TE Vwgh Erkenntnis 1996/2/28 94/12/0109

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.02.1996
beobachten
merken

Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;

Norm

AVG §37;
AVG §39 Abs2;
BDG 1979 §158 Abs1;
BDG 1979 §43 Abs1;
BDG 1979 §51 Abs2;
BDG 1979 §56 Abs2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Leitner, über die Beschwerde des Dr. Z in I, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung vom 7. März 1994, Zl. 152.123/94-I/C/10C/94, betreffend Untersagung einer Nebenbeschäftigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der 1943 geborene Beschwerdeführer steht als Assistenzprofessor in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Mit Beschluß der zuständigen Personalkommission vom 14. Juli 1993 wurde der Beschwerdeführer, der zuvor an der Universitätsklinik für Frauenheilkunde der Universität Innsbruck (Experimentelles Labor für visuelle Prüfungsmethoden) ausschließlich wissenschaftlich tätig war, der Universitätsklinik für Augenheilkunde "ab sofort" zur Dienstleistung zugeordnet. Die bis dahin bestehende Befreiung von Aufgaben in der Krankenversorgung wurde aufgehoben.

Der Vorstand der Universitätsklinik für Augenheilkunde, Univ.Prof.Dr. G, erteilte hierauf dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 15. Juli 1993 mehrere Dienstanweisungen, die die Dienstzeit (Montag bis Freitag, 8.00 bis 16.00 Uhr durchlaufend inkludierend eine halbstündige Mittagspause), den Arbeitsplatz, den Journaldienst und die Nebenbeschäftigungen (Aufforderung an den Beschwerdeführer, seine Nebenbeschäftigungen schriftlich darzustellen) betrafen.

Auf seinem neuen Arbeitsplatz hat der Beschwerdeführer (laut Mitteilung von Univ.Prof.Dr. G. vom 5. November 1993) folgende Aufgaben zu erfüllen:

"1. Betreuung von Patienten der Augenklinik in der

   Ambulanz und auf der Station                    ca. 70 %

2. Betreuung von Patienten anderer Kliniken

   als Konsiliarius                                ca.  5 %

3. Durchführung von Praktika für Studenten im

   Rahmen des Lehrbetriebes und innerhalb der

   regulären Dienstzeit                            ca. 10 %

4. Abhaltung von Prüfungen                         ca.  5 %

5. Verwaltungsaufgaben (z.B. Bibliothek)           ca.  5 %

In den Semesterferien und während der Urlaubszeiten erhöht sich der, unter Punkt 1 und 2 angegebene Aufgabenbereich prozentuell bis auf 100 %."

Der Beschwerdeführer übt mehrere Nebenbeschäftigungen aus, darunter Tätigkeiten im Zentrum für ambulante Augenchirurgie im Sanatorium der Kreuzschwestern in R (im folgenden Sanatorium) sowie die Führung einer Privatordination.

Nach den Verwaltungsakten meldete sich der Beschwerdeführer nach seiner Zuteilung zur Augenklinik, nachdem er zunächst Urlaub genommen hatte, mit der Diagnose "Lumboischialgieattacke bei ausgeprägter Kyphoskoliose" Anfang August 1993 krank (ärztliches Attest Dris. A vom 9. August 1993). Laut weiterer Bestätigung von Dr. A vom 9. September 1993 sei der Beschwerdeführer auf Grund der weiterbestehenden radiculären Symptomatik, die anfallsweise bei bestimmten Tätigkeiten massive Schmerzen verursache, weiterhin nicht in der Lage, "seiner regulären tagfüllenden ärztlichen Tätigkeit nachzukommen". Außergewöhnliche Belastungen wie Nachtdienste oder Wochenenddienste (d.h. keine Ablösemöglichkeit bzw. eigenständige Arbeitseinteilungsmöglichkeit) seien bis auf weiteres nicht zumutbar." Die derzeit privatärztlich durchgeführten wirtschaftlich bedingten Tätigkeiten sind nur unter einer entsprechend intensiven medikamentösen Therapie zu absolvieren. In Anbetracht der wirtschaftlichen Zwangslage werden die (massiven) Nebenwirkungen der Medikamente in Kauf genommen. Trotzdem müssen kurzfristig Arbeitspausen unbedingt eingehalten werden, um eine ENTLASTUNG IN RUHE (Unterstreichung im Original) bzw. physikalische Maßnahmen ergreifen zu können".

