TE Lvwg Erkenntnis 2022/11/4 LVwG-2022/39/1091-1

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Veröffentlicht am 04.11.2022
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Entscheidungsdatum

04.11.2022

Index

L82007 Bauordnung Tirol
8200 Bauordnung
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

BauO Tir 2022 §29
BauO Tir 2022 §31
BauO Tir 2022 §34
Bauunterlagenverordnung 2020 §2
AVG §13 Abs3
  1. AVG § 13 heute
  2. AVG § 13 gültig ab 15.08.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 57/2018
  3. AVG § 13 gültig von 01.01.2012 bis 14.08.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2011
  4. AVG § 13 gültig von 01.01.2011 bis 31.12.2011 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2008
  5. AVG § 13 gültig von 01.01.2008 bis 31.12.2010 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2008
  6. AVG § 13 gültig von 01.07.2004 bis 31.12.2007 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004
  7. AVG § 13 gültig von 01.03.2004 bis 30.06.2004 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004
  8. AVG § 13 gültig von 20.04.2002 bis 29.02.2004 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 65/2002
  9. AVG § 13 gültig von 01.01.2002 bis 19.04.2002 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 137/2001
  10. AVG § 13 gültig von 01.01.1999 bis 31.12.2001 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 158/1998
  11. AVG § 13 gültig von 01.02.1991 bis 31.12.1998

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seine Richterin Dr.in Mair über die Beschwerde der AA, Adresse 1, **** Z, vertreten durch RA BB, Adresse 2, **** Y, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Z vom 04.02.2022, ***, betreffend eine Zurückweisung eines Bauansuchens gemäß § 34 Abs 2 Tiroler Bauordnung 2022

zu Recht:

1.       Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Dem Akt liegt ein Aktenvermerk vom 12.11.2021 des Inhalts ein, dass anlässlich eines behördlich durchgeführten Lokalaugenscheins über die am Fenster angebrachte blickdichte Folie hinweg in den Ausstellungsraum des Gebäudes Adresse 1 eingesehen werden und dabei die Errichtung eines Mauerwerks für eine Bar, vorhandene Couch und Kühlschrank und neu verlegter Estrich festgestellt haben werden können.

Mit Schreiben vom 23.12.2021 (eingelangt am 28.12.2021) beantragte die rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführerin wie folgt:

„….

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

….

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Z vom 15.04.1992, Zl *** wurde im Erdgeschoß der nordwestseitige Raum als „Ausstellungsraum“ für eine Werkstätte gewidmet.

Meine Mandantin stellt den

Antrag

auf baubehördliche Bewilligung der Änderung des Verwendungszweckes von „Ausstellungsraum“ auf „Vereinsraum“.

Mit dieser Änderung sind keine baulichen Maßnahmen verbunden. Es kann daher auf die im Bauakt aufliegenden Planunterlagen und die Baubeschreibung verwiesen werden, aufgrund derer eine eingehende Beurteilung, ob die beantragte Änderung den gesetzlichen Vorschriften entspricht, möglich ist. Der beabsichtigte Verwendungszweck des Raumes beschränkt sich auf die Nutzung als privater Raum für einen privaten Verein ohne eine gewerbliche Tätigkeit.

…“

Mit Schreiben der belangten Behörde vom 10.01.2022 wurde der Beschwerdeführerin wie folgt aufgetragen:

„Betreff: Mängelbehebungsverfahren zum Bauvorhaben Zl. *** v 23.12.2021   Änderung des Verwendungszweckes von Ausstellungsraum auf Vereinsraum

          Objekt: HNr. Adresse 1, **** Z

Sehr geehrte Frau AA!

Mit Eingabe vom 23.12.2021, hieramts eingelangt am 28.12.2021, haben Sie um die Erteilung der Baubewilligung für das im Betreff genannte Bauvorhaben auf Gst. Nr. **1, EZ ***, KG ***** Z, angesucht. Im Zuge der Prüfung Ihres Bauansuchens hat die Baubehörde festgestellt, dass das Bauansuchen mangelhaft und unvollständig eingebracht wurde und daher weder genehmigungsfähig noch beurteilbar ist. Aufgrund fehlender Beurteilungsunterlagen kann das Bauverfahren auch nicht an den hochbautechnischen Bausachverständigen und an die Landesstelle für Brandverhütung zur Beurteilung vorgelegt werden. Dies aus nachstehenden Gründen:

Da „Bauansuchen“ beinhaltet lediglich einen zweiseitigen Antrag auf Änderung des Verwendungszweckes von „Ausstellungsraum“ in „Vereinsraum“. Im obbezeichneten Antrag wird folgendes vorgebracht (Hervorhebung durch die Baubehörde): „Mit dieser Änderung sind keine baulichen Maßnahmen verbunden. Es kann daher auf die im Bauakt aufliegenden Planunterlagen und die Baubeschreibung verwiesen werden, aufgrund derer eine eingehende Beurteilung, ob die beantragte Änderung den gesetzlichen Vorschriften entspricht, möglich ist. Der beabsichtige Verwendungszweck des Raumes beschränkt sich auf die Nutzung als privater Raum für einen privaten Verein ohne eine gewerbliche Tätigkeit“.

