TE Vwgh Erkenntnis 1996/2/23 95/02/0495

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Veröffentlicht am 23.02.1996
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AVG §67a Abs1 Z2;
AVG §67c Abs1;
B-VG Art129a Abs1 Z2;
FrG 1993 §36;
FrG 1993 §40;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Riedinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerde des R zuletzt in S, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Burgenland vom 22. Februar 1995, Zl. E 13/02/94.078/5, betreffend Schubhaft und Abschiebung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 22. Februar 1995 wurde die an diese Behörde gerichtete Beschwerde hinsichtlich Festnahme, Anhaltung und Schubhaftbescheid gemäß § 52 Abs. 2 und 4 Fremdengesetz (FrG) iVm § 67c Abs. 3 AVG als unbegründet abgewiesen. Soweit die Beschwerde gegen die Abschiebung gerichtet war, wurde sie "als unzulässig zurückgewiesen".

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher die Behandlung derselben mit Beschluß vom 25. September 1995, B 1023/95-3, ablehnte und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abtrat.

Dieser hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Beschwerdeführer wurde mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung vom 29. März 1993 gemäß § 17 Abs. 1 FrG aus Österreich ausgewiesen. Die dagegen eingebrachte Berufung wurde mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 21. Juni 1993 abgewiesen. Eine dagegen eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 24. März 1994, Zl. 94/18/0026, als unbegründet abgewiesen.

Mit Bescheid vom 8. August 1994 verhängte die Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See über den Beschwerdeführer die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung; am 19. August 1994 wurde er in die Türkei abgeschoben.

Soweit sich der Beschwerdeführer in seinem Recht gemäß §§ 41 Abs. 1 und 48 Abs. 1 und Abs. 2 FrG verletzt erachtet, daß die Schubhaft nur verhängt werden dürfe, sofern diese notwendig zur Erreichung eines in § 41 Abs. 1 FrG genannten Zweckes sei und solange die Zweckerreichung das erfordere, ist ihm folgendes zu entgegnen:

Gemäß § 51 Abs. 1 FrG hat, wer gemäß § 43 festgenommen worden ist oder unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird, das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder Anhaltung anzurufen. Nach dieser Bestimmung hat sohin das Beschwerderecht an den unabhängigen Verwaltungssenat nur ein tatsächlich festgenommener oder angehaltener Fremder. Einem noch in Freiheit befindlichen Adressaten eines Schubhaftbescheides steht dieses Beschwerderecht ebensowenig zu wie dem im Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung nicht mehr in Schubhaft befindlichen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. September 1994, Zl. 94/02/0209).

Im Beschwerdefall wurde der Beschwerdeführer am 19. August 1994 in die Türkei abgeschoben, die an die belangte Behörde gerichtete Beschwerde jedoch erst am 19. September 1994 eingebracht. Daraus folgt, daß die belangte Behörde diese Beschwerde - soweit sie die Schubhaft betraf - als unzulässig zurückzuweisen gehabt hätte, weil sich der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Erhebung der Beschwerde nicht mehr in Schubhaft befunden hat. Dadurch, daß die belangte Behörde die Beschwerde statt dessen einer meritorischen Erledigung zugeführt hat, hat sie den Beschwerdeführer allerdings in keinem Recht verletzt (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 96/02/0026, mit weiteren Judikaturhinweisen).

Der Beschwerdeführer vertritt weiters die Ansicht, daß die Zurückweisung der Beschwerde gegen die tatsächliche Abschiebung dem Gesetz widerspreche, insbesondere der Bestimmung des § 52 Abs. 4 FrG. Hätte die Behörde die Voraussetzungen der Abschiebung entsprechend dem § 36 geprüft, wäre diese zum Ergebnis gekommen, daß die Abschiebung keine notwendige Zwangsmaßnahme im Sinne der genannten gesetzlichen Bestimmung und daher rechtswidrig gewesen sei. Weshalb insoweit ein Widerspruch gegen § 52 Abs. 4 FrG vorliegen sollte, ist nicht erkennbar.

Es ist zwar richtig, daß die Abschiebung nach dem Fremdengesetz (anders als nach dem Fremdenpolizeigesetz) die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt darstellt, die mit einer Maßnahmenbeschwerde nach Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG in Verbindung mit § 67c AVG beim unabhängigen Verwaltungssenat bekämpfbar ist (vgl. die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes seit dem Erkenntnis vom 23. September 1994, Zl. 94/02/0139, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird). Weiters hat der Gerichtshof im Erkenntnis vom 8. September 1995, Zl. 95/02/0197, näher dargelegt, daß er der davon abweichenden Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, wie sie im Erkenntnis vom 1. Oktober 1994, Zl. B 75/94, zum Ausdruck gekommen ist, nicht beitreten kann, zumal damit übersehen wird, daß nach § 36 Abs. 1 Fremdengesetz für die Rechtmäßigkeit einer Abschiebung zusätzlich zum durchsetzbaren Aufenthaltsverbot bzw. zur durchsetzbaren Ausweisung - jeweils bescheidmäßig verfügt - noch weitere Voraussetzungen treten müssen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. November 1995, Zl. 95/02/0217).

Dennoch ist für den Beschwerdeführer im Ergebnis nichts gewonnen:

Aus der Begründung des angefochtenen Bescheides läßt sich nämlich die Feststellung der belangten Behörde entnehmen, daß der Beschwerdeführer dem durchsetzbaren Ausweisungsbescheid jedenfalls seit Zustellung des zweitinstanzlichen Bescheides am 20. August 1993 unverzüglich hätte Folge leisten müssen. Der Beschwerdeführer sei zwar nicht neuerlich im Jahre 1994 aufgefordert worden, aus Österreich freiwillig auszureisen, habe aber seit einem Jahr wissen müssen, daß er unverzüglich ausreisen hätte müssen. Eine sozusagen "aktualisierte Aufforderung" vor der Schubhaftverhängung oder Abschiebung sei nicht erforderlich.

Damit hat sich die belangte Behörde inhaltlich mit der Frage der Rechtmäßigkeit der Abschiebung auseinandergesetzt und es stand als Voraussetzung für die Abschiebung zusätzlich zur durchsetzbaren Ausreiseverpflichtung jedenfalls fest, daß der Beschwerdeführer seiner Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen war (§ 36 Abs. 1 Z. 2 FrG). Unter diesen Umständen vermag der Verwaltungsgerichtshof darin, daß die belangte Behörde die an sie gerichtete Beschwerde zurück - statt abgewiesen hat, eine Verletzung subjektiver öffentlicher Rechte des Beschwerdeführers nicht zu erkennen, weil dadurch seine Rechtsstellung in keiner Weise zu seinem Nachteil beeinträchtigt wurde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 1993, Zl. 93/02/0289).

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behaupteten Rechtsverletzungen nicht gegeben sind, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte

Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Faktische Amtshandlungen siehe Art 129a Abs1 Z2 ( früher Art 131a B-VG)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995020495.X00

Im RIS seit

05.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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