TE Vwgh Erkenntnis 2022/5/4 Ra 2021/09/0242

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Veröffentlicht am 04.05.2022
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren
82/03 Ärzte Sonstiges Sanitätspersonal

Norm

ÄrzteG 1998 §136 Abs1 Z1
ÄrzteG 1998 §139 Abs1 Z2
ÄrzteG 1998 §141
ÄrzteG 1998 §154 Abs2
ÄrzteG 1998 §45
AVG §59 Abs1
B-VG Art133 Abs8
VStG §44a Z1 impl
VStG §45 Abs1
VwGG §42 Abs1
VwGG §42 Abs2 Z1
VwGG §47 Abs4
VwGG §47 Abs5
VwGVG 2014 §17

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel, die Hofräte Dr. Doblinger und Mag. Feiel sowie die Hofrätinnen Dr. Koprivnikar und Mag. Schindler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Dr. Hotz, über die außerordentliche Revision des Disziplinaranwalts der Österreichischen Ärztekammer in Wien, vertreten durch Dr. Daniela Altendorfer-Eberl, Rechtsanwältin in 1040 Wien, Brucknerstraße 6, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 24. August 2021, VGW-172/091/531/2021-15, betreffend Disziplinarverfahren nach dem Ärztegesetz 1998 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Disziplinarrat der Österreichischen Ärztekammer - Disziplinarkommission für Wien; mitbeteiligte Partei: Dr. A B in C, vertreten durch Mag. Christian Haas, Rechtsanwalt in 1170 Wien, Geblergasse 93/2. Stock), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Antrag auf Kostenersatz wird abgewiesen.

Begründung

1        Mit dem - nach Disziplinaranzeige des Disziplinaranwalts beim Disziplinarrat der Österreichischen Ärztekammer (Revisionswerber) vom 28. Mai 2020 und dem daraufhin vom Disziplinarrat der Österreichischen Ärztekammer - Disziplinarkommission für Wien (vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde) nach § 154 Ärztegesetz 1998 (ÄrzteG 1998) gefassten Einleitungsbeschluss vom 2. Juli 2020 - ergangenen Disziplinarerkenntnis sprach die belangte Behörde die Mitbeteiligte - eine Fachärztin für Haut- und Geschlechtskrankheiten - schuldig, sie habe im März 2020, nachdem sie von der Wiener Ärztekammer darauf hingewiesen worden war, dass die Verrechnung einer Zutrittspauschale von 50 Euro für Patienten (als Ausgleich für eine fehlende kassenseitige Versorgung mit Desinfektionsmittel) unzulässig sei, die Behandlung von Kassenpatienten verweigert und sei nur mehr bereit gewesen, Patienten gegen Zahlung eines Privathonorars zu behandeln. Dadurch habe sie das Ansehen der in Österreich tätigen Ärzteschaft beeinträchtigt und damit das Disziplinarvergehen gemäß § 136 Abs. 1 Z 1 ÄrzteG 1998 begangen. Über die Mitbeteiligte wurde deshalb gemäß § 139 Abs. 1 Z 2 ÄrzteG 1998 die Disziplinarstrafe der Geldstrafe von 2.000 Euro verhängt und sie zum Ersatz der mit 1.000 Euro bestimmten Kosten des Disziplinarverfahrens verpflichtet.

2        Die belangte Behörde ging dabei im Tatsachenbereich davon aus, dass die Mitbeteiligte im Jahr 2019 in Wien von Patienten einen Dokumentationskostenbeitrag in Höhe von 20 Euro verlangt habe, wenn diese auf einem Formular eingewilligt hätten, dass ihre Gesundheitsdaten an andere Ärzte und medizinische Einrichtungen weitergeleitet würden. Sie habe dies mit einem Mehraufwand für ihre Dokumentation, der nach der DSGVO damit verbunden wäre, begründet. Mit Schreiben der Ärztekammer vom Februar 2019 sei die Mitbeteiligte auf die Unzulässigkeit derartiger Zusatzforderungen an die Patienten aufmerksam gemacht worden.

3        Nach Einführung der Ausgangsbeschränkungen im Rahmen der COVID-19-Krise habe die Mitbeteiligte von ihren Patienten nunmehr im März 2020 in Wien eine „Ordinationszutrittspauschale“ in Höhe von 50 Euro als Ausgleich für eine fehlende kassenseitige Versorgung mit Infektionsschutz verlangt. Nachdem die Mitbeteiligte von der Ärztekammer für Wien abermals - diesmal unter Androhung einer Disziplinaranzeige - auf die Unzulässigkeit dieser Vorgangsweise hingewiesen worden sei, habe sie ihre Ordination unter Hinweis darauf gesperrt, dass die Gesundheitsbehörden lediglich eine telekommunikative Behandlung empfehlen würden, dies aber dermatologisch oft nicht ausreiche, um die Patienten entsprechend zu behandeln. Sie habe ihre Patienten darauf hingewiesen, dass ihr Bemühen, den persönlichen Patientenzutritt für „Kleinkassenversicherte“ zu ermöglichen, an einer Disziplinaranzeige-Drohung der Wiener Ärztekammer gescheitert sei. Sie akzeptiere daher nur mehr Privatpatienten „nach gewohnter gewissenhafter auch körperlicher Derma-Behandlung“ gegen ein Privathonorar von 90 Euro (Hausbesuche ab 250 Euro).

4        Rechtlich beurteilte die belangte Behörde den Umstand, dass die Mitbeteiligte die Behandlung von Kassenpatienten verweigert habe und nur mehr bereit gewesen sei, Patienten gegen Zahlung eines Privathonorars zu behandeln, als Beeinträchtigung des Ansehens der in Österreich tätigen Ärzteschaft, wodurch die Mitbeteiligte das Disziplinarvergehen gemäß § 136 Abs. 1 Z 1 ÄrzteG 1998 begangen habe. Ferner wurde die Strafbemessung und der Kostenausspruch näher begründet.

5        Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Verwaltungsgericht Wien nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung der Beschwerde der Mitbeteiligten Folge und fällte gemäß § 161 Abs. 1 ÄrzteG 1998 einen Freispruch. Die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.

6        Nach Wiedergabe des Spruchs des behördlichen Disziplinarerkenntnisses und Darstellung des Verfahrensverlaufs vor dem Verwaltungsgericht stellte das Verwaltungsgericht dazu folgenden Sachverhalt fest (Schreibweise im Original, Anonymisierung durch den Verwaltungsgerichtshof):

„Die Disziplinarbeschuldigte ist Fachärztin für Haut- und Geschlechtskrankheiten und betreibt sowohl in [...] Wien, [...] als auch in [...] ihre Ordination. Seit 01.01.2021 ist sie nur noch als Wahlärztin tätig.

Mit Schreiben vom 28.05.2020 an den Vorsitzenden der Disziplinarkommission für Wien beantragte der Disziplinaranwalt beim Disziplinarrat der Österreichischen Ärztekammer wegen des Verdachtes des Disziplinarvergehens des § 136 Abs. 1 Z 1 ÄrzteG 1998 die Einleitung eines Disziplinarverfahrens.

Mit (Einleitungs-)Beschluss vom 02.07.2020 wurde gegen die Disziplinarbeschuldigte das Disziplinarverfahren eingeleitet und die mündliche Disziplinarverhandlung angeordnet. Laut Zustellverfügung wurde dieser Beschluss am 28.07.2020 an alle Verfahrensparteien versendet.

Am 24.08.2020 fand beim Disziplinarrat der Österreichischen Ärztekammer, Disziplinarkommission für Wien, eine mündliche Verhandlung statt und wurde im Anschluss das nunmehr angefochtene Disziplinarerkenntnis verkündet. Die schriftliche Ausfertigung wurde laut Zustellverfügung am 15.09.2020 versendet.

Sodann erfolgte die gegenständliche Beschwerde.“

7        Rechtlich führte das Verwaltungsgericht nach Wiedergabe maßgeblicher gesetzlicher Bestimmungen sowie von Rechtsprechung des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes fallbezogen aus, dass der Spruch des angefochtenen Disziplinarerkenntnisses zu unbestimmt sei, sodass die Gefahr einer Doppelbestrafung bestehe. Nicht nur sei der Tatzeitraum mit „im März 2020“ sehr unbestimmt angegeben, sondern sei auch auf eine Ausführung hinsichtlich des Tatortes verzichtet worden. Ferner werde nicht genannt, die Behandlung welches konkreten Patienten die Mitbeteiligte verweigert haben solle. Diesfalls finde sich nicht einmal ein Hinweis im Akt.

8        Die Mitbeteiligte sei somit von dem gegen sie erhobenen Vorwurf freizusprechen gewesen, weil dieser nicht habe erwiesen werden können. Trotz Aufforderung habe die belangte Behörde keinen Patienten namhaft gemacht, dessen Behandlung die Mitbeteiligte unterlassen haben solle. Es seien auch keine sonstigen Zeugen des Disziplinarvergehens namhaft gemacht worden. Der gegen die Mitbeteiligte erhobene Vorwurf habe sich daher als zu unsubstantiiert erwiesen, weshalb sie von diesem freizusprechen gewesen sei.

9        Die Unzulässigkeit der Revision begründete das Verwaltungsgericht mit dem Fehlen einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung.

10       Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Revision des Disziplinaranwalts der Österreichischen Ärztekammer wegen Rechtswidrigkeit infolge Mangelhaftigkeit des Verfahrens und Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Die Mitbeteiligte erstattete in dem vom Verwaltungsgerichtshof durchgeführten Vorverfahren eine Revisionsbeantwortung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

11       Die Revision erweist sich im Hinblick auf die in der Revision aufgeworfenen Rechtsfragen insbesondere zur erforderlichen Konkretheit des Spruchs im Disziplinarverfahren hinsichtlich des Tatzeitraums und des Tatorts als zulässig. Die Revision ist auch begründet.

12       Vorweg ist festzuhalten, dass den Revisionsausführungen, die einen Verstoß gegen die gemäß § 17 VwGVG auch im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht geltende Nichtöffentlichkeit der mündlichen Verhandlung nach § 158 ÄrzteG 1998 einen Verfahrensmangel erblicken, keinerlei Relevanzdarstellung enthalten. Zudem lässt sich den vorgelegten Akten nicht entnehmen, dass eine öffentliche Verhandlung durchgeführt worden wäre, wurde nach der Aktenlage doch jeweils bloß zu einer mündlichen Verhandlung geladen (siehe überdies VwGH 8.8.2008, 2008/09/0140, zum Disziplinarverfahren nach dem Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979).

13       Zur erforderlichen Bestimmtheit der Vorwürfe hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 28. Oktober 2021, Ra 2021/09/0075, zu einem Einleitungsbeschluss nach § 154 Abs. 2 ÄrzteG 1998 in Anlehnung an die Rechtsprechung zum Disziplinarrecht der Beamten festgehalten, dass dieser die Beschuldigungspunkte bestimmt zu bezeichnen hat. Die ihm in einem Disziplinarverfahren zukommende rechtliche Bedeutung ist in erster Linie darin gelegen, dem wegen einer Dienstpflichtverletzung Beschuldigten innerhalb der Verjährungsfrist gegenüber klarzustellen, hinsichtlich welcher Dienstpflichtverletzung ein Disziplinarverfahren innerhalb der Verjährungsfrist eingeleitet wurde. Er dient zugleich dem Schutz des Beschuldigten, der ihm entnehmen kann, nach welcher Richtung er sich vergangen und inwiefern er pflichtwidrig gehandelt haben soll. Der Einleitungsbeschluss begrenzt regelmäßig den Umfang des vor der Disziplinarkommission stattfindenden Verfahrens: Es darf keine Disziplinarstrafe wegen eines Verhaltens ausgesprochen werden, das nicht Gegenstand des durch den Einleitungsbeschluss in seinem Umfang bestimmten Disziplinarverfahrens ist.

14       Um dieser Umgrenzungsfunktion gerecht zu werden, muss das dem Disziplinarbeschuldigten als Dienstpflichtverletzung vorgeworfene Verhalten derart beschrieben werden, dass unverwechselbar feststeht, welcher konkrete Vorgang den Gegenstand des Disziplinarverfahrens bildet. Die angelastete Tat muss daher nach Ort, Zeit und Tatumständen so gekennzeichnet werden, dass keine Unklarheit darüber möglich ist, welches dem Disziplinarbeschuldigten zur Last gelegte Verhalten auf der Grundlage des Einleitungsbeschlusses als Prozessgegenstand im anschließenden Disziplinarverfahren behandelt werden darf. Solcherart muss sich daher der Tatvorwurf von anderen gleichartigen Handlungen oder Unterlassungen, die dem Disziplinarbeschuldigten angelastet werden können, genügend unterscheiden lassen (siehe zum Ganzen VwGH 28.10.2021, Ra 2021/09/0075, mwN).

15       Der Spruch des Disziplinarerkenntnisses stellt eine weitere und die letzte im Disziplinarverfahren erfolgende Konkretisierung der gegen den Beschuldigten erhobenen Vorwürfe dar (vgl. etwa VwGH 6.11.2012, 2010/09/0041, in einem Disziplinarverfahren nach dem Heeresdisziplinargesetz 2002).

16       Nach dem im angefochtenen Erkenntnis wiedergegebenen Spruch des behördlichen Disziplinarerkenntnisses wurde der Mitbeteiligten vorgeworfen, im März 2020 (...) die Behandlung von Kassenpatienten verweigert zu haben und nur mehr bereit gewesen zu sein, Patienten gegen Zahlung eines Privathonorars zu behandeln.

17       Das Verwaltungsgericht begründete den Freispruch damit, dass dieser Spruch des angefochtenen Disziplinarerkenntnisses zu unbestimmt sei, weil der Tatzeitraum „im März 2020“ sehr unbestimmt angegeben sei, die Ausführung des Tatortes fehle und nicht genannt werde, die Behandlung welches konkreten Patienten die Mitbeteiligte verweigert habe.

18       Diese rechtliche Begründung ist im Hinblick auf die dargestellte Funktion des Spruchs auch des Disziplinarerkenntnisses jedoch nicht tragfähig. So kann der Verwaltungsgerichtshof nicht erkennen, weshalb die Umschreibung der Tatzeit mit „im März 2020“ zu unkonkret sein sollte oder die Tat dadurch nicht unverwechselbar konkretisiert wäre, die Mitbeteiligte nicht in der Lage gewesen wäre, diesem Vorwurf entsprechend zu entgegnen oder sie dadurch der Gefahr ausgesetzt wäre, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (vgl. etwa VwGH 21.12.2020, Ra 2020/09/0065; 24.3.2020, Ra 2019/09/0123, jeweils zum Ausländerbeschäftigungsgesetz mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes). Vielmehr kommt eine neuerliche Bestrafung wegen dieses Vorwurfs, sofern er in dem genannten Monat gesetzt worden sein sollte, nach dieser Spruchgestaltung gerade nicht mehr in Betracht.

19       Auch hinsichtlich der Anführung des Tatortes ist der revisionswerbende Disziplinaranwalt insofern im Recht, als schon nach § 45 ÄrzteG 1998 der Arzt - der das Recht hat, seinen Beruf im ganzen Bundesgebiet auszuüben - seine freiberufliche Tätigkeit grundsätzlich in der Ordinationsstätte und von dieser aus ausübt. Deren Orte wurden im angefochtenen Erkenntnis auch festgestellt. Es kann daher nicht davon gesprochen werden, dass der Spruch des behördlichen Disziplinarerkenntnisses unter diesem Gesichtspunkt zu unbestimmt gewesen wäre. Es lässt sich eine generelle Verweigerung von Behandlungen aber auch nicht ohne Weiteres auf einen bestimmten Ort einschränken, wenn sich der Zusammenhang mit der Ordination der Mitbeteiligten jedoch auch aus den eingangs wiedergegebenen Ausführungen im behördlichen Straferkenntnis ergibt. Es ist insoweit ebenfalls nicht zu erkennen, dass durch die Spruchfassung die Gefahr einer Doppelbestrafung bestanden hätte oder die Mitbeteiligte sich gegen diesen Vorwurf nicht ausreichend hätte wehren können. Dies wird im angefochtenen Erkenntnis auch nicht näher dargelegt.

20       Eine Ungenauigkeit bei der Konkretisierung der Tat in Ansehung von Tatzeit und Tatort hat nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zudem dann keinen Einfluss auf die Rechtmäßigkeit eines Strafbescheids, wenn dadurch keine Beeinträchtigung der Verteidigungsrechte des Beschuldigten und keine Gefahr der Doppelbestrafung bewirkt wird. Eine allfällig erforderliche lediglich präzisierende Ergänzung des Tatvorwurfs durch das Verwaltungsgericht würde in diesem Zusammenhang auch keine unzulässige Erweiterung des Tatvorwurfs bedeuten (vgl. zum Ganzen VwGH 20.1.2021, Ra 2020/09/0055, zum Disziplinarrecht der Salzburger Landesbeamten).

21       Soweit im angefochtenen Erkenntnis schließlich argumentiert wird, dass kein konkreter Patient angeführt worden wäre, dessen Behandlung verweigert worden sei, missversteht das Verwaltungsgericht den im Disziplinarverfahren erhobenen Vorwurf. Zur Last gelegt wurde der Mitbeteiligten nicht, einen konkreten Patienten nicht behandelt zu haben, sondern - wiewohl sie zu diesem Zeitpunkt Vertragsärztin bestimmter Krankenkassen war - die Behandlung von Kassenpatienten verweigert und erklärt zu haben (auch diese) Patienten nur gegen Zahlung eines Privathonorars zu behandeln. Entgegen den damit zusammenhängenden Ausführungen im angefochtenen Erkenntnis lassen sich aus dem Behördenakt zumindest Hinweise dafür erkennen, dass die Mitbeteiligte ein ihrer Ankündigung entsprechendes Verhalten (später) gesetzt haben könnte. So findet sich dort der Ausdruck der E-Mail einer Versicherten, die darüber Beschwerde führte, dass die Mitbeteiligte sie als Privatpatientin behandelt habe, obwohl jene mit ihrer gesetzlichen Krankenversicherung zu diesem Zeitpunkt einen Vertrag hatte, weshalb ihr die Behandlungskosten auch nicht als Wahlarzthonorar refundiert worden seien.

22       Der Vorwurf der gegen die Mitbeteiligte erhoben wird, ist daher nicht, dass eine konkrete Patientin nicht behandelt wurde, sondern dass - entgegen dem damals bestehenden Vertragsverhältnis mit bestimmten Krankenkassen - die Mitbeteiligte die Behandlung von Patienten dieser Krankenkassen als solche verweigert und (diese) nur als Privatpatienten behandelt habe oder dies zumindest ankündigte.

23       Wie in der Revision insoweit zutreffend ausgeführt wird, hat es das Verwaltungsgericht in Verkennung dieser Rechtslage unterlassen, die dazu erforderlichen Feststellungen zu treffen. Dazu wäre auch auf die dem Behördenakt zu entnehmende Ankündigung der Mitbeteiligten für dieses Vorgehen bei ihrer Ordination und auf ihrer Homepage beweiswürdigend einzugehen gewesen.

24       Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

25       Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG. Der Kostenantrag des Revisionswerbers war abzuweisen, weil nach § 47 Abs. 4 VwGG in einem - hier gemäß § 141 ÄrzteG 1998 vorliegenden - Fall des Art. 133 Abs. 8 B-VG der Revisionswerber und der Rechtsträger im Sinn des § 47 Abs. 5 VwGG keinen Anspruch auf Aufwandersatz haben (siehe auch dazu VwGH 28.10.2021, Ra 2021/09/0075).

Wien, am 4. Mai 2022

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete Spruch Diverses

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2021090242.L00

Im RIS seit

02.06.2022

Zuletzt aktualisiert am

15.06.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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