TE Lvwg Erkenntnis 2022/3/16 VGW-101/092/763/2022, VGW-101/092/764/2022

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 16.03.2022
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

16.03.2022

Index

27/01 Rechtsanwälte

Norm

RAO 1868 §16 Abs4
RATG §15

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien erkennt durch seinen Richter Mag. Dr. Gerhard Kienast über die Beschwerden des Herrn RA Dr. A. B. gegen die Bescheide des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer Wien, jeweils vom 2.11.2021, Zl. VSP …/2020 (VGW-101/092/763/2022) und VSP …/2021 (VGW-101/092/764/2022), jeweils betreffend angemessene Vergütung gemäß § 16 Abs. 4 Rechtsanwaltsordnung (RAO), nach (gemeinsamer) öffentlicher, mündlicher Verhandlung am 8.3.2022

zu Recht:

I.   Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird der hg. zur Zl. VGW-101/092/763/2022-1 protokollierten Beschwerde isoweit stattgegeben, als dem Vergütungsantrag des Beschwerdeführers vom 31.3.2020 im Ausmaß von € 192.380,69 (darin enthalten € 32.063,45 an USt) stattgegeben wird; das Mehrbegehren wird abgewiesen.

II.   Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird der hg. zur Zl. VGW-101/092/764/2022-1 protokollierten Beschwerde isoweit stattgegeben, als dem Vergütungsantrag des Beschwerdeführers vom 31.3.2021 im Ausmaß von € 36.371,46 (darin enthalten € 6.061,91 an USt) stattgegeben wird; das Mehrbegehren wird abgewiesen.

III.  Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine (ordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang:

Mit Bescheid vom 20.2.2019 bestellte die Abteilung III des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer Wien gemäß § 45 Abs. 1 RAO den Beschwerdeführer in der Strafsache des Landesgerichts für Strafsachen Wien, GZ XY, zum Verteidiger des Angeklagten Mag. C. D..

Mit Schriftsatz vom 31.3.2020 beantragte der Beschwerdeführer in Bezug auf dieses Strafverfahren (unter anderem) die Gewährung einer Sondervergütung gemäß § 16 Abs. 4 RAO für das Jahr 2019 im Ausmaß von € 296.570,97 (inkl. USt); diesem Antrag lagen Kostenverzeichnisse bei.

Mit Schriftsatz vom 31.3.2021 beantragte der Beschwerdeführer in Bezug auf dieses Strafverfahren (unter anderem) die Gewährung einer Sondervergütung gemäß § 16 Abs. 4 RAO für die Jahre 2019 und 2020 im Ausmaß von (insgesamt) € 803.763,41 (inkl. USt); (auch) diesem Antrag lagen Kostenverzeichnisse bei.

Mit Bescheid vom 2.11.2021, VSP …/2020, sprach der belangte Ausschuss dem Beschwerdeführer für seine zwischen dem 12.12.2018 und 11.12.2019 im Strafverfahren zu XY des Landesgerichts für Strafsachen Wien erbrachten Leistungen eine Vergütung im Ausmaß von € 128.062,94 (darin enthalten € 21.343,82 an USt) zu (Spruchpunkt 1); damit galt er die Zeiten der Hauptverhandlung (§ 9 Abs. 1 Z 3 lit a AHK) samt 50% Einheitssatz (§ 11 AHK iVm § 23 RATG), Zeiten des Zuwartens und der Beratungen (jeweils § 2 Abs. 4 AHK) sowie Schriftätze (§ 10 Abs. 1 AHK) ab. Davon zog er einen pauschalen Abschlag von 40% ab. Von Spruchpunkt 1 des Bescheids vom 2.11.2020 nicht erfasst waren ein Streitgenossenzuschlag (§ 15 RATG), ein Erschwerniszuschlag (§ 4 Satz 2 AHK) und ein Erfolgszuschlag (§ 12 AHK). Mit Spruchpunkt 2 dieses Bescheids wies er das Mehrbegehren ab.

