TE Vwgh Erkenntnis 1996/2/28 94/12/0222

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Veröffentlicht am 28.02.1996
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §37;
AVG §45 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Leitner, über die Beschwerde des G in K, vertreten durch B, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung vom 12. Juli 1994, Zl. 56.045/44-I/7/94, betreffend Verlängerung der Anspruchsdauer auf Studienbeihilfe, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer studiert seit dem Wintersemester 1990/91 an der Hochschule für angewandte Kunst in Wien "Mode".

Im 7. Semester des ersten Studienabschnittes wurde der Beschwerdeführer mit dem Studienbeihilfen-Bewilligungsbescheid vom 7. Jänner 1994 in Kenntnis gesetzt, daß sein Anspruch auf Studienbeihilfe mit Ende des Wintersemesters 1993/94 erlischt, sofern er nicht bis längstens 28. Februar 1994 die Ablegung der ersten Diplomprüfung oder einen wichtigen Grund für seine Studienverzögerung nachgewiesen habe.

Der Beschwerdeführer stellte daraufhin mit Datum 9. Mai 1994, eingelangt bei der Studienbeihilfenbehörde am 16. Mai 1994 und bei der belangten Behörde am 6. Juli 1994, formularmäßig den "Antrag auf Verlängerung der Anspruchsdauer um ein weiteres Semester (§ 19 Abs. 6 Z. 1 StudFG)". Er machte eine außergewöhnliche Studienbelastung geltend, die sich daraus ergeben habe, daß die Lehrveranstaltung "Materialkunde" im Wintersemester 1993/94 (- im damals bereits abgelaufenen Semester seines Studiums -) nicht angeboten worden sei. Die fehlende Prüfung aus Materialkunde werde er voraussichtlich bis 18. Mai 1994 ablegen; daneben findet sich folgender Vermerk:

    "VORDIPLOM       22.06.94

     DIPLOM          2-95/6-95"

Gleichzeitig legte der Beschwerdeführer Unterlagen über den Entfall der Vorlesung "Materialkunde" im Wintersemester 1993/94, die aber im Mai 1994 "geblockt" abgehalten wird, sowie eine Reihe von Zeugnissen vor.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde das Ansuchen des Beschwerdeführers um Verlängerung der Anspruchsdauer auf Studienbeihilfe gemäß § 19 Abs. 6 Z. 1 StudFG 1992 ab.

Zur Begründung wird nach Wiedergabe der Rechtslage, insbesondere des § 19 Abs. 6 Z. 1 StudFG, im wesentlichen weiter ausgeführt, nach dem Kunsthochschul-Studiengestz betrage die Studiendauer für die Studienrichtung Mode für den ersten Studienabschnitt sechs Semester. Die Anspruchsdauer auf Studienbeihilfe betrage somit sieben Semester. Der Beschwerdeführer habe sich im Sommersemester 1994 im

8. Semester dieser Studienrichtung befunden, habe also die Anspruchsdauer um ein Semester überschritten. Er habe die Verlängerung der Anspruchsdauer um ein Semester beantragt und seine Studienverzögerung damit begründet, daß die Vorlesung "Materialkunde" im Wintersemester 1993/94 nicht angeboten worden sei. Nach einer Bestätigung der Lehrbeauftragten vom 20. April 1994 habe diese Vorlesung im Wintersemester 1993/94 aus terminlichen Gründen nicht abgehalten werden können.

In rechtlicher Hinsicht sei dazu festzustellen, daß der Beschwerdeführer auf Grund seiner Angaben den ersten Studienabschnitt nicht innerhalb des Sommersemesters 1994, also bis zum 30. September 1994, abschließen werde, sondern voraussichtlich erst im Februar 1995 bzw. Juni 1995, also erst nach einer allenfalls weiter verlängerten Anspruchsdauer. Die verspätet angebotene Lehrveranstaltung könne daher nicht ausschließlich ursächlich für die Studienverzögerung gewesen sein. Eine der Voraussetzungen für die Verlängerung der Anspruchsdauer gemäß § 19 Abs. 6 Z. 1 StudFG sei, daß der Studierende die Diplomprüfung voraussichtlich innerhalb der um ein Semester verlängerten Anspruchsdauer ablegen werde. Da diese Voraussetzung für eine Verlängerung der Anspruchsdauer nicht vorliege, habe das Ansuchen abgewiesen werden müssen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der kostenpflichtige Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und kostenpflichtige Abweisung beantragt.

Der Beschwerdeführer hat unaufgefordert eine Replik zur Gegenschrift eingebracht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Voraussetzung für die Gewährung einer Studienbeihilfe ist nach § 6 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305 (StudFG), daß der Studierende

1.

sozial bedürftig ist (§§ 7 bis 12),

2.

noch kein Studium absolviert hat (§§ 13 bis 15),

3.

einen günstigen Studienerfolg nachweist (§§ 16 bis 25),

4.

das Studium, für das die Studienbeihilfe beantragt wird, vor Vollendung des 40. Lebensjahres begonnen hat und

5.

nicht mehr als halbbeschäftigt ist.

Ein günstiger Studienerfolg als Voraussetzung für den Anspruch auf Studienbeihilfe liegt nach § 16 Z. 2 StudFG dann vor, wenn der Studierende die vorgesehene Studienzeit nicht wesentlich überschreitet (§§ 18 und 19). Nach § 18 Abs. 1 StudFG umfaßt die Anspruchsdauer grundsätzlich die zur Absolvierung von Diplomprüfungen, Rigorosen, Lehramtsprüfungen und anderen das Studium oder den Studienabschnitt abschließenden Prüfungen vorgesehene Studienzeit zuzüglich eines weiteren Semesters. Wenn wichtige Gründe für die Überschreitung dieser Zeitspanne vorliegen, kann die Anspruchsdauer entsprechend verlängert werden (§ 19 StudFG). Wichtige Gründe im Sinne des § 19 Abs. 1 StudFG sind gemäß Abs. 2:

1.

Krankheit des Studierenden, wenn sie durch fachärztliche Bestätigung nachgewiesen wird,

2.

Schwangerschaft der Studierenden und

3.

jedes unvorhergesehene oder unabwendbare Ereignis, wenn den Studierenden daran kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.

Der zuständige Bundesminister hat gemäß § 19 Abs. 6 auf Antrag des Studierenden und nach Anhörung des zuständigen Senates der Studienbeihilfenbehörde

1.

bei Studien im Ausland, überdurchschnittlich umfangreichen und zeitaufwendigen wissenschaftlichen Arbeiten oder ähnlichen außergewöhnlichen Studienbelastungen die Anspruchsdauer um ein weiteres Semester zu verlängern oder

2.

bei Vorliegen wichtiger Gründe im Sinne der Z. 1 oder des Abs. 2 die Überschreitung der zweifachen Studienzeit des ersten Studienabschnittes zuzüglich eines Semesters (§ 20 Abs. 2 und § 21 Abs. 2) oder die Überschreitung der Studienzeit des zweiten und dritten Studienabschnittes um mehr als vier Semester (§ 15 Abs. 2) nachzusehen,

wenn das überwiegende Ausmaß der Studienzeitüberschreitung auf die genannten Gründe zurückzuführen und auf Grund der bisherigen Studienleistungen zu erwarten ist, daß der Studierende die Diplomprüfung (das Rigorosum) innerhalb der Anspruchsdauer ablegen wird.

Nach der Anlage A zum Kunsthochschul-Studiengesetz, BGBl. Nr. 187/1983, umfaßt das Diplomstudium "Mode" zehn Semester und besteht aus zwei Studienabschnitten. Der erste Studienabschnitt umfaßt sechs, der zweite vier Semester.

Der Beschwerdeführer sieht sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht darauf, daß die Anspruchsdauer auf Studienbeihilfe verlängert wird, verletzt; ferner in seinem Recht auf ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren, insbesondere in seinem Recht auf Parteiengehör und Gewährung einer entsprechenden Anleitung (Manuduktion).

Er bringt als inhaltliche Rechtswidrigkeit vor, daß ein für ihn unvorhergesehenes bzw. unabwendbares Ereignis vorgelegen sei, weil die Vorlesung "Materialkunde" im Wintersemester 1993/94, deren Besuch für die erfolgreiche Ablegung der Diplomprüfung im ersten Studienabschnitt Voraussetzung gewesen wäre, nicht abgehalten worden sei. An diesem Ereignis treffe ihn kein Verschulden. Wenn dieser Sachverhalt nicht als "unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis" gewertet werde, so wäre die Tatsache der Nichtabhaltung der Vorlesung als ähnliche außergewöhnliche Belastung gemäß § 19 Abs. 6 Z. 1 StudFG, bei deren Vorliegen ebenfalls die Anspruchsdauer zu verlängern sei, zu werten gewesen.

Als Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften macht der Beschwerdeführer mangelnde Sachverhaltsfeststellung, Verletzung der Manuduktionspflicht und des Parteiengehörs geltend. Wäre er entsprechend angeleitet und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden, hätte er darlegen können, daß die Diplomprüfung im fehlenden Fach "Materialkunde" im Sommersemester 1994 nicht abgenommen worden sei und auch andere wichtige Gründe für eine außerordentliche Studienbelastung vorgelegen seien.

Im Beschwerdefall ist davon auszugehen, daß der Beschwerdeführer mit dem vorgesehenen Formular (durch Ankreuzen bzw. Ausfüllen) die "Verlängerung der Anspruchsdauer um ein weiteres Semester (§ 19 Abs. 6 Z. 1 StudFG)" wegen "außergewöhnlicher Studienbelastungen" beantragt hat. Da im Zeitraum vom "Wintersemester 1993 bis 4/94" die Lehrveranstaltung "Materialkunde" nicht angeboten worden sei, habe er diese Lehrveranstaltung nicht besuchen und auch die Prüfung in diesem Fach nicht innerhalb der Anspruchsdauer ablegen können. Die fehlende Prüfung werde er nach seinen eigenen Angaben voraussichtlich bis zum "18.05.94" nachholen, wobei der Beschwerdeführer aber hinsichtlich der Diplomprüfung angab, daß er diese für den Studienerfolg maßgebende Prüfung erst im Zeitraum "2-95/6-95" ablegen werde.

Diese Angaben wurden von der belangten Behörde so gedeutet, daß der Beschwerdeführer die erste Diplomprüfung erst im Sommersemster 1995 ablegen werde, was eine Überschreitung der Studienzeit um drei bis vier Semester bedeute.

Eine Verlängerung der Anspruchsdauer hat nur aus den im Gesetz genannten wichtigen Gründen und dann zu erfolgen, wenn das überwiegende Ausmaß der Studienzeitüberschreitung auf die genannten Gründe zurückzuführen und zu erwarten ist, daß der Studierende die Diplomprüfung innerhalb der (verlängerten) Anspruchsdauer ablegen wird.

Im Beschwerdefall war der formularmäßige Antrag des Beschwerdeführers insofern verfehlt, als der Beschwerdeführer eine Verlängerung nach § 19 Abs. 6 Z. 1 StudFG wegen einer angeblich außergewöhnlichen Studienbelastung beantragt hatte, dieser Tatbestand jedoch nur die Verlängerung der Anspruchsdauer um EIN Semester vorsieht, er aber die erste Diplomprüfung nach seinen eigenen Angaben jedenfalls nicht im Sommersemester 1994 abzulegen beabsichtigte bzw. ablegen konnte.

Bezugnehmend auf das Beschwerdevorbringen kann aber dahingestellt bleiben, ob die belangte Behörde verpflichtet gewesen wäre, den Beschwerdeführer auf die Möglichkeit einer Wertung des Sachverhaltes als unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis im Sinne des § 19 Abs. 2 Z. 3 bzw. Abs. 6 Z. 2 StudFG hinzuweisen, bzw. wie bei einer solchen Wertung zu entscheiden gewesen wäre, weil auch die für eine solche Beurteilung erforderlichen Voraussetzungen ersichtlicherweise nicht erfüllt sind. Würde der vom Beschwerdeführer geltend gemachte Sachverhalt nämlich im Sinne des § 19 Abs. 6 Z. 2 StudFG beurteilt, so müßte - neben anderen Voraussetzungen - das überwiegende Ausmaß der Studienzeitüberschreitung auf die genannten Gründe zurückzuführen sein. Der vom Beschwerdeführer geltend gemachte Sachverhalt für die Studienverzögerung deckt aber im Hinblick auf die Abhaltung der Lehrveranstaltung im nächsten Semester (Mai 1994) nur ein Semester ab und erfüllt damit nicht die Voraussetzung, daß das überwiegende Ausmaß der Studienzeitüberschreitung (- ausgehend von dem angegebenen Termin der Ablegung der Diplomprüfung im Sommersemester 1995 jedenfalls drei, allenfalls vier Semester) auf diesen Grund zurückzuführen ist. Schon aus diesem Grund ist dieses Vorbringen nicht geeignet, der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen.

Der behaupteten Verletzung von Verfahrensvorschriften ist entgegenzuhalten, daß die belangte Behörde ihre Entscheidung auf die im Rahmen der dem Beschwerdeführer obliegenden Mitwirkungsverpflichtung im Verwaltungsverfahren gegebenen Angaben gestützt hat, die von ihm offensichtlich nach bestem Wissen und Gewissen gemacht worden sind. Dies erscheint weder im Hinblick auf die Grundsätze des Ermittlungsverfahrens noch auf eine behauptete Verletzung der Manuduktionspflicht (§ 13a AVG) bedenklich. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers umfaßt diese Manuduktionspflicht keinesfalls die Verpflichtung der Behörde, die Partei zu belehren, wie sie ihr Vorbringen gestalten müsse, damit ihrem Antrag stattgegeben werde (vgl. beispielsweise Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. August 1994, Zl. 93/12/0195).

Zur behaupteten Verletzung des Parteiengehörs wird festgestellt, daß die Verpflichtung, der Partei eines Verwaltungsverfahrens den festgestellten Sachverhalt vor Erlassung des Bescheides zur Kenntnis zu bringen, nur dann besteht, wenn die Partei dieses Sachverhaltsergebnis nicht bereits selbst kennt, weil sie z. B. die hiezu erforderlichen Nachweise selbst vorgelegt hat. Im Ermittlungsverfahren, das dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegt, wurden keinerlei Tatsachen erhoben, die nicht der Beschwerdeführer selbst durch entsprechende Erklärungen und Nachweise der Behörde zur Kenntnis gebracht hat. Abgesehen davon hätte den Beschwerdeführer im verwaltungsgerichtlichen Verfahren die Verpflichtung getroffen, darzulegen, was er vorgebracht hätte, wenn ihm Gelegenheit zum Parteiengehör gegeben worden wäre (vgl. in diesem Sinne beispielsweise das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Juni 1978, Slg. Nr. 9596/A).

Die Beschwerde erweist sich daher im Ergebnis als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Abstandnahme vom Parteiengehör

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1994120222.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

27.06.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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