In diesem Zusammenhang ist entgegenzuhalten, dass in den zuletzt konsentierten Plänen vom 15.04.1992 im „Ausstellungsraum“ sowohl ein Raum für „WC“ als auch ein Raum für „Büro“ als jeweils getrennte geschlossene Räume bewilligt wurde. Anhand der Ihnen bekannten Lichtbilder, welche von einem Organ der Baubehörde aufgenommen wurden, ist erkennbar, dass die beiden vorgenannten Räume zwischenzeitlich abgetragen wurden. Ebenfalls wurde in Natura auch die Aufgehrichtung von zumindest einer Türe gegenüber der letztgültigen Baubewilligung abgeändert. Aufgrund der bereits vorgenommenen baulichen Änderungen sind jedenfalls entsprechende Unterlagen und Pläne nach den einschlägigen Bestimmungen der Tiroler Bauordnung 2018 vorzulegen. „Einladungen“ an die Baubehörde, sich an den im Bauakt vorhandenen Unterlagen zu bedienen, kennen die Tiroler Bauordnung 2018 und die darin normierten Formvorschriften nicht.

Für die Beurteilung der baurechtlichen Genehmigungsfähigkeit sind somit die im § 2 BauunterlagenVO 2020 angeführten Unterlagen vollständig vorzulegen. Erst anhand dieser Planunterlagen kann seitens des hochbautechnischen Bausachverständigen und der Landesstelle für Brandverhütung überprüft werden, ob die verfahrensgegenständlichen Gebäudeteile so geplant sind, dass diese entsprechend dem Stand der Technik die bautechnischen Erfordernisse, insbesondere der mechanischen Festigkeit und Standsicherheit, des Brandschutzes, der Hygiene, der Gesundheit und des Umweltschutzes, der Nutzungssicherheit etc. erfüllen. Die Nutzung als Vereinsraum, in welchem sich nach den Erfahrungen des täglichen Lebens mehrere Personen gleichzeitig über einen längeren Zeitraum aufhalten, stellt andere Anforderungen an die Sicherheit, den Brandschutz und die gesundheitlichen Verhältnisse als eine, wie in diesem Fall zuletzt baurechtlich konsentierte Schlossereiwerkstätte mit Ausstellungsraum und Nebenräumen.

Die Bestimmungen der Verordnung der Tiroler Landesregierung vom 1. Dezember 2020 über den Inhalt und die Form der Unterlagen von Bauansuchen und Bauanzeigen (Bauunterlagenverordnung 2020), LGBl Nr 132/2020 lauten wie folgt:

….

§ 2 Bauunterlagen für Umbauten und sonstige Änderungen von Gebäuden

(wird vollständig wiedergegeben)

….

§ 5

Planunterlagen für bewilligungspflichtige Bauvorhaben

(wird vollständig wiedergegeben)

….

Zusammenfassend sind somit nachstehende Unterlagen vollständig und gesammelt vorzulegen:

?    Die im § 2 BauunterlagenVO 2020 normierten Planunterlagen in dreifacher Ausfertigung – siehe § 29 Abs 2 TBO 2018. Der Grundriss hat, insbesondere zur brandschutzrechtlichen Beurteilung, das gesamte Erdgeschoß des Objektes HNr. Adresse 1 samt erforderlicher brandschutztechnischer Klassifizierung der Trennwände und Türen zu beinhalten. Darzustellen ist in den Unterlagen selbstverständlich als „Bestand“ jener Zustand, der einer rechtskräftigen Baubewilligung entspricht. Der tatsächliche Zustand „in Natura“ ist dabei ohne jeden Belang. Es kommt nämlich nicht darauf an, welchen Zustand das Gebäude im Inneren tatsächlich aufweist, sondern welche Baubewilligung dafür vorliegen (siehe etwa LVwG Tirol v. 11.03.2019, ***). Entsprechende Änderungen sind in den jeweiligen Farben gem. § 5 BauunterlagenVO 2020 darzustellen.

?    Eine Stellplatzberechnung nach § 4 vierter Satz der vom Gemeinderat der Gemeinde Z beschlossenen Garagen- und Stellplatzverordnung. Die erforderlichen Stellplätze sind entsprechend der OIB-RL 4, Tabelle 2, Ausgabe April 2019, im Grundriss darzustellen und zu bemaßen.

?    Ein Verzeichnis der an den Bauplatz angrenzenden Grundstücke. Das Verzeichnis hat Namen und Adressen der Eigentümer und allfälliger Bauberechtigter zu enthalten – siehe § 29 Abs 2 lit c TBO 2018.

?    Im Falle des § 20 Abs 3 TBO 2018 eine Beschreibung der Abweichungen unter Anführung der betroffenen Bestimmungen, eine Beschreibung und erforderlichenfalls planliche Darstellung jener Vorkehrungen, mit denen den Erfordernissen nach § 18 Abs 1, 2 und 4 leg cit entsprochen werden soll, sowie ein Gutachten über die Eignung dieser Vorkehrungen; das Gutachten muss von einer dazu befugten Person oder Stelle erstellt werden.

Gemäß § 31 Abs 5 Tiroler Bauordnung 2018 sind die Planunterlagen vom Bauwerber und von ihrem Verfasser zu unterfertigen. Die Planunterlagen müssen von einer dazu befugten Person oder Stelle (Architekt, Baumeister udgl.) verfasst sein.

