TE Vwgh Erkenntnis 1996/2/20 95/08/0188

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Veröffentlicht am 20.02.1996
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Index

20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;

Norm

ABGB §1401;
ASVG §44 Abs1;
ASVG §49 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Novak, Dr. Sulyok und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde der S-GesmbH in W, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 30. Mai 1995, Zl. MA 15-II-SCH 18/93, betreffend Beitragsnachverrechnung (mP: WGKK), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) Aufwendungen von S 4.565,-- und der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse Aufwendungen von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 3. September 1993 hat die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse festgestellt, daß die Beschwerdeführerin als Dienstgeber verpflichtet sei, für die Dienstnehmerin R.F. für die Zeit vom 1. März 1988 bis 31. Dezember 1988 Beiträge, Sonderbeiträge und Umlagen in Gesamthöhe von S 27.817,05 zu entrichten.

Der von der Beschwerdeführerin gegen diesen Bescheid erhobene Einspruch wurde mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid als unbegründet abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt. Nach einer Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und einem Hinweis auf die §§ 44 Abs. 1 und 49 ASVG begründet die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid damit, daß R.F. in der Niederschrift vom 24. Juni 1993 vorgebracht habe, sie sei bei der Beschwerdeführerin vom 14. April 1982 bis 31. Dezember 1992 als Sachbearbeiterin, ca. seit 1986 als Abteilungsleiterin, beschäftigt gewesen. In der Zeit von Juni 1983 bis Dezember 1988 habe sie eine Lohnerhöhung erhalten, welche separat überwiesen worden sei. Ab Jänner 1984 sei ihr diese Lohnerhöhung von der ihr unbekannten E.K. überwiesen worden. Aufgrund dessen, daß sie keinen Anspruch auf ein Dienstauto bzw. auf Entschädigung dafür gehabt habe, habe es sich nicht um eine Aufwandsentschädigung, sondern um beitragspflichtiges Entgelt gehandelt. Demgegenüber habe die Beschwerdeführerin vorgebracht, die von R.F. erwähnten Beträge seien nicht von der Beschwerdeführerin, sondern von E.K. als Abgeltung dafür an sie bezahlt worden, daß sie (E.K.) das Firmenauto habe benutzen dürfen. Diesen Ausführungen sei - so setzt die belangte Behörde fort - entgegenzuhalten, daß E.K. in der Niederschrift vom 24. März 1993 im wesentlichen angegeben habe, daß es bei ihrem Eintritt in die Kanzlei "im Jahre 1993" (richtig: 1983) ihr Bestreben gewesen wäre, einen Dienstkraftwagen zu erhalten. Die Sache sei so gelöst worden, daß sie den Dienstwagen von R.F. erhalten habe, welcher von dieser offensichtlich nicht benutzt worden sei. Wie im einzelnen die Überweisungen an R.F. erfolgt seien, sowie der Grund derselben seien ihr nicht bekannt. Es seien mit ihrem Einverständnis Überweisungen über ihr Privatkonto an R.F. durch die Beschwerdeführerin erfolgt. Sie persönlich habe keine Geldbeträge aus eigener Tasche an R.F., die ihr persönlich nicht bekannt sei, überwiesen. Aufgrund dieser Angaben - so heißt es in der Begründung des angefochtenen Bescheides weiter - müsse als erwiesen angesehen werden, daß durch die Beschwerdeführerin mit Zustimmung von E.K. über deren Privatkonto Überweisungen von Geldbeträgen an R.F. erfolgt seien. Wenn die Beschwerdeführerin vermeine, es habe sich dabei um Zahlungen von E.K. an R.F. gehandelt, die zwecks Abgeltung für die Benützung des Firmenautos geleistet worden seien, so könne dieser Auffassung deshalb nicht gefolgt werden, da E.K.

