RS Vfgh 2022/9/20 E3490/2021

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Veröffentlicht am 20.09.2022
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Index

10/11 Vereins- und Versammlungsrecht

Norm

EMRK Art11
VereinsG 2002 §27, §29 Abs1
JN §1
ZPO §30
VfGG §7 Abs2, §18
  1. ZPO § 30 heute
  2. ZPO § 30 gültig ab 26.04.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 59/2017
  3. ZPO § 30 gültig von 01.01.1998 bis 25.04.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 140/1997
  4. ZPO § 30 gültig von 01.05.1983 bis 31.12.1997 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 135/1983
  1. VfGG § 7 heute
  2. VfGG § 7 gültig ab 22.03.2020 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 16/2020
  3. VfGG § 7 gültig von 01.01.2015 bis 21.03.2020 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 101/2014
  4. VfGG § 7 gültig von 01.01.2015 bis 31.12.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 92/2014
  5. VfGG § 7 gültig von 01.03.2013 bis 31.12.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013
  6. VfGG § 7 gültig von 01.07.2008 bis 28.02.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 4/2008
  7. VfGG § 7 gültig von 01.01.2004 bis 30.06.2008 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  8. VfGG § 7 gültig von 01.10.2002 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 123/2002
  9. VfGG § 7 gültig von 01.01.1991 bis 30.09.2002 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 329/1990
  10. VfGG § 7 gültig von 01.07.1976 bis 31.12.1990 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 311/1976

Leitsatz

Zurückweisung der Beschwerde eines Sportvereins und eines Mitglieds des Vereins gegen die behördliche Auflösung; kein Nachweis der Vertretungsbefugnis des einschreitenden Obmanns des — zur Erhebung der Beschwerde mangels Rechtskraft der Auflösung noch legitimierten — Vereins; keine Legitimation des Vereinsmitglieds zur Beschwerdeeinbringung mangels konstitutiver Eintragung der Vollbeendigung des Vereins im Vereinsregister

Rechtssatz

Legitimation des Vereins zur Beschwerdeeinbringung:

Der Verein wurde mit Bescheid vom 16.03.2021 gemäß §29 Abs1 dritter Fall VerG behördlich aufgelöst. Ob der Verein als erstbeschwerdeführende Partei zur Beschwerdeberechtigung legitimiert ist, richtet sich nach dem Zeitpunkt der Erhebung der Beschwerde. Eine Eintragung der Auflösung im Vereinsregister lag im Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung an den VfGH noch nicht vor und erfolgte auch zwischenzeitlich nicht. Die Rechtspersönlichkeit hat der Verein daher - mangels Eintragung seiner Auflösung im Vereinsregister - noch nicht verloren. Nach der stRsp des VfGH sind nach rechtskräftiger behördlicher Auflösung eines Vereins lediglich die (ehemaligen) Vereinsmitglieder Träger der Vereinsfreiheit. Bis zur rechtskräftigen Auflösung kommt somit dem Verein das Beschwerderecht gegen die Vereinsauflösung zu. Da der Verein im vorliegenden Fall noch nicht rechtskräftig aufgelöst ist, die Beendigung des Vereins somit noch nicht im Vereinsregister eingetragen wurde, kommt ihm weiterhin die Rechtsfähigkeit zu. Der Verein selbst ist somit befugt, gegen seine behördliche Auflösung vorzugehen.

Keine wirksame Vertretung des Vereins zum Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung:

Auf Grund der in der Beschwerde erfolgten Berufung auf die erteilte Vollmacht iSd §30 Abs2 ZPO bestanden hinsichtlich der erstbeschwerdeführenden Partei konkrete Zweifel ob ihrer wirksamen Vertretungsbefugnis. Davon konnte im vorliegenden Fall nicht ohne Weiteres ausgegangen werden, zumal im Vereinsregister nicht A, sondern nach wie vor B als organschaftlicher Vertreter des Vereins eingetragen ist. Daher forderte der VfGH den beschwerdeführenden Verein mit Verfügung gemäß §18 VfGG unter Hinweis auf die Säumnisfolgen auf, diesen Mangel innerhalb von einer Woche durch entsprechende Nachweise (namentliche Bekanntgabe des - in der Beschwerde nicht angegebenen - satzungsmäßig zuständigen Vereinsorgans und Nachweise seiner Legitimation) zu beheben. Diesem Mängelbehebungsauftrag wurde jedoch nicht fristgerecht entsprochen: Für die Beurteilung der Zulässigkeit der Beschwerde im Verfahren vor dem VfGH genügt es in einer Konstellation wie der vorliegenden nicht, wenn hinsichtlich der Vertretungsbefugnis die bloße Behauptung durch die beschwerdeführende Partei aufgestellt wird, A sei entsprechend den Statuten als neuer Obmann gewählt worden. So sind weder die Statutenänderung und die Anzeige einer Änderung der organschaftlichen Vertretung nach §14 Abs2 VerG aus dem Jahr 2021 bei der zuständigen Vereinsbehörde aktenkundig, noch wurde dem VfGH die tatsächliche Einbringung der Wahlanzeige bei der Landespolizeidirektion Steiermark nachgewiesen. Die Zweifel ob der Vertretungsbefugnis des Vereins konnten damit nicht ausgeräumt werden. Die Beschwerde ist daher hinsichtlich des erstbeschwerdeführenden Vereins wegen des nicht behobenen Mangels formeller Erfordernisse als unzulässig zurückzuweisen.

Keine Beschwerdelegitimation des Vereinsmitglieds:

Im vorliegenden Fall kommt derzeit nur dem Verein selbst das Beschwerderecht zu. Da die Beendigung des Vereins und somit das Ende der Rechtspersönlichkeit nach §27 VerG mit konstitutiver Eintragung im Vereinsregister noch nicht eingetreten ist, können einzelne Vereinsmitglieder (noch) keine Beschwerde erheben. Im Übrigen greift das angefochtene Erkenntnis auch nicht in die Rechtssphäre der zweitbeschwerdeführenden Partei ein bzw gestaltet ausschließlich die Rechtssphäre des Vereins, an den das Erkenntnis formell adressiert war. Der Inhalt der bekämpften verwaltungsgerichtlichen Entscheidung erlaubt es auch nicht, in A einen Adressaten des angefochtenen Erkenntnisses zu erblicken, zumal diesem weder im vorangegangenen behördlichen noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren Parteistellung zukam.

Entscheidungstexte

  • E3490/2021
    Entscheidungstext VfGH Beschluss 20.09.2022 E3490/2021

Schlagworte

Vereinsauflösung, Vereinsrecht, VfGH / Legitimation, VfGH / Mängelbehebung, VfGH / Formerfordernisse, Gericht Zuständigkeit, VfGH / Vertreter, Vertretung nach außen, Rechtskraft

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2022:E3490.2021

Zuletzt aktualisiert am

05.12.2022
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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