Sie werden aufgefordert, die aufgezeigten Mängel zu beheben und die fehlenden Projektunterlagen gesammelt bis spätestens drei Wochen nach Zustellung dieses Schreibens nachzureichen. Auf die Verfahrensförderungspflicht im Sinne des § 39 Abs 2a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG wird zusätzlich hingewiesen.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hängt die Angemessenheit der Frist von der Art des Mangels ab und beurteilt sich daher etwa bei Fehlen von Belegen danach, wie viel Zeit für die Vorlage vorhandener, nicht hingegen für die Beschaffung noch fehlender Unterlagen erforderlich ist (vgl VwGH 96/07/0184M 2000/07/0261; 2005/04/0118; VwSlg 17.427 A/2008).

Sollten Sie diesem Verbesserungsauftrag nicht innerhalb der gesetzten Frist zur Gänze nachkommen, müsste Ihr Ansuchen gemäß § 34 As 2 TBO 2018 iVm § 13 Abs 3 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 – AVG zurückgewiesen werden (vgl Hengstschläger/Leeb, AVG Rz 30 zu § 13 (Stand 1.1.2014, rdb.at). Werden die Mängel rechtzeitig behoben, so gilt der Antrag als ursprünglich richtig eingebracht (§ 13 Abs 3 AVG 1991).

Hinweis: Sobald die Einreichunterlagen auf die Genehmigungsfähigkeit überprüft worden sind, wird eine Bauverhandlung an Ort und Stelle unter Beiziehung des hochbautechnischen Bausachverständigen, der Landesstelle für Brandverhütung und der Nachbarn iSd § 33 TBO 2018 anberaumt.

…“

(Anm: Hervorhebungen jeweils im Original)

Dieses Schreiben wurde der Beschwerdeführerin nachweislich am 14.01.2022 über deren Rechtsvertreter zugestellt.

Mit nunmehr angefochtenem Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Z vom 04.02.2022 wurde das Bauansuchen (Eingabe vom 28.12.2021) gemäß § 34 Abs 2 TBO 2018 zurückgewiesen.

Begründend wurde - unter vollständiger Wiedergabe des Verbesserungsauftrages - auf die nachweisliche Zustellung des Verbesserungsauftrages am 14.01.2022 und auf das Ende der mit drei Wochen bestimmten Frist mit Freitag, dem 04.02.2022, 12:00 Uhr (Ende der Amtsstunden), Bezug genommen. Da die Bauwerberin trotz ausdrücklicher Aufforderung und unter Hinweis auf die Rechtsfolgen dem Verbesserungsauftrag nicht innerhalb der aufgetragenen Frist nachgekommen sei, wäre das Ansuchen nach § 34 Abs 2 TBO 2018 zurückzuweisen gewesen.

Dieser Bescheid wurde der Beschwerdeführerin über ihren Rechtsvertreter am 08.02.2022 nachweislich zugestellt.

Mit per E-Mail am 04.02.2022, 16:07:14 Uhr, bei der belangten Behörde eingegangenem Schreiben hielt die Beschwerdeführerin vor, dass entgegen dem Vorhalt der Behörde „WC“ und „Büro“ nicht zwischenzeitlich abgetragen worden, sondern nie ausgeführt worden wären, ebenso halte es sich mit der Aufgehrichtung der Türen, welche von Anfang an in der planlich entgegengesetzten Richtung montiert worden seien. Weitere Änderungen gäbe es nicht. Diese Änderungen bedürften weder einer Baubewilligung noch einer Bauanzeige und wären für die beabsichtigte Änderung des Verwendungszweckes ohne Relevanz. Für die Beurteilung der baurechtlichen Genehmigungsfähigkeit wären daher weiterhin die bereits vorliegenden Unterlagen ausreichend. Im Übrigen werde zugestimmt, dass nur jene Unterlagen vorzulegen seien, die den Bestand und nicht den tatsächlichen Zustand in Natura ausweisen würden. Diese Unterlagen lägen jedoch bereits vor. Nachdem sämtliche Grundlagen für eine Prüfung der Bewilligungsfähigkeit bereits vorlägen, käme einer Neueinreichung derselben Unterlagen keine Eignung zu, eine geänderte Grundlage für die beantragte Änderung zu schaffen. Auch wenn zuzustimmen sei, dass grundsätzlich die im Verbesserungsauftrag angeführten Planunterlagen vorzulegen seien, könne im Einzelfall doch von diesem Grundsatz abgegangen werden, wenn aufgrund der Unterlagen feststehe, dass die Änderung des Verwendungszweckes jedenfalls bewilligungsfähig sei und sie es der Behörde ermöglichen würden, das Bauvorhaben an allen wesentlichen baurechtlichen Aspekten zu beurteilen. Ein darüberhinausgehender Zweck wäre mit der Pflicht zur Vorlage von Planunterlagen nicht verbunden.

In fristgerecht gegen den Bescheid vom 04.02.2022 erhobener Beschwerde wird nach einer Darstellung des Verfahrensgeschehens vorgehalten, dass die belangte Behörde weder auf der Amtstafel noch im Internet darauf hinweise, dass Anbringen nur während der Amtsstunden entgegengenommen würden, womit die Voraussetzungen des § 13 Abs 5 AVG nicht vorlägen. Die Eingabe der Beschwerdeführerin wäre daher am 04.02.2022 rechtzeitig eingebracht und die Zurückweisung rechtswidrig. Die belangte Behörde habe sich aufgrund des Zurückweisungsgrundes auch nicht mehr mit dem Vorbringen der Beschwerdeführerin vom 04.02.2022 auseinandergesetzt, andernfalls sie den Antrag aufgrund des Vorliegens sämtlicher Voraussetzungen für eine Bewilligung bewilligt hätte. Der Verbesserungsauftrag wäre nicht erforderlich gewesen. Mit der Änderung seien keine baulichen Änderungen verbunden, der Behörde lägen sämtliche Unterlagen für die Beurteilung der Zulässigkeit der Änderung vor. Die dennoch angeforderten Bauunterlagen sollten den baubewilligten Bestand und nicht den Zustand in natura ausweisen, da letzterer ohne Belang sei. Somit ändere sich am Ausstellungsraum auch planlich nichts. Die Beschwerdeführerin hätte sohin Pläne erstellen und einreichen sollen, die die belangte Behörde bereits habe. Der Mängelbehebungsauftrag diene keinem Umstand, der die Behörde erst in die Lage versetzten würde, den Antrag inhaltlich zu prüfen und zu erledigen.

