TE Vwgh Erkenntnis 1996/5/10 95/02/0397

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Veröffentlicht am 10.05.1996
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

AVG §45 Abs2;
KFG 1967 §102 Abs5 lita;
StVO 1960 §5 Abs1;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 95/02/0398

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schwarzgruber, über die Beschwerde des K in W, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen die beiden Bescheide des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 8. Mai 1995,

1. Zl. UVS-03/11/1070/94-Kammer, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, und

2. Zl. UVS-03/11/1792/94-Einzel, betreffend Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt (Land) Wien und dem Bund Aufwendungen in der Höhe von je S 2.282,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Meidling, vom 28. Jänner 1994, wurde der Beschwerdeführer einer Übertretung nach § 99 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit § 5 Abs. 1 StVO sowie einer Übertretung nach § 102 Abs. 5 lit. a in Verbindung mit § 134 Abs. 1 KFG für schuldig befunden, wobei über ihn zwei Geldstrafen, und zwar wegen übertretung der StVO S 20.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 20 Tage) und wegen Übertretung des KFG S 800,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 1 Tag), verhängt wurden.

Der dagegen erhobenen Berufung gab die belangte Behörde zur Übertretung der StVO durch die Kammer und Übertretung des KFG durch das Einzelmitglied keine Folge.

Gegen diese beiden Bescheide wendet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:

Der Beschwerdeführer bringt zunächst hinsichtlich des zweiten Tatbestandes (Übertretung nach dem KFG), wonach er "nicht sofort" den Führerschein und den Zulassungsschein den amtshandelnden Beamten ausgefolgt habe, vor, daß er "sich zwar Zeit gelassen habe, die Papiere vorzuzeigen", jedoch die Herausgabe nicht verweigert habe. Es sei den Beamten offensichtlich zu langsam gegangen, weshalb sie ihn festgenommen, die Festnahme jedoch nach Identitätsfeststellung wieder aufgehoben hätten. Es liege offensichtlich ein Irrtum auf seiten der Beamten vor, weil sich der Beschwerdeführer "bei der Aushändigung der Papiere Zeit gelassen" habe.

Wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid ausführte, hat der Beschwerdeführer im Zuge des Verwaltungsverfahrens in diesem Zusammenhang keine Rechtfertigung abgegeben, sodaß die Behörde - abgesehen von der noch zu behandelnden Frage des Lenkens des Fahrzeuges - nicht gehalten war, ergänzende Ermittlungen diesbezüglich anzustellen. Die erstmals im Zuge des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens vorgebrachte Darstellung des Beschwerdeführers, die Meldungsleger hätten sich in einem Irrtum befunden, weil sich der Beschwerdeführer bei der Aushändigung der nach § 102 Abs. 5 KFG mitzuführenden Dokumente Zeit gelassen, jedoch deren Herausgabe nicht verweigert habe, stellt eine gemäß § 41 Abs. 1 VwGG unzulässige Neuerung dar. Außerdem stehen die Behauptungen im Widerspruch zu den bereits in der Anzeige vom 29. Juli 1993 (Tattag) von den Meldungslegern festgehaltenen Vorgängen, wonach der Beschwerdeführer das Etui mit den entsprechenden Dokumenten zwar kurz herausnahm, es aber sofort wieder in seine linke Hosentasche einsteckte. Darüber hinaus versuchte der Beschwerdeführer nach Angaben in der Anzeige, sich der Kontrolle und insbesondere der Identitätsfeststellung, trotz mehrfacher Aufforderungen durch die Beamten, ihnen den Führerschein und den Zulassungsschein zu zeigen, durch Verlassen des Ortes der Amtshandlung zu entziehen. Daran konnte er nur durch kurzfristige Festnahme nach § 35 Abs. 1 VStG gehindert werden. Erst im Zuge der anschließend durchgeführten Personendurchsuchung ist auch u.a. der Führerschein des Beschwerdeführers zum Vorschein gekommen und eine Identitätsfeststellung möglich geworden.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag im Rahmen der ihm zustehenden Kontrolle der Beweiswürdigung (vgl. dazu näher das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) die Feststellung der belangten Behörde, der Beschwerdeführer habe das Fahrzeug zur Tatzeit in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt, nicht als rechtswidrig zu erkennen, zumal der Beschwerdeführer den Ausführungen der belangten Behörde nichts Entscheidendes entgegenzusetzen vermag. Unbestritten ist, daß sich der Beschwerdeführer zum Tatzeitpunkt auf Grund der durchgeführten Blutalkoholuntersuchung in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden hat.

