TE Vwgh Erkenntnis 1996/1/29 94/16/0196

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Veröffentlicht am 29.01.1996
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Index

yy41 Rechtsvorschriften die dem §2 R-ÜG StGBl 6/1945 zuzurechnen
sind;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/06 Verkehrsteuern;

Norm

BAO §320 Abs1 lita;
BAO §320 Abs1 litb;
BAO §321 Abs1;
BAO §34 Abs1;
BAO §35 Abs1;
KVDB 1934 §11 Abs1;
KVG 1934 §7 Abs1 Z1;
SteueranpassungsG 1934 §17;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 94/16/0197

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde der X-GmbH in Wien, vertreten durch P, Rechtsanwalt in W, gegen die Bescheide der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 20. Juli 1994, Zlen. GA 9-59/10/94 und GA 9-59/11/94, betreffend Gesellschaftsteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Gesellschaft hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien (in der Folge: Finanzamt) hat mit an die beschwerdeführende Gesellschaft gerichteten Bescheiden vom 19. September 1983, 5. Juli 1984 und 5. Dezember 1985 wegen in Generalversammlungen beschlossenen Gesellschafterzuschüssen von S 8,000.000,--, S 3,000.000,-- und S 3,500.000,-- Gesellschaftsteuer unter Anwendung des begünstigten Steuersatzes von 1 v.H. in der Höhe von S 80.000,--, S 30.000,-- und S 35.000,-- gemäß § 200 BAO vorläufig festgesetzt.

Mit Bescheid vom 17. Jänner 1989 erklärte das Finanzamt die genannten Bescheide gemäß § 200 Abs. 2 BAO für endgültig. In der Höhe der festgesetzten Gesellschaftsteuer von insgesamt S 145.000,-- trat keine Änderung ein.

Die im Instanzenzug ergangene Berufungsentscheidung der belangten Behörde hob der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 25. Februar 1993, Zl. 92/16/0011, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften auf. Auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses wird verwiesen.

Mit dem im fortgesetzten Verfahren ergangenen Bescheid vom 20. Juli 1994 (hg. Zl. 94/16/0196) wies die belangte Behörde die Berufung gegen die Bescheide des Finanzamtes als unbegründet ab und führte zu der strittigen Frage, ob die beschwerdeführende Gesellschaft ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen Zwecken diene und daher die Steuerbefreiung nach § 7 Abs. 1 Z. 1 KVG zu gewähren ist, aus, es könne schon von der Satzung her nicht von einer gemeinnützigen Gesellschaft gesprochen werden; es werde nicht die "Allgemeinheit" unmittelbar gefördert.

§ 2 Abs. 1 und Abs. 2 erster Satz des Gesellschaftsvertrages lautet:

"§ 2

Gegenstand der Gesellschaft

(1) Gegenstand der Gesellschaft ist die unmittelbare und ausschließliche Förderung der Wirtschaft durch Übernahme von Bürgschaften für Kredite und Darlehen (im folgenden "Kredite" genannt) von inländischen Kreditunternehmungen im Zusammenhang mit wirtschaftlich gerechtfertigten Investitionen in Wien an Unternehmungen der gewerblichen Wirtschaft, denen es bei der Aufnahme von Krediten lediglich an entsprechenden Sicherheiten in dem von den Kreditunternehmungen geforderten Ausmaß ermangelt. In bestimmt gelagerten Fällen können auch Bürgschaften für Betriebsmittelkredite übernommen werden. Der Betrieb aller übrigen Bankgeschäfte ist ausgeschlossen.

(2) Die Gesellschaft ist nicht auf Gewinn gerichtet."

Mit einem weiteren Bescheid vom 20. Juli 1994

(hg. Zl. 94/16/0197) gab die belangte Behörde der Berufung gegen den Bescheid des Finanzamtes vom 7. März 1991 - auf Grund eines Gesellschafterzuschusses von 3,900.000,-- wurde die Gesellschaftsteuer in der Höhe von S 78.000,-- (2 v.H. von 3,900.000,--) vorgeschrieben - teilweise Folge und änderte die Abgabenvorschreibung auf S 39.000,-- (1 v.H. von 3,900.000,--) ab. Im übrigen wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Dies unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes mit der Begründung, auch ein "geborener Zuschußbetrieb" schließe die Anwendung des begünstigten Steuersatzes nicht aus und in diesem Fall diene die Leistung der Beseitigung einer Überschuldung. Die Steuerfreiheit gemäß § 7 Abs. 1 Z. 1 KVG sei jedoch nicht zu gewähren. Insofern werde auf die Begründung des (unter Zl. 94/16/0196 protokollierten) Bescheides der belangten Behörde vom 20. Juli 1994 verwiesen.

Gegen diese Bescheide vom 20. Juli 1994 erhob die beschwerdeführende Gesellschaft Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof. Sie erachtet sich in ihrem Recht auf Zuerkennung der Steuerbefreiung gemäß § 7 Abs. 1 Z. 1 KVG und in der Nichtgewährung des rechtlichen Gehörs verletzt und macht sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abeweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die beschwerdeführende Gesellschaft vertritt die Ansicht, es lägen die Voraussetzungen für die Ausnahme der Besteuerung nach § 7 Abs. 1 Z. 1 KVG vor. Diese Bestimmung lautet in der im Beschwerdefall maßgebenden Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 629/1994 wie folgt:

"Von der Besteuerung ausgenommen sind die in den §§ 2 und 3 bezeichneten Rechtsvorgänge bei inländischen Kapitalgesellschaften, die nach der Satzung und nach ihrer tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecken dienen."

Gemäß § 34 Abs. 1 erster Satz BAO sind die Begünstigungen, die bei Betätigung für gemeinnützige mildtätige oder kirchliche Zwecke auf abgabenrechtlichem Gebiet in einzelnen Abgabenvorschriften gewährt werden, an die Voraussetzungen geknüpft, daß die Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse, der die Begünstigung zukommen soll, nach Gesetz, Satzung, Stiftungsbrief oder ihrer sonstigen Rechtsgrundlage und nach ihrer tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar der Förderung der genannten Zwecke zumindest überwiegend im Bundesgebiet dient.

Nach § 35 Abs. 1 BAO sind gemeinnützig solche Zwecke, durch deren Erfüllung die Allgemeinheit gefördert wird. Eine Förderung der Allgemeinheit liegt nach Abs. 2 erster Satz leg. cit. nur vor, wenn die Tätigkeit dem Gemeinwohl auf geistigem, kulturellem, sittlichem oder materiellem Gebiet nützt.

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt feststellte, ist die Förderung einzelner, wenn auch in ihrer Anzahl nicht beschränkter Wirtschaftsubjekte, etwa durch die Übernahme von Bürgschaften oder auch die Förderung ganzer Wirtschaftszweige in erster Linie eine Förderung von Wirtschaftstreibenden, die nur mittelbar im Hinblick auf die innige Verflechtung der modernen Volkswirtschaft der Allgemeinheit zugute kommt (vgl. hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 1982, Zlen. 13/1649/79, 13/1650/79, samt dort angeführter Rechtsprechung). Damit kann auch die Tätigkeit der beschwerdeführenden Gesellschaft (§ 2 des Gesellschaftsvertrages) nicht als unmittelbare Förderung der Allgemeinheit angesehen werden. Handelt es sich doch auch im Beschwerdefall nach dem Gegenstand der Gesellschaft um die unmittelbare Förderung bestimmter Unternehmungen, die nur mittelbar der Allgemeinheit zugute kommen kann. Die belangte Behörde hat daher schon deswegen mit Recht das Vorliegen eines gemeinnützigen Zweckes verneint und die Steuerbefreiung nach § 7 Abs. 1 Z. 1 KVG in der zitierten Fassung versagt.

Die beschwerdeführende Gesellschaft ist nun der Auffassung, § 7 Abs. 1 Z. 1 KVG in der in Rede stehenden Fassung sei historisch zu interpretieren, weil der Begriff "Gemeinnützigkeit" im KVG 1934 verwendet wurde und die BAO nicht "die Beschneidung der Begünstigungsvorschriften nach älteren Abgabengesetzen" im Auge habe. Im übrigen sei in den Durchführungsbestimmungen zum Kapitalverkehrssteuergesetz vom 17. Dezember 1934 (KVDB) im Punkt 8. die Ausnahme von der Besteuerung näher geregelt. Gemäß den Normen der Rechtsüberleitung seien diese KVDB rezipiert worden und damit anwendbares österreichisches Recht in Gesetzesrang.

Mit diesem Vorbringen übersieht die beschwerdeführende Gesellschaft jedoch, daß weder das KVG noch die KVDB vom 17. Dezember 1934 eine eigene Definition der "Gemeinnützigkeit" enthalten. Der Begriff des gemeinnützigen Zweckes findet sich vielmehr im § 17 des Steueranpassungsgesetzes vom 16. Oktober 1934.

Die Einleitung des § 11 Abs. 1 KVDB vom 17. Dezember 1934 (Punkt 8. Ausnahmen von der Besteuerung) lautet wie folgt:

"Die Ausnahme von der Besteuerung ist bei Gesellschaften mit gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecken (§§ 17, 18 des Steueranpassungsgesetzes) nur gegeben, wenn auch folgende Voraussetzungen erfüllt sind: ..."

Der historische Gesetzgeber des KVG vom 16. Oktober 1934 (das Gesetz stammt vom selben Tag wie das Steueranpassungsgesetz) ist von dem im Steueranpassungsgesetz umschriebenen "gemeinnützigen Zweck" ausgegangen und hat im § 11 KVDB eine weitere Einschränkung vorgenommen, wonach nicht alle gemeinnützigen Gesellschaften von der Besteuerung ausgenommen sind, sondern nur solche, die auch die weiteren Voraussetzungen des § 11 Abs. 1 KVDB erfüllen.

Mit dem Wirksamkeitsbeginn der BAO wurden aber gemäß § 320 Abs. 1 lit. a und b BAO die Abgabenordnung vom 22. Mai 1931 einschließlich der hiezu ergangenen Durchführungsvorschriften sowie das Steueranpassungsgesetz vom 16. Oktober 1934 und die zur Durchführung der §§ 17 bis 19 des Steueranpassungsgesetzes ergangene Verordnung aufgehoben.

Wo in gesetzlichen Vorschriften auf durch die BAO aufgehobene Bestimmungen hingewiesen wird, treten gemäß § 321 Abs. 1 BAO an deren Stelle sinngemäß die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes.

Demnach traten in dem im Beschwerdefall anzuwendenden § 11 Abs. 1 KVDB vom 17. Dezember 1934 an die Stelle der §§ 17 und 18 des Steueranpassungsgesetzes die Bestimmungen der §§ 34 ff BAO. Daher müssen seit Wirksamkeitsbeginn der BAO jedenfalls die Voraussetzungen der §§ 34 ff BAO vorliegen, um von einem gemeinnützigen Zweck im Sinne des § 7 Abs. 1 Z. 1 KVG sprechen zu können. Da diese Voraussetzungen aber - wie oben bereits dargestellt - nicht erfüllt sind, war auf das übrige die Rechtswidrigkeit des Inhaltes betreffende Beschwerdevorbringen nicht mehr weiter einzugehen.

Auch die Verfahrensrüge des fehlenden rechtlichen Gehörs erweist sich als nicht berechtigt. Die beschwerdeführende Gesellschaft hatte vor Ergehen der angefochtenen Bescheide über Vorhalt Gelegenheit zur Stellungnahme, der sie durch Vorhaltbeantwortung vom 2. Mai und 16. Mai 1994 nachkam.

Da die beschwerdeführende Gesellschaft in ihrem Recht nicht verletzt wurde, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1994160196.X00

Im RIS seit

15.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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