In ihrem Vorlageschreiben beantragte die belangte Behörde die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung

II.      Beweiswürdigung:

Beweis wurde aufgenommen durch Einschau in den behördlichen Bauakt.

Der maßgebliche Sachverhalt ergibt sich in entscheidungsreifem Umfang bereits aus der Aktenlage. Es waren Rechtsfragen zu beurteilen. Die von der belangten Behörde beantragte mündliche Verhandlung konnte unterbleiben. Die Akten haben bereits erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Einem Entfall der Verhandlung standen weder Art 6 Abs 1 MRK noch Art 47 GRC entgegen.

Die Beschwerdeführerin selbst beantragte keine mündliche Verhandlung.

III.     Rechtslage:

Es gilt folgende maßgebliche Bestimmung der Tiroler Bauordnung 2022 – TBO 2022, LGBl Nr 44/2022 idF LGBl Nr 62/2022:

㤠8

Abstellmöglichkeiten für Kraftfahrzeuge

(1) Beim Neubau von Gebäuden und bei der Errichtung sonstiger baulicher Anlagen sind für die zu erwartenden Kraftfahrzeuge der ständigen Benützer und der Besucher der betreffenden baulichen Anlage geeignete Abstellmöglichkeiten in ausreichender Anzahl und Größe einschließlich der erforderlichen Zu- und Abfahrten nachzuweisen. Diese Verpflichtung besteht auch bei jedem Zu- oder Umbau oder jeder sonstigen Änderung von Gebäuden, bei der Änderung des Verwendungszweckes von Gebäuden und bei der Änderung sonstiger baulicher Anlagen, soweit dadurch ein zusätzlicher Bedarf an Abstellmöglichkeiten entsteht. Die Anzahl der mindestens nachzuweisenden Abstellmöglichkeiten ist in der Baubewilligung festzulegen und darf die höchstzulässige Anzahl von Abstellmöglichkeiten nach Abs. 7 oder die in einer Verordnung nach Abs. 6 festgelegten Höchstzahlen nicht überschreiten.

….

(3) Die nach Abs. 1 erforderlichen Abstellmöglichkeiten dürfen von der betreffenden baulichen Anlage höchstens 300 m, gemessen nach der kürzesten Wegverbindung, entfernt sein. Diese Entfernung kann überschritten werden, wenn

a) aufgrund des Baubestandes oder aufgrund von Verkehrsbeschränkungen, wie insbesondere durch Fußgängerzonen, die Abstellmöglichkeiten nur in entsprechend größerer Entfernung nachgewiesen werden können oder

b) dies im Interesse der angestrebten Verkehrsberuhigung in bestimmten Gebieten zweckmäßig ist.

….

§ 20

Technische Bauvorschriften

(1) Die Landesregierung hat durch Verordnung nähere Bestimmungen darüber zu erlassen, welchen bautechnischen Erfordernissen nach § 18 Abs. 1, 2 und 4 bauliche Anlagen und Bauteile allgemein oder im Hinblick auf ihre Art jedenfalls entsprechen müssen. ….

….

(3) Die Behörde kann von der Einhaltung einzelner Bestimmungen von Verordnungen nach Abs. 1 absehen, wenn der Bauwerber durch ein Gutachten nach § 29 Abs. 2 lit. e nachweist, dass durch andere geeignete Vorkehrungen den Erfordernissen nach § 18 Abs. 1, 2 und 4 entsprochen wird.

….

§ 29

Bauansuchen

….

(2) Dem Bauansuchen sind die Bauunterlagen (§ 31) in dreifacher Ausfertigung sowie die sonstigen zur Beurteilung der Zulässigkeit des Bauvorhabens nach den bau- und raumordnungsrechtlichen Vorschriften erforderlichen Unterlagen anzuschließen. Diese haben jedenfalls zu enthalten:

c) ein Verzeichnis der an den Bauplatz angrenzenden Grundstücke einschließlich der Namen und Adressen der Eigentümer und allfälliger Bauberechtigter;

….

e) im Fall des § 20 Abs. 3 eine Beschreibung der Abweichungen unter Anführung der betroffenen Bestimmungen, eine Beschreibung und erforderlichenfalls planliche Darstellung jener Vorkehrungen, mit denen den Erfordernissen nach § 18 Abs. 1, 2 und 4 entsprochen werden soll, sowie ein Gutachten über die Eignung dieser Vorkehrungen; das Gutachten muss von einer dazu befugten Person oder Stelle erstellt werden.

…..

