TE Vwgh Erkenntnis 2022/9/8 Ra 2017/11/0215

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Veröffentlicht am 08.09.2022
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Index

L94409 Krankenanstalt Spital Wien
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §8
KAG Wr 1987 §5 Abs2
KAG Wr 1987 §5 Abs8
VwGG §21 Abs1
  1. VwGG § 21 heute
  2. VwGG § 21 gültig ab 01.01.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013
  3. VwGG § 21 gültig von 01.03.2013 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013
  4. VwGG § 21 gültig von 01.07.2008 bis 28.02.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 4/2008
  5. VwGG § 21 gültig von 01.08.2004 bis 30.06.2008 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 89/2004
  6. VwGG § 21 gültig von 01.01.1991 bis 31.07.2004 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 330/1990
  7. VwGG § 21 gültig von 05.01.1985 bis 31.12.1990

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Grünstäudl sowie den Senatspräsident Dr. Schick und die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Herrmann-Preschnofsky, über die Revision der Ärztekammer für Wien in 1010 Wien, vertreten durch die GRAF ISOLA Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Stadiongasse 2, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 12. Mai 2017, Zl. VGW-101/078/1431/2016-63, betreffend Bedarfsfeststellung nach dem Wr. KAG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Wiener Landesregierung - Magistratsabteilung 40; mitbeteiligte Partei: K Ges.m.b.H & Co. KG, vertreten durch die Joklik Katary Richter Rechtsanwälte GmbH & Co KG in 1070 Wien, Neubaugasse 64-66/1/12), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Der Antrag der Revisionswerberin auf Aufwandersatz wird abgewiesen.

Die Revisionsbeantwortung (einschließlich des Antrags auf Aufwandersatz) der Pensionsversicherungsanstalt wird zurückgewiesen.

Begründung

1        In Erledigung eines Antrags der Mitbeteiligten ursprünglich vom 8. Mai und 2. Juli 2013, abgeändert durch ein Schreiben vom 19. Dezember 2013 und letztlich eingeschränkt am 10. September 2014 (im Rahmen einer persönlichen Vorsprache bei der belangten Behörde) auf Vorabfeststellung des Bedarfs, stellte die belangte Behörde mit Bescheid vom 14. Dezember 2015 vorab fest, dass an der Errichtung eines Ambulatoriums für neurologische Erkrankungen, Erkrankungen des Bewegungs- und Stützapparates sowie Rheumatologie an einer näher bezeichneten Adresse auf dem Areal des Krankenhauses Nord ein Bedarf bestehe, und zwar ein Bedarf an 128 Therapieplätzen für ambulante Rehabilitation der Phase II in der Indikationsgruppe Bewegungs- und Stützapparat sowie Rheumatologie (BSR) und an 23 Therapieplätzen in der Indikationsgruppe Neurologie (NEU).

2        Der dagegen von der Revisionswerberin erhobenen Beschwerde wurde vom Verwaltungsgericht Wien mit dem angefochtenen Erkenntnis insofern stattgegeben, als der bekämpfte Bescheid dahin abgeändert wurde, dass festgestellt werde, dass ein Bedarf an 128 Therapieplätzen für ambulante Rehabilitation der Phase II in der Rehabilitations-Indikationsgruppe Bewegungs- und Stützapparat sowie Rheumatologie (BSR) und an 17 ambulanten Therapieplätzen für ambulante Rehabilitation der Phase II in der Rehabilitations-Indikationsgruppe Neurologie (NEU) bestehe. Im Übrigen wurde die Beschwerde abgewiesen und der bekämpfte Bescheid bestätigt. Unter einem wurde gemäß § 25a VwGG ausgesprochen, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei.

3        Das Verwaltungsgericht ging in seiner Begründung zunächst davon aus, dass als Einzugsgebiet des geplanten Ambulatoriums das in einer Entfernung einer Fahrzeit von höchstens 45 Minuten im Straßenindividualverkehr von der geplanten Einrichtung liegende Gebiet anzusehen sei.