Die allgemeine Mutmaßung des Beschwerdeführers, es sei nicht auszuschließen bzw. wahrscheinlich, daß sich die Beamten im vorliegenden Fall infolge der sehr oft parallel verlaufenden Amtshandlungen in bezug auf die vom Beschwerdeführer bestrittene Inbetriebnahme seines Fahrzeuges geirrt hätten, entbehrt konkreter Anhaltspunkte auf Grund des festgestellten Sachverhaltes, insbesondere auf Grund der von der belangten Behörde ausführlich dargestellten Ergebnisse der Zeugeneinvernahme vor dieser Behörde. Die Annahme des Beschwerdeführers, diese Unglaubwürdigkeit müsse sich insbesondere daraus ergeben, daß den Zeugenaussagen der Polizeibeamten zu entnehmen sei, daß das Fahrzeug nach der Amtshandlung ungesichert, quer zur Fahrbahn und verkehrsbehindernd stehengelassen worden sein solle, ist für den Verwaltungsgerichtshof nicht nachvollziehbar. Bereits aus der Anzeige der Meldungsleger vom 29. Juli 1993 ist ersichtlich, daß die Ehefrau des Beschwerdeführers das Fahrzeug nach Beendigung der Amtshandlung weggefahren habe. Ferner wurde vom Zeugen F., dessen Aussage im angefochtenen Bescheid wiedergegeben wurde, ausdrücklich eine verkehrsbehindernde Abstellung des Fahrzeuges des Beschwerdeführers in Abrede gestellt. Auch wenn der Zeuge F. im Gegensatz zu den unmittelbar nach der Tat festgehaltenen Angaben mehr als 1 Jahr nach der Tat hinsichtlich der Dauer einer mit dem Streifenwagen durchgeführten Runde (um den Häuserblock) eine nicht zutreffende Zeitangabe vorbrachte, stellt dies für sich allein nicht die Richtigkeit der übrigen von diesem Zeugen gemachten Aussagen über den Tathergang von vornherein in Frage. Jedenfalls konnten zwei der drei einvernommenen Polizeibeamten mit Bestimmtheit darüber Auskunft geben, daß der Beschwerdeführer im Tatzeitpunkt seinen PKW in Betrieb genommen hatte. Dies stimmt auch mit der unmittelbar nach der Tat erstatteten Anzeige überein, auf die sich die belangte Behörde gleichfalls im Rahmen der freien Beweiswürdigung als Beweismittel stützen konnte. Entgegen der Auffasung des Beschwerdeführers läßt sich aus der fehlenden Erinnerung des Zeugen R. an die Ereignisse zum Tatzeitpunkt im Zuge von dessen Einvernahme durch die belangte Behörde nicht ableiten, daß der Beschwerdeführer sein Fahrzeug nicht in Betrieb genommen habe, weil sich der Zeuge auch nicht daran erinnern konnte, daß der Beschwerdeführer die Tat nicht begangen hätte. Auch wenn - wie der Beschwerdeführer zutreffend feststellt - in der Anzeige nicht ausdrücklich festgehalten wurde, daß der Motor des Fahrzeugs gelaufen sei, konnte die belangte Behörde angesichts des von den Meldungslegern im Tatzeitpunkt beobachteten beginnenden Wegfahrens schlüssig von der Inbetriebnahme des Fahrzeuges durch den Beschwerdeführer ausgehen.

Die vorliegende Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Lenken oder Inbetriebnehmen eines Kraftfahrzeuges freie Beweiswürdigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995020397.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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