RS Vfgh 2022/10/5 G173/2022 (G173/2022-14)

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 05.10.2022
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Index

27/01 Rechtsanwälte

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art20 Abs1
B-VG Art140 Abs1 Z1 lita
StGG Art2
RAO §5, §9, §20 lita, §21g
VfGG §7 Abs1
  1. B-VG Art. 20 heute
  2. B-VG Art. 20 gültig ab 01.01.2023 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 141/2022
  3. B-VG Art. 20 gültig von 01.01.2014 bis 31.12.2022 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  4. B-VG Art. 20 gültig von 01.10.2010 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 50/2010
  5. B-VG Art. 20 gültig von 01.01.2008 bis 30.09.2010 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 2/2008
  6. B-VG Art. 20 gültig von 01.01.1988 bis 31.12.2007 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 285/1987
  7. B-VG Art. 20 gültig von 01.07.1976 bis 31.12.1987 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 302/1975
  8. B-VG Art. 20 gültig von 19.12.1945 bis 30.06.1976 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  9. B-VG Art. 20 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934
  1. B-VG Art. 140 heute
  2. B-VG Art. 140 gültig ab 01.01.2015 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 114/2013
  3. B-VG Art. 140 gültig von 01.01.2014 bis 31.12.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  4. B-VG Art. 140 gültig von 01.07.2008 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 2/2008
  5. B-VG Art. 140 gültig von 01.01.2004 bis 30.06.2008 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  6. B-VG Art. 140 gültig von 06.06.1992 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 276/1992
  7. B-VG Art. 140 gültig von 01.01.1991 bis 05.06.1992 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 685/1988
  8. B-VG Art. 140 gültig von 01.07.1988 bis 31.12.1990 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 341/1988
  9. B-VG Art. 140 gültig von 01.07.1976 bis 30.06.1988 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 302/1975
  10. B-VG Art. 140 gültig von 19.12.1945 bis 30.06.1976 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  11. B-VG Art. 140 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934
  1. RAO § 5a heute
  2. RAO § 5a gültig ab 01.01.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 190/2013
  3. RAO § 5a gültig von 01.01.2010 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 141/2009
  4. RAO § 5a gültig von 01.01.2008 bis 31.12.2009 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 111/2007
  5. RAO § 5a gültig von 01.01.1991 bis 31.12.2007 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 474/1990
  1. VfGG § 7 heute
  2. VfGG § 7 gültig ab 22.03.2020 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 16/2020
  3. VfGG § 7 gültig von 01.01.2015 bis 21.03.2020 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 101/2014
  4. VfGG § 7 gültig von 01.01.2015 bis 31.12.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 92/2014
  5. VfGG § 7 gültig von 01.03.2013 bis 31.12.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013
  6. VfGG § 7 gültig von 01.07.2008 bis 28.02.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 4/2008
  7. VfGG § 7 gültig von 01.01.2004 bis 30.06.2008 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  8. VfGG § 7 gültig von 01.10.2002 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 123/2002
  9. VfGG § 7 gültig von 01.01.1991 bis 30.09.2002 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 329/1990
  10. VfGG § 7 gültig von 01.07.1976 bis 31.12.1990 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 311/1976

Leitsatz

Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz durch die Unvereinbarkeit der Ausübung der Rechtsanwaltschaft ausschließlich bei Beamten – im Gegensatz zu Vertragsbediensteten – auf Grund einer Bestimmung der RAO; Zulässigkeit der Anfechtung einzelner Bestandteile einer Legaldefinition auf Grund Bereinigung der Rechtslage für den Anlassfall sowie Beibehaltung des Sinngehalts der verbleibenden Wortfolge; Ungleichbehandlung von öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Dienstverhältnissen nicht sachlich begründet; Bindung der Beamte und Vertragsbedienstete an die Weisungen der obersten Organe ist mit der Ausübung der Rechtsanwaltschaft auf Grund deren Verpflichtungen gegenüber den Parteien unvereinbar und besteht unabhängig von der Art der entgeltlichen dienstrechtlichen Stellung als Beamter oder Vertragsbediensteter

Rechtssatz

Aufhebung der Wortfolge "durch ernannte berufsmäßige Organe" in §20 lita Rechtsanwaltsordnung (RAO) idF BGBl I 19/2020. Inkrafttreten der Aufhebung mit Ablauf des 31.10.2023. Im Übrigen: Abweisung des Antrags des OGH.

Zulässigkeit der Anfechtung einzelner Bestandteile einer Legaldefinition: Die vom OGH in seinem Antrag dargelegten Bedenken richten sich gegen die aus der Legaldefinition des Begriffes "besoldetes Staatsamt" in §20 lita RAO. Unter der Prämisse, dass der VfGH den Bedenken des OGH folgt, würde die Aufhebung der Legaldefinition genügen, um die behauptete Verfassungswidrigkeit zu beseitigen. Gegen den ebenfalls präjudiziellen Teil des §20 lita RAO, der festlegt, dass die Führung eines besoldeten Staatsamtes (mit der Ausnahme des Lehramtes) als mit der Ausübung der Rechtsanwaltschaft unvereinbar gilt, hegt der OGH keine Bedenken. Vielmehr würde die Beseitigung der angefochtenen Wortfolge ausreichen, um die Rechtslage für den Anlassfall so weit zu bereinigen, dass die geltend gemachten Bedenken des OGH nicht mehr bestünden. §20 lita RAO würde durch eine etwaige Aufhebung der angefochtenen Wortfolge auch keinen anderen Sinngehalt erhalten.

Die durch die Legaldefinition in §20 lita RAO bewirkte unterschiedliche Behandlung ernannter berufsmäßiger Organe und vertraglich bestellter Organe im Hinblick auf die Unvereinbarkeit ihrer Tätigkeiten mit der Ausübung der Rechtsanwaltschaft widerspricht dem Gleichheitsgrundsatz:

Das wesentliche Unterscheidungsmerkmal zwischen öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Dienstverhältnissen bildet nicht der Aufgabenkreis des Dienstnehmers, sondern die Art der Entstehung des Dienstverhältnisses. Öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse werden durch einen Akt der Hoheitsverwaltung begründet, privatrechtliche Dienstverhältnisse durch einen Vertrag.

Die Unvereinbarkeit mit der Ausübung der Rechtsanwaltschaft besteht für ernannte berufsmäßige Organe aber nicht auf Grund ihrer dienstrechtlichen Stellung, sondern auf Grund ihrer an die Weisungen der obersten Organe des Bundes oder der Länder, des Vorsitzenden der Volksanwaltschaft oder des Präsidenten des Rechnungshofes gebundenen entgeltlichen Tätigkeit für den Staat. Sie steht mit den Vorgaben des §9 Abs1 RAO, wonach Rechtsanwälte dazu verpflichtet sind, die übernommenen Vertretungen dem Gesetz gemäß zu führen und die Rechte der Partei gegen jedermann mit Eifer, Treue und Gewissenhaftigkeit zu vertreten, in einem Spannungsverhältnis.

Dieses Spannungsverhältnis besteht unabhängig davon, ob die weisungsgebundene entgeltliche Tätigkeit für den Staat von einem ernannten berufsmäßigen oder einem vertraglich bestellten Organ ausgeübt wird. Es sind keine sachlichen Gründe erkennbar, weshalb die Unvereinbarkeit mit der Ausübung der Rechtsanwaltschaft allein von der dienstrechtlichen Stellung des Organs abhängig sein soll. Der VfGH teilt daher die Bedenken des OGH, wonach die unterschiedliche Behandlung ernannter berufsmäßiger und vertraglich bestellter Organe im Hinblick auf die Unvereinbarkeit ihrer Tätigkeiten mit der Ausübung der Rechtsanwaltschaft im vorliegenden rechtlichen Kontext nicht sachlich begründet ist.

Zur Beseitigung des festgestellten Verfassungsverstoßes ist es ausreichend, jene Wortfolge in der angefochtenen Legaldefinition des Begriffes "besoldetes Staatsamt" aufzuheben, die die unterschiedliche Behandlung von ernannten berufsmäßigen Organen und vertraglich bestellten Organen bewirkt. Es wird daher die Wortfolge "durch ernannte berufsmäßige Organe" in §20 lita RAO wegen Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz aufgehoben.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Rechtsanwälte, Vertragsbedienstete, Unvereinbarkeit, Weisung, Dienstverhältnis, Oberste Organe der Vollziehung, VfGH / Verwerfungsumfang, VfGH / Prüfungsumfang, VfGH / Gerichtsantrag, Dienstrecht, Vertreter, VfGH / Präjudizialität

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2022:G173.2022

Zuletzt aktualisiert am

25.10.2022
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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