4        Der Regionale Strukturplan Gesundheit (RSG) Wien enthalte zur ambulanten Rehabilitation der Phase II keine Planungen. Gemäß Art. 4 der zwischen dem Bund und allen Bundesländern getroffenen Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über die Organisation und die Finanzierung des Gesundheitswesens, BGBl. I Nr. 105/2008 idF BGBl. I Nr. 199/2013, werde die verbindliche Grundlage für die integrierte Planung der österreichischen Gesundheitsstruktur im Österreichischen Strukturplan Gesundheit (ÖSG) festgelegt, dieser stelle somit die Rahmenplanung für die stationäre und ambulante Versorgungsplanung in den Regionalen Strukturplänen Gesundheit (RSG) sowie für den Rehabilitationsbereich und die Nahtstellen im Pflegebereich dar. Da der RSG Wien keine Planungen zur ambulanten Rehabilitation der Phase II enthalte, sei von den Planungen des ÖSG auszugehen. Der Rehabilitationsplan 2016 stelle hingegen keine dem RSG vergleichbare verbindliche Planungsgrundlage dar, weil er nicht von der Bundes-Zielsteuerungskommission für verbindlich erklärt worden sei. Der ÖSG sehe für das Jahr 2020 einen bundesweiten Soll-Wert von 6,8 ambulanten Therapieplätzen pro 100.000 Einwohnern in der Rehabilitations-Indikationsgruppe BSR und von 1,6 Therapieplätzen pro 100.000 Einwohnern in der Rehabilitations-Indikationsgruppe NEU vor.

5        Wie der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung ausgeführt habe, sei eines der Ziele der Gesundheitsplanung eine regional ausgewogene Versorgung, sodass vom Ziel einer bundeseinheitlichen Versorgungsdichte auszugehen sei. Ungeachtet des Umstands, dass das Verwaltungsgericht von der Sach- und Rechtslage im Entscheidungszeitpunkt auszugehen habe, sei sowohl für die Bedarfsermittlung von den Bedarfszahlen für 2020 auszugehen als auch auf die zum jetzigen Zeitpunkt absehbare Bevölkerungsentwicklung im Einzugsgebiet bis zum Jahr 2020 abzustellen. Angesichts der für 2020 zu erwartenden 3.040.864 Einwohner im Einzugsgebiet ergebe sich ein Gesamtbedarf von 207 ambulanten Therapieplätzen der Phase II in der Rehabilitations-Indikationsgruppe BSR und von 49 ambulanten Therapieplätzen der Phase II in der Rehabilitations-Indikationsgruppe NEU.

6        Derzeit würden im Einzugsgebiet der geplanten Einrichtung in der Rehabilitations-Indikationsgruppe BSR ambulante Rehabilitationsleistungen der Phase II im Ausmaß von insgesamt 77 ambulanten Therapieplätzen und in der Rehabilitations-Indikationsgruppe NEU ambulante Rehabilitationsleistungen der Phase II im Ausmaß von insgesamt 32 ambulanten Therapieplätzen angeboten. Die Wartezeiten in der Rehabilitations-Indikationsgruppe BSR betrügen derzeit zwischen 20 Tagen und drei Monaten, wobei sie beim bei weitem größten Anbieter 53 Tage betrage. Die Wartezeit beim einzigen bestehenden Leistungsanbieter in der Rehabilitations-Indikationsgruppe NEU betrage 61 Tage. Die bestehenden Wartezeiten seien im Lichte der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes unzumutbar und indizierten einen Bedarf. Die Fallzahlen für ambulante Rehabilitation der Phase II hätten in der Vergangenheit zugenommen, eine weitere Zunahme sei zu erwarten.