- eigenen Angaben zufolge - über die Überweisungen bzw. deren Grund gar nicht informiert gewesen sei. Im Hinblick darauf, daß es sich bei den an R.F. gezahlten Beträgen um keinen echten Aufwandersatz, sondern um einen Pauschalbetrag gehandelt habe, der vierzehnmal zur Auszahlung gelangt sei, sei die belangte Behörde der Auffassung, daß es sich dabei um beitragspflichtiges Entgelt gehandelt habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, die ausschließlich Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften durch Nichtberücksichtigung vorgelegter Beweismittel und Verletzung des Rechts auf ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren geltend macht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und - wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall ist nicht strittig, daß die Dienstnehmerin R.F. in der Zeit von Juni 1983 bis Dezember 1988 zusätzlich zu ihrem (gemeldeten) Arbeitsentgelt einen Geldbetrag von monatlich S 4.000,-- erhalten hat: im Streitzeitraum vom 1. März bis 31. Dezember 1988 (hinsichtlich der übrigen Zeiträume wurde bereits im erstinstanzlichen Bescheid der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse festgestellt, daß das Recht auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen gemäß § 68 Abs. 1 ASVG verjährt sei) erhielt R.F. diesen Betrag nicht unmittelbar von der Beschwerdeführerin, sondern "über das Konto" der E.K. Dieser Sachverhalt wird von der Beschwerdeführerin nicht in Zweifel gezogen.

Die Auffassungsunterschiede (die auch einer unterschiedlichen Darstellung des Sachverhaltes seitens E.K. einerseits und der Beschwerdeführerin andererseits entsprechen) bestehen darin, daß die belangte Behörde davon ausgeht, dieser Geldbetrag sei von der Beschwerdeführerin über das Konto der E.K. an R.F. überwiesen worden, während die Beschwerdeführerin - wie schon im Verwaltungsverfahren - auch in ihrer Beschwerde behauptet, R.F. sei ursprünglich ein Dienstwagen zur Verfügung gestanden, den sie nicht in Anspruch genommen habe; stattdessen habe die Beschwerdeführerin dem Ansinnen der R.F. zugestimmt, Kilometergeld zu verrechnen, wobei sie darauf aufmerksam gemacht hätte, daß sie nicht bereit sei, mehr als S 4.000,-- pro Monat (den kalkulatorischen Wert des Firmenfahrzeuges) auszugeben. Als E.K. 1983 in die Kanzlei der Beschwerdeführerin eingetreten sei, habe man ihr - obwohl sie darauf aufgrund ihrer Stellung im Unternehmen keinen Rechtsanspruch gehabt habe - auf ihren Wunsch das Dienstfahrzeug der R.F. zur Verfügung gestellt, wofür nunmehr E.K. (und nicht mehr die Beschwerdeführerin) den Betrag von S 4.000,-- an R.F. überwiesen habe. Nach Auffassung der Beschwerdeführerin habe die belangte Behörde diesen, allein richtigen Sachverhalt aufgrund der Nichtbeachtung von Beweismitteln zu Unrecht nicht festgestellt.

Es kann im Beschwerdefall auf sich beruhen, ob die Behauptung der Beschwerdeführerin zutrifft, daß die belangte Behörde Beweismittel nicht beachtet hat, da ein anderes Ergebnis des Verfahrens auch dann ausgeschlossen ist, wenn man der Sachverhaltsdarstellung der Beschwerdeführerin folgt; dies aus folgenden Gründen:

Gemäß § 44 Abs. 1 ASVG ist Grundlage für die Bemessung der allgemeinen Beiträge (allgemeine Beitragsgrundlage) für Pflichtversicherte der im Beitragszeitraum gebührende auf volle Schilling gerundete Arbeitsverdienst mit Ausnahme allfälliger Sonderzahlungen nach § 49 Abs. 2 ASVG. Als Arbeitsverdienst in diesem Sinne gilt gemäß § 44 Abs. 1 Z. 1 bei den pflichtversicherten Dienstnehmern das Entgelt im Sinne des § 49 Abs. 1, 3, 4 und 6.