Mit Bescheid (gleichfalls) vom 2.11.2021, VSP …/2021, (berichtigt durch Bescheid vom 16.11.2021) sprach der belangte Ausschuss dem Beschwerdeführer für seine zwischen dem 12.12.2019 und 4.12.2020 im Strafverfahren zu XY des Landesgerichts für Strafsachen Wien erbrachten Leistungen eine Vergütung im Ausmaß von € 50.444,63 (darin enthalten € 8.444,63 an USt) zu (Spruchpunkt 1); damit galt er die Zeiten der Hauptverhandlung (§ 9 Abs. 1 Z 3 lit a AHK) samt 50% Einheitssatz (§ 11 AHK iVm § 23 RATG), Zeiten des Zuwartens und der Beratungen (jeweils § 2 Abs. 4 AHK) sowie Schriftätze (§ 10 Abs. 1 AHK) ab. Davon zog er einen pauschalen Abschlag von 40% ab. Von Spruchpunkt 1 des Bescheids vom 2.11.2020 nicht erfasst waren ein Streitgenossenzuschlag (§ 15 RATG), ein Erschwerniszuschlag (§ 4 Satz 2 AHK) und ein Erfolgszuschlag (§ 12 AHK). Mit Spruchpunkt 2 dieses Bescheids wies er das Mehrbegehren ab.

Mit Schriftsätzen jeweils vom 3.12.2021 zog der Beschwerdeführer die Bescheide vom 2.11.2021, soweit sie jeweils das Mehrbegehren abwiesen, (form- und fristgerecht) in Beschwerde und beantragte jeweils (ausführlich begründet), dem dem jeweiligen Bescheid zugrundeliegenden Vergütungsantrag Folge zu geben.

Jeweils mit Note vom 19.1.2022 legte der belangte Ausschuss dem erkennenden Verwaltungsgericht die Beschwerden samt bezughabenden Verwaltungsakten zur Entscheidung vor und übermittelte den Storage-Link zu den Gerichtsprotokollen des Verfahrens zu XY.

Am 28.2.2022 fand vor dem erkennenden Verwaltungsgericht in den zur gemeinsamen Verhandlung verbundenen Verfahren (VGW-101/092/763/2022 und VGW-101/092/764/2022) eine öffentliche, mündliche Verhandlung statt, nach deren Schluss aufgrund der komplexen Sach- und Rechtslage eine Entscheidung nicht verkündet werden konnte; die Verfahrensparteien verzichteten auf eine Verkündungstagsatzung.

II. Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der Beschwerdeführer wurde mit Bescheid vom 20.2.2019 gemäß § 45 Abs. 1 RAO von der Abteilung III des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer Wien im Verfahren vor dem Landesgericht für Strafsachen Wien, GZ. XY, zum Verfahrenshelfer des Angeklagten Mag. C. D. bestellt. Mag. C. D. wurde mit Urteil vom 4.12.2020 von den gegen ihn erhobenen Vorwürfen (rechtskräftig) freigesprochen.

Die vom Beschwerdeführer erbrachten Leistungen beziehen sich auf die Hauptverhandlung eines schöffengerichtlichen Verfahrens. Dieses schöffengerichtliche Verfahren („E.-Prozess“), das vor dem Landesgericht für Strafsachen Wien zur GZ XY geführt wurde, ist das größte Wirtschaftsstrafverfahren der 2. Republik; es gab 15 Angeklagte, es wurden 150 Zeugen einvernommen; der Akt umfasste 241 Bände (Beneordner); es gab rund 4500 Ordnungsnummern. Allein die Anklageschrift umfasst 900 Seiten, das Urteil etwa 1200 Seiten.

1.2.  Das hier gemäß § 16 Abs. 4 Satz 1 RAO maßgebliche erste Verhandlungsjahr des Beschwerdeführers begann am 20.2.2019 und endete am 19.2.2020, das zweite begann am 20.2.2020 und endete am 19.2.2021. Die nach § 16 Abs. 4 Satz 1 RAO maßgeblichen Schwellenwerte (erstes Verhandlungsjahr: von 50 Verhandlungsstunden; zweites Verhandlungsjahr: von zehn Verhandlungstagen) wurden am 27.3.2019 mit Ablauf der vierten Verhandlungsstunde (8/2) bzw. mit Ablauf des 30.7.2020 erreicht; anspruchsbegründend sind daher einerseits die ab der vierten Verhandlungsstunde am 27.3.2019 bis 19.2.2020 und andererseits die ab 31.7.2020 bis 4.12.2020 erbrachten Leistungen des Beschwerdeführers. Der Beschwerdeführer brachte seine Anträge auf Vergütung am 31.3.2020 bzw. 31.3.2021 beim belangten Ausschusses ein; diese Anträge enthielten Leistungsverzeichnisse.

