TE Vfgh Erkenntnis 1993/11/30 B1216/93

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Veröffentlicht am 30.11.1993
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Index

L6 Land- und Forstwirtschaft
L6800 Ausländergrunderwerb, Grundverkehr

Norm

StGG Art5
Tir GVG 1983 §3 Abs1 lita
Tir GVG 1983 §3 Abs2 lita

Leitsatz

Keine Verletzung im Eigentumsrecht durch Versagung der grundverkehrsbehördlichen Zustimmung zu einem Ausländergrunderwerb aufgrund eines Vermächtnisses; Bewilligungspflicht des Rechtserwerbs von Todes wegen durch die nicht zu den gesetzlichen Erben der Legatarin zu zählende Vermächtnisnehmerin

Spruch

Die Beschwerdeführerin ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Die Beschwerdeführerin ist Staatsangehörige der Bundesrepublik Deutschland. Nachdem ihre beiden Versuche, eine einer österreichischen Staatsbürgerin gehörende Liegenschaft im Ausmaß von 1.094 m2 mit darauf befindlichem Haus in Kirchberg in Tirol käuflich zu erwerben, an der Versagung der grundverkehrsbehördlichen Bewilligung gescheitert waren, setzte die Eigentümerin die Liegenschaft mit Kodizill vom 22. Dezember 1966 als Vermächtnis zugunsten der Beschwerdeführerin aus; am 5. Dezember 1985 verstarb die Vermächtnisgeberin. Am 17. Oktober 1991 bestätigte das Bezirksgericht Hopfgarten gemäß §178 Außerstreitgesetz, daß das Eigentumsrecht der Beschwerdeführerin aufgrund des von der Erbengemeinschaft anerkannten Kodizilles im Grundbuch einverleibt werden könne.

Mit Schriftsatz vom 24. Dezember 1991 beantragte die Beschwerdeführerin die grundverkehrsbehördliche Zustimmung zu dem aus der letztwilligen Verfügung resultierenden Rechtserwerb, welche die Grundverkehrsbehörde Kirchberg in Tirol mit Bescheid vom 27. März 1992 auch erteilte. Über Berufung des Landesgrundverkehrsreferenten erging der angefochtene Bescheid der Landesgrundverkehrsbehörde beim Amt der Tiroler Landesregierung vom 19. April 1993, mit dem der Berufung Folge gegeben und dem Rechtserwerb durch die Beschwerdeführerin die Zustimmung versagt wurde.

Begründend führt die Berufungsbehörde aus, als Zeitpunkt des Erwerbes der Liegenschaft sei der Anfallstag, somit der Todestag der Vermächtnisgeberin anzusehen. Zu diesem Zeitpunkt (5. Dezember 1985) sei der Rechtserwerb gemäß §3 Abs1 lita des Grundverkehrsgesetzes 1983, LGBl. für Tirol 69/1983, genehmigungspflichtig gewesen; die Ausnahmebestimmung des §3 Abs2 lita GVG 1983 idF vor der Novelle LGBl. für Tirol 74/1991 könne nicht zur Anwendung kommen, da die Beschwerdeführerin nicht dem Kreis der gesetzlichen Erben der am 5. Dezember 1985 verstorbenen Vermächtnisgeberin angehöre. Dem vorliegenden Rechtserwerb sei gemäß §4 Abs2 lita GVG 1983 die Zustimmung zu versagen gewesen.

2. Gegen diesen Berufungsbescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in welcher die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des bekämpften Bescheides begehrt wird.

3. Die Landesgrundverkehrsbehörde beim Amt der Tiroler Landesregierung als belangte Behörde dieses verfassungsgerichtlichen Beschwerdeverfahrens hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in welcher sie den angefochtenen Bescheid verteidigt und die Abweisung der Beschwerde beantragt.

4. Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Äußerung, in welcher abschließend beantragt wird, die Beschwerde wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, in eventu als unbegründet abzuweisen.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1.1. Die Beschwerdeführerin behauptet, durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt worden zu sein. Nicht, wie die belangte Behörde vermeine, der Todestag der Legatarin, sondern der Zeitpunkt der Ausstellung der Amtsbestätigung gemäß §178 Außerstreitgesetz am 17. Oktober 1991 sei maßgeblich dafür, ob der vorliegende Rechtserwerb der Zustimmung der Grundverkehrsbehörde bedürfe oder nicht. Der gegenständliche Rechtserwerb sei nach der durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 11777/1988 bereinigten Rechtslage, die mit Ablauf des 30. Juni 1989 maßgeblich gewesen sei, zu beurteilen. Gemäß §3 Abs2 lita leg.cit. idF ab 1. Juli 1989 sei für den vorliegenden Rechtserwerb eine Genehmigung durch die Grundverkehrsbehörde nicht mehr erforderlich gewesen. Indem die belangte Behörde dies übersehen habe, habe sie die Beschwerdeführerin in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt.