§ 31

Bauunterlagen

(1) Die Landesregierung hat durch Verordnung nähere Bestimmungen über den Inhalt und die Form der Bauunterlagen zu erlassen. Dabei sind jedenfalls die Anforderungen an die Bauunterlagen für bewilligungspflichtige Neu-, Zu- und Umbauten von Gebäuden, für sonstige bewilligungspflichtige und für anzeigepflichtige Bauvorhaben zu bestimmen. …..

….

(4) Die Behörde kann dem Bauwerber, wenn die der Verordnung nach Abs 1 entsprechenden Bauunterlagen zur Beurteilung der Zulässigkeit des Bauvorhabens nicht ausreichen, die Vorlage weiterer Bauunterlagen, insbesondere auch die Darstellung der Höhenverhältnisse des Geländes durch Höhenkoten, Höhenschichtlinien und dergleichen, auftragen. Die Behörde kann dem Bauwerber weiters die Darstellung des Bauvorhabens als Modell oder mittels Computersimulation auftragen, wenn dies insbesondere aufgrund seiner Größe oder Komplexität für die Zwecke des Verfahrens erforderlich ist. Aus diesem Grund kann dem Bauwerber weiters die Vorlage weiterer Ausfertigungen der Bauunterlagen aufgetragen werden. ….

….

§ 34

Baubewilligung

….

(2) Das Bauansuchen ist zurückzuweisen, wenn einem Mängelbehebungsauftrag nach § 13 Abs. 3 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 oder einem Auftrag nach § 32 Abs. 11 nicht entsprochen wird.

….“

Die von der belangten Behörde bezuggenommenen Bestimmungen der im Zeitpunkt der Erlassung des Verbesserungsauftrages (noch) geltenden Tiroler Bauordnung 2018 entsprechen in den relevanten Inhalten der ab 01.05.2022 anzuwendenden wiederverlautbarten Tiroler Bauordnung 2022.

Die Bauunterlagenverordnung 2020, LGBl Nr 132/2020, lautet:

„1. Abschnitt

Inhalt der Bauunterlagen für bewilligungspflichtige Bauvorhaben

§ 1

Bauunterlagen für Neu- und Zubauten von Gebäuden

….

§ 2

Bauunterlagen für Umbauten und sonstige Änderungen von Gebäuden

(1) Die einem Bauansuchen für den Umbau oder die sonstige Änderung eines Gebäudes anzuschließenden Bauunterlagen haben zu umfassen:

a) die Grundrisse,

b) die Ansichten,

c) die Schnitte,

d) die Baubeschreibung,

e) bei größeren Renovierungen von Gebäuden im Zusammenhang mit Umbauten und sonstigen Änderungen von Gebäuden, sofern dadurch konditionierte Räume neu geschaffen werden, den Energieausweis. Dieser hat ein Formblatt nach dem Muster der Anlage 6a im Sinn des § 34 Abs. 1 Technische Bauvorschriften 2016, zu enthalten.

(2) Die Grundrisse haben zu enthalten:

a) – h)

(3) Die Ansichten haben …. zu enthalten.

(4) Die Schnitte haben zu enthalten:

a) – c)

(5) Die Baubeschreibung hat … zu enthalten, soweit … sind. Sie hat insbesondere Angaben zu enthalten über:

a) – l)

(6) Die Angaben nach Abs 5 lit b bis l ….. erforderlich sind.

§ 3

Bauunterlagen für die Errichtung und Änderung sonstiger baulicher Anlagen

….

3. Abschnitt

Form der Planunterlagen

§ 5

Planunterlagen für bewilligungspflichtige Bauvorhaben

….“

IV.      Erwägungen:

1.       Gemäß § 13 Abs 3 AVG ermächtigen Mängel schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zu dessen sofortiger Zurückweisung, vielmehr ist von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels mit der Wirkung aufgetragen werden, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden, angemessenen Frist zurückgewiesen wird.

Mit einem Zurückweisungsauftrag darf nur dann vorgegangen werden, wenn das Anbringen einen Mangel aufweist, also von für die Partei erkennbaren Anforderungen des Materiengesetzes oder des AVG an ein vollständiges, fehlerfreies Anbringen abweicht.

Die Behörde hat im Verbesserungsauftrag konkret anzugeben, welche vom Gesetz geforderten Eigenschaften dem Anbringen fehlen.

Die Behörde kann auch nur die Vorlage von Unterlagen verlangen, die für die Entscheidung des Parteibegehrens notwendig sind.

Von Mängeln des Anbringens im Sinne des § 13 Abs 3 AVG sind solche Unzulänglichkeiten zu unterscheiden, welche nicht die Vollständigkeit des Anbringens betreffen, sondern sonst im Lichte der anzuwendenden Vorschriften seine Erfolgsaussichten beeinträchtigen, sei es, dass dieses wegen des Inhalts des darin vorgetragenen Begehrens (zB wegen mangelnder Genehmigungsfähigkeit des beantragten Projektes) abzuweisen oder aus sonstigen formalen Gründen (zB Verspätung oder mangelnde Parteistellung) zurückzuweisen ist. Nach dem klaren Willen des Gesetzgebers wird die Behörde nicht durch § 13 Abs 3 AVG verpflichtet, die Partei zu einer solchen „Verbesserung“ (in Wahrheit: Änderung) des Anbringens aufzufordern, welche eine stattgebende Entscheidung ermöglicht. Mängel, die bloß zur Abweisung des Begehrens führen, sind keinesfalls verbesserungsfähig.

Hat die Behörde zu Unrecht die Mangelhaftigkeit des Anbringens angenommen, so ist der Zurückweisungsbescheid inhaltlich rechtswidrig.

Die Zurückweisung eines Anbringens im Sinne des § 13 Abs 3 AVG ist nur zulässig, wenn die Behörde dem Antragsteller dessen Verbesserung nachweislich aufgetragen hat – und, handelt es sich um eine unvertretene Partei - auf die Rechtsfolgen der Zurückweisung bei nicht fristgerechter Verbesserung hingewiesen hat.

2.       Der Verbesserungsauftrag vom 10.01.2022 enthält nun Aufforderungen zur Beibringung von Nachweisen und Unterlagen, welche teils zutreffend verbesserungsfähige bzw -notwendige Mängel betreffen, teils wurden jedoch Verbesserungen unzulässig bzw für das beantragte Bauvorhaben überschießend beauftragt.

Nachforderungen im Hinblick auf die Stellplatzfrage (Aufzählungspunkt 2 der Zusammenfassung) erweisen sich auf der Rechtsgrundlage des § 8 Abs 1 zweiter Satz in Verbindung mit Abs 3 TBO 2022 grundsätzlich zulässig, als (wie gegenständlich) bei der Änderung des Verwendungszweckes von Gebäuden, soweit dadurch ein zusätzlicher Bedarf an Abstellmöglichkeiten besteht, die für die zu erwartenden Benützer und Besucher der betreffenden baulichen Anlage geeigneten Abstellmöglichkeiten in ausreichender Anzahl und Größe einschließlich der erforderlichen Zu- und Abfahren nachzuweisen sind; wobei es hier aber auch zu bedenken gilt, dass der entsprechende Nachweis auch im Sinne der Bestimmung des Abs 3 erbracht werden kann (Entfernung von höchstens 300 m, gemessen nach der kürzesten Wegverbindung, in Ausnahmefällen darüber).

Die Stellplätze sollen laut Aufforderung im „Grundriss“ dargestellt werden (S. 4, Aufzählungspunkt 2).

Ungeachtet einer näheren Auslegung dahingehend, welcher „Grundriss“ damit bezeichnet werden soll (wobei aufgrund des textlichen Zusammenhanges wohl der Grundriss laut § 2 Bauunterlagenverordnung 2020, damit der in Bezug auf das Gebäude zu erstellende Grundriss gemeint sein sollte, wobei damit aber auch die Möglichkeit nach § 8 Abs 3 TBO 2022 unterlaufen wäre), ist weiters grundsätzlich anzumerken, dass die der Forderung zugrunde gelegte Tabelle 2 der OIB-RL 4 Werte und Größenordnungen für ausdrücklich Personenkraftwagen festgelegt, die zu erwartenden Kraftfahrzeuge der Benützer und Besucher hingegen – entsprechend dem beantragten Verwendungszweck - vornehmlich Motorräder sein werden.

Das Verzeichnis der an den Bauplatz angrenzenden Grundstück sowie insbesondere auch ein Verzeichnis der Namen und Adressen der Eigentümer und der allfälligen Bauberechtigten an diesen Grundstücken (einforderbar nach § 29 Abs 2 lit c TBO 2022; einforderbar insbesondere auch vor dem Hintergrund deren Parteistellung als Nachbarn im Verfahren und deren subjektivem Mitspracherecht in Bezug auf die Klärung der Immissionsfrage) muss gegenständlich als eine zur Verbesserung aufzutragende Unterlage anerkannt werden, dies schon in Anbetracht des vorliegenden Umstandes, dass die Erteilung der Baubewilligung mit dem Jahre 1992 (15.04.1992) mehr als 30 Jahre zurückliegt und sich seit dieser Zeit sowohl Grundstücksstand als auch Eigentümerstand bzw Stand der Bauberechtigten zwischenzeitlich denkbar neu geordnet haben können.

3.       Hingegen gilt im Weiteren Folgendes:

Angesucht wurde (ausschließlich) um Verwendungszweckänderung, konkret um Änderung von Ausstellungsraum in Vereinsraum. (Allfällige) bauliche Maßnahmen sind nicht antragsgegenständlich. Verwendungszweckänderungen stellen bewilligungspflichtige Bauvorhaben dar, wenn sie auf die Zulässigkeit des Gebäudes oder Gebäudeteiles nach den bau- oder raumordnungsrechtlichen Bestimmungen von Einfluss sein können (dabei genügt eine abstrakte Einflussmöglichkeit, wobei eine solche vorliegend sowohl im Hinblick auf baurechtliche Bestimmungen – etwa unter brandschutzmäßigen und gesundheitlichen Gesichtspunkten - aber auch im Hinblick auf raumordnungsrechtliche Bestimmungen – Widmungskonformität etwa im Hinblick auf den Immissionsschutz - besteht).

Änderungen des Verwendungszweckes eines bestehenden Gebäudes oder Gebäudeteiles dürfen selbstredend nur dann bewilligt werden, wenn auch das Gebäude bzw der Gebäudeteil, das/der von der Verwendungszweckänderung betroffen ist, als solches/r über einen aufrechten Baukonsens verfügt, dh Verwendungszweckänderungen von baulichen Anlagen setzen eine in ihrer Ausführung konsentierte bauliche Anlage voraus. Trifft dies nicht zu, sind Änderungen des Verwendungszweckes (sollte nicht auch für die (gänzlich konsenslose oder abgeändert ausgeführte) bauliche Anlage gleichzeitig ein nachträglicher Konsens erwirkt werden) nicht genehmigbar, festgestellte konsenslose Bauführungen wären mit einem baupolizeilichen Auftrag zu sanktionieren.