Der Beschwerdeführer erbrachte in seinem ersten Verhandlungsjahr folgende anspruchsbegründende Leistungen (woraus sich nach AHK folgender Kostenanspruch ergibt; dabei ist § 9 Abs. 1 Z 3 lit a AHK die Anspruchsgrundlage für die Zeiten der Hauptverhandlung, jeweils § 2 Abs. 4 AHK für die Zeiten des Zuwartens [ohne die erste halbe Stunde] und der Beratungen sowie § 10 Abs. 1 AHK für Schriftsätze):

27.03.2019 Hauptverhandlung (5/2)               € 1.224,00

27.03.2019 Pause (2/2)                            € 352,80

02.04.2019 Hauptverhandlung (12/2)             € 2.652,00

02.04.2019 Pause (5/2)                            € 882,00

03.04.2019 Hauptverhandlung (7/2)              € 1.632,00

03.04.2019 Pause (6/2)                            € 1.058,40

04.04.2019 Hauptverhandlung (15/2)             € 3.264,00

04.04.2019 Pause (3/2)                            € 529,20

08.04.2019 Antrag                                  € 264,00

09.04.2019 Hauptverhandlung (13/2)             € 2.856,00

09.04.2019 Pause(2/2)                             € 352,80

10.04.2019 Hauptverhandlung (10/2)             € 2.244,00

10.04.2019 Pause (3/2)                            € 529,20

11.04.2019 Hauptverhandlung (3/2)              € 816,00

11.04.2019 Pause(2/2)                             € 352,80

17.04.2019 Komm. zu LG f Strs (1/2)            € 88,20

07.05.2019 Antrag                                  € 264,00

07.05.2019 Hauptverhandlung (6/2)              € 1.428,00

07.05.2019 Beratung (2/2)                        € 352,80

08.05.2019 Hauptverhandlung (13/2)             € 2.856,00

08.05.2019 Pause (2/2)                            € 352,80

09.05.2019 Hauptverhandlung (13/2)             € 2.856,00

09.05.2019 Pause (2/2)                            € 352,80

14.05.2019 Hauptverhandlung (9/2)              € 2.040,00

14.05.2019 Pause (5/2)                            € 882,00

15.05.2019 Hauptverhandlung (11/2)             € 2.448,00

15.05.2019 Pause (2/2)                            € 352,80

16.05.2019 Hauptverhandlung (11/2)             € 2.448,00

16.05.2019 Pause (3/2)                            € 529,20

16.05.2019 Antrag                                  € 264,00

20.05.2019 Komm. zu LG f Strs (1/2)            € 88,20

05.06.2019 Hauptverhandlung (15/2)             € 3.264,00

05.06.2019 Pause (3/2)                            € 529,20

05.06.2019 Antrag                                  € 264,00

06.06.2019 Hauptverhandlung (11/2)             € 2.448,00

06.06.2019 Pause (2/2)                            € 352,80

06.06.2019 Wartezeit auf Beginn HV (4/2)      € 705,00

11.06.2019 Komm. zu LG f Strs (1/2)            € 88,20

11.06.2019 Antrag                                  € 264,00

12.06.2019 Hauptverhandlung (13/2)             € 2.856,00

12.06.2019 Pause (4/2)                            € 705,60

13.06.2019 Hauptverhandlung (8/2)              € 1.836,00

13.06.2019 Pause (3/2)                            € 529,20

10.07.2019 Komm. zu LG f Strs (1/2)            € 88,20

16.07.2019 Hauptverhandlung (3/2)              € 816,00

17.07.2019 Antrag                                  € 264,00

24.07.2019 Hauptverhandlung (12/2)             € 2.652,00

24.07.2019 Pause (3/2)                            € 529,20

25.07.2019 Hauptverhandlung (9/2)              € 2.040,00

25.07.2019 Pause (2/2)                            € 352,80

25.07.2019 Beratung (1/2)                        € 176,40

01.08.2019 Antrag                                  € 264,00

02.08.2019 Komm. zu LG f Strs (1/2)            € 88,20

20.08.2019 Antrag                                  € 264,00

26.08.2019 Komm. zu LG f Strs (1/2)            € 88,20

04.09.2019 Antrag                                  € 264,00

