TE Vwgh Erkenntnis 1996/5/9 96/20/0068

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Veröffentlicht am 09.05.1996
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §1 Z1;
AsylG 1991 §20 Abs1;
AsylG 1991 §20 Abs2;
AVG §66 Abs4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hemetsberger, über die Beschwerde des G in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 13. Juni 1995, Zl. 4.324.431/9-III/13/95, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, reiste am 16. September 1991 in das Bundesgebiet ein und stellte am darauffolgenden Tag den Antrag, ihm Asyl zu gewähren. Am 10. Dezember 1991 erfolgte seine niederschriftliche Befragung vor der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich.

Mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 22. Jänner 1992 wurde festgestellt, daß der Beschwerdeführer die Voraussetzungen für die Zuerkennung seiner Flüchtlingseigenschaft nicht erfülle. Dagegen erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Berufung, die mit Bescheid der belangten Behörde vom 6. April 1994 gemäß § 66 Abs. 4 AVG abgewiesen wurde. Infolge der daraufhin erhobenen Beschwerde hob der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 27. Februar 1995, B 474/94, den bekämpften Bescheid auf, sodaß das Berufungsverfahren neuerlich vor der belangten Behörde anhängig wurde.

Im fortgesetzten Verfahren stellte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer in der Folge frei, nunmehr einfache Verfahrensmängel geltend zu machen.

Mit dem nunmehr angefochtenen (Ersatz-)Bescheid wies die belangte die Berufung des Beschwerdeführers (neuerlich) gemäß § 66 Abs. 4 AVG und sprach aus, Österreich gewähre im kein Asyl. Dabei übernahm die belangte Behörde die Sachverhaltsfeststellung sowie deren rechtliche Beurteilung ihres (ersten) Bescheides vom 6. April 1994 zur Gänze. Entsprechend der vom Beschwerdeführer eingebrachten Berufungsergänzung und den darin enthaltenen Ausführungen fügte die belangte Behörde dieser Begründung lediglich an, der Ergänzung sei nicht zu entnehmen, daß die darin relevierte Einberufung zum Militärdienst, die ebenfalls undokumentiert sei, aus ethnischen, religiösen oder politischen Gründen erfolgt wäre, weshalb sie im Asylverfahren aus diesem Grunde nicht von Relevanz sein könne.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die zunächst an den Verfassungsgerichtshof gerichtete Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach deren Abtretung (mit Beschluß des Verfassungsgerichshofes vom 27. November 1995, B 2986/95-10) gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Zunächst ist der Beschwerdeführer darauf hinzuweisen, daß es für die Ausführung einer Beschwerde grundsätzlich nicht ausreicht, auf den Inhalt eines anderen - überdies an einen anderen Gerichtshof - gerichteten Schriftsatzes zu verweisen und die dortigen Ausführungen zum "integrierenden Bestandteil" der Beschwerde zu erheben (vgl. hg. Erkenntnis vom 9. Oktober 1984, Slg. Nr. 11541/A). Auf die dortigen, in der vorliegenden Beschwerde nicht mehr wiederholten, Ausführungen ist daher nicht einzugehen.

Des weiteren machte der Beschwerdeführer die Unzuständigkeit der belangten Behörde geltend, weil sie ihm (direkt) per Manuduktionsschreiben die Möglichkeit gegeben habe, seine Berufung zu ergänzen, jedoch damit im Ergebnis ein ergänzendes Ermittlungsverfahren eingeleitet habe, ohne das Bundesasylamt zu betrauen. Damit habe die belangte Behörde eine Zuständigkeit für sich in Anspruch genommen, welche ihr nach § 25 Abs. 2 AsylG 1991 nicht zukomme. Dies ist unrichtig. In Entsprechung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 1. Juli 1994, G 92,93/94 und die daran anschließende Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (hier insbesondere hg. Erkenntnis vom 25. August 1994, Zl. 94/19/0435) wurde dem Beschwerdeführer lediglich freigestellt, einfache Verfahrensmängel in einer Berufungsergänzung nachzutragen, zu deren Vortrag er vor dem zitierten Verfassungsgerichtshoferkenntnis infolge des Wortes "offenkundig" in § 20 Abs. 2 AsylG 1991 nicht die Möglichkeit gehabt hatte. Die Geltendmachtung einfacher Verfahrensmängel schließt lediglich die Behauptung von Verfahrensverletzungen ein, bei deren Vermeidung andere Sachverhaltsfeststellungen zu treffen gewesen wären, die sodann zu einer anderen rechtlichen Beurteilung und damit zu einem anderen Ergebnis hätten führen können. Die Frage der Beweisaufnahme und der dadurch gewonnenen Ermittlungsergebnisse berührt daher diese Verfahrensvorschrift nicht unmittelbar, sondern lediglich in dem Falle, als aufgrund der Ausführungen in der Berufungsergänzung die belangte Behörde zum Schluß kommt, ein Verfahrensmangel des Verfahrens erster Instanz liege vor. Erst in diesem Fall hätte sie sodann die Ergänzung oder Wiederholung des Ermittlungsverfahrens (durch das Bundesasylamt) anzuordnen gehabt. Erachtete die belangte Behörde jedoch trotz der vorliegenden Berufungsergänzung Verfahrensmängel des Verfahrens erster Instanz als nicht gegeben, hat sie im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG i.V.m. § 20 Abs. 1 AsylG 1991 - der unverändert aufrecht blieb - aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens erster Instanz in der Sache selbst zu entscheiden.

Hat die belangte Behörde aber das Vorliegen einer der im § 20 Abs. 2 AsylG 1991 genannten Voraussetzungen verneint, und hat sie daher gemäß § 20 Abs. 1 leg. cit. vom Ermittlungsergebnis erster Instanz auszugehen, so erweist es sich auch nicht als rechtswidrig, wenn sie i.S.d. § 66 Abs. 4 AVG nur auf die in ihrem lediglich aus Formalgründen aufgehobenen Bescheid vom 6. April 1994 enthaltenen Begründungsausführungen verwies. Im Sinne der hg. Judikatur hat sie ihrer Begründungspflicht gemäß § 60 AVG damit entgegen der vom Beschwerdeführer vertretenen Rechtsmeinung Genüge getan. Auf die weiteren, die Einberufung zum Militärdienst betreffenden Ausführungen war i.S.d. § 20 Abs. 1 AsylG 1991 darin nicht näher einzugehen.

Da sich bereits aus dem Inhalt der Beschwerde erkennen ließt daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war sie gemäß § 35 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte

Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996200068.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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