TE Vwgh Erkenntnis 1996/4/19 95/19/0055

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Veröffentlicht am 19.04.1996
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1991 §1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Sauberer, Dr. Holeschofsky, Dr. Bachler und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde der A, vertreten durch den Magistrat Graz, Amt für Jugend und Familie, Vormundschaft in Graz, dieser vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 3. Februar 1995, Zl. 4.345.633/1-III/13/95, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 3. Februar 1995 wurde die Berufung der Beschwerdeführerin, einer Staatsangehörigen von Somalia, die am 28. November 1994 in das Bundesgebiet eingereist ist und am 5. Dezember 1994 den Asylantrag gestellt hat, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 21. Dezember 1994, mit dem der Asylantrag abgewiesen worden war, abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hatte anläßlich ihrer niederschriftlichen Vernehmung zu ihren Fluchtgründen angegeben:

Sie habe wegen der letzten Kämpfe vor zwei Monaten in Mogadishu zwischen den Stämmen der Abgaal und Murusade um ihr Leben gefürchtet. Die Menschen hätten vor diesen Kämpfen aus Mogadishu flüchten müssen. Einige Häuser des Bezirkes der Beschwerdeführerin seien bei diesen Kämpfen durch Raketentreffer zerstört worden. Alle Menschen hätten Angst. Sie selbst sei keiner konkreten, gegen ihre Person gerichteten Verfolgung ausgesetzt gewesen, habe keine Probleme mit Behörden gehabt und sei nicht in Haft gewesen. Auf die Frage nach Problemen mit Milizionären antwortete die Beschwerdeführerin, daß ihr im Jahr 1991 von Banditen Geld und Gold gestohlen worden sei, danach habe es keine Probleme mehr gegeben. Sie sei ohne ihre Mutter geflüchtet, da sie nicht genügend Geld für die Flucht habe aufbringen können. Sie sei am 25. November 1994 von Mogadishu über Nairobi nach Damaskus geflogen. Nach kurzem Aufenthalt in Damaskus sei sie über Wien-Schwechat nach Mailand geflogen, von den italienischen Behörden jedoch nach Wien zurückgeschickt worden.

Das Bundesasylamt wies den Asylantrag im wesentlichen mit der Begründung ab, daß sich die Beschwerdeführerin ausschließlich auf die Kriegs- bzw. Bürgerkriegsereignisse und die damit verbundenen Zerstörungen in ihrer Heimatstadt berufe. Sie selbst sei keiner konkreten Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention ausgesetzt gewesen. Kriegerische Handlungen seien jedoch kein Grund, darin gegen den Asylwerber selbst konkret gerichtete Verfolgungshandlungen zu erblicken.

In der dagegen erhobenen Berufung wiederholte die Beschwerdeführerin ihre erstinstanzlichen Angaben. Die belangte Behörde übernahm sowohl die im erstinstanzlichen Bescheid wiedergegebenen Aussagen der Beschwerdeführerin als auch die vom Bundesasylamt zusammengefaßten Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Insoferne die Beschwerdeführerin unter der behaupteten Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften eine Verletzung der amtswegigen Ermittlungspflicht im Sinne des § 37 AVG iVm § 16 Asylgesetz 1991 angesichts der Bürgerkriegsereignisse in Somalia rügt, weil aus ihrem Vorbringen, daß der Bürgerkrieg zwischen den Stämmen der Abgaal und Murusade tobe und Häuser in der nächsten Umgebung der Beschwerdeführerin durch Raketenangriffe zerstört worden seien, ein deutlicher Hinweis darauf zu ersehen sei, daß durchaus eine aus den Kriegswirren für die Beschwerdeführerin persönlich bestehende Verfolgungsgefahr von erheblicher Intensität bestanden habe und die Behörde sich um eine nähere Konkretisierung dieser Angaben hätte bemühen müssen, ist ihr zu entgegnen:

Die Beschwerdeführerin hat im Verwaltungsverfahren nicht angegeben, daß sie einem der kämpfenden Stämme angehört. Aus den Raketentreffern auf Häuser des Bezirkes der Beschwerdeführerin - und nicht, wie die Beschwerdeführerin nunmehr in der Beschwerde behauptet, in nächster Umgebung - sind keine Hinweise abzuleiten, daß "systematisch eine Gruppenverfolgung der Ethnie, welcher die Beschwerdeführerin angehört", in Somalia herrsche, zumal die Beschwerdeführerin auch in der Beschwerde nicht darlegt, welchem Stamm sie angehört. Auch die Behauptung der Beschwerde, daß gerade junge Frauen einer besonderen Gefährdung, zB durch Übergriffe marodierender Soldaten, ausgesetzt seien, ist in den niederschriftlichen Angaben der Beschwerdeführerin nicht einmal andeutungsweise zu erkennen.

Aus § 16 Abs. 1 Asylgesetz 1991 ist keine Verpflichtung der Behörde abzuleiten, Asylgründe, die die Asylwerberin gar nicht behauptet hat, zu ermitteln.

Damit liegt der behauptete Verfahrensmangel nicht vor.

Die belangte Behörde hat - in Übernahme der diesbezüglichen Ausführungen des Bundesasylamtes - die Rechtslage richtig erkannt, denn in dem Umstand, daß im Heimatland der Beschwerdeführerin "Bürgerkrieg" herrscht, ist für sich alleine keine Verfolgung im Sinne des § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 (in Übereinstimmung mit Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) gelegen (vgl. zB das hg. Erkenntnis vom 27. Mai 1993, Zl. 92/01/0982). Aus den von der Beschwerdeführerin aufgezeigten Zerstörungen im Zuge des "Bürgerkrieges" und aus dem Vorfall des Jahres 1991, bei dem von Banditen Gold und Geld gestohlen worden sei, ist keine individuelle, gegen die Beschwerdeführerin gerichtete Verfolgungshandlung im Sinne des § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 abzuleiten.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995190055.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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