TE Vwgh Erkenntnis 1996/2/28 95/01/0140

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Veröffentlicht am 28.02.1996
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §1 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Kremla, Dr. Händschke, Dr. Dolp und Dr. Rigler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde des D in S, vertreten durch Dr. L, Rechtsanwalt in N, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 20. April 1995, Zl. 4.323.874/7-III/13/95, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der "früheren SFRJ", der am 26. September 1991 in das Bundesgebiet eingereist ist, hat den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 19. Oktober 1991, mit welchem festgestellt worden war, bei ihm lägen die Voraussetzungen für seine Anerkennung als Flüchtling nicht vor, mit Berufung bekämpft. Mit Bescheid vom 2. April 1993 wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab und sprach aus, Österreich gewähre ihm kein Asyl.

Nach Aufhebung dieses Bescheides durch den Verwaltungsgerichtshof mit seinem Erkenntnis vom 21. September 1994, Zl. 93/01/0435-6, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides, wiederholte die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid ohne Ergänzung des Ermittlungsverfahrens ihre abweisliche Entscheidung.

Anläßlich seiner niederschriftlichen Befragung durch die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich am 4. Oktober 1991 hat der Beschwerdeführer, zu seinen Fluchtgründen befragt, angegeben, er habe seine Heimat wegen der politischen Ereignisse verlassen, er sei kein KP-Mitglied gewesen, hätte jedoch als Reservist der jugoslawischen Armee einrücken müssen. Er habe erst im Jahr seiner Ausreise den Militärdienst abgeleistet und sei nicht bereit gewesen, auf seiten der Serben gegen die Slowenen und Kroaten gewaltsam vorzugehen, aus diesem Grunde habe er sich zur Ausreise entschlossen. Er wolle nicht mehr in sein Heimatland zurück, weil er dort keine Zukunft mehr für sich sehe. Andere Gründe für seine Ausreise aus seinem Heimatland könne er nicht nennen. In der Berufung brachte er (gemeinsam mit anderen Familienangehörigen) ergänzend vor, sie könnten in ihre Heimat nicht zurückkehren, weil sie als Kroaten von den Serben verfolgt würden. Sie hätten sich geweigert, auf seiten der Kroaten mitzukämpfen. Sie seien für den Frieden eingetreten. Deshalb hätten sie nach den letzten Ereignissen auch von seiten der Kroaten Repressalien zu fürchten. Ihr Wohnort Bjelowar sei zum Teil, ihr Wohnhaus zur Gänze zerstört. Dieses Vorbringen präzisierte der Beschwerdeführer in einer Berufungsergänzung vom 26. Februar 1992 dahingehend, er sei Kosovo-Albaner und habe seine Heimat wegen der Ungerechtigkeiten der serbischen Regierung verlassen und sei nach Kroatien gezogen. Dort hätte er sich als Einwohner Kroatiens am Krieg beteiligen sollen, obwohl er nicht in den "schmutzigen Krieg" habe hineingezogen werden wollen. In der gegen den ersten Bescheid der belangten Behörde gerichteten Verwaltungsgerichtshofbeschwerde nannte er als Motivation für die Militärdienstverweigerung sowohl hinsichtlich der Einberufung zur jugoslawischen Volksarmee als auch zur kroatischen Nationalgarde "religiöse Gründe".

Die belangte Behörde hat die Abweisung der Berufung im wesentlichen damit begründet, der Beschwerdeführer habe keine Umstände vorgebacht, die auf eine individuelle Verfolgung durch staatliche Institutionen aus einem der in § 1 Z. 1 AsylG 1991 genannten Gründe hindeuteten. Vielmehr habe ihn die in seinem Heimatland herrschende Kriegssituation zum Verlassen desselben bewogen. Im Zuge der kriegerischen Auseinandersetzungen in der Heimat des Beschwerdeführers sei es zwar auch in seinem Falle zu Übergriffen und Bedrohungen gekommen, die sich jedoch nicht als eine gegen ihn selbst gerichtete Verfolgung im Sinne des Asylgesetzes qualifizierten. Bürgerkriegssituationen, Revolutionen und sonstige Unruhren könnten für sich allein genommen noch nicht Flüchtlingseigenschaft indizieren. Die belangte Behörde erachtet es auch nicht als nachvollziehbar, daß Hauptgrund für die Ausreise des Beschwerdeführers eine angebliche Wehrdienstverweigerung sei, da im gesamten Verwaltungsverfahren doch lediglich auf Ladungen, nicht jedoch auf konkrete Einberufungsbefehle hingewiesen hätte werden können, abgesehen davon, daß die Verweigerung des Militärdienstes, auch wenn diese auf Gewissensgründe zurückzuführen gewesen wäre, nicht bedeute, daß der Beschwerdeführer schon aus diesen - nach außen nicht in Erscheinung getretenen - Gründen Verfolgung im Sinne des § 1 Z. 1 AsylG 1991 zu befürchten gehabt hätte.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Zunächst ist klarzustellen, daß die belangte Behörde zutreffend darauf verweist, daß aus dem Akteninhalt kein Anlaß ersichtlich ist, weshalb eine Wiederholung oder Ergänzung des Ermittlungsverfahrens im Sinne des § 20 Abs. 2 AsylG 1991 (in der bereinigten Fassung) hätte durchgeführt werden sollen, da der Beschwerdeführer weder in der Berufung, der Berufungsergänzung, noch auch in seiner (ersten) Verwaltungsgerichtshofsbeschwerde Verfahrensverletzungen geltend gemacht hat und auch die auf Grund des aufhebenden Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes de facto eingeräumte weitere Ergänzungsmöglichkeit ungenutzt ließ.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes rechtfertigt die Verweigerung der Ableistung des Militärdienstes grundsätzlich die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nicht. Allerdings kann eine darauf zurückzuführende Furcht vor Verfolgung dann asylrechtlich relevant sein, wenn die Einberufung bzw. unterschiedliche Behandlung während des Militärdienstes aus einem der in § 1 Z. 1 AsylG 1991 (übereinstimmend mit Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) genannten Gründen erfolgt wäre oder aus solchen Gründen schärfere Sanktionen drohen (vgl. dazu insbesondere das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 29. Juni 1994, Zl. 93/01/0377, welches offenbar inhaltlich auch in der Beschwerde angesprochen wird). Der Beschwerdeführer hat aber weder bei seiner Vernehmung, noch anläßlich seines weiteren Vorbringens im Verwaltungsverfahren einen derartigen Zusammenhang hergestellt. Auch allein der Umstand, daß der Beschwerdeführer Angehöriger der albanischen Minderheit aus dem Kosovo ist, läßt einen Zusammenhang zwischen den nach seinen Angaben erfolgten Einberufungen einerseits und den im bereits zitierten Erkenntnis vom 29. Juni 1994 genannten spezifischen Kriterien, bei deren Vorliegen erst von einer Asylrelevanz der Wehrdienstverweigerung gesprochen werden könnte, nicht erkennen. Im übrigen bilden die Ausführungen in der Beschwerde auch keinen Anlaß, die auf die Angaben des Beschwerdeführers gestützte Annahme der belangten Behörde in Zweifel zu ziehen, eine - rechtsverbindliche - Einberufung zur Ableistung des Militärdienstes (sei es zur Jugoslawischen Volksarmee, sei es zur kroatischen Nationalgarde, wobei Kroatien nicht einmal als Heimatland des Beschwerdeführers anzusehen gewesen wäre) sei im Zeitpunkt der Ausreise des Beschwerdeführers noch nicht vorgelegen.

Auch von einer offensichtlichen Begründetheit des vom Beschwerdeführer gestellten Asylantrages im Sinne des § 17 Abs. 4 Z. 1 AsylG 1991 kann im Hinblick auf das bereits Gesagte nicht die Rede sein.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG insgesamt als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGl. Nr. 416/1884.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995010140.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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