Gemäß § 49 Abs. 1 sind unter Entgelt die Geld- und Sachbezüge zu verstehen, auf die der pflichtversicherte Dienstnehmer (Lehrling) aus dem Dienst(Lehr)verhältnis Anspruch hat oder die er darüber hinaus aufgrund des Dienst(Lehr)verhältnisses vom Dienstgeber oder von einem Dritten erhält.

Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, daß entweder R.F. auf den zusätzlichen monatlichen Betrag von S 4.000,-- aufgrund der mit ihr getroffenen Vereinbarung (Gewährung dieses Geldbetrages anstelle der an sich zustehenden Zurverfügungstellung eines Dienstwagens) einen Anspruch hatte oder daß ihr dieser Geldbetrag aufgrund des Dienstverhältnisses jedenfalls im Streitzeitraum zugekommen ist.

Die Beschwerdeführerin übersieht jedoch, daß es nach dem Wortlaut des § 49 Abs. 1 ASVG nicht darauf ankommt, ob die Beschwerdeführerin (über das Konto einer anderen Dienstnehmerin) oder ob eine andere Dienstnehmerin auf Anweisung der Beschwerdeführerin diesen Geldbetrag an R.F. überwiesen hat: Auch im letztgenannten Fall wäre dies nämlich letztlich in Erfüllung einer Verpflichtung der Beschwerdeführerin gegenüber R.F. durch die von der Beschwerdeführerin angewiesene Dritte E.K. erfolgt, und zwar aufgrund des Rechtsverhältnisses zwischen der Beschwerdeführerin und dieser Dritten. Dieses Rechtsverhältnis war - nach der Darstellung der E.K. - so geartet, daß E.K. den an sich R.F. zustehenden Dienstwagen ZUSÄTZLICH zu ihrem Entgelt erhielt, bzw. - nach Darstellung der Beschwerdeführerin - habe E.K. dieses Kraftfahrzeug IN ANRECHNUNG AUF IHR ENTGELT erhalten, wobei jedoch der Geldbetrag von S 4.000,-- nicht vom Entgelt der E.K. einbehalten, sondern von dieser an R.F. weiterzuüberweisen war. Für die Frage, ob der Betrag von S 4.000,--, den R.F. erhalten hat, als Entgelt im Sinne des § 49 Abs. 1 ASVG anzusehen ist, kommt es aber ausschließlich darauf an, ob R.F. der Beschwerdeführerin gegenüber einen Rechtsanspruch auf diesen Betrag hatte oder ihn "aufgrund des Dienstverhältnisses" (und sei es auch von Dritten) erhalten hat. Diese Frage ist unabhängig davon zu bejahen, ob der Betrag von S 4.000,-- als Gegenleistung der E.K. für die Zurverfügungstellung des Kraftfahrzeuges auf Anweisung der Beschwerdeführerin (als sog. "Anweisung auf Schuld" im Sinne des § 1401 ABGB) an R.F. geleistet oder ob E.K. nur als "Zahlstelle" (Durchgangsstelle) einer Überweisung der Beschwerdeführerin an R.F. gedient hat, wie die belangte Behörde meint und die Beschwerdeführerin bestreitet. In beiden Fällen erfolgte die Zahlung nämlich in Erfüllung des Anspruches der R.F. gegenüber der Beschwerdeführerin und daher im Versicherungsverhältnis der Beschwerdeführerin mit R.F. als Entgelt im Sinne des § 49 Abs. 1 ASVG. Deshalb ist es auch - anders als die Beschwerdeführerin meint - für dieses Verfahren ohne Bedeutung, in welchem Umfang dieser Geldbetrag auch schon anläßlich des Zufließens an E.K. der Beitragspflicht unterworfen wurde.

Da somit das Beschwerdevorbringen nicht geeignet ist, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun, war die Beschwerde schon deshalb gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Entgelt Begriff Anspruchslohn Entgelt Begriff Sachbezug

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995080188.X00

Im RIS seit

27.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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