7        Insgesamt ergebe sich ausgehend von den Planungen des ÖSG und unter Berücksichtigung der Verkehrsverbindungen und der Größe der bestehenden Leistungsanbieter, der Entwicklungstendenzen in der Medizin und der Inanspruchnahme und Auslastung der bestehenden Leistungsanbieter mit einer Wartezeit von deutlich über zwei Wochen, sowie unter Berücksichtigung des derzeit bestehenden sozialversicherungsrechtlich erstattungsfähigen Leistungsangebots, dass am geplanten Standort ein Bedarf an 130 ambulanten Therapieplätzen für Rehabilitation der Phase II in der Rehabilitations-Indikationsgruppe BSR und somit jedenfalls im Ausmaß des von der belangten Behörde festgestellten Bedarfs von 128 ambulanten Therapieplätzen in der Rehabilitations-Indikationsgruppe BSRsowie an 17 ambulanten Therapieplätzen für Rehabilitation der Phase II in der Rehabilitations-Indikationsgruppe NEU bestehe. Der Beschwerde sei daher hinsichtlich des Bedarfs an ambulanten Therapieplätzen für Rehabilitation der Phase II in der Rehabilitations-Indikationsgruppe NEU insofern stattzugeben, als statt des Bedarfs an 23 ambulanten Therapieplätzen ein Bedarf lediglich an 17 ambulanten Therapieplätzen festzustellen sei.

8        Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende (außerordentliche) Revision.

9        Die belangte Behörde sowie die Mitbeteiligte erstatteten eine Revisionsbeantwortung. Auch die Pensionsversicherungsanstalt erstattete eine Stellungnahme (Revisionsbeantwortung) samt Antrag auf Ersatz des Schriftsatzaufwandes.

10       Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Revision in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

11       1. Das Wiener Krankenanstaltengesetz 1987 (Wr. KAG), LGBl. Nr. 23, idF LGBl. Nr. 33/2014, lautet (auszugsweise):

„Errichtung von selbständigen Ambulatorien

§ 5 (1) Selbständige Ambulatorien bedürfen sowohl zu ihrer Errichtung wie auch zu ihrem Betrieb einer Bewilligung der Landesregierung. Anträge auf Erteilung der Bewilligung zur Errichtung haben den Anstaltszweck und das in Aussicht genommene Leistungsangebot (Leistungsspektrum, Öffnungszeiten unter Berücksichtigung von Tagesrand- und Nachtzeiten, Sams-, Sonn- und Feiertagen sowie Leistungsvolumen einschließlich vorgesehener Personalausstattung, insbesondere vorgesehener Anzahl und vorgesehenes Beschäftigungsausmaß von Ärztinnen und Ärzten bzw. Zahnärztinnen und Zahnärzten unter Angabe der Berufsberechtigung und vorgesehener Anzahl von Angehörigen anderer Gesundheitsberufe) genau zu bezeichnen. Eine Vorabfeststellung zu den Voraussetzungen des Abs. 3 ist zulässig.

(2) Die Bewilligung zur Errichtung einer Krankenanstalt im Sinne des Abs. 1 darf unbeschadet der nach sonstigen Rechtsvorschriften geltenden Erfordernisse nur unter den nach den Erfahrungen der medizinischen Wissenschaft und nach den Erfordernissen für einen einwandfreien Krankenanstaltsbetrieb notwendigen Bedingungen und Auflagen und nur dann erteilt werden, wenn insbesondere

1.   nach dem angegebenen Anstaltszweck und dem in Aussicht genommenen Leistungsangebot im Hinblick auf das bereits bestehende Versorgungsangebot öffentlicher, privater gemeinnütziger und sonstiger Krankenanstalten mit Kassenverträgen sowie auch im Hinblick auf das Versorgungsangebot durch Ambulanzen der genannten Krankenanstalten und kasseneigene Einrichtungen, niedergelassene Ärztinnen und Ärzte, Gruppenpraxen und selbständige Ambulatorien, soweit sie sozialversicherungsrechtlich erstattungsfähige Leistungen erbringen, bei selbständigen Zahnambulatorien auch im Hinblick auf niedergelassene Zahnärztinnen, Zahnärzte, Dentistinnen, Dentisten und zahnärztliche Gruppenpraxen, soweit sie sozialversicherungsrechtlich erstattungsfähige Leistungen erbringen,

a)   zur Aufrechterhaltung einer qualitativ hochwertigen, ausgewogenen und allgemein zugänglichen Gesundheitsversorgung und

b)   zur Wahrung des finanziellen Gleichgewichts des Systems der sozialen Sicherheit

eine wesentliche Verbesserung des Versorgungsangebots im Einzugsgebiet erreicht werden kann,

2.   das Eigentumsrecht oder sonstige Rechte zur Benützung der für die Anstalt in Aussicht genommenen Betriebsanlage nachgewiesen sind,

3.   das für die Unterbringung der Anstalt geplante oder bereits vorhandene Gebäude den hinsichtlich der Aufführung oder Verwendung solcher Gebäude vorgesehenen bau-, feuer- und gesundheitspolizeilichen Vorschriften entspricht und

4.   gegen die Bewerberin oder den Bewerber keine Bedenken bestehen.

(3) Bei der Beurteilung, ob eine wesentliche Verbesserung des Versorgungsangebots im Einzugsgebiet erreicht werden kann, sind ausgehend von den Ergebnissen der Planungen des jeweiligen RSG folgende Kriterien zu berücksichtigen:

1.   örtliche Verhältnisse (regionale, rurale oder urbane Bevölkerungsstruktur, Besiedlungsdichte),

2.   die für die Versorgung bedeutsamen Verkehrsverbindungen,

3.   das Inanspruchnahmeverhalten und die Auslastung von bestehenden Leistungsanbieterinnen und Leistungsanbietern, die sozialversicherungsrechtlich erstattungsfähige Leistungen erbringen, durch Patientinnen und Patienten,

4.   die durchschnittliche Belastung bestehender Leistungsanbieterinnen und Leistungsanbieter gemäß Z 3 und

5.   die Entwicklungstendenzen in der Medizin bzw. Zahnmedizin.

(4) Die Landesregierung hat von einer Prüfung nach Abs. 2 Z 1 in Verbindung mit Abs. 3 abzusehen, wenn nach dem vorgesehenen Leistungsangebot im selbständigen Ambulatorium ausschließlich sozialversicherungsrechtlich nicht erstattungsfähige Leistungen erbracht werden sollen. Die betroffenen Sozialversicherungsträger und die Ärztekammer für Wien sind zur Frage, ob es sich beim Leistungsangebot um ausschließlich sozialversicherungsrechtlich nicht erstattungsfähige Leistungen handelt, zu hören.

(5) Im Bewilligungsverfahren bzw. Verfahren zur Vorabfeststellung ist ein Gutachten der Gesundheit Österreich GesmbH oder eines vergleichbaren Planungsinstituts sowie eine begründete Stellungnahme der Wiener Gesundheitsplattform zum Vorliegen der Kriterien gemäß Abs. 3 einzuholen.

(6) Die Vorlage von Unterlagen zum Nachweis der Voraussetzungen nach Abs. 2 Z 2 bis 4 ist nicht erforderlich, wenn eine gesonderte Vorabfeststellung zu den Voraussetzungen nach Abs. 3 beantragt wird.

(7) In der Errichtungsbewilligung sind - ausgenommen im Fall des Abs. 4 - im Rahmen des Antrags jedenfalls das Leistungsvolumen, das Leistungsspektrum und bedarfsgerechte Öffnungszeiten (Berücksichtigung von Tagesrand- und Nachtzeiten und von Sams-, Sonn- und Feiertagen) sowie erforderlichenfalls Bereitschaftszeiten und - soweit sinnvoll - die Verpflichtung zur Durchführung von Hausbesuchen durch Auflagen festzulegen.

(8) In Verfahren zur Erteilung der Bewilligung zur Errichtung eines selbständigen Ambulatoriums - ausgenommen im Fall des Abs. 4 - haben betroffene Sozialversicherungsträger, die gesetzliche Interessenvertretung privater Krankenanstalten und die Ärztekammer für Wien bzw. bei selbständigen Zahnambulatorien auch die Österreichische Zahnärztekammer, hinsichtlich des Bedarfs Parteistellung im Sinne des § 8 AVG und können Beschwerde an das Verwaltungsgericht Wien und gegebenenfalls Revision an den Verwaltungsgerichtshof erheben. Dies gilt auch für Verfahren zur Vorabfeststellung zu den Voraussetzungen des Abs. 3.

...

§ 5 a (1) Die Landesregierung hat für öffentliche allgemeine Krankenanstalten und öffentliche Sonderkrankenanstalten mit Ausnahme der Pflegeabteilungen für Psychiatrie und für private gemeinnützige allgemeine Krankenanstalten einen Landeskrankenanstaltenplan durch Verordnung zu erlassen, der sich im Rahmen des Österreichischen Strukturplanes Gesundheit (ÖSG) befindet. Dabei sind, um eine verbindliche österreichweit auf einheitlichen Grundsätzen basierende Krankenanstalten- und Großgeräteplanung mit integrierter Leistungsangebotsplanung zu gewährleisten, die im ÖSG vereinbarten Zielvorstellungen, Planungsgrundsätze und -methoden zu berücksichtigen.

(2) Im Wiener Krankenanstaltenplan sind jedenfalls festzulegen:

1.   die Standorte der Fondskrankenanstalten,

2.   die maximalen Gesamtbettenzahlen (für Normalpflege und Intensivbereich) je Standort,

3.   die medizinischen Fachbereiche je Standort,

4.   die für die Fachbereiche jeweils vorgesehenen fachrichtungsbezogenen Organisationsformen je Standort,

5.   Art und Anzahl der medizinischtechnischen Großgeräte je Standort,

6.   die maximale Bettenzahl je Fachbereich bezogen auf das Land und die Versorgungsregionen oder bezogen auf die Standorte,

7.   die Referenzzentren und speziellen Versorgungsbereiche je Standort.

(3) Erfolgen die Festlegungen gemäß Abs. 2 Z 6 nicht bezogen auf die Standorte, sind in Zusammenhang mit § 4 Abs. 2b und 2c die zur Realisierung beabsichtigten Bettenkapazitäten je Fachbereich und Standort im Regionalen Strukturplan Gesundheit Wien zumindest unverbindlich mit Informationscharakter auszuweisen.

(4) Das Amt der Wiener Landesregierung hat den zwischen dem Land Wien und der Sozialversicherung in der Wiener Gesundheitsplattform abgestimmten Regionalen Strukturplan Gesundheit Wien auf der Homepage www.wien.gv.at in der jeweils aktuellen Fassung zu veröffentlichen.

...“

12       2.1. Die Revisionslegitimation der Revisionswerberin ergibt sich aus Art. 133 Abs. 8 B-VG iVm. § 5 Abs. 8 Wr. KAG.

13       2.2. Die Revision ist im Hinblick auf Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn sie die vom Verwaltungsgericht angenommene Verbindlichkeit des ÖSG für die Bedarfsprüfung für selbständige Ambulatorien als Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ansieht.

14       3. Die Revision ist bereits aus folgenden Erwägungen begründet:

15       3.1. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 4. April 2019, Ro 2017/11/0017, betreffend eine (nach dem Salzburger Krankenanstaltengesetz 2000 [SKAG] getroffene) Vorabfeststellung des Bedarfs nach einer privaten Krankenanstalt in der Betriebsform eines selbständigen Ambulatoriums für physikalische Medizin Folgendes ausgeführt:

„22 Gemäß § 12e Abs. 1 erster Satz SKAG kann auf Antrag die wesentliche Verbesserung des Versorgungsangebotes durch das selbstständige Ambulatorium vor der Beantragung der Errichtungsbewilligung festgestellt werden. Nach dem zweiten Satz dieser Bestimmung (Verweis auf § 12b Z 1 und 2 leg. cit.) hat der Antrag zu diesem Zweck insbesondere die genaue Angabe des beabsichtigten Anstaltszweckes und Leistungsangebotes (Leistungsspektrum, Leistungsvolumen) der Krankenanstalt sowie den geplanten Standort zu enthalten.

23 Für die Vorabfeststellung, ob eine wesentliche Verbesserung des Versorgungsangebotes erfolgt (mit anderen Worten: ob ein Bedarf vorliegt; vgl. etwa VwGH 2.4.2014, 2013/11/0078, Pkt. 2.2.1) ist somit das im Antrag umschriebene Projekt maßgeblich, mit dem die Sache des Verfahrens abgesteckt wird (vgl. VwGH 15.12.2017, Ra 2017/11/0018), wobei dieses Projekt insbesondere durch den beabsichtigten Standort und das geplante Leistungsangebot der Krankenanstalt definiert ist (§ 12b SKAG).

24 Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis 16.12.2008, 2006/11/0093, nicht zuletzt mit Verweis auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (Erkenntnis VfGH 7.3.1992, Slg. Nr. 13023), zur Krankenanstalt ausgeführt hat, sind vom Begriff ‚Anstalten‘ Einrichtungen, in denen Sachwerte und persönliche Dienstleistungen bestimmter Art zu einer ‚organisatorischen Einheit‘ zusammengefasst und in dieser Gestaltung dauernd der Erfüllung bestimmter Aufgaben gewidmet sind, zu verstehen.

25 Aus dem Gesagten folgt, dass durch das Projekt des Antragstellers die Sache des krankenanstaltenrechtlichen Verfahrens (betreffend Errichtungsgenehmigung oder, wie gegenständlich, betreffend die Vorabfeststellung des Bedarfs) abgesteckt und - weil es sich dabei um eine Einheit handelt - der Spruchumfang der darüber zu ergehenden Entscheidung vorgegeben wird. Der Spruch hat somit über die (gesamte) beantragte Krankenanstalt als Einheit abzusprechen und sich daher auf das (gesamte) beantragte Leistungsangebot zu beziehen, sodass dem Antrag auf Errichtungsbewilligung (allenfalls unter Auflagen und Bedingungen; § 12d SKAG) bzw. dem Feststellungsantrag entweder stattzugeben oder dieser Antrag abzuweisen (allenfalls zurückzuweisen) ist.

26 In diesem Sinne stellt der Gesetzeswortlaut (§ 12a Abs. 1 lit. a und § 12e Abs. 1 und 2 SKAG) ausdrücklich darauf ab, ob ‚durch das selbständige Ambulatorium‘ (und nicht bloß durch einzelne Leistungsangebote desselben) im Falle seiner Errichtung und Inbetriebnahme eine wesentliche Verbesserung des Versorgungsangebotes herbeigeführt wird.

27 Der Genehmigung bzw. Feststellung des Bedarfs nur einzelner Leistungsangebote einer geplanten Krankenanstalt steht somit die Einheit derselben entgegen. Angesichts des organisatorischen, wirtschaftlichen und regelmäßig auch fachlichmedizinischen Zusammenhanges des im Antrag angeführten Leistungsangebotes (fallbezogen ist auf die im gegenständlichen Antrag genannten ‚Synergien‘ der Therapieplätze zu verweisen) würde eine Teilstattgabe bzw. Teilabweisung eines solchen Antrages im Ergebnis zu einer unzulässigen Abänderung des Projekts durch die Behörde bzw. das Verwaltungsgericht führen.

28 So sind etwa auch gewerbliche Betriebsanlagen nach ständiger hg. Rechtsprechung als die Gesamtheit jener Einrichtungen zu verstehen, die dem Zweck des Betriebes eines Unternehmens gewidmet sind und in einem örtlichen Zusammenhang stehen. Nicht die einzelnen Maschinen, Geräte oder die beim Betrieb vorkommenden Tätigkeiten bilden den Gegenstand der behördlichen Genehmigung, sondern die gesamte Betriebsanlage, die eine Einheit darstellt. Einrichtungen, die in einem sachlichen (betrieblichen) und örtlichen Zusammenhang stehen, zählen zu dieser Betriebsanlage und können, weil die GewO 1994 nicht vorsieht, dass für eine Betriebsanlage Genehmigungen mehrfach nebeneinander erteilt werden können, nicht ‚abgesondert‘ genehmigt werden (vgl. etwa VwGH 14.11.2007, 2005/04/0300).

