TE Lvwg Beschluss 2021/10/1 LVwG-950174/4/Fi/FK

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Veröffentlicht am 01.10.2021
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Entscheidungsdatum

01.10.2021

Norm

AVG §10

Text

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich fasst durch seinen Richter Dr. Fischer über die Beschwerde des E. H., vertreten durch Mag. K. E., x, L, gegen den Bescheid der Oö. Landesregierung vom 14. Juni 2021, GZ: PERS-2020-731921/6-Sch, betreffend die Zurückweisung verschiedener Anträge den

BESCHLUSS

I.       Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.

II.      Gegen diese Entscheidung ist eine Revision unzulässig.

Entscheidungsgründe

I.       Verfahrensgang:

I.1.    Am 29. Oktober 2020 brachte Herr E. H. (in der Folge: Bf), vertreten durch Herrn Mag. K. E., bei der Pensionsversicherungsanstalt, Landesstelle Oberösterreich, einen Antrag auf Waisenpension wegen Erwerbsunfähigkeit ein.

I.2.    Mit Dienstrechtsmandat vom 21. Jänner 2021 wurde dem Antrag auf Gewährung des Waisenversorgungsbezuges von der Oö. Landesregierung (in der Folge: belangte Behörde) keine Folge gegeben.

I.3.    Am 3. Februar 2021 erschien der Vertreter des Bf bei der belangten Behörde und legte ein weiteres Gutachten vom 30. November 2018 bzw. Nachweise betreffend den Bezug von Familienbeihilfe vor.

I.4.    Mit als Mitteilung betiteltem Schreiben vom 8. April 2021 teilte die belangte Behörde dem Bf im Wege seines Vertreters mit, dass dem Bf kein Waisenversorgungsgenuss nach §§ 17 und 18 Oö. L-PG zustehe und es daher bei dem rechtskräftigen Bescheid (gemeint: dem Dienstrechtsmandat vom 21. Jänner 2021) bleibe.

I.5.    Mit am 20. Mai 2021 bei der belangten Behörde eingelangtem Schriftsatz stellte der Bf durch seinen Vertreter einen „Antrag auf bescheidmäßige Absprache über die Vorstellung vom 3.2.2021 gegen den vermeintlichen Mandatsbescheid vom 21.1.2021“, in eventu einen „Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Vorstellung gegen den Mandatsbescheid vom 21.1.2021“, in eventu eine „Beschwerde gegen den Bescheid vom 8.4.2021“ sowie in eventu einen Antrag auf „Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen Versäumung der Beschwerdefrist gegen den Bescheid vom 8.4.2021“.

I.6.    Mit Bescheid vom 14. Juni 2021 wies die belangte Behörde den Antrag auf bescheidmäßige Absprache über die Vorstellung wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG (Spruchpunkt 1.), die Beschwerde gegen die Mitteilung vom 8. April 2021 (Spruchpunkt 2.) sowie die Wiedereinsetzungsanträge wegen Versäumung von Rechtsmittelfristen (Spruchpunkt 3.) als unzulässig zurück.

I.7.    Gegen diesen Bescheid erhob der Bf im Wege seiner Vertretung mit am 8. Juli 2021 bei der belangten Behörde eingelangtem Schriftsatz rechtzeitig Beschwerde und beantragte, das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich möge eine öffentliche mündliche Verhandlung durchführen und der Beschwerde Folge geben, den Spruch im bekämpften Bescheid dahingehend abändern, dass die Behörde hinsichtlich der Vorstellung vom 3. Februar 2021 ein Verfahren durchführt und nicht von einer entschiedenen Sache ausgeht, in eventu der Beschwerde gegen die Mitteilung vom 8. April 2021 Folge geben und den Bescheid vom 8. April 2021 dahingehend abändern, dass dem Antrag auf Gewährung eines Waisenversorgungsbezuges stattgegeben wird, in eventu den Wiedereinsetzungsanträgen gegen die Versäumung von Rechtsmittelfristen Folge geben und die bescheidmäßigen Absprachen in Form von Zurückweisungen aufheben und der Behörde eine Behandlung des Aktes im Rahmen des Wiedereinsetzungsverfahrens auferlegen.

I.8.    Mit Schreiben vom 30. Juli 2021 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt bezughabenden Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidung vor und beantragte, die Beschwerde als unzulässig zurückweisen bzw. diese gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abweisen. Auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde ausdrücklich verzichtet.

I.9.    Mit Schreiben vom 12. August 2021 forderte das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich den Vertreter des Bf auf, binnen zwei Wochen seine Vertretungsbefugnis für den Bf im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nachzuweisen.

I.10.   Mit am 25. August 2021 beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich eingelangtem Schreiben übermittelte der Vertreter eine mit 20. August 2021 datierte Vollmachtsurkunde.

II.      Sachverhalt, Beweiswürdigung:

II.1.   Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der belangten Behörde, insbesondere in die im Akt einliegende Vollmachtsurkