TE Vwgh Beschluss 2022/10/12 Ra 2022/02/0166

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Veröffentlicht am 12.10.2022
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Norm

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Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Dr. Köller, den Hofrat Mag. Straßegger sowie die Hofrätin Dr. Koprivnikar als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schörner, über die Revision des K in R, vertreten durch Mag. Leopold Zechner, Rechtsanwalt in 8600 Bruck/Mur, Fridrichallee 3, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Kärnten vom 14. Juni 2022, KLVwG-875/2/2022, betreffend Übertretung der StVO (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Wolfsberg), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Mit Strafverfügung der belangten Behörde vom 10. Jänner 2022 wurde über den Revisionswerber wegen einer näher konkretisierten Übertretung des § 52 lit. a Z 10a StVO gemäß § 99 Abs. 2e StVO eine Geld- sowie eine Ersatzfreiheitsstrafe verhängt.

2        Der vom Revisionswerber erhobene Einspruch wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 21. Februar 2022 als verspätet zurückgewiesen.

3        Die vom Revisionswerber dagegen erhobene Beschwerde wurde vom Landesverwaltungsgericht Kärnten (Verwaltungsgericht) als unbegründet abgewiesen. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof erklärte das Verwaltungsgericht nach Art. 133 Abs. 4 B-VG für unzulässig.

4        Begründend führte das Verwaltungsgericht u.a. aus, die Strafverfügung sei nach einem erfolglosen Zustellversuch am 12. Jänner 2022 bei A. in 8241 Dechantskirchen hinterlegt worden; der erste Tag der Abholfrist sei der 13. Jänner 2022 ab 11:00 Uhr gewesen. Nähere Öffnungszeiten seien angegeben worden. Der Revisionswerber habe die Strafverfügung am 26. Jänner 2022 persönlich übernommen und am 28. Jänner 2022 einen Einspruchsschriftsatz übermittelt. Der den Einspruch zurückweisende Bescheid der belangten Behörde sei nach einem erfolglosen Zustellversuch am 23. Februar 2022 bei S. in 8234 Rohrbach an der Lafnitz hinterlegt und am 11. März 2022 vom Revisionswerber persönlich übernommen worden. Das Verwaltungsgericht folge den Angaben des Revisionswerbers im Beschwerdeschriftsatz, wonach er seine Wohnadresse am 13. Jänner 2022 gegen 4:30 Uhr zwecks einer Geschäftsreise nach Deutschland verlassen und am 14. Jänner 2022 gegen 16:30 Uhr von Deutschland zurück zu seiner Wohnadresse gefahren sei.

5        Rechtlich führte das Verwaltungsgericht nach Darstellung der Rechtslage aus, die hinterlegte Strafverfügung gelte mit dem ersten Tag der Abholfrist am 13. Jänner 2022 als zugestellt. Der Revisionswerber habe noch am 14. Jänner 2022 von der Hinterlegung der Strafverfügung Kenntnis erlangt und hätte diese sogar am Samstag 15. Jänner 2022 abholen können. Ein Einspruch sei auch nicht zu begründen. Die zweiwöchige Einspruchsfrist sei dem Revisionswerber nahezu ungekürzt zur Verfügung gestanden; nach näher genannter Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sei sogar ein Zeitraum von zehn Tagen noch ausreichend. Der Revisionswerber habe auch nicht eingewendet, sich nicht regelmäßig an der Abgabestelle aufzuhalten, sondern nur eine Ortsabwesenheit von 13. bis 14. Jänner 2022 behauptet. Der Einspruch erweise sich daher als verspätet und sei von der belangten Behörde zu Recht zurückgewiesen worden.

6        Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

7        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

9        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision - gesondert - vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

10       Der Revisionswerber bringt zur Zulässigkeit der Revision vor, Sendungen seien gemäß § 17 Abs. 1 Zustellgesetz durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle zu hinterlegen. Vor Inkrafttreten des PMG habe eine Hinterlegung nur beim zuständigen Postamt erfolgen dürfen (Hinweis auf VwGH 28.3.1988, 87/10/0070). Die Strafverfügung sei beim Postpartner A. hinterlegt worden, der Bescheid der belangten Behörde hingegen beim Postpartner S. Der zweite Postpartner befinde sich in 0,855 Kilometer Entfernung, der erste in einer Entfernung von 2,5 km von der Abgabestelle. Es sei „unergründlich“, weshalb es sich beim Postpartner A. um die zuständige Geschäftsstelle handeln solle. Es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, bei welchen Postämtern, Abholstationen oder Filialen es sich um die für eine bestimmte Abgabestelle zuständige Geschäftsstelle im Sinn des § 17 Abs. 1 Zustellgesetz handle. Vielmehr sei im vorliegenden Fall der Postpartner S. die zuständige Geschäftsstelle, sodass die Strafverfügung erst mit ihrer Übernahme durch den Revisionswerber rechtswirksam zugestellt worden sei. Die Wirksamkeit des Zustellvorganges sei vom Verwaltungsgericht von Amts wegen zu überprüfen. Dem Verwaltungsgericht sei der aktenkundige Umstand, dass die Strafverfügung an einer anderen Geschäftsstelle hinterlegt worden sei als der Bescheid, bekannt gewesen, weshalb es seiner amtswegigen Überprüfungspflicht hätte nachkommen müssen.

11       Zunächst ist auszuführen, dass die Behauptung des Abweichens von der hg. Judikatur zu einer wegen Änderung der gesetzlichen Bestimmungen überholten Rechtslage die Zulässigkeit der Revision nicht zu begründen vermag (vgl. VwGH 17.12.2019, Ra 2018/04/0125, mwN).

12       Darüber hinaus ist auf Folgendes hinzuweisen:

13       Nach ständiger Rechtsprechung ist der vom Zusteller erstellte Zustellnachweis (Rückschein) eine öffentliche Urkunde, die den Beweis dafür erbringt, dass die Zustellung vorschriftsmäßig erfolgt ist; doch ist der Gegenbeweis gemäß § 292 Abs. 2 ZPO zulässig. Behauptet jemand, es lägen Zustellmängel vor, so hat er diese Behauptungen auch entsprechend zu begründen und Beweise dafür anzubieten, die geeignet sind, die vom Gesetz aufgestellte Vermutung zu widerlegen (vgl. VwGH 17.10.2013, 2013/11/0188, mwN).

14       Die Behörde hat vor Zurückweisung eines Rechtsmittels als verspätet entweder von Amts wegen zu prüfen, ob ein Zustellmangel unterlaufen sei, oder dem Rechtsmittelwerber die Verspätung seines Rechtsmittels vorzuhalten (vgl. VwGH 14.4.2016, Ra 2014/06/0017, mwN).

15       Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes trifft die Behörde eine (amtswegige) Ermittlungspflicht nur bei konkreten Hinweisen, welche den Zustellvorgang in Frage stellen (vgl. VwGH 29.3.2001, 2001/20/0109, mwN).

16       Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung ist für den vorliegenden Fall festzuhalten, dass hinsichtlich der Zustellung der Strafverfügung ein ordnungsgemäß ausgefüllter Rückschein vorliegt. Der Revisionswerber hat - trotz gebotener Möglichkeit - nicht etwa behauptet, die Strafverfügung wäre an der angegebenen Stelle nicht für ihn zur Abholung bereit gehalten worden, sondern lediglich seine Ortsabwesenheit, die vom Verwaltungsgericht näher geprüft wurde. Schon vor dem Hintergrund der Feststellungen, wonach die Adresse des Revisionswerbers dieselbe Postleitzahl wie jene des Hinterlegungsortes aufweist, lag für das Verwaltungsgericht auch kein konkreter Hinweis für eine amtswegige Ermittlungspflicht hinsichtlich der Zustellung der Strafverfügung vor; vielmehr durfte es von der vorschriftsmäßigen Zustellung der Strafverfügung ausgehen, sodass sich die vom Revisionswerber formulierten Rechtsfragen nicht stellen.

17       In der Revision werden daher keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 12. Oktober 2022

Schlagworte

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European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022020166.L00

Im RIS seit

02.11.2022

Zuletzt aktualisiert am

02.11.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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