1.2. Die Beschwerde ist nicht begründet:

1.2.1. Das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Unversehrtheit des Eigentums würde nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes durch einen in das Eigentum eingreifenden Bescheid einer Verwaltungsbehörde verletzt, wenn der Bescheid unter Heranziehung einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage erlassen worden wäre oder wenn die Behörde bei Erlassung des Bescheides eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Rechtsgrundlage in denkunmöglicher Weise angewendet hätte, ein Fall, der nur dann vorläge, wenn die Behörde einen so schweren Fehler begangen hätte, daß dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre (zB VfSlg. 10356/1985, 10482/1985, 11650/1988).

1.2.2. Der Verfassungsgerichtshof konnte in Fällen der Versagung der grundverkehrsbehördlichen Zustimmung, die mit dem vorliegenden vergleichbar sind, schon bislang im Abstellen auf den Todestag nicht einen in die Verfassungssphäre reichenden Vollzugsfehler erkennen (VfSlg. 12338/1990, VfGH 29.9.1992, B380/92); das diese Rechtsprechung nicht berücksichtigende Beschwerdevorbringen veranlaßt den Verfassungsgerichtshof nicht, von dieser Rechtsprechung abzugehen. Es bleibt sohin festzuhalten, daß der belangten Behörde aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht entgegengetreten werden kann, wenn sie auf Grundlage des GVG 1983 angenommen hat, im Zeitpunkt des Rechtserwerbes habe dieser nach dem GVG 1983 der grundverkehrsbehördlichen Zustimmung bedurft.

Es kann aber auch kein vernünftiger Zweifel daran bestehen, daß ein solches Zustimmungserfordernis im Zeitpunkt der Entscheidung der Grundverkehrsbehörde bestand.

Gemäß §3 Abs1 lita GVG 1983 bedarf, soweit im Abs2 nicht anderes bestimmt ist, jeder Eigentumserwerb der Zustimmung der Grundverkehrsbehörde. Gemäß ArtII Abs1 des Landesgesetzes LGBl. für Tirol 74/1991 ist dieses Gesetz mit 1. Oktober 1991 in Kraft getreten; nach seinem ArtI Z6 erhielt §3 Abs2 lita GVG 1983 folgende Fassung:

"a) beim Rechtserwerb durch Erben oder Vermächtnisnehmer, sofern nicht von der Anordnung des Gesetzes oder des Erblassers oder von den Bestimmungen des Erbvertrages durch besondere Übereinkommen (Erbteilungsübereinkommen) abgegangen wird; bei Rechtsnachfolgern, die dem Personenkreis nach §1 Abs1 Z2 angehören, jedoch nur dann, wenn die Rechtsnachfolger zu den gesetzlichen Erben zählen;"

Als Staatsangehörige der Bundesrepublik Deutschland gehört die Beschwerdeführerin dem Personenkreis nach §1 Abs1 Z2 GVG 1983 an. Sie zählt unbestrittenermaßen nicht zu den gesetzlichen Erben der Legatarin. Somit erweist sich aber der Eigentumsübergang ohne Zweifel als bewilligungspflichtig. Der bekämpfte Bescheid leidet sohin nicht an einer denkunmöglichen Anwendung von Rechtsvorschriften; die Beschwerdeführerin wurde daher nicht im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt.

2. Das Beschwerdeverfahren hat auch nicht ergeben, daß die Beschwerdeführerin in einem von ihr nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder - da Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides weder vorgebracht wurden noch im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof hervorgekommen sind (vgl. zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit des §3 Abs1 und 2 und des §4 Abs1 GVG 1983 zuletzt etwa VfGH 29.9.1992, B380/92, 21.6.1993, B1841/92) - wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden wäre.

3. Die Beschwerde war deshalb insgesamt als unbegründet abzuweisen.

III. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4, erster Satz, und Z2 VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

Ausländergrunderwerb, Grundverkehrsrecht, Erbrecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1993:B1216.1993

Dokumentnummer

JFT_10068870_93B01216_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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