Bauwille der Beschwerdeführerin ist vorliegend allein die Verwendungszweckänderung. Diese Einschränkung im Gegenstand bringt sie in ihrem Bauansuchen vom 23.12.2021 offenkundig zum Ausdruck. Ausdrücklich beantragt ist im Konkreten eine Verwendungszweckänderung des Ausstellungsraumes in einen Vereinsraum.

Bei einer Baubewilligung handelt es sich um einen antragsbedürftigen Verwaltungsakt. Der Inhalt eines solchen Antrages konstituiert und begrenzt den Prozessgegenstand des Verwaltungsverfahrens, also die (Verwaltungs-)“Sache“. Die Behörde darf nur im Umfang des Antrages tätig werden und entscheiden, sie darf jedoch den zum Ausdruck gebrachten Bauwillen nicht eigenmächtig abändern oder etwa auch nicht ausdehnen. Die Behörde darf aber auch nicht Unterlagen in einer Art und in einem Umfang nachfordern, welche im Ergebnis einer solchen unzulässigen Ausdehnung des Bauwillens gleichkäme.

Einem Bauansuchen sind die für das konkrete Bauvorhaben notwendigen Unterlagen im Rahmen bzw auf Grundlage der dazu aufgestellten gesetzlichen Vorgaben beizuschließen.

Die auf der Grundlage des § 31 TBO 2018 verordnete Bauunterlagenverordnung 2020 (verwiesen in § 29 Abs 2 erster Satz erster Teilsatz TBO 2022) stellt in Bezug auf bewilligungspflichtige Bauvorhaben Erfordernisse nur für Neu- und Zubauten von Gebäuden (§ 1; § 28 Abs 1 lit a TBO 2022), für Umbauten und sonstige – Anm: bauliche – Änderungen von Gebäuden (§ 2; § 28 Abs 1 lit a und b TBO 2022) sowie für die Errichtung und Änderung sonstiger baulicher Anlagen (§ 3; § 28 Abs 1 lit f TBO 2022) auf. Bauunterlagen für das bewilligungspflichtige Bauvorhaben einer Verwendungszweckänderung von Gebäuden oder Gebäudeteilen (§ 28 Abs 1 lit c TBO 2022) sind nicht Regelungsinhalt der Bauunterlagenverordnung 2020. Darüber hinaus handelt es sich auch bei den nach § 31 Abs 4 TBO 2022 erforderlichenfalls vorzuschreibenden „weiteren Bauunterlagen“ ausschließlich um für bauangesuchte bauliche Maßnahmen notwendige Unterlagen, wie dies die einleitende Bezugnahme auf die Verordnung nach Abs 1 (Bauunterlagenverordnung 2020) sowie auch die beispielhaft aufgezählten und unter „dergleichen“ zu subsumierenden Bauunterlagen offenkundig zum Ausdruck bringen.

§ 2 der Bauunterlagenverordnung 2020 ist somit schon für sich nicht zulässige Grundlage für die einem Bauansuchen um Verwendungszweckänderung anzuschließenden Bauunterlagen, wie dies aber die belangte Behörde mit ihrem Verbesserungsauftrag forderte.

Der Behörde oblag es – wie dargelegt - im Umfang der hier beantragten Verwendungszweckänderung unter anderem zu prüfen, ob auch der Baubestand des Gebäudes oder des (trennbaren) Gebäudeteiles über einen entsprechenden baurechtlichen Konsens verfügt. In diesem (einschlägigen) Prüfungsumfang haben sich – auf der Grundlage des § 29 Abs 2 erster Satz zweiter Teilsatz TBO 2022 - die zur Verbesserung nachzufordernden Unterlagen und Nachweise sowohl im Hinblick auf ihre Art als auch ihren Umfang zu bewegen. Auswahl und Umfang der nachforderbaren Unterlagen richten sich nach dem jeweiligen Einzelfall und dazu festgestelltem Sachverhalt. Darüberhinausgehende Nachforderungen sind hingegen überschießend und nicht in der Verbesserungsermächtigung des § 13 Abs 3 AVG gedeckt.

Die belangte Behörde forderte nun aber – als Reaktion auf die anlässlich des Lokalaugenscheins im Ausstellungsraum festgestellten baulichen Abänderungen gegenüber der Genehmigung – eine Vorlage der im § 2 Bauunterlagenverordnung 2020 vollständig angeführten Unterlagen (S. 2 des Verbesserungsauftrages), diese vollständigen Unterlagen wären in dreifacher Ausfertigung vorzulegen, entsprechend dem § 5 Bauunterlagenverordnung 2020 farblich darzustellen, dabei der Grundriss für das gesamte Erdgeschoß des Objektes zu erstellen (S. 4 des Verbesserungsauftrages). Abgesehen davon, dass – wie ausgeführt - § 2 der Bauunterlagenverordnung 2020 schon für sich nicht Rechtsgrundlage für Bauansuchen um Verwendungszweckänderungen ist, forderte die belangte Behörde mit diesem Auftrag nach vollständiger Vorlage der in § 2 Bauunterlagenverordnung 2020 festgelegten Unterlagen damit in Wahrheit sogar eine komplette Baueinreichung im Umfang der mit dieser Bestimmung geregelten bewilligungspflichtigen Bauvorhaben. Im Ergebnis kam eine solche umfassende Forderung aber einer unzulässigen Ausdehnung des geäußerten Bauwillens - nämlich um gegenüber dem Baukonsens 1992 vorgenommene Bauabweichungen – nahe bzw gleich, was jedoch nicht in der Kompetenz der Baubehörde lag. Derartigen Erklärungswert bringt aber der Verbesserungsauftrag in seiner Gesamtschau zum Ausdruck. Dies ergibt sich insbesondere auch durch den ausdrücklichen Hinweis im Verbesserungsauftrag: „Sobald nach Überprüfung der Einreichunterlagen auf die Genehmigungsfähigkeit wird …..“. Auch die auf § 20 Abs 3 TBO 2022 gestützte Forderung (Aufzählungspunkt 4) stellt ausdrücklichen Bezug her zu den bautechnischen Anforderungen, welchen bauliche Anlagen zu entsprechen haben. Erklärter Bauwille bestand hingegen ausschließlich in einer Beantragung einer Verwendungszweckänderung, bauliche Maßnahmen wurden ausdrücklich ausgeschlossen.

Zutreffend wäre:

Bringen die im Umfang des § 13 Abs 3 AVG als - auf den Einzelfall abgestellten - verbesserungszulässig einzufordernden (Bau)Unterlagen zutage, dass ein Bauvorhaben – hier die beantragte Verwendungszweckänderung – im Lichte der anzuwendenden (materiell-rechtlichen) Vorschriften in seinen Erfolgsaussichten beeinträchtigt ist (siehe dazu Punkt 1), bilden derartige (inhaltliche) Mangelhaftigkeit aber keine Grundlage für einen darauf gerichteten Verbesserungsauftrag nach § 13 Abs 3 AVG, betreffen derartige die Erfolgsaussichten beeinträchtigende Umstände also nicht die Vollständigkeit des Anbringens. Vielmehr müssten derartige Ermittlungssachverhalte zur Konsequenz führen, dass das Bauansuchen – dies jedoch erst nach erfolgloser Einräumung der Möglichkeit an die Bauwerberin zur Änderung bzw (hier) auch nötigenfalls Erweiterung ihres Ansuchens (etwa um festgestellte abweichende Bauausführungen) in einer Weise, welche eine stattgebende Entscheidung ermöglichen würde – der Sache nach abzuweisen wäre.

Dadurch, dass die belangte Behörde ihren Verbesserungsauftrag nach § 13 Abs 3 AVG in diesen Hinsichten entgegen der Rechtslage fasste, belastete sie ihre Entscheidung in diesem Umfang mit Rechtswidrigkeit.

4.       Die Beschwerdeführerin brachte bis zum eingeräumten Fristende, aber auch nicht bis zur Erlassung des Zurückweisungsbescheides am 08.02.2022, keine der - zum Teil auch berechtigterweise im Sinne des § 13 Abs 3 AVG – nachgeforderten Unterlagen bei.

Einer Entscheidung, die ausgesprochene Zurückweisung in jenem Umfang, in dem der Verbesserungsauftrag zulässigerweise erteilt wurde, zu bestätigen, stand vorliegend jedoch die konkrete Formulierung des Verbesserungsauftrages entgegen. So forderte die belangte Behörde nämlich ausdrücklich, die aufgezeigten Mängel zu beheben und die fehlenden Projektunterlagen vollständig und gesammelt bis zum bestimmten Fristende nachzureichen bzw vorzulegen. Die belangte Behörde ordnete somit die Vorlage dieses Gesamtkonvoluts an Bauunterlagen an und drohte dabei die Zurückweisung des Ansuchens gemäß § 34 Abs 2 TBO 2022 iVm § 13 Abs 3 AVG ausdrücklich für den Fall an, dass dem Verbesserungsauftrag nicht zur Gänze (Anm: Hervorhebung im Original) innerhalb der gesetzten Frist nachgekommen werde (S. 4).

In logischer Schlussfolgerung und Konsequenz drückt die belangte Behörde damit aus, dass selbst bei Beibringung einzelner, tatsächlich zulässig geforderter Unterlagen das Bauansuchen in Anwendung des § 13 Abs 3 AVG zurückgewiesen wird, was sich aber hinsichtlich der nicht zur Verbesserung nachforderbaren Unterlagen mit dem Regelungsinhalt des § 13 Abs 3 AVG nicht vereinbaren lässt. Die Beibringung einzelner Unterlagen hätte den Beschwerdeführer damit nicht vor einer Zurückweisung seines Bauansuchens bewahrt.

Entsprach der Verbesserungsauftrag in seiner Gesamtsicht somit nicht dem Inhalt des § 13 Abs 3 AVG, vermochte er aber auch bei Nichtentsprechung nicht die Rechtsfolge der bescheidmäßigen Zurückweisung des Bauansuchens auszulösen.

5.       Aus den angeführten Gründen war daher im Ergebnis der Beschwerde Folge zu geben und der angefochtene Bescheid aufzuheben. Bei dieser Entscheidungslage war auf das weitere Beschwerdevorbringen, insbesondere dabei bezogen auf die Rechtzeitigkeit der Eingabe vom 04.02.2022, nicht weiter einzugehen.

V.       Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebührt von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr.in Mair

(Richterin)

Schlagworte

Mangelhaftigkeit
Zurückweisung Bauansuchen
nachforderbare Unterlagen
Bauunterlagenverordnung
Bauwille;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2022:LVwG.2022.39.1091.1

Zuletzt aktualisiert am

07.12.2022
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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