RS Vfgh 2022/12/2 UA94/2022

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 02.12.2022
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Index

10/07 Verfassungs- und Verwaltungsgerichtsbarkeit

Norm

B-VG Art138b Abs1 Z6
VO-UA §29, §58
VfGG §7 Abs1, §56h
  1. B-VG Art. 138b heute
  2. B-VG Art. 138b gültig ab 01.01.2015 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 101/2014
  1. VfGG § 7 heute
  2. VfGG § 7 gültig ab 22.03.2020 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 16/2020
  3. VfGG § 7 gültig von 01.01.2015 bis 21.03.2020 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 101/2014
  4. VfGG § 7 gültig von 01.01.2015 bis 31.12.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 92/2014
  5. VfGG § 7 gültig von 01.03.2013 bis 31.12.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013
  6. VfGG § 7 gültig von 01.07.2008 bis 28.02.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 4/2008
  7. VfGG § 7 gültig von 01.01.2004 bis 30.06.2008 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  8. VfGG § 7 gültig von 01.10.2002 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 123/2002
  9. VfGG § 7 gültig von 01.01.1991 bis 30.09.2002 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 329/1990
  10. VfGG § 7 gültig von 01.07.1976 bis 31.12.1990 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 311/1976

Leitsatz

Zurückweisung eines Antrags der Bundesministerin für Justiz (BMJ) betreffend eine Meinungsverschiedenheit mit dem ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss über das Erfordernis und die Auslegung einer Vereinbarung hinsichtlich der Rücksichtnahme auf die Tätigkeit der Strafverfolgungsbehörden auf Grund der Ladung einer Auskunftsperson; kein Vorliegen einer Meinungsverschiedenheit mangels Bestehens eines Beschlusses des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses über das Erfordernis des Abschlusses der von der BMJ verlangten Konsultationsvereinbarung bzw über die Auslegung der (vorangegangenen) Konsultationsvereinbarung

Rechtssatz

Der ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss und die BMJ haben am 03.03.2022 gemäß §58 Abs4 VO-UA eine Konsultationsvereinbarung über die Vorlage bzw die Nichtvorlage von Akten bzw Aktenteilen und Unterlagen zu näher bestimmten Strafsachen abgeschlossen. Die BMJ hat am 25.10.2022 beim Vorsitzenden des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses gemäß §58 Abs2 VO-UA den Abschluss einer (weiteren) Konsultationsvereinbarung verlangt. Anlass für die Einleitung des Konsultationsverfahrens war das Verlangen von Mitgliedern des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses, die Auskunftsperson MMag. T. S. als Auskunftsperson gemäß §29 VO-UA am 03.11.2022 zu laden. Am 27.10.2022 übermittelte die BMJ dem Vorsitzenden des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses einen Entwurf einer Konsultationsvereinbarung und teilte mit, dass es zur Vermeidung einer Gefährdung der laufenden strafrechtlichen Ermittlungen als unbedingt erforderlich erscheine, einen Konsens über die Befragung der Auskunftsperson MMag. T. S. zu erzielen.

Der ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss hat bis zur Einbringung des vorliegenden Antrages der BMJ gemäß Art138b Abs1 Z6 B-VG keinen (formellen) Beschluss über das Erfordernis des Abschlusses der von der BMJ verlangten Konsultationsvereinbarung und über die Auslegung der Konsultationsvereinbarung vom 03.03.2022 gefasst.

Im Gefolge der Konsultationsbesprechung vom 27.10.2022 und nach Übermittlung des Entwurfes der neu abzuschließenden Konsultationsvereinbarung durch die BMJ an den Untersuchungsausschuss bestand zwischen vier (von fünf) im Untersuchungsausschuss vertretenen Fraktionen - auf informeller Ebene - bereits Einvernehmen über die Zustimmung zum Entwurf. Dem Entwurf sollte lediglich der Satz "Diese Vereinbarung ist vorläufig mit 30.11.2022 befristet." beigefügt werden. Auf Grund der Weigerung einer Fraktion im Untersuchungsausschuss, diese Einigung zu unterstützen, und der folgenden Weigerung des Vorsitzenden des Untersuchungsausschusses, ohne Einvernehmen sämtlicher Fraktionen mit dem Konsultationsverfahren fortzufahren, sei dieser Einigungsvorschlag allerdings zu keinem Zeitpunkt an die BMJ übermittelt worden. Zudem habe zwischen der Einleitung des Konsultationsverfahrens am 25.10.2022 und der Einbringung des Antrages an den VfGH am 02.11.2022 keine Sitzung des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses stattgefunden, in welcher allenfalls Beschlüsse in dieser Sache gefasst hätten werden können.

Aus alledem folgt, dass der ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss bis zur Einbringung des Antrages der BMJ gemäß Art138b Abs1 Z6 B-VG keinen förmlichen, ausdrücklichen Beschluss über das Erfordernis der von der BMJ verlangten Konsultationsvereinbarung und auch keine förmliche, ausdrückliche Bestreitung in Bezug auf die Konsultationsvereinbarung vom 03.03.2022 beschlossen hat (sofern dies überhaupt Gegenstand des Verlangens der BMJ gemäß §58 Abs2 VO-UA gegenüber dem Vorsitzenden des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses bzw dem Untersuchungsausschuss im Rahmen des Konsultationsverfahrens war).

Mangels Vorliegens einer Meinungsverschiedenheit besteht die durch die Einleitung des Konsultationsverfahrens bewirkte (höchstens dreimonatige) Hemmung in Bezug auf sämtliche (Verfahrens-)Handlungen des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses bzw in Bezug auf (Verfahrens-)Handlungen im Untersuchungsausschuss, so etwa auch in Bezug auf die Befragung von Auskunftspersonen, durch welche die Tätigkeiten der Strafverfolgungsbehörden in den benannten Ermittlungsverfahren berührt werden könnten, nach wie vor. Dies ergibt sich daraus, dass das Verlangen der BMJ gemäß §58 Abs2 VO-UA am 25.10.2022 gestellt wurde und die dreimonatige Hemmungsfrist noch nicht abgelaufen ist. Diese Hemmungsfrist endet allerdings früher, wenn entweder ein Beschluss über das Erfordernis des Abschlusses einer Konsultationsvereinbarung oder über die Auslegung einer solchen gefasst wird.

Entscheidungstexte

  • UA94/2022
    Entscheidungstext VfGH Beschluss 02.12.2022 UA94/2022

Schlagworte

VfGH / Untersuchungsausschuss, VfGH / Prüfungsgegenstand, Bundesminister, Nationalrat, Strafprozessrecht, Ladung, Fristen, Ermittlungsverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2022:UA94.2022

Zuletzt aktualisiert am

12.12.2022
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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