kraftfahrgesetz

Norm

KFG 1967 §102 Abs1
  1. KFG 1967 § 102 heute
  2. KFG 1967 § 102 gültig ab 14.05.2022 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 62/2022
  3. KFG 1967 § 102 gültig von 01.01.2021 bis 13.05.2022 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 134/2020
  4. KFG 1967 § 102 gültig von 16.12.2020 bis 31.12.2020 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 134/2020
  5. KFG 1967 § 102 gültig von 01.04.2019 bis 15.12.2020 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 19/2019
  6. KFG 1967 § 102 gültig von 07.03.2019 bis 31.03.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 19/2019
  7. KFG 1967 § 102 gültig von 25.05.2018 bis 06.03.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 37/2018
  8. KFG 1967 § 102 gültig von 20.05.2018 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 102/2017
  9. KFG 1967 § 102 gültig von 20.05.2018 bis 31.07.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 9/2017
  10. KFG 1967 § 102 gültig von 01.10.2017 bis 19.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 102/2017
  11. KFG 1967 § 102 gültig von 01.08.2017 bis 30.09.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 102/2017
  12. KFG 1967 § 102 gültig von 14.01.2017 bis 31.07.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 9/2017
  13. KFG 1967 § 102 gültig von 02.08.2016 bis 13.01.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 67/2016
  14. KFG 1967 § 102 gültig von 09.06.2016 bis 01.08.2016 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 40/2016
  15. KFG 1967 § 102 gültig von 26.02.2013 bis 08.06.2016 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 43/2013
  16. KFG 1967 § 102 gültig von 14.02.2013 bis 25.02.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 43/2013
  17. KFG 1967 § 102 gültig von 19.08.2009 bis 13.02.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 94/2009
  18. KFG 1967 § 102 gültig von 01.01.2008 bis 18.08.2009 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 6/2008
  19. KFG 1967 § 102 gültig von 01.08.2007 bis 31.12.2007 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 57/2007
  20. KFG 1967 § 102 gültig von 15.11.2006 bis 31.07.2007 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 57/2006
  21. KFG 1967 § 102 gültig von 28.10.2005 bis 14.11.2006 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2005
  22. KFG 1967 § 102 gültig von 05.05.2005 bis 27.10.2005 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 175/2004
  23. KFG 1967 § 102 gültig von 01.05.2005 bis 04.05.2005 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 175/2004
  24. KFG 1967 § 102 gültig von 01.05.2005 bis 30.12.2004 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 107/2004
  25. KFG 1967 § 102 gültig von 31.12.2004 bis 30.04.2005 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 175/2004
  26. KFG 1967 § 102 gültig von 25.05.2002 bis 30.12.2004 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 80/2002
  27. KFG 1967 § 102 gültig von 01.07.1999 bis 24.05.2002 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 146/1998
  28. KFG 1967 § 102 gültig von 01.11.1997 bis 30.06.1999 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 121/1997
  29. KFG 1967 § 102 gültig von 20.08.1997 bis 31.10.1997 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 103/1997
  30. KFG 1967 § 102 gültig von 08.03.1995 bis 19.08.1997 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 162/1995
  31. KFG 1967 § 102 gültig von 24.08.1994 bis 07.03.1995 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 654/1994
  32. KFG 1967 § 102 gültig von 01.01.1994 bis 23.08.1994 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 456/1993
  33. KFG 1967 § 102 gültig von 01.07.1991 bis 31.12.1993 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 458/1990
  34. KFG 1967 § 102 gültig von 01.10.1990 bis 30.06.1991 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 458/1990

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien erkennt durch seinen Richter Dr. Huber über die Beschwerde des Herrn A. B., vertreten durch Rechtsanwalt, gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Wien, Polizeikommissariat Ottakring, vom 31.5.2022, Zl. VStV/.../2021, wegen Übertretungen des § 102 Abs. 1 Kraftfahrgesetz 1967 (KFG),

zu Recht:

I. Gemäß § 50 Abs. 1 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben, das Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren gemäß § 38 VwGVG iVm § 45 Abs. 1 Z 1 VStG eingestellt.

II. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.

III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I. Maßgeblicher Verfahrensgang

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Wien vom 31.5.2022 zur GZ: VStV/.../2021, zugestellt am 7.6.2022, wurde dem Beschwerdeführer Folgendes zur Last gelegt:

„1.

Datum/Zeit:   07.11.2021, 03:04 Uhr

Ort:          1160 Wien, Gutraterplatz 2

Betroffenes Fahrzeug:  PKW, Kennzeichen: W-1 (A)

Sie haben sich als Lenker, obwohl es Ihnen zumutbar war, vor Antritt der Fahrt nicht davon überzeugt, dass das von Ihnen verwendete Fahrzeug den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entspricht, da festgestellt wurde, dass beim gegenständlichen Kraftfahrzeug LED Lampen (Angel Eyes) in Halogenscheinwerfergehäuse HCR eingebaut waren.

2.

Datum/Zeit:   07.11.2021, 03:04 Uhr

Ort:          1160 Wien, Gutraterplatz 2

Betroffenes Fahrzeug:  PKW, Kennzeichen: W-1 (A)

Sie haben sich als Lenker, obwohl es Ihnen zumutbar war, vor Antritt der Fahrt nicht davon überzeugt, dass das von Ihnen verwendete Fahrzeug den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entspricht, da festgestellt wurde, dass beim gegenständlichen Kraftfahrzeug LED Lampen (Angel Eyes) in Halogenscheinwerfergehäuse HCR eingebaut waren.

3.

Datum/Zeit:   07.11.2021, 03:04 Uhr

Ort:          1160 Wien, Gutraterplatz 2

Betroffenes Fahrzeug:  PKW, Kennzeichen: W-1 (A)

Sie haben sich als Lenker, obwohl es Ihnen zumutbar war, vor Antritt der Fahrt nicht davon überzeugt, dass das von Ihnen verwendete Fahrzeug den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entspricht, da festgestellt wurde, dass beim gegenständlichen Kraftfahrzeug LED Lampen (Angel Eyes) in Halogenscheinwerfergehäuse HCR eingebaut waren.

4.

Datum/Zeit:   07.11.2021, 03:04 Uhr

Ort:          1160 Wien, Gutraterplatz 2

Betroffenes Fahrzeug:  PKW, Kennzeichen: W-1 (A)

Sie haben sich als Lenker, obwohl es Ihnen zumutbar war, vor Antritt der Fahrt nicht davon überzeugt, dass das von Ihnen verwendete Fahrzeug den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entspricht, da festgestellt wurde, dass beim gegenständlichen Kraftfahrzeug LED Lampen (Angel Eyes) in Halogenscheinwerfergehäuse HCR eingebaut waren.

Ste haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

1. § 102 Abs. 1 KFG i.V.m. § 14 Abs. 1 KFG

2. § 102 Abs. 1 KFG i.V.m. § 14 Abs. 1 KFG

3. § 102 Abs. 1 KFG i.V.m. § 14 Abs. 1 KFG

4. § 102 Abs. 1 KFG i.V.m. § 14 Abs. 1 KFG

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird (werden) über Sie folgende Strafe(n) verhängt:

Geldstrafe von  falls diese uneinbringlich ist,  Freiheitsstrafe von  Gemäß

Ersatzfreiheitsstrafe von

1. €250,00   2 Tage(n) 2 Stunde(n)     § 134 Abs. 1 KFG

                           0 Minute(n)

2. €250,00   2 Tage(n) 2 Stunde(n)     § 134 Abs. 1 KFG

                           0 Minute(n)

3. €250,00   2 Tage(n) 2 Stunde(n)     § 134 Abs. 1 KFG

                           0 Minute(n)

4. €250,00   2 Tage(n) 2 Stunde(n)     § 134 Abs. 1 KFG

                           0 Minute(n)

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG zu zahlen:

€ 100,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe, jedoch mindestens € 10,00 für jedes Delikt (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich € 100,00 angerechnet).

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher

€ 1.100,00

Begründend führte die belangte Behörde dazu im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer ein Fahrzeug gelenkt habe, wobei die originalen Standlichter durch vier LED-Lampen („Angel EYES“) umgebaut gewesen seien, obwohl dies nicht zulässig sei. Ein BMW X. sei nie mit LED-Lampen ausgeliefert worden. Diese habe es erst beim Nachfolger (BMW Y.) und auch erst ab der Modellpflege 03/2010 gegeben. Die verbauten Standlichtringe seien somit gar nicht typisierungsfähig.

2. In seiner gegen dieses Straferkenntnis fristgerecht erhobenen Beschwerde bringt der Beschwerdeführer zusammengefasst vor, dass § 102 KFG dem Kraftfahrzeuglenker die Überprüfung des Kraftfahrzeuges vor Inbetriebnahme nur insoweit vorschreibe, als dies zumutbar sei. Es bleibe unklar, inwiefern einem Fahrzeuglenker eine Überprüfung dahingehend möglich sein solle, ob im Fahrzeug LED- oder Halogenscheinwerfer eingebaut seien. Insbesondere sei es unmöglich festzustellen, ob es sich um ein LED- oder ein Halogenscheinwerfergehäuse handle. Zudem regle das KFG nicht explizit, welche Scheinwerfer konkret anzubringen seien. Laut ÖAMTC sei die Nachrüstung mit LED-Lampen mittlerweile sogar ausdrücklich erlaubt. Ferner werde ihm viermal das idente Delikt angelastet. Selbst wenn eine Verwaltungsübertretung vorliegen sollte, so wäre er nur einmal zu bestrafen. Schließlich sei im Rahmen der Strafbemessung zu berücksichtigen, dass er für seine schwangere Ehefrau sorgepflichtig sei.

3. Die belangte Behörde traf keine Beschwerdevorentscheidung und legte dem Verwaltungsgericht Wien die Beschwerde sowie den Akt des Verwaltungsverfahrens vor, wobei sie auf die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung und für den Fall einer Durchführung auf eine Teilnahme daran verzichtete.

II. Sachverhalt

Für das Verwaltungsgericht Wien steht folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt als erwiesen fest:

Der Beschwerdeführer wurde von Beamten der Landespolizeidirektion Wien am 7.11.2021, 3:04 Uhr, in 1160 Wien, Gutraterplatz 2, einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle unterzogen. Der Beschwerdeführer war zu diesem Zeitpunkt Lenker des Kraftfahrzeuges (BMW, X.) mit dem behördlichen Kennzeichen W-1 (A), dessen Scheinwerfer mit LED-Leuchten in der Form „Angel Eyes“ ausgestattet waren. Zulassungsbesitzerin war zu diesem Zeitpunkt Frau C. B. (geboren …). Eine mangelnde Funktionstüchtigkeit der Scheinwerfer wurde in der darauffolgenden Anzeige vom 8.11.2021 vom Meldungsleger nicht festgehalten und auch im Strafverfahren vor der belangten Behörde nicht vorgeworfen.

III. Beweiswürdigung

Das Verwaltungsgericht Wien hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der belangten Behörde und Würdigung des Beschwerdevorbringens.

Die Feststellungen über die Tatzeit, den Tatort und den Umstand, dass der Beschwerdeführer das oben genannte Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen W-1 (A) zum Tatzeitpunkt gelenkt hat, ergeben sich aus der im Akt befindlichen Anzeige. Der Beschwerdeführer bestreitet auch nicht, dass die Scheinwerfer des Kraftfahrzeuges mit LED-Leuchten in der Form „Angel Eyes“ ausgestattet waren (siehe dazu auch die aktenkundigen Lichtbilder).

IV. Rechtsgrundlagen

Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 23. Juni 1967 über das Kraftfahrwesen (Kraftfahrgesetz 1967 – KFG), BGBl. Nr. 267/1967 idF BGBl. I Nr. 190/2021, lauteten auszugsweise wie folgt:

„§ 14. Scheinwerfer, Leuchten und Rückstrahler für Kraftwagen

(1) Kraftwagen müssen vorne mit Scheinwerfern ausgerüstet sein, mit denen paarweise weißes Fernlicht und weißes Abblendlicht ausgestrahlt werden kann. Abblendlicht darf nur mit einem Scheinwerferpaar ausgestrahlt werden können. Für Fern- und Abblendlicht sind getrennte Scheinwerfer zulässig. Bei Kraftwagen mit einer Bauartgeschwindigkeit von nicht mehr als 45 km/h ist jedoch kein Fernlicht erforderlich. Die Scheinwerfer eines jeden Paares müssen in gleicher Höhe und symmetrisch zur Längsmittelebene des Fahrzeuges angebracht sein. Das Fernlicht muss eine gerade, in der Richtung parallel zur Längsmittelebene des Fahrzeuges verlaufende Straße bei Dunkelheit auf eine große Entfernung ausleuchten, das Abblendlicht muss, ohne andere Straßenbenützer zu blenden, oder mehr als unvermeidbar zu stören, die Fahrbahn vor dem Fahrzeug ausreichend beleuchten können. Der Lenker muss von seinem Platz aus erkennen können, dass die Scheinwerfer für Fernlicht eingeschaltet sind. Die Scheinwerfer dürfen nur gleichzeitig und mit der gleichen Wirkung abblendbar sein. Bei Kraftwagen der Klassen M und N müssen die Scheinwerfer für das Abblendlicht den Anbauvorschriften der Richtlinie 76/756/EWG entsprechen. Sollte dazu eine Leuchtweitenregulierung erforderlich sein, kann diese automatisch oder handbetätigt vom Lenkersitz aus sein. Scheinwerfer für Fern- und/oder Abblendlicht dürfen mit einer Funktion für Kurvenlicht zur besseren Ausleuchtung der Fahrbahn in Kurven ausgestattet sein.

(1a)–(9) […]

§ 33. Änderungen an einzelnen Fahrzeugen

(1) Änderungen an einem einzelnen zum Verkehr zugelassenen Fahrzeug einer genehmigten Type, die die Verkehrs- und Betriebssicherheit oder die Umweltverträglichkeit des Fahrzeuges beeinflussen können, hat der Zulassungsbesitzer des Fahrzeuges unverzüglich dem Landeshauptmann anzuzeigen, in dessen örtlichem Wirkungsbereich das Fahrzeug seinen dauernden Standort hat; durch Verordnung kann jedoch festgesetzt werden, dass Änderungen durch das Anbringen von bestimmten Arten von Teilen, Ausrüstungsgegenständen, zusätzlichen Aufbauten oder Vorrichtungen an Fahrzeugen nicht angezeigt werden müssen, wenn

1. diese Änderungen

a) nicht wesentliche technische Merkmale der genehmigten Type betreffen,

b) den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes und der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen nicht zuwiderlaufen und

c) die Verkehrs- und Betriebssicherheit und die Umweltverträglichkeit des Fahrzeuges nicht herabsetzen, und

2. sofern für diese Teile, Ausrüstungsgegenstände, zusätzlichen Aufbauten oder Vorrichtungen eine Typengenehmigung vorgesehen ist, sie gemäß § 35 oder nach einer Einzelrichtlinie typengenehmigt sind, oder

3. sofern diese Teile, Ausrüstungsgegenstände, zusätzliche Aufbauten oder Vorrichtungen von der Behörde als für diese Type und Ausführung auf Grund eines von einem nach § 124 bestellten Sachverständigen erstellten Gutachtens für geeignet erklärt oder nach § 33 an einem einzelnen Fahrzeug bereits genehmigt worden sind. In diesem Fall ist eine Abschrift des Genehmigungsbescheides im Fahrzeug mitzuführen.

(1a)–(8) […]

§ 102. Pflichten des Kraftfahrzeuglenkers

(1) Der Kraftfahrzeuglenker darf ein Kraftfahrzeug erst in Betrieb nehmen, wenn er sich, soweit dies zumutbar ist, davon überzeugt hat, dass das von ihm zu lenkende Kraftfahrzeug und ein mit diesem zu ziehender Anhänger sowie deren Beladung den hiefür in Betracht kommenden Vorschriften entsprechen; die Überprüfung der Wirksamkeit der Vorrichtungen zum Abgeben von akustischen Warnzeichen darf jedoch nur erfolgen, sofern nicht ein Verbot gemäß § 43 Abs. 2 lit. a StVO 1960 besteht. Berufskraftfahrer haben bei Lastkraftwagen, Sattelzugfahrzeugen, Omnibussen oder Anhängern unverzüglich den Zulassungsbesitzer nachweisbar zu verständigen, wenn das Fahrzeug diesen Vorschriften nicht entspricht.

(1a)–(12) […]

§ 103. Pflichten des Zulassungsbesitzers eines Kraftfahrzeuges oder Anhängers

(1) Der Zulassungsbesitzer

1. hat dafür zu sorgen, daß das Fahrzeug (der Kraftwagen mit Anhänger) und seine Beladung – unbeschadet allfälliger Ausnahmegenehmigungen oder -bewilligungen – den Vorschriften dieses Bundesgesetzes und der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen entspricht;

2.–5. […]

(2)–(9) […]

§ 134. Strafbestimmungen

(1) Wer diesem Bundesgesetz, den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnungen, den Artikeln 5 bis 9 und 10 Abs. 4 und 5 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006, der Verordnung (EU) Nr. 165/2014 oder den Artikeln 5 bis 8 und 10 des Europäischen Übereinkommens über die Arbeit des im internationalen Straßenverkehr beschäftigten Fahrpersonals (AETR), BGBl. Nr. 518/1975 in der Fassung BGBl. Nr. 203/1993, zuwiderhandelt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 5 000 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen. Bei der Einbringung von Fahrzeugen in das Bundesgebiet sind solche Zuwiderhandlungen auch strafbar, wenn sie auf dem Wege von einer österreichischen Grenzabfertigungsstelle, die auf ausländischem Gebiet liegt, zur Staatsgrenze begangen werden. Wurde der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits einmal bestraft, so kann an Stelle der Geldstrafe eine Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen verhängt werden. Wurde der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits zweimal bestraft, so können die Geldstrafe und die Freiheitsstrafe auch nebeneinander verhängt werden. Die Verhängung einer Freiheitsstrafe ist in diesen Fällen aber nur zulässig, wenn es ihrer bedarf, um den Täter von weiteren Verwaltungsübertretungen der gleichen Art abzuhalten. Auch der Versuch einer solchen Zuwiderhandlung ist strafbar.

(1a)–(8) […]“

V. Rechtliche Beurteilung

1. Gemäß § 102 Abs. 1 KFG darf der Kraftfahrzeuglenker ein Kraftfahrzeug erst in Betrieb nehmen, wenn er sich, soweit dies zumutbar ist, davon überzeugt hat, dass das von ihm zu lenkende Kraftfahrzeug den hiefür in Betracht kommenden Vorschriften entspricht.

Laut den Gesetzesmaterialien zu § 102 Abs. 1 KFG sind iSd Bestimmung jedenfalls zumutbar die Kontrolle der ausreichenden Sicht vom Lenkerplatz aus, der Beleuchtungseinrichtungen, der Fahrtrichtungsanzeiger und des Bremslichtes sowie die Durchführung einer Probebremsung (ErläutRV 186 BlgNR 11. GP, 118).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es einem Kraftfahrzeuglenker zumutbar iSd § 102 Abs. 1 KFG äußerlich erkennbare Mängel des Kraftfahrzeuges vor der Inbetriebnahme festzustellen, wie insbesondere Nichtfunktionieren der Kennzeichenbeleuchtung, Nichtfunktionieren der Bremslichter, mangelnde Wirksamkeit der Bremsen, mangelnde Profiltiefe der Reifen, Nichtfunktionieren der Hupe oder Nichtfunktionieren der Scheinwerfer (VwGH 18.4.1975, 1554/74). Die Prüfpflicht nach § 102 Abs. 1 KFG umfasst somit auch die Funktionstüchtigkeit der Scheinwerfer. Ein Verstoß gegen diese Vorschrift liegt allerdings nur dann vor, wenn der Lenker sich vor Fahrtantritt nicht die erforderliche Überzeugung vom Funktionieren der Scheinwerfer verschafft hat (VwGH 23.5.1975, 0804/74 = ZVR 1976/70).

Der Oberste Gerichtshof hat in seiner Rechtsprechung festgehalten, dass die Prüfungspflicht nicht so weit geht, dass der Kraftfahrzeuglenker vor Antritt der Fahrt die verschiedenen Bestandteile des Wagens, auch wenn irgendein Mangel äußerlich nicht erkennbar ist und auch sonstige Bedenken hinsichtlich der Betriebssicherheit nicht bestehen, auch in ihrer inneren Zusammensetzung überprüfen muss (zB OGH 10.6.1963, 11 Os 155/63).

Die Entscheidung, welche Überprüfungen eines Kraftfahrzeuges dem Lenker vor dessen Inbetriebnahme gemäß § 102 Abs. 1 KFG zumutbar sind, ist das Ergebnis einer im Einzelfall vorzunehmenden Abwägung (VwGH 15.4.2019, Ra 2018/02/0076).

2. Vor diesem Hintergrund erfüllen die im angefochtenen Straferkenntnis erhobenen (gleichlautenden) Tatvorwürfe nicht den objektiven Tatbestand des § 102 Abs. 1 KFG:

Die belangte Behörde sieht den objektiven Tatbestand lediglich deshalb als erfüllt an, weil beim verfahrensgegenständlichen Kraftfahrzeug „LED-Lampen (Angel Eyes) in Halogenscheinwerfergehäuse HCR eingebaut waren“, und führt begründend aus, dass diese nicht typisierungsfähig seien. Die Funktionstüchtigkeit der Scheinwerfer wurde vom Meldungsleger und der belangten Behörde hingegen nicht in Zweifel gezogen. Eine Überprüfung dahingehend, ob die eingebauten Scheinwerferlampen technisch dem jeweiligen Scheinwerfergehäuse entsprechen bzw. ob die Scheinwerferanlage typisiert wurde, ist jedoch einem Kraftfahrzeuglenker im Rahmen der Kontrolle nach § 102 Abs. 1 KFG nicht zumutbar (vgl. die Entscheidung des LVwG Niederösterreich vom 19.6.2019, LVwG-S-1904/001-2018). Ein derartiger Tatvorwurf könnte allenfalls gegenüber dem Zulassungsbesitzer nach § 103 Abs. 1 KFG erhoben werden.

Somit begründen die erhobenen Tatvorwürfe keinen Verstoß nach § 102 Abs. 1 KFG. Daher ist das Verfahren gegen den Beschwerdeführer schon aus diesem Grund gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall VStG einzustellen.

3. Dementsprechend bedarf es keiner Klärung der Frage, ob die konkrete Scheinwerferanlage des verfahrensgegenständlichen Fahrzeuges – wie in der Beschwerde angedeutet – nach § 33 KFG iVm der Kraftfahrgesetz-Durchführungsverordnung 1967 zulässig bzw. typisierungsfähig war. Ebenso wenig musste geklärt werden, ob die Scheinwerferanlage zum Zeitpunkt der Lenker- und Fahrzeugkontrolle tatsächlich funktionstüchtig war. Ein entsprechender Tatvorwurf wurde im angefochtenen Straferkenntnis nicht erhoben. Eine Abänderung des Tatvorwurfes dahingehend, dass die Scheinwerferanlage nicht funktionstüchtig gewesen sei, ist dem Verwaltungsgericht Wien verwehrt, weil es sich um eine unzulässige Auswechslung des Tatvorwurfes handeln würde (vgl. zB VwGH 5.11.2014, Ra 2014/09/0018; 15.4.2019, Ra 2018/02/0086).

4. Ergänzend hält das Verwaltungsgericht Wien fest, dass die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer viermal mit völlig identem Wortlaut denselben Tatvorwurf erhebt. Dies verstößt offenkundig gegen das Doppelverfolgungsverbot gemäß Art. 4 7. ZPEMRK (vgl. zur Anwendung des Kumulationsprinzips in Bezug auf § 102 Abs. 1 KFG etwa VwGH 20.5.2003, 2002/02/0200).

5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die im Spruch zitierte Gesetzesstelle.

6. Gemäß § 44 Abs. 2 VwGVG konnte die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung entfallen, da bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist (vgl. VwGH 20.12.2018, Ra 2017/17/0334).

7. Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat festgehalten, dass die Entscheidung, welche Überprüfungen eines Kraftfahrzeuges dem Lenker vor dessen Inbetriebnahme gemäß § 102 Abs. 1 KFG zumutbar sind, das Ergebnis einer im Einzelfall vorzunehmenden Abwägung ist. Eine solche einzelfallbezogene Beurteilung ist, sofern die Verfahrensgrundsätze eingehalten werden, nicht revisibel. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung läge nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht diese Abwägung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte. Der Frage, ob die besonderen Umstände des Einzelfalles auch eine andere Entscheidung gerechtfertigt hätten, kommt in der Regel keine grundsätzliche Bedeutung zu (VwGH 15.4.2019, Ra 2018/02/0076; vgl. ferner VwGH 22.3.2018, Ra 2018/02/0019).

Schlagworte

Pflichten des Kraftfahrzeuglenkers; Prüfpflicht; äußerlich erkennbare Mängel; Inbetriebnahme; Funktionstüchtigkeit der Scheinwerfer; Doppelverfolgungsverbot

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2022:VGW.031.100.9080.2022

Zuletzt aktualisiert am

04.01.2023
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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