29 Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass angesichts der Einheit des in Rede stehenden Ambulatoriums und folglich angesichts der Untrennbarkeit des zugehörigen Leistungsangebotes die Behörde (bzw. im Beschwerdeverfahren das Verwaltungsgericht) über die ganze Sache, also über das Bestehen des Bedarfs hinsichtlich des geplanten Ambulatoriums (seines gesamten Leistungsangebotes) abzusprechen hatte. ...

...“

16       Diese Rechtsauffassung hat der Verwaltungsgerichtshof im Folgenden bekräftigt (vgl. VwGH 9.3.2022, Ro 2018/11/0001, 0002; 25.5.2022, Ra 2020/11/0007, betreffend das Oö. Krankenanstaltengesetz 1997 [Oö. KAG 1997]).

17       3.2. Für den Revisionsfall ergibt sich aus dieser Judikatur Folgendes:

18       Die belangte Behörde hat in ihrem Bescheid vom 14. Dezember 2015 den Bedarf nach dem in Rede stehenden Ambulatorium im Umfang des von der Mitbeteiligten beantragten Leistungsangebots festgestellt (Bedarf an 128 Therapieplätzen für ambulante Rehabilitation der Phase II in der Indikationsgruppe Bewegungs- und Stützapparat sowie Rheumatologie [BSR] und an 23 Therapieplätzen in der Indikationsgruppe Neurologie [NEU]). Diese (Vorab)Bedarfsfeststellung hinsichtlich des beantragten Leistungsumfangs des geplanten Ambulatoriums war Gegenstand des Beschwerdeverfahrens. Eine nachträgliche Einschränkung des beantragten Leistungsangebots des eine Projekteinheit darstellenden Ambulatoriums durch die Mitbeteiligte und eine damit verbundene Antragsänderung ist für den Verwaltungsgerichtshof nicht ersichtlich. Auch das Verwaltungsgericht hat eine solche nicht festgestellt.

19       Dem Verwaltungsgericht war es daher verwehrt, angesichts der Einheit des in Rede stehenden Ambulatoriums und folglich angesichts der Untrennbarkeit des zugehörigen Leistungsangebots (vgl. erneut VwGH 4.4.2019, Ro 2017/11/0017; 9.3.2022, Ro 2018/11/0001, 0002; 25.5.2022, Ra 2020/11/0007) getrennt über Teile des Leistungsangebots abzusprechen und - wie im angefochtenen Erkenntnis ausgesprochen - den Bedarf nach Teilen des beantragten Leistungsangebots zu bejahen sowie hinsichtlich der übrigen Teile desselben zu verneinen.

20       3.3. Wegen der sich bereits daraus ergebenden Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses (vgl. erneut VwGH 4.4.2019, Ro 2017/11/0017) war dieses gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

21       3.4. Die Revisionsbeantwortung (einschließlich des Antrags auf Aufwandersatz) der Pensionsversicherungsanstalt war zurückzuweisen, weil sich aus der Formalparteistellung gemäß § 5 Abs. 8 Wr. KAG gegebenenfalls eine Befugnis zur Erhebung einer Revision ergibt, nicht aber eine Parteistellung vor dem Verwaltungsgerichtshof in einem Revisionsverfahren auf Grund der Revision einer anderen Partei (vgl. VwGH 25.5.2022, Ra 2020/11/0007 mwN).

22       4. Die Abweisung des Antrags der Revisionswerberin auf Aufwandersatz gründet auf § 47 Abs. 4 VwGG.

Wien, am 8. September 2022

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2017110215.L00

Im RIS seit

06.10.2022

Zuletzt aktualisiert am

06.10.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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