Hierauf wandte sich der Klinikvorstand Dr. G. mit Schreiben vom 23. September 1993 an den Rektor in dessen Eigenschaft als Disziplinarbehörde erster Instanz mit dem Ersuchen, die Vereinbarkeit der Nebenbeschäftigungen des Beschwerdeführers mit seiner dienstlichen Tätigkeit zu klären. Unter Hinweis auf die fachärztliche Bestätigung Dris. A wäre auch der Frage nachzugehen, ob nicht beim "Ruhenlassen der Nebenbeschäftigungen" eine gesundheitliche Erholung und damit wiederum Dienstfähigkeit eintreten könnte.

Mit Schreiben vom 15. November 1993 teilte der Beschwerdeführer der Universitätsdirektion Innsbruck (in Beantwortung eines in den Akten nicht aufliegenden Schreibens dieser Dienststelle) mit, er habe bis vor kurzem die der belangten Behörde gemeldete und von ihr genehmigte Nebenbeschäftigung nach Erfüllung seiner Dienstverpflichtungen so durchgeführt, daß er Patienten nachmittags bzw. abends untersucht habe. Operationen seien jeweils am Montag oder Donnerstag im Sanatorium der Kreuzschwestern in R erfolgt. Visiten seien abends oder vor Dienstbeginn durchgeführt worden. Seit dem Ausbruch seiner chronischen Wirbelsäulenerkrankung, die den Beschwerdeführer praktisch unfähig mache, einer längeren kontinuierlichen beruflichen Tätigkeit nachzugehen, sei er gezwungen, seine

"nebenberufliche Tätigkeit über den Tag so auszudehnen, daß ich bei gleichbleibender Frequenz ausreichende Pausen einlegen bzw. ich mich physikotherapeutischen Behandlungen unterziehen kann.

In den letzten Monaten operierte ich an maximal fünf Tagen in der Woche am Vormittag (sofern der Bedarf vorhanden war), begab mich dann in eine physikotherapeutische Behandlung, setzte meine über nunmehr von drei auf fünf Tage verteilte Patientenbehandlung nachmittags - mit Unterbrechungen - fort und beendete den Tag sehr oft mit neuerlichen physikotherapeutischen Behandlungen, um die während des Tages aufgetretenen Beschwerden möglichst ohne Medikamente lindern zu können.

Ich werde ab Jänner 1994 meine Operationstage einschränken müssen und plane nunmehr an drei Tagen zu operieren. Somit wird es möglich, meine Patienten noch besser aufzuteilen und größere Pausen einzulegen.

Dieser äußerst unangenehme Arbeitsdruck wird durch den Umstand hervorgerufen, daß ich durch den Grundgehalt, den ich als Bundesbediensteter beziehe, nicht in der Lage bin, meine während meiner aktiven wissenschaftlichen Tätigkeit der letzten Jahre eingegangenen Verpflichtungen, zurückzuzahlen und die wirtschaftlichen Bedürfnisse meiner Familie (Frau und drei Kinder) zu erfüllen."

Im übrigen verwies der Beschwerdeführer auf seine Rechtfertigung gegenüber dem Rektor zu einer gegen ihn erhobenen Disziplinaranzeige; der Beschwerdeführer legte ferner als Nachweis für seine Erkrankung das Gutachten Dris. M (Facharzt für Orthopädie) vom 2. November 1993 sowie eine Bestätigung des Sanatoriums der Kreuzschwestern, wonach er deren physikotherapeutische Einrichtungen wegen seiner akuten Kreuzschmerzen ständig nütze und ein Attest einer diplomierten Physikotherapeutin sowie die fachärztliche Bestätigung Dris. A vom 9. September 1993 vor.

