TE Vwgh Erkenntnis 1996/3/19 95/11/0389

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Veröffentlicht am 19.03.1996
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

AVG §58 Abs2;
KDV 1967 §30 Abs1;
KDV 1967 §34 Abs1 litd;
KFG 1967 §67 Abs2;
KFG 1967 §73 Abs1;
KFG 1967 §75 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Neumeister, über die Beschwerde des F in P, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in A, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 20. Oktober 1995, Zl. I/7-St-A-9410, betreffend Entziehung einer Lenkerberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben, soweit er eine Entziehung einer Lenkerberechtigung verfügt.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.890,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Amstetten vom 11. Oktober 1994 wurde dem Beschwerdeführer die Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppen B, C, E, F und G gemäß § 74 Abs. 1 KFG 1967 bis einschließlich 10. April 1995 vorübergehend entzogen. Diese Maßnahme wurde mit der Begehung von zwei Alkoholdelikten am 11. Juni 1994 und der in einem amtsärztlichen Gutachten festgestellten gesundheitlichen Nichteignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen begründet. Der Beschwerdeführer erhob dagegen Berufung.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung insoweit Folge gegeben, als die Entziehung in Ansehung von Kraftfahrzeugen der Gruppen B, C, F und G behoben wurde. Hinsichtlich von Kraftfahrzeugen der Gruppe E wurde eine Entziehung gemäß § 73 Abs. 1 KFG 1967 verfügt.

In seiner - lediglich gegen den Entziehungsausspruch gerichteten - Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die belangte Behörde stützte ihren Bescheid auf ein Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen vom 11. Mai 1995, in welchem zusammenfassend ausgeführt wird:

"Neurologischer Status altersentsprechend unauffällig, geringgradige Erhöhung der y-GT. Eindeutige Hinweise auf derzeit bestehenden Alkohol-Mißbrauch fanden sich nicht. Im psychopathologischen Status fanden sich ein reduziertes Auffassungsvermögen, eine reduzierte Konzentration und eine reduzierte Merkfähigkeitsleistung.

Angesichts dieser Befunde ist ... "(der Beschwerdeführer) ..." derzeit aus medizinischer Sicht zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Führerscheingruppen B, F und G geeignet, für A und C noch grenzwertig geeignet, zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppen D und E nicht geeignet."

In der Begründung wird auch auf eine ergänzende Stellungnahme des ärztlichen Sachverständigen vom 14. September 1995 hingewiesen, wonach die vom Beschwerdeführer im Entziehungsverfahren beigebrachten ärztlichen Bestätigungen und Befunde für die Richtigkeit seines Gutachtens sprächen.

In seiner Beschwerde bestreitet der Beschwerdeführer die Richtigkeit des amtsärztlichen Gutachtens. Er verweist auf seine jahrzehntelange unfallfreie Fahrpraxis, die die Annahme seiner gesundheitlichen Nichteignung widerlege. Die von ihm konsultierte Fachärztin für Psychiatrie habe ihm seine volle Eignung bescheinigt. Der Amtsarzt räume in seiner ergänzenden Stellungnahme ein, daß ein internistischer Befund auch hätte erbringen können, daß die von ihm angesprochenen Laborwerte (Leberwerte) durch eine andere Schädigung, "die verkehrssicherheitsmäßig ohne Belang ist", hervorgerufen sein könnten.

Der Beschwerdeführer unterläßt es aber in diesem Zusammenhang darauf einzugehen, daß der Amtsarzt in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 14. September 1995 auch auf die Begehung von Alkoholdelikten (eines mit einer Alkoholisierung im Ausmaß von etwa 2 %o Blutalkoholgehalt) und auf das Ergebnis des dem Erstbescheid zugrundeliegenden verkehrspsychologischen Befundes vom 17. August 1994 hinweist, welche durch die von ihm eingeräumte Möglichkeit einer anderen als einer alkoholbedingten Erklärung der Laborwerte nicht "aus der Welt geschafft" würden. Er übergeht auch den Umstand, daß ihm die in Rede stehende ergänzende Stellungnahme zur Kenntnis gebracht worden ist, wobei ihm eine zweiwöchige - von ihm nicht genützte - Frist zur Abgabe einer seinerseitigen Stellungnahme eingeräumt wurde.

Wenn auch auf Grund des Verfahrensablaufes davon auszugehen ist, daß der Beschwerdeführer es unterlassen hat, die zur Widerlegung der Annahme seiner gesundheitlichen Nichteignung in Ansehung von Kraftfahrzeugen der Gruppe E nötigen Schritte zu setzen, ist der angefochtene Bescheid aus folgenden Gründen aufzuheben:

Weder in der Begründung des angefochtenen Bescheides noch in den Ausführungen des amtsärztlichen Sachverständigen wird ausgeführt, wieso die Eignung des Beschwerdeführers in Ansehung von Kraftfahrzeugen verschiedener Gruppen unterschiedlich zu beurteilen ist, insbesondere welche Umstände es geboten erscheinen lassen, die Eignung hinsichtlich der Gruppe E zu verneinen, obwohl sie hinsichtlich der übrigen Gruppen - wenn auch zum Teil nur grenzwertig - zu bejahen sei. Der Verdacht, beim Beschwerdeführer lägen Folgen eines früheren Alkoholmißbrauches vor, die derzeit die Eignung grundsätzlich nicht ausschlössen, rechtfertigt die in Rede stehende differenzierte Beurteilung - jedenfalls ohne nähere Begründung - nicht. Es hätte auch einer Begründung bedurft, wieso sich die beim Beschwerdeführer festgestellten Reduzierungen von Auffassungsvermögen, Konzentration und "Merkfähigkeitsleistung" beim Lenken von Kraftfahrzeugen verschiedener Gruppen bezogen auf die Verkehrssicherheit unterschiedlich auswirken können. Wenn auch zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe E besondere Fähigkeiten und Eigenschaften erforderlich sein mögen, so ist es für den Verwaltungsgerichtshof nicht ohne weiteres einsichtig, inwiefern die genannten Faktoren im gegebenen Zusammenhang relevant sein können. Der angefochtene Bescheid war hinsichtlich seines eine Entziehung einer Lenkerberechtigung verfügenden Abspruches gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1994. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil an Stempelgebührenersatz nur S 390,-- (S 360,-- für drei Beschwerdeausfertigungen und S 30,-- für eine Kopie des angefochtenen Bescheides) zugesprochen werden konnten.

Schlagworte

Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher Verfahrensmangel

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995110389.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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