10.09.2019 Komm. zu LG f Strs (1/2)            € 88,20

10.09.2019 Hauptverhandlung (10/2)             € 2.244,00

10.09.2019 Pause (3/2)                            € 529,20

11.09.2019 Hauptverhandlung (10/2)             € 2.244,00

11.09.2019 Wartezeit (2/2)                       € 176,40

12.09.2019 Hauptverhandlung (6/2)              € 1.428,00

20.09.2019 Antrag                                  € 264,00

26.09.2019 Komm. zu LG f Strs (1/2)            € 88,20

30.09.2019 Antrag                                  € 264,00

01.10.2019 Hauptverhandlung (8/2)              € 1.836,00

01.10.2019 Wartezeit (2/2)                       € 352,80

09.10.2019 Hauptverhandlung (5/2)              € 1.224,00

09.10.2019 Pause (1/2)                            € 176,40

10.10.2019 Hauptverhandlung (7/2)              € 1.632,00

15.10.2019 Antrag                                  € 264,00

21.10.2019 Komm. zu LG f Strs (1/2)            € 88,20

23.10.2019 Hauptverhandlung (8/2)              € 1.836,00

23.10.2019 Pause (4/2)                            € 705,60

24.10.2019 Hauptverhandlung (7/2)              € 1.632,00

29.10.2019 Hauptverhandlung (7/2)              € 1.632,00

29.10.2019 Pause (1/2)                            € 176,40

30.10.2018 Antrag                                  € 264,00

30.10.2019 Hauptverhandlung (8/2)               € 1.836,00

30.10.2019 Pause (5/2)                            € 882,00

31.10.2019 Hauptverhandlung (9/2)              € 2.040,00

31.10.2019 Pause (1/2)                            € 176,40

11.11.2019 Komm. zu LG f Strs (1/2)            € 88,20

12.11.2019 Hauptverhandlung (12/2)             € 2.652,00

12.11.2019 Pause (3/2)                            € 529,20

13.11.2019 Hauptverhandlung (11/2)             € 2.448,00

13.11.2019 Pause (3/2)                            € 529,20

14.11.2019 Hauptverhandlung (10/2)             € 2.244,00

14.11.2019 Pause (1/2)                            € 176,40

19.11.2019 Hauptverhandlung (10/2)             € 2.244,00

19.11.2019 Pause (3/2)                            € 529,20

20.11.2019 Hauptverhandlung (6/2)              € 1.428,00

20.11.2019 Pause (2/2)                            € 352,80

20.11.2019 Beratung (2/2)                        € 352,80

21.11.2019 Hauptverhandlung (13/2)             € 2.856,00

21.11.2019 Pause (1/2)                            € 176,40

22.11.2019 Antrag                                  € 264,00

26.11.2019 Komm. zu LG f Strs (1/2)            € 88,20

03.12.2019 Hauptverhandlung (8/2)              € 1.836,00

03.12.2019 Pause (5/2)                            € 882,00

04.12.2019 Hauptverhandlung (12/2)             € 2.652,00

04.12.2019 Pause (2/2)                            € 352,80

05.12.2019 Hauptverhandlung (14/2)             € 3.060,00

05.12.2019 Pause (1/2)                            € 176,40

10.12.2019 Hauptverhandlung (9/2)              € 2.040,00

10.12.2019 Pause (3/2)                            € 529,20

11.12.2019 Hauptverhandlung (8/2)              € 1.836,00

11.12.2019 Pause (2/2)                            € 352,80

07.01.2020 Antrag                                  € 264,00

09.01.2020 Komm. zu LG f Strs (1/2)            € 88,20

29.01.2020 Hauptverhandlung (4/2)               € 1.020,00

30.01.2020 Antrag                                  € 264,00

30.01.2020 Hauptverhandlung (7/2)               € 1.632,00

30.01.2020 Pause (5/2)                            € 882,00

03.02.2020 Komm. zu LG f Strs (1/2)            € 88,20

17.02.2020 Antrag                                  € 264,00

Summe                                                  € 119.231,20

In seinem zweiten Verhandlungsjahr erbrachte der Beschwerdeführer folgende anspruchsbegründende Leistungen (inklusive Kostenanspruch nach AHK):

29.07.2020 Hauptverhandlung (11/2)             € 2.448,00

29.07.2020 Pause (4/2)                            € 705,60

30.07.2020 Antrag                                  € 264,00

30.07.2020 Hauptverhandlung (5/2)              € 1.224,00

30.07.2020 Pause (1/2)                            € 176,40

03.08.2020 Hauptverhandlung (7/2)              € 1.632,00

04.08.2020 Hauptverhandlung (9/2)              € 2.040,00

04.08.2020 Pause (1/2)                            € 176,40

05.08.2020 Hauptverhandlung (10/2)             € 2.244,00

05.08.2020 Pause (2/2)                            € 352,80

06.08.2020 Urkundenvorlage                       € 264,00

17.08.2020 Antrag                                  € 264,00

20.08.2020 Komm. zu LG f Strs (1/2)            € 88,20

01.09.2020 Antrag                                  € 264,00

09.09.2020 Hauptverhandlung (9/2)              € 2.040,00

09.09.2020 Pause (5/2)                            € 882,00

09.09.2020 Beratung (1/2)                        € 176,40

10.09.2020 Hauptverhandlung (10/2)             € 2.244,00

10.09.2020 Pause (3/2)                            € 529,20

22.09.2020 Hauptverhandlung (7/2)              € 1.632,00

23.09.2020 Hauptverhandlung (11/2)             € 2.448,00

23.09.2020 Pause (3/2)                            € 529,20

24.09.2020 Hauptverhandlung (10/2)             € 2.244,00

24.09.2020 Pause (2/2)                            € 352,80

24.09.2020 Antrag                                  € 264,0

28.09.2020 Komm. zu LG f Strs (1/2)            € 88,20

30.09.2020 Hauptverhandlung (11/2)             € 2.448,00

30.09.2020 Pause (4/2)                            € 705,60

01.10.2020 Antrag                                  € 264,00

06.10.2020 Hauptverhandlung (8/2)              € 1.836,00

07.10.2020 Hauptverhandlung (13/2)             € 2.856,00

07.10.2020 Pause (3/2)                            € 529,20

08.10.2020 Hauptverhandlung (11/2)             € 2.448,00

08.10.2020 Pause (3/2)                            € 529,20

09.10.2020 Komm. zu LG f Strs (1/2)            € 88,20

13.10.2020 Hauptverhandlung (7/2)              € 1.632,00

13.10.2020 Pause (6/2)                            € 1.058,40

13.10.2020 Beratung (3/2)                        € 529,20

14.10.2020 Hauptverhandlung (16/2)             € 3.468,00

14.10.2020 Pause (3/2)                            € 529,20

15.10.2020 Hauptverhandlung (3/2)              € 816,00

15.10.2020 Pause (1/2)                            € 176,40

04.12.2020 Hauptverhandlung (6/2)                € 1.428,00

Summe                                                  € 42.096,60

2. Beweiswürdigung:

Die unter Punkt 1.1. getroffenen Feststellungen basieren einerseits auf den in den Schriftsätzen des Beschwerdeführers enthaltenen Vorbringen, andererseits auch auf den Aussagen der rechtsfreundlichen Vertretung des Beschwerdeführers in der öffentlichen, mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Verwaltungsgericht; sie werden auch vom belangten Ausschuss nicht bestritten.

Die Feststellungen zu Punkt 1.2. gründen im insoweit unbedenklichen Verwaltungsakt sowie den Verhandlungsprotokollen zu XY. Die vom Beschwerdeführer in den jeweiligen Verhandlungsjahren erbrachten Leistungen sind in Bezug auf die Schriftsätze, die Verhandlungstage und die Verhandlungsdauer zwischen den Verfahrensparteien ebenso wenig strittig wie die Zeiten des Zuwartens und der Beratungen.

Die Feststellungen zum Beginn und Ende der Verhandlungsjahre, zu den Zeitpunkten des Erreichens des jeweiligen Schwellenwertes und damit auch zur zeitlichen Lage der anspruchsbegründenden Leistungen weichen von jenen in den bekämpften Bescheiden des belangten Ausschusses ab. Dies liegt darin begründet, dass der belangte Ausschuss irrtümlich das erste Verhandlungsjahr vor der Bestellung des Beschwerdeführers zum Verfahrenshelfer (20.2.3019) beginnen ließ (nämlich mit 12.12.2018); dies war zu korrigieren.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1.1. Nach § 16 Abs. 4 Satz 1 RAO hat ein zum Verfahrenshelfer bestellter Rechtsanwalt in diesem Verfahren gegenüber der Rechtsanwaltskammer „Anspruch auf eine angemessene Vergütung“, sofern er „innerhalb eines Jahres ab dem ersten von ihm geleisteten Verhandlungstag mehr als zehn Verhandlungstage oder insgesamt mehr als 50 Verhandlungsstunden tätig wird“. Nach Satz 3 dieses Absatzes ist dieser „Antrag auf Vergütung“ „vom Rechtsanwalt bei sonstigem Ausschluss bis spätestens zum 31. März des auf das abgelaufene Kalenderjahr, in dem der Rechtsanwalt seine Leistungen erbracht hat, folgenden Jahres bei der Rechtsanwaltskammer einzubringen.“ Nach § 16 Abs. 4 vorletzter Satz RAO sind im „Rahmen der Festsetzung der angemessenen Vergütung“ „die vom Rechtsanwalt in seinem Antrag verzeichneten Leistungen entsprechend der zeitlichen Abfolge ihrer Erbringung zu berücksichtigen und zu beurteilen.“

Wie festgestellt, überschritt das zu XY protokollierte Verfahren des Landesgerichts für Strafsachen Wien, in dem der Beschwerdeführer gemäß § 45 Abs. 1 RAO zum Verfahrenshelfer bestellt wurde, in seinen zwei „Verhandlungsjahren“ die in § 16 Abs. 4 Satz 1 RAO festgelegte Schwelle zur Vergütungsmöglichkeit. Der Beschwerdeführer brachte zudem seine beiden Anträge auf Vergütung jeweils rechtzeitig bei der Rechtsanwaltskammer ein und verzeichnete darin auch seine Leistungen, sodass ihm gegenüber der Kammer jedenfalls ein Vergütungsanspruch zukommt.

3.1.2. Der Beschwerdeführer richtet sich in seinen Beschwerden ausdrücklich nur gegen die jeweilige Abweisung des Mehrbegehrens, was zur Voraussetzung hat, dass hinsichtlich der Teilbeträge (zugesprochene Vergütung und der Differenz zur beantragten Vergütung) „trennbare Spruchpunkte“ vorlägen. Dies ist jedoch nicht der Fall, denn insbesondere die Zuschläge (z.B. Streitgenossenzuschlag, Erschwerniszuschlag, Erfolgszuschlag) sind untrennbar mit der Ermittlung der zu vergütenden Leistungen verknüpft, dementsprechend stellt die Bemessung des Vergütungsanspruchs nach § 16 Abs. 4 RAO einen untrennbaren Abspruch dar, worüber eine einheitliche Entscheidung zu ergeben hat. Die „Sache“ des Beschwerdeverfahrens beschränkt sich somit nicht bloß auf die Frage, ob das Mehrbegehren zu Unrecht abgewiesen wurde; das erkennende Verwaltungsgericht ist vielmehr trotz des auf die Abweisung des Mehrbegehrens eingeschränkten Anfechtungsantrags befugt, auch in Hinblick auf den vom belangten Ausschuss bereits zugesprochenen Betrag eine Überprüfung der Bemessung des Vergütungsanspruchs nach § 16 Abs. 4 RAO vorzunehmen (siehe in einem vergleichbare Fall VwGH 3.2.2022, Ra 2021/09/0230).

3.1.3. Leistungen, die nach § 16 Abs. 4 RAO (unter den dort genannten Voraussetzungen) zu vergüten sind, sind die Zeiten der Hauptverhandlung, die (Zeiten des Zuwartens während der) Beratungen des Gerichts, Zeiten des Zuwartens (auf dem Beginn oder die Fortsetzung der Hauptverhandlung) und schließlich Schriftsätze. Von der Vergütung dieser Leistungen entsprechend den Tarifansätzen (samt Einheitssatz gemäß § 11 AHK iVm § 23 RATG) kommen noch Zu- oder Abschläge in Betracht, und zwar ein Streitgenossenzuschlag (§ 15 RATG), ein Erschwerniszuschlag (§ 4 AHK; zum Zuschlagcharakter vgl. VwGH 17.12.2009, 2009/06/0144), ein Erfolgszuschlag (§ 12 AHK) und auch ein pauschaler Abschlag.

Die in casu zu beantwortenden Rechtsfragen betreffen

?   die Gebührlichkeit eines Streitgenossenzuschlags (§ 15 RATG),

?   die Gebührlichkeit eines Erschwerniszuschlags (und – bejahendenfalls – dessen Höhe) (§ 4 AHK),

?   die Gebührlichkeit eines Erfolgszuschlags (und – bejahendenfalls – dessen Höhe) (§ 12 AHK) sowie

?    den Umfang eines pauschalen Abschlags.

Die Gebührlichkeit des (50%igen) Einheitssatzes ist unstrittig zu bejahen: § 11 AHK iVm § 23 RATG.

 

 

3.1.3.1. Gebührlichkeit eines Streitgenossenzuschlags (§ 15 RATG):

Der Beschwerdeführer stützt seinen Anspruch auf Zuspruch eines Streitgenossenzuschlags auf § 15 RATG, weil ihm im Strafverfahren zu XY mehrere Personen gegenübergestanden seien.

Der Beschwerdeführer übersieht dabei, dass Gegenstand des RATG nicht die Vertretung eines Angeklagten im Strafverfahren ist (vgl. VwGH 26.5.2008, 2006/06/0264), denn nach seinem § 1 Abs. 1 haben Rechtsanwälte (allein) „im zivilgerichtlichen Verfahren und im schiedsrichterlichen Verfahren nach den §§ 577 ff. der Zivilprozessordnung sowie im Strafverfahren über eine Privatanklage und für die Vertretung vom Privatbeteiligten Anspruch auf Entlohnung nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen und des angeschlossenen, einen Bestandteil dieses Bundesgesetzes bildenden Tarifs.“

Auch nach der Regelung des Streitgenossenzuschlags in den AHK (§ 10 Abs. 3 [idF Beschluss vom 12.5.2017, kundgemacht am 15.5.2017]: Der Streitgenossenzuschlag für jede weitere verteidigte Partei ist mit 30% des Honoraransatzes angemessen.“) kommt dem Beschwerdeführer kein derartiger Anspruch zu, weil er ja keine weitere Partei verteidigt hatte.

Der Rechtsauffassung des Beschwerdeführers war daher nicht zu folgen und daher der Beschwerde diesbezüglich nicht Folge zu geben.

3.1.3.2. Gebührlichkeit eines Erschwerniszuschlags (§ 4 AHK):

Nach § 4 Satz 2 AHK (idF Beschluss vom 12.5.2017, kundgemacht am 15.5.2017) ist „bei Beurteilung der Angemessenheit des Honorars“ „zu berücksichtigen, ob diese Leistungen nach Art oder Umfang den Durchschnitt erheblich übersteigen oder unterschreiten.“

Insbesondere der überdurchschnittliche Umfang allein aufgrund der 241 Bände erlauben den Zuspruch dieses Zuschlags (vgl. auch VwGH 17.12.2009, 2009/06/0144, wo allein die Anzahl der Bände des Gerichtsakts den Ausschlag gab, die Voraussetzung dieses Zuschlags zu bejahen).

Hinsichtlich der Höhe des Erschwerniszuschlags erscheinen dem erkennenden Verwaltungsgericht 20% angemessen (vgl. diesbezüglich auch den dem Erkenntnis des VwGH vom 17.12.2009 zugrundeliegenden Sachverhalt, wo gleichfalls ein Erschwerniszuschlag iSd § 4 AHK in der Höhe von 20% geltend gemacht wurden). Der von Beschwerdeführer geltend gemachte Zuschlag in der Höhe von 50% erscheint demgegenüber überhöht, weil mit dem Erschwerniszuschlag allein der quantitative Aspekt der Aktenlage abgegolten wird und nicht auch die unzähligen Verhandlungstage und -stunden; diese werden durch die Anwendbarkeit des § 16 Abs. 4 RAO (der ja bereits „besonders aufwändige Verfahren“ voraussetzt: vgl. VfGH VfSlg. 20.295/2018) und die jeweils verzeichneten Honoraransätze abgegolten.

3.1.3.3. Gebührlichkeit eines Erfolgszuschlags (§ 12 AHK):

Nach § 12 Satz 1 AHK (idF Beschluss vom 12.5.2017, kundgemacht am 15.5.2017) „kann“ „in offiziosen Strafsachen wegen gerichtlich strafbarer Handlungen ein Erfolgszuschlag bis zu 50% des Honorarbetrages verrechnet werden;“ dies insbesondere, wenn das Urteil auf Freispruch lautet.

Aus folgenden Gründen gebührt nach Auffassung des erkennenden Verwaltungsgerichts gemäß § 45 RAO bestellten Verfahrenshelfern auch bei Freisprüchen in offiziosen Strafsachen kein Erfolgszuschlag:

Wie der VwGH bereits mehrfach betont hat (z.B. VwGH 30.3.2004, 2002/06/0159; 26.5.2008, 2006/06/0264; 17.12.2009, 2009/06/0144), bemisst nach § 16 Abs. 4 RAO die zuständige Rechtsanwaltskammer nämlich nicht die angemessene Entlohnung eines Wahlverteidigers, der aufgrund vertraglicher Vereinbarung mit seinen Klienten tätig wurde, sondern setzt eine angemessene Vergütung für einen gemäß § 41 StPO vom Gericht beigegebenen und gemäß § 45 RAO von der Rechtsanwaltskammer bestellten Rechtsanwalt, der somit aufgrund eines öffentlich-rechtlichen Pflichtenverhältnisses im Rahmen der Mitwirkung der Rechtsanwaltschaft an der Rechtspflege tätig wird, fest.

Der Verfahrenshelfer erhält daher auch kein Honorar für seine erbrachten Leistungen (weshalb § 12 AHK bereits von seinem Wortlaut her, der von „50% des Honorarbetrages“ spricht, nicht anwendbar scheint), sondern eine Vergütung, die der Abwendung der Auswirkungen der Belastung der Rechtsanwälte durch überlange Verfahren, die bis zur Existenzbedrohung gehen können, dient (vgl. VwGH 17.12.2009, 2009/06/0144, unter Rückbezug auf VfGH, VfSlg 12.638/1991). Mit dem Telos des § 16 Abs. 4 RAO, allein (bis zur Existenzbedrohung gehende) negative Auswirkungen abzuwenden, ist ein Erfolgszuschlag schlicht nicht kompatibel.

Das erkennende Verwaltungsgericht übersieht nicht, dass in der Vergangenheit bereits Erfolgszuschläge zugesprochen wurden, es ist jedoch an diese Entscheidungen der Rechtsanwaltskammern nicht gebunden; soweit zu sehen hat der VwGH die Rechtmäßigkeit eines Erfolgszuschlags in Bezug auf nach § 45 Abs 1 RAO bestellte Verfahrenshelfer bislang noch nicht beurteilt (weshalb das erkennende Verwaltungsgericht auch die Revision zulässt).

Der Rechtsauffassung des Beschwerdeführers war daher nicht zu folgen und daher der Beschwerde (auch) diesbezüglich nicht Folge zu geben.

3.1.3.4. Umfang des pauschalen Abschlags:

Vom VwGH anerkannt (z.B. 4.11.2002, 2000/10/0050) und vom Beschwerdeführer nicht bestritten (vgl. Beschwerden, jeweils Seite 11 unten) ist das gesetzliche Erfordernis, bei Festsetzung der Vergütung nach § 16 Abs. 4 RAO von den Ansätzen der AHK (pauschale) Abschläge vorzunehmen; dies wird insbesondere aus § 47 Abs. 3 Z 3 RAO abgeleitet, wo davon die Rede ist, „die Vergütung […] der Entlohnung anzunähern, die nach den Standesrichtlinien der Rechtsanwälte als angemessen angesehen wird“.

Wie weit diese „Annäherung“ an die nach den AHK an als angemessen anzusehende Entlohnung reicht, somit in welchem Umfang Abschläge vorzunehmen sind, ist nach Auffassung des erkennenden Verwaltungsgerichts eine Ermessensentscheidung, wie beispielsweise eine Entscheidung über die Höhe eines Verspätungszuschlags nach § 135 BAO (vgl. Köhler in Köhler/Brandtner/Schmelz, VwGVG Kommentar, Art. 130 B-VG, Rz 81) oder die Strafzumessung anhand der in § 19 VStG festgelegten Kriterien (z.B. VwGH 3.2.2022, Ra 2020/17/0116 bis 0117, Rn 30).

Nach Art. 130 Abs. 3 B-VG „liegt Rechtswidrigkeit nicht vor, soweit das Gesetz der Verwaltungsbehörde Ermessen einräumt und sie dieses im Sinne des Gesetzes geübt hat.“ Diese Vorschrift beschränkt somit die Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte hinsichtlich der Überprüfung von Ermessensentscheidungen der Verwaltungsbehörden. Die Verwaltungsgerichte können somit Bescheide mangels Rechtswidrigkeit weder aufheben noch abändern (auch wenn sie s

Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten