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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1991 §1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Kremla, Dr. Händschke, Dr. Dolp und Dr. Rigler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde des E in O, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 9. Jänner 1995, Zl. 4.335.120/6-III/13/94, betreffend Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 9. Jänner 1995 wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 22. Juni 1992, mit dem aufgrund des am 23. März 1992 gestellten Asylantrages des Beschwerdeführers - eines Staatsangehörigen der "Jugosl. Föderation", der am 19. März 1992 in das Bundesgebiet eingereist ist - festgestellt worden war, daß er die Voraussetzungen des Art. 1 Abschnitt 1 der Konvention über die Rechtstellung der Flüchtlinge BGBl. Nr. 55/1955 nicht erfülle, abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Der Beschwerdeführer hat bei seiner niederschriftlichen Vernehmung bei der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich am 25. März 1992 zu seinen Fluchtgründen befragt folgendes angegeben:
"Ich gehöre in meinem Heimatland keiner politischen Bewegung an. Ich konnte in meiner Heimat außerdem meine Religion frei ausüben. Ich wurde zuhause weder aus politischen, religiösen, ethnischen oder sonstigen Gründen verfolgt. Der einzige Grund meiner Flucht und meines Ansuchens um Gewährung von politischem Asyl ist, daß in dem Gebiet, wo ich lebe kriegsähnlicher Zustand herrscht. Es ist die Lage zur Zeit sehr gespannt. Ich habe zwar noch keinen Einberufungsbefehl zur Bundesarmee erhalten, rechnete jedoch täglich damit. Mir ist bekannt, daß jene Leute, die zur Armee eingezogen werden, sofort nach einer kurzen Grundausbildung an die Front geschickt werden. Ich wollte dem jedoch vorher noch rechtzeitig entgehen. Zudem wurden wir jungen Leute von Polizisten im Heimatort mit Worten wie: "Du kommst sowieso demnächst an die Front Du wirst zur Armee demnächst eingezogen, um gegen Kroaten zu kämpfen", eingeschüchtert. Sollte ich heute nach Hause zurückkehren, würde ich sofort an die Front geschickt. Die Behörden suchen mich sicherlich schon."
Die belangte Behörde hat unter Bedachtnahme auf diese Angaben des Beschwerdeführers und den Darlegungen bei seiner ergänzenden Befragung bei der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn am 25. Oktober 1994 diesem die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des von ihr gemäß § 25 Abs. 1 dieses Gesetzes anzuwendenden Asylgesetzes (1968) deshalb nicht zuerkannt, weil sie die vom Beschwerdeführer als Fluchtmotiv geltend gemachte Befürchtung, er werde zum Militärdienst einberufen werden, nicht als Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge wertete. Der Beschwerdeführer habe überdies angegeben, er sei in seiner Heimat weder aus politischen, religiösen, ethnischen oder sonstigen Gründen verfolgt worden.
Soweit der Beschwerdeführer unter dem Blickwinkel der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vorbringt, seine Angaben bei seiner ergänzenden Vernehmung am 25. Oktober 1994 hätten im bekämpften Bescheid infolge Sprachschwierigkeiten nur mangelhaft Niederschlag gefunden, und er in der Beschwerdeschrift seine Angaben betreffend die Inhaftierung seines Onkels und die seinen Freunden widerfahrene Behandlung nach deren Weigerung, den serbischen Militärdienst zu leisten, ergänzt bzw. richtigstellt, ist dem entgegenzuhalten, daß diese Angaben - selbst wenn sie in der in der Beschwerde geäußerten Form zutreffen sollten - für die Frage der Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers bedeutungslos sind, weil mit diesen Angaben die Furcht vor gegen den Beschwerdeführer selbst gerichteten Verfolgungshandlungen aus den im § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 genannten Gründen nicht dargetan wird.
Insofern der Beschwerdeführer (erstmals) vorbringt, es sei ihm bei seiner Angabe, er sei in seinem Heimatland weder aus politischen, religiösen, ethnischen oder sonstigen Gründen verfolgt worden, nicht bewußt gewesen, daß es dennoch politische Gründe habe, daß er sich seinem Einberufungsbefehl entzogen habe, weil er nicht in der Lage gewesen und es im Widerspruch zu seiner politischen Überzeugung gestanden wäre, wäre er für den serbischen Staat "eingerückt und hätte gegen bosnische Staatsbürger gekämpft", ist dem entgegenzuhalten, daß diese Angaben im Widerspruch zu dem aus § 41 Abs. 1 VwGG abzuleitenden, im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Neuerungsverbot stehen. Das vom Beschwerdeführer bei seiner Befragung angegebene Motiv, seiner bevorstehenden Einberufung durch Verlassen seines Heimatlandes zuvorzukommen, mußte aber noch nicht zur Annahme führen, zwischen der vom Beschwerdeführer erwarteten Einberufung zum Militärdienst und seiner Eigenschaft als Angehöriger der von den Serben unterdrückten albanischen Nationalität im Kosovo, bestünde ein Zusammenhang, also, daß eine ihm allenfalls drohende Bestrafung wegen Wehrdienstverweigerung aus einem der im § 1 Asylgesetz (1968) durch Verweisung auf die Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genannten Gründen schwerer erfolgen würde als bei anderen Staatsbürgern seines Heimatlandes oder daß er die Einberufung zum Wehrdienst nur aus diesen Gründen zu erwarten gehabt hätte (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 29. Juni 1994, Zl. 93/01/0377). Der Umstand allein, daß der Beschwerdeführer - seinen Angaben zufolge - einberufen werden sollte, ließ also noch keine von der belangten Behörde anzustellenden Rückschlüsse darauf zu, daß er auf diese Weise eine individuell gegen ihn gerichtete, staatlichen Behörden seines Heimatlandes zuzurechnende Verfolgung aus Konventionsgründen zu erwarten gehabt habe. Auch die vom Beschwerdeführer im Verfahren vorgebrachte Ankündigung einzelner Polizeiorgane, man werde ihn demnächst zur Erfüllung seiner Wehrpflicht einberufen, stellt sich nicht als solche individuelle Verfolgungshandlung im Sinne der hier maßgeblichen Bestimmung dar. Das in der Beschwerde erstmalig gemachte Vorbringen, er sei damit bedroht worden, man würde ihn "als Kanonenfutter" an die Front schicken, entzieht sich gleichfalls wegen des aus § 41 Abs. 1 VwGG abzuleitenden Neuerungsverbotes einer Beurteilung durch den Verwaltungsgerichtshof.
Als unzutreffend erweist sich die Beschwerderüge, die belangte Behörde berufe sich im angefochtenen Bescheid "auf keine konkrete Gesetzesstelle", indem sie nicht anführe, ob das Asylgesetz (1968) oder das Asylgesetz 1991 angewandt worden sei, läßt sich doch der Begründung des bekämpften Bescheides auf seiner dritten Seite ohne jeden Zweifel entnehmen, daß das Asylgesetz (1968), BGBl. Nr. 126/1968 i.d.F. 796/1974 und 190/1990, der Entscheidung zugrunde liegt.
Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1995010074.X00Im RIS seit
20.11.2000