In der Folge wurde der Beschwerdeführer zur Beurteilung seiner Dienstfähigkeit am 29. November 1993 amtsärztlich untersucht. Laut Gutachten des Amtsarztes des Städtischen Gesundheitsamtes der Stadt Innsbruck vom 22. Dezember 1993, Dr. R, sei der Beschwerdeführer wegen seiner Erkrankung (idiopathische thorakolumbale Kyphoskoliose) derzeit höchstens bedingt dienstfähig. Die Einschränkung sei dahingehend zu verstehen, daß eine zumutbare Dienstfähigkeit nur dann angenommen werden könne, wenn je nach Belastung nach ca. 1 1/2 bis 2-stündigen Arbeiten regelmäßig die erforderlichen Pausen zu diversen physiotherapeutischen Maßnahmen durchgeführt werden könnten. Zur Frage, wann mit der Wiedererlangung der Dienstfähigkeit gerechnet werden könne, bzw. zu denkbaren Zusammenhängen zwischen der der Haupttätigkeit des Beschwerdeführers sehr ähnlich gelagerten Nebenbeschäftigung und der Wiedererlangung (Erhaltung) der Dienstfähigkeit führte der Amtsarzt aus, es sei nicht nur die Schwere der Gesamtdauer der Arbeit des Beschwerdeführers hiefür entscheidend, sondern vielmehr auch der Umstand, ob eine ausreichende Flexibilität bezüglich der angesprochenen zeitlichen Unterbrechungen für entsprechende physikotherapeutische genützte Pausen am Arbeitsplatz gewährleistet werden könnten. Nur so könne voraussichtlich eine langfristige Hintanhaltung bzw. Verzögerung der zu erwartenden Verschlechterungen der Beschwerden des Beschwerdeführers erreicht werden. Präzisere Aussagen und definitive Klarstellungen dazu (maximal vertretbare Arbeitslänge mit alternierenden Pausenabständen etc.) könnten nur durch ein entsprechendes fachärztliches Gutachten eines gerichtlich beeideten Sachverständigen für Orthopädie getroffen werden.

Mit Note vom 5. Jänner 1994 teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer mit, er habe bekanntgegeben, er gedenke seine gesamte Arbeitsleistung seiner Nebenbeschäftigung im Sanatorium der Kreuzschwestern in R (auch weiterhin) zu widmen. Die Ausübung dieser Nebenbeschäftigung schließe jegliche dienstliche Aufgabenerfüllung aus, weshalb deren Untersagung beabsichtigt sei. Weiters sei festzustellen, daß seinem Antrag auf Karenzurlaub nicht näher getreten werden könne, solange sich der Beschwerdeführer im Krankenstand befinde. Ein Krankenstand könne auch eine grundsätzlich unzulässige Nebenbeschäftigung nicht rechtfertigen.

In seiner Stellungnahme vom 7. Februar 1994 wies der Beschwerdeführer die "unzutreffende Feststellung" der belangten Behörde, die Ausübung seiner Nebenbeschäftigung schließe jegliche Aufgabenerfüllung aus, "mit aller Entschiedenheit zurück". Vielmehr setze ihn seine chronische im Gutachten Dris. M im einzelnen beschriebene Wirbelsäulenerkrankung derzeit außerstande, einen geregelten Dienst zu verrichten und seine dienstlichen Aufgaben zu erfüllen. Solange er nicht krank gewesen sei, habe er ungeachtet seiner schon lange bestehenden Nebenbeschäftigung seine dienstlichen Aufgaben stets korrekt und gewissenhaft und ohne jede Beeinträchtigung erfüllt. Ihm sei bewußt, daß ein Krankenstand an sich keine Rechtfertigung einer nichtzulässigen Nebenbeschäftigung darstelle; er habe sich einer solchen Rechtfertigung auch nie bedient, sondern bitte lediglich um Verständnis, daß seine Krankheit einer geregelten und umfassenden dienstlichen Aufgabenerfüllung entgegenstehe, sie es jedoch infolge weitgehend freier Dispositions- und Einteilungsmöglichkeit erlaube, seiner Nebenbeschäftigung, wenn auch im eingeschränkten Umfang, nachzugehen. Er habe seine Nebenbeschäftigung in der Zeit seines Krankenstandes keinesfalls erweitert.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 7. März 1994 untersagte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer seine Nebenbeschäftigung im Sanatorium der Kreuzschwestern in R. Begründend führte sie aus, der Beschwerdeführer sei mit Beschluß der Personalkommission der Medizinischen Fakultät vom 14. Juli 1993 mit sofortiger Wirkung der Universitätsklinik für Augenheilkunde zugeordnet worden. Seit diesem Zeitpunkt sei der Beschwerdeführer nicht mehr von der Krankenversorgung befreit; seine regelmäßige Wochendienstzeit erstrecke sich von Montag bis Freitag von 8.00 bis 16.00 Uhr. In seinem Schreiben vom 15. November 1993 habe er mitgeteilt, "daß Sie Ihre GESAMTE ARBEITSLEISTUNG IHRER NEBENBESCHÄFTIGUNG im Sanatorium der Kreuzschwestern in R WIDMEN UND AUCH WEITERHIN ZU WIDMEN GEDENKEN." (Unterstreichungen im Original). Die Ausübung der gegenständlichen Nebenbeschäftigung schließe JEGLICHE DIENSTLICHE AUFGABENERFÜLLUNG (Unterstreichungen im Original) aus. Der Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 7. Februar 1994 hielt die belangte Behörde entgegen, auf Grund des amtsärztlichen Gutachtens vom 22. Dezember 1993 sei davon auszugehen, daß der Beschwerdeführer bei entsprechend flexibler zeitlicher Diensteinteilung samt den entsprechenden physikotherapeutisch genützten Pausen durchaus, wenn auch eingeschränkt, dienstfähig sei. Nach welchen Zeiteinheiten der Dienstverrichtung Arbeitsunterbrechungen erforderlich seien, welche physiotherapeutischen Maßnahmen in diesen Arbeitsunterbrechungen gesetzt werden müßten und wo diese physiotherapeutischen Maßnahmen durchgeführt werden könnten, sei derzeit Gegenstand eines anderen Verfahrens. An der grundsätzlich unzulässigen Nebenbeschäftigung könnten auch die obgenannten Umstände nichts ändern.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 43 Abs. 1 BDG 1979, BGBl. Nr. 333, ist der Beamte verpflichtet, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen.

Nach § 56 Abs. 1 leg. cit. ist Nebenbeschäftigung jede Beschäftigung, die der Beamte außerhalb seines Dienstverhältnisses und einer allfälligen Nebentätigkeit ausübt.

Der Beamte darf keine Nebenbeschäftigung ausüben, die ihn an der Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben behindert, die Vermutung einer Befangenheit hervorruft oder sonstige wesentliche dienstliche Interessen gefährdet (Abs. 2 dieser Bestimmung).

Gemäß § 56 Abs. 3 leg. cit. hat der Beamte seiner Dienstbehörde jede erwerbsmäßige Nebenbeschäftigung unverzüglich zu melden. Eine Nebenbeschäftigung ist erwerbsmäßig, wenn sie die Schaffung von nennenswerten Einkünften in Geld- oder Güterform bezweckt.

Nach § 158 Abs. 1 BDG 1979 ist bei der Beurteilung, ob die Ausübung einer Nebenbeschäftigung den Hochschullehrer (der Beschwerdeführer gehört unbestritten zum Personenkreis der Hochschullehrer nach § 154 leg. cit.) an der Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben behindert, die Vermutung seiner Befangenheit hervorruft oder sonst wesentliche dienstliche Interessen gefährdet (§ 56 Abs. 2), die Verbindung mit den fachlich in Betracht kommenden Bereichen in und außerhalb der Universität (Hochschule) angemessen zu berücksichtigen.

Der Beschwerdeführer bringt unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, entgegen der Auffassung der belangten Behörde liege keiner der drei in § 56 Abs. 2 BDG 1979 genannten Untersagungstatbestände vor. Die belangte Behörde stütze sich allein auf die bloße Vermutung, der Beschwerdeführer könne nach seiner Zuordnung zur Universitätsklinik für Augenheilkunde (regelmäßige Wochendienstzeit von Montag bis Freitag von 8.00 bis 16.00 Uhr) seine dienstliche Aufgabenerfüllung bei Aufrechterhaltung der Ausübung seiner Nebenbeschäftigung nicht mehr gewährleisten. Der angefochtene Bescheid gehe von der bloßen Vermutung aus, der Beschwerdeführer komme seiner Nebenbeschäftigung innerhalb der Dienstzeit nach und lasse jegliche Begründung hiefür vermissen. Ihm sei es auch bei gegebener fixer Wochendienstzeit durchaus möglich, seiner Nebenbeschäftigung im Sanatorium der Kreuzschwestern nach 16.00 Uhr nachzugehen. Ob eine Nebenbeschäftigung einen Beamten an der vollständigen und genauen Erfüllung seiner dienstlichen Verpflichtung behindere, sei als Tatsache festzustellen, die für jedermann objektivierbar sein müsse; bloße Vermutungen in diese Richtung bildeten keinen zureichenden Grund für die Untersagung der Nebenbeschäftigung. Die belangte Behörde habe die Zusammenhänge zwischen seiner Wirbelsäulenerkrankung und den damit verbundenen Konsequenzen (Unmöglichkeit, einem geregelten Dienst nachzukommen) einerseits und der Verrichtung der Dienstpflichten und der Nebenbeschäftigung andererseits falsch interpretiert: Keineswegs sei dem Schreiben vom 15. November 1993 zu entnehmen, daß der Beschwerdeführer seine gesamte Arbeitsleistung seiner Nebenbeschäftigung im Sanatorium widme und auch weiterhin zu widmen gedenke; diese Feststellung stelle eine krasse Mißdeutung sowohl des Schreibens vom 15. November 1993 als auch vom 7. Februar 1994 dar. Wie sich aus verschiedenen Gutachten ergebe (darunter auch dem amtsärztlichen Gutachten), leide der Beschwerdeführer an einer idiopathischen thorakolumbalen Kyphoskoliose, bei der die beim vorliegenden Erkrankungsbild als typisch anzusehenden Beschwerden in den letzten Jahrzehnten ständig zugenommen hätten bzw. traumabedingt seit ca. vier Jahren im Sinne einer Verschlechterung der Allgemeinsymptomatik und auch der Leistungsfähigkeit massiv in den Vordergrund gerückt seien. Deshalb sei der Beschwerdeführer höchstens bedingt und insoweit dienstfähig, daß er - je nach Belastung - jeweils nach etwa eineinhalb bis zwei Stunden Arbeit pausieren und die entsprechenden physiotherapeutischen Maßnahmen durchführen lassen müsse; ein kontinuierlicher und geregelter Dienst, wie ihn die Diensteinteilung des Beschwerdeführers derzeit vorsehe, sei nicht möglich und dem Beschwerdeführer keinesfalls zumutbar. Einzig und allein diese Krankheit hindere ihn an der Ausübung seiner Dienstpflichten als Bundesbediensteter; eine andere als die vorgegebene Diensteinteilung gebe es an der Universitätsklinik nicht, die der Beschwerdeführer aber (wie die vorliegenden Gutachten dokumentierten) außerstande sei zu erfüllen: die Nebenbeschäftigung stehe daher in keinem kausalen Zusammenhang zur Unmöglichkeit des Beschwerdeführers, seinen Dienstpflichten nachzukommen. Der Beschwerdeführer rügt in diesem Zusammenhang ferner, das Ermittlungsverfahren sei nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden: Er habe zwar am 15. November 1993 und am 7. Februar 1994 eine schriftliche Stellungnahme abgegeben (vom amtsärztlichen Gutachten vom 22. Dezember 1993 habe er erst nach Zustellung des angefochtenen Bescheides über Intervention seines Vertreters Kenntnis erlangt); die belangte Behörde habe es aber unterlassen zu prüfen, inwieweit die Verpflichtung des Beschwerdeführers, einem geregelten Dienst nachzukommen, mit seiner Krankheit vereinbar sei, ob also überhaupt die Nebenbeschäftigung seine dienstlichen Aufgaben behindere und damit ein Untersagungstatbestand gegeben sei. Stattdessen habe sich die belangte Behörde mit einer Fehlinterpretation seines Schreibens vom 15. November 1993 begnügt, aus dem nicht zwingend geschlossen werden könne, daß er seine gesamte Tätigkeit seiner Nebenbeschäftigung im Sanatorium widme. Diese apodiktische Feststellung finde sich bereits im Schreiben der belangten Behörde vom 5. Jänner 1994, obwohl ihr bewußt gewesen sei, daß - nach dem amtsärztlichen Gutachten vom 22. Dezember 1993 - eine entsprechend flexible Dienstzeit mit ausreichenden physiotherapeutisch genützten Pausen erforderlich wäre und man dazu (wie auch dem angefochtenen Bescheid zu entnehmen sei) noch entsprechende Dispositionen treffen müßte.

Dem ist folgendes zu erwidern:

Unbestritten ist im Beschwerdefall, daß der Beschwerdeführer auf Grund seiner Wirbelsäulenerkrankung derzeit lediglich begrenzt dienstfähig ist und nicht "durcharbeiten" kann; vielmehr bedarf er nach bestimmten Arbeitszeiten regelmäßiger Pausen, die physiotherapeutisch zur Linderung seines Leidenszustandes zu nützen sind. Er befindet sich seit Anfang August 1993 im Krankenstand.

Feststeht, daß der Beschwerdeführer auf Grund seiner Erkrankung den Anforderungen seines derzeitigen aktuellen Arbeitsplatzes, mit dem er auf Grund seines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses an der Universitätsklinik für Augenheilkunde der Universität Innsbruck betraut ist, nicht genügt. Nach den Ausführungen im angefochtenen Bescheid wird aber von der Dienstbehörde geprüft, welche konkrete Maßnahmen ergriffen werden müssen, um den Arbeitsplatz des Beschwerdeführers derart zu gestalten, daß er imstande ist, die anfallenden Aufgaben auf Grund seiner körperlichen Verfassung zu erfüllen.

Entgegen seiner Auffassung konnte die belangte Behörde auf Grund des Schreibens des Beschwerdeführers vom 15. November 1993 unbedenklich davon ausgehen, daß er aus Anlaß seiner Erkrankung die Ausübung seiner Nebenbeschäftigung im Sanatorium der Kreuzschwestern in R, deren Aufrechterhaltung er aus ökonomischen Gründen für unentbehrlich erachtete, in zeitlicher Hinsicht neu organisierte; dies in der Weise, daß er die Ausübung seiner Nebenbeschäftigung nunmehr auf Zeiten verlegte, in denen er auf Grund seines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses Dienst an der Universitätsklinik zu leisten gehabt hätte, der aber (offenbar krankheitsbedingt) unterblieben ist (vgl. die Ausführungen zu den Operationsterminen an maximal fünf Vormittagen der Woche und die nachfolgende Patientenbetreuung) und daß er daran - wenn auch in eingeschränktem Umfang - auch in Zukunft festhalten wolle (vgl. dazu die Ausführungen im genannten Schreiben zur geplanten Tätigkeit ab Jänner 1994). Angesichts der klaren und unmißverständlichen Angaben des Beschwerdeführers bestand auch kein Grund daran zu zweifeln, daß die Ausübung der Nebenbeschäftigung im Sanatorium tatsächlich nicht in dieser Weise abläuft. Daß diese Nebenbeschäftigung theoretisch auch zu anderen außerhalb der Dienstzeit in der Universitätsklinik liegenden Zeiten ausgeübt werden könnte und allenfalls auch in der Vergangenheit so ausgeübt wurde, ist vor dem Hintergrund der eigenen Angaben des Beschwerdeführers zur derzeit bestehenden Situation (jedenfalls bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides) rechtlich bedeutungslos. Aus dem Spruch des angefochtenen Bescheides in Verbindung mit seiner Begründung ergibt sich auch zweifelsfrei, daß sich die Untersagung nur auf die Ausübung der Nebenbeschäftigung des Beschwerdeführers im Sanatorium der Kreuzschwestern in R, soweit sie WÄHREND DER DIENSTZEIT an der Universitätsklinik ausgeübt wird, bezieht.

Anderes ergibt sich auch nicht aus der in Wahrung des Parteiengehörs erstatteten Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 7. Februar 1994. Darin ist er zwar der Wertung seines Schreibens vom 15. November 1993 "mit Entschiedenheit" entgegengetreten, ohne allerdings die Tatsachenangaben in diesem Schreiben über den Ablauf seiner Nebenbeschäftigung zu korrigieren. Offenkundig hielt er nämlich seine Vorgangsweise deshalb für zulässig und daher keinen Untersagungsgrund für seine Nebenbeschäftigung gegeben, weil er auf Grund seiner Krankheit nicht imstande wäre, seine dienstlichen Aufgaben an der Universitätsklinik zu erfüllen, wohl aber seine Nebenbeschäftigung auf Grund der dort gegebenen Gestaltungsmöglichkeiten ausüben könne.

Diese Rechtsauffassung, die im Ergebnis auch in der Beschwerde vertreten wird (ausschließliche Kausalität der Krankheit für die Unmöglichkeit, den Dienst an der Universitätsklinik wahrnehmen zu können), verkennt aber grundlegend die Pflichten, die den Beschwerdeführer aus seinem bestehenden öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis dem Bund gegenüber treffen, und das Verhältnis seiner dienstlichen Tätigkeit zur Nebenbeschäftigung.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in diesem Zusammenhang bereits mehrfach ausgesprochen hat (vgl. dazu z.B. die hg. Erkenntnisse vom 12. Jänner 1987, Zl. 86/12/0011 = Slg. N.F. Nr. 12366/A; 27. April 1987, Zl. 86/12/0243) liegt die wesentliche Aufgabe des Dienstrechtes darin, die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes zu gewährleisten. Bereits aus dem Begriff (der als) "Hauptbeschäftigung" (zu wertenden Wahrnehmung der Aufgaben aus dem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis) im Verhältnis zur "Nebenbeschäftigung" folgt, daß es Aufgabe des Bediensteten ist, bei einer allfälligen Nebenbeschäftigung mögliche Beeinträchtigungen seines Dienstes oder Beschränkungen seiner dienstlichen Einsatzfähigkeit zu vermeiden.

Dies deckt sich auch mit der den Beamten nach § 43 Abs. 1 BDG 1979 treffenden Verpflichtung, seine dienstlichen Aufgaben unter anderem treu und gewissenhaft zu erfüllen. Unter Berücksichtigung der historischen Entwicklung (vgl. dazu näher Kucsko-Stadlmayer, Das Disziplinarrecht der Beamten, 213 ff, hier 215 f, und 224 ff) wird damit die Pflicht des Beamten "zu voller Hingebung an die ihm anvertrauten Interessen des Dienstes" erfaßt, das heißt aber, daß der Beamte andere Interessen als die des Dienstes - insbesondere seine eigenen - den dienstlichen Interessen unterzuordnen hat. Diese Pflicht, sich mit voller Hingabe seinem Beruf zu widmen (so die Umschreibung in § 54 Satz 1 des deutschen Bundesbeamtengesetzes), spricht die Verpflichtung des Beamten an, seine volle Einsatzfähigkeit (im weiteren Sinn) für den Dienst zu erhalten (zum Teilaspekt, die gesundheitliche Leistungsfähigkeit zu erhalten bzw. wiederzuerlangen, siehe auch § 51 Abs. 2 BDG 1979). Was dies im Einzelfall bedeutet und wo die Grenzen dieser "Treuepflicht" des Beamten (als Gegenstück zur Fürsorgepflicht des Dienstgebers) liegen, kann nur im Einzelfall unter verständiger Gesamtwürdigung aller maßgebenden Umstände gesagt werden.

Eine Klärung der im Beschwerdefall naheliegenden Frage, ob nicht die Ausübung der Nebenbeschäftigung in dieser Form zu einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers oder zumindest zu einer erheblichen Verzögerung der Heilung bzw. Verbesserung seines Leidenszustandes führt, was die Untersagung der Nebenbeschäftigung in dieser Form jedenfalls gerechtfertigt hätte, erfolgte nicht.

Vor dem Hintergrund der dargestellten Rechtslage ist aber unter dem Blickwinkel des Beschwerdefalles auch bedeutsam, daß der Amtsarzt in seinem Gutachten vom 22. Dezember 1993 ausgeführt hat, eine langfristige Hintanhaltung bzw. Verzögerung der zu erwartenden Verschlechterung der gesundheitlichen Beschwerden des Beschwerdeführers (die zu seiner eingeschränkten Dienstfähigkeit führen) könne voraussichtlich insbesondere durch eine flexibel gestaltete Arbeitszeit und zeitliche Unterbrechungen für physikotherapeutisch genützte Pausen herbeigeführt werden. Dieser Gutachter hat auch betont, daß für definitive Klarstellungen weitere Ermittlungsschritte (fachärztliches Gutachten eines Orthopäden) erforderlich erschienen. Eine umfassende und rasche Klärung der im Beschwerdefall rechtserheblichen Umstände (Gesundheitszustand und davon abhängig die Schaffung geänderter Arbeitsbedingungen) setzt notwendigerweise die - auch im Hinblick auf die Treuepflicht gebotene - Mitwirkung des Beschwerdeführers voraus. Dazu gehört auch die z.B. im Hinblick auf die Erprobung von Änderungen des Arbeitsplatzes notwendige Mitwirkung des Beschwerdeführers, für die er sich während seiner üblichen Dienstzeit zur Verfügung der Dienstbehörde zu halten hat. Nach den Umständen des Beschwerdefalles kann auch nicht von vornherein ausgeschlossen werden, daß diese "Arbeitsversuche" sich über einen längeren Zeitraum erstrecken. Derartige Ermittlungen, die zum Ziel haben, die Frage der Wiedereingliederung des bedingt dienstfähigen Beamten in den Dienstbetrieb zu klären, dienen zweifellos dem dienstlichen Interesse. Im Beschwerdefall war die belangte Behörde um rasche Klärung dieser Fragen bemüht (vgl. den Zeitraum zwischen der Krankmeldung des Beschwerdeführers und der Einholung des Gutachtens des Amtssachverständigen zur Frage der Dienstfähigkeit des Beschwerdeführers vom 22. Dezember 1993). Sie war auch bestrebt, den Fall des Beschwerdeführers - unter Einhaltung der ihm zustehenden Verfahrensrechte - umgehend zu lösen, wie sich aus den Verwaltungsakten zu einer weiteren Beschwerde des Beschwerdeführers, die derzeit noch anhängig ist

(Zl. 94/12/0303), ergibt.

Vor dem Hintergrund der oben dargestellten Sach- und Rechtslage war es daher bei vernünftiger Gesamtwürdigung aller im Beschwerdefall maßgebenden Begleitumstände im Ergebnis nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde - gestützt auf § 56 Abs. 2 dritter Tatbestand BDG 1979 - dem Beschwerdeführer die Ausübung seiner (wegen seiner Krankheit auf die Dienstzeit verlagerten) Nebenbeschäftigung im Sanatorium untersagte, dies auch dann, wenn ihm derzeit in seinem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis kein seinem Gesundheitszustand entsprechender Arbeitsplatz zugewiesen ist, die Dienstbehörde aber um die Klärung des für die Ergreifung der entsprechenden Personalmaßnahmen maßgebenden Sachverhaltes in angemessener Frist bemüht war.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der gemäß ihrem Art. III Abs. 1 anzuwendenden Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Mitwirkungspflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1994120109.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten