TE Vwgh Erkenntnis 1996/5/7 95/09/0171

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Veröffentlicht am 07.05.1996
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §69 Abs2;
AVG §69 Abs4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Höß und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. S. Giendl, über die Beschwerde des G in F, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in F, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 2. Juni 1995, Zl. 248.015/1-5/95, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Wiederaufnahme eines Verfahrens nach dem Opferfürsorgegesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für soziale Verwaltung vom 15. Mai 1972, Zl. 248.015/1-31/1972, wurde der Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 keine Folge gegeben und der Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 20. März 1972 bestätigt. Der genannte, in einem Verfahren über die Anspruchsberechtigung nach dem Opferfürsorgegesetz ergangene Bescheid des Bundesministers für soziale Verwaltung wurde dem Beschwerdeführer am 6. Juni 1972 zugestellt; die Übernahme dieses Berufungsbescheides hat der Beschwerdeführer mit seiner eigenhändigen Unterschrift auf dem Rückschein bestätigt.

In der Folge sind wiederholte Versuche des Beschwerdeführers, eine Wiederaufnahme des genannten Verfahrens über seine Anspruchsberechtigung nach dem Opferfürsorgegesetz herbeizuführen, gescheitert (siehe dazu insbesondere auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Juni 1991, Zl. 91/09/0044).

Mit Bescheid des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 2. Jänner 1995, Zl. 248.015/3-5/94, wurde ausgesprochen, "Der neuerliche Antrag des Herrn G vom 13. Oktober 1994 auf Wiederaufnahme des mit Bescheid des Bundesministers für soziale Verwaltung vom 15. Mai 1972, Zl. 248.015/1-31/72, rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens wird als unzulässig zurückgewiesen". Der genannte Bescheid vom 2. Jänner 1995 wurde dem Beschwerdeführer am 11. Jänner 1995 zugestellt.

Am 20. Jänner 1995 langte beim Bundesminister für Arbeit und Soziales folgender mit 16. Jänner 1995 datierter Antrag des Beschwerdeführers ein:

"Da ich kein Geld habe für die Unterschrift eines Rechtsanwaltes, beantrage ich die Wiederaufnahme des Verfahrens Zl. 248.015/3-5/94 und begründe diese wie folgt;

Dem hohen Bundesministerium ist bestimmt ein Irrtum unterlaufen, wie Sie bereits wissen, wurde ich damals um 23 Uhr auf der Dienststelle der Luftwaffe im Waschraum, von der SS verhaftet und in das SS und Polizeigefängnis in Stuttgart eingeliefert, wo ich über drei Monate verbrachte. Dies hat sehr wohl mit Politik zu tun Es wurden amtliche Beweise vorgelegt, sogar eine Bestätigung des Sekretärs der Stadtgemeinde Feldkirchen, der genauestens Kenntnis hatte, daß ich von der NSDAP verfolgt wurde und eine Bestätigung des Spezialgefängnis, sowie eine eidesstattliche Erklärung.

Es ist richtig, daß ich im Jahre 1972 den Bescheid erhalten habe, auf diesen Bescheid stand es sei kein Rechtsmittel dagegen zuläßig. Daraufhin habe ich beim Bundesministerium sofort vorgesprochen, dort wurde ich von dem Beamten eingeschüchtert und mit der bestrafung bedroht und unrichtig aufgeklärt. Worauf ich beim Herrn Landeshauptmann vorsprach. Dieser erklärte mir, die Schwarzen sind schuld daran. Ich habe dann eine Wiederaufnahme eingebracht, wurde deswegen mit einer Geldstrafe S 600,-- belegt, das waren zur damaligen Zeit viel Geld für eine Familie, die in der Armutsgrenze leben muß Beweis wird vorgelegt, somit gibt es keine Verjährung.

Bei meinen Vorsprachen beim Amt der Landesregierung wurde mir jedesmal erklärt, den Bescheid kann nur das Bundesministerium aufheben.

Nun bitte ich Sie, meinem Ersuchen stattzugeben und einer aufrechten Erledigung zuzuführen nach dem Bundesgesetz 183 § 1

u. § 4."

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 2. Juni 1995 hat die belangte Behörde über den Antrag des Beschwerdeführers wie folgt abgesprochen:

"Der neuerliche Antrag des Herrn G vom 16. Jänner 1995 auf Wiederaufnahme des mit Bescheid des Bundesministers für soziale Verwaltung vom 15. Mai 1972, Zl. 248.015/1-31/72, rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens wird als unzulässig zurückgewiesen.

Bemerkt wird, daß der obzitierte Bescheid des Bundesministers für soziale Verwaltung am 6. Juni 1972 rechtsgültig zugestellt wurde und daher die dreijährige Frist für die Einbringung des Antrages auf Wiederaufnahme am 6. Juni 1975 abgelaufen ist.

Rechtsgrundlagen der Entscheidung: §§ 69 Abs. 2 und 4 AVG;

16 Abs. 1 OFG."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde in der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Der Beschwerdeführer erachtet sich in dem Recht auf "ordnungsgemäße verfahrensgesetzeskonforme Behandlung seiner Anträge" verletzt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens (und überdies sämtliche auf die Angelegenheit des Beschwerdeführers bezughabenden Akten des Verwaltungsverfahrens) vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die Bestimmung des § 16 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 4. Juli 1947, BGBl. Nr. 183, über die Fürsorge für die Opfer des Kampfes um ein freies, demokratisches Österreich und die Opfer politischer Verfolgung (Opferfürsorgegesetz; OFG in der Fassung BGBl. Nr. 687/1991) lautet:

"Auf das Verfahren finden, soweit dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimmt, die Vorschriften des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl. Nr. 51, Anwendung. Hinsichtlich der Anmeldung von Ansprüchen bei einer nicht zuständigen Behörde oder bei einem Sozialversicherungsträger, der Berufungsfrist und der Einbringung der Berufung, der Frist für die Einbringung eines Antrages auf Wiederaufnahme des Verfahrens und im Fall der Abänderung oder Behebung eines Bescheides von Amts wegen gemäß § 68 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, sowie für die Erlassung eines Bescheides als Folge einer solchen Verfügung gelten die Bestimmung des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957, BGBl. Nr. 152, sinngemäß."

§ 69 Abs. 2 und 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG bestimmen:

"(2) Der Antrag auf Wiederaufnahme ist binnen zwei Wochen vom Zeitpunkt an, in dem der Antragsteller nachweislich vom Wiederaufnahmsgrund Kenntnis erlangt hat, jedoch spätestens binnen drei Jahren nach der Zustellung oder mündlichen Verkündung des Bescheides bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat.

(4) Die Entscheidung über der Wiederaufnahme steht der Behörde zu, die den Bescheid in letzter Instanz erlassen hat, wenn jedoch in der betreffenden Sache ein unabhängiger Verwaltungssenat entschieden hat, diesem."

Das Kriegsopferversorgungsgesetz 1957 - KOVG 1957 enthält hinsichtlich der Frist für die Einbringung eines Antrages auf Wiederaufnahme des Verfahrens die folgende Bestimmung:

"§ 95. Ein Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens ist binnen einem Monate von dem Zeitpunkt an, in dem der Antragsteller nachweislich vom Wiederaufnahmsgrunde Kenntnis erlangt hat, beim zuständigen Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 79) einzubringen."

Der (nach Bewilligung seines Verfahrenshilfeantrages nunmehr rechtsanwaltlich vertretene) Beschwerdeführer macht im wesentlichen geltend, daß die anläßlich seines Ansuchens vorgelegten "amtlichen Beweise" - mit denen er in dem 1972 rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren nachzuweisen versuchte, daß er im SS-Regime politisch verfolgt worden sei - im Verwaltungsverfahren nicht berücksichtigt bzw. seiner Ansicht nach nicht beachtet worden seien.

Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen.

Der Beschwerdeführer verfolgt damit unter der Bezeichnung "Wiederaufnahme" nämlich lediglich das Verfahrensziel, in dem mit Bescheiderlassung am 6. Juni 1972 rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren über die Versagung seiner Anspruchsberechtigung nach dem Opferfürsorgegesetz (neuerlich und zum wiederholten Male) eine Änderung der Beweiswürdigung herbeizuführen. Auch in seinem (an die belangte Behörde gerichtet gewesenen) Antrag vom 16. Jänner 1995 stützte sich der Beschwerdeführer ausschließlich darauf, daß hinsichtlich der im einzelnen angeführten und der belangten Behörde bereits bekannten Umstände dieser "bestimmt ein Irrtum unterlaufen" sei. Dabei verkennt der Beschwerdeführer jedoch, daß der Bescheid vom 6. Juni 1972 rechtskräftig und unabänderlich geworden ist. Eine Überprüfung oder Wiederholung dieser Entscheidung (insbesondere auch in Ansehung der Beweiswürdigung) ist demnach jedenfalls unzulässig und ausgeschlossen.

Die belangte Behörde hat - entsprechend dem dargelegten Vorbringen - den Antrag des Beschwerdeführers vom 16. Jänner 1995 als (neuerlichen) Wiederaufnahmeantrag hinsichtlich des mit Bescheid vom 15. Mai 1972 abgeschlossenen Verfahrens gewertet und diesen Antrag aus Gründen der Nichteinhaltung der objektiven Dreijahresfrist zurückgewiesen. Dagegen, daß diese Frist nicht abgelaufen wäre, hat der Beschwerdeführer aber weder in seinem Wiederaufnahmeantrag noch im Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof zielführendes (eine andere Beurteilung zulassendes) Vorbringen erstattet (vgl. insoweit auch das dem Beschwerdeführer betreffende hg. Erkenntnis vom 26. Juni 1991, Zl. 91/09/0044).

Insoweit der Beschwerdeführer - im Hinblick auf die in seinem Antrag angegebene Zl. 248.015/3-5/94 - aber (auch) die Wiederaufnahme des mit Zurückweisungsbescheid vom 2. Jänner 1995 abgeschlossenen Verfahrens anstrebte, ist ihm zu erwidern, daß er im Verwaltungsverfahren weder ein taugliches Vorbringen über die Rechtzeitigkeit seines Wiederaufnahmeantrages (im Sinne von § 95 KOVG) in Ansehung des allein mit einer Zahl angesprochenen Wiederaufnahmeverfahrens, noch Gründe dargelegt hat, warum in dem mit Zurückweisungsbescheid abgeschlossenen Verfahren eine Wiederaufnahme erfolgen hätte sollen. Ein Fehlen dieser Angaben kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht als Formgebrechen im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG angesehen werden (vgl. hiezu das in einer Angelegenheit nach dem OFG ergangene hg. Erkenntnis vom 18. März 1993, Zl. 92/09/0212). Im übrigen kommt der Beschwerdeführer auf das genannte Wiederaufnahmeverfahren in seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde nicht mehr zurück.

Der belangten Behörde kann somit keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides vorgeworfen werden bzw. wurde der Beschwerdeführer in keinem Recht verletzt, wenn die belangte Behörde zu dem Ergebnis gelangte, daß der Antrag des Beschwerdeführers zurückzuweisen sei.

Die Beschwerde erweist sich insgesamt als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 2, 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 sowie 59 Abs. 1 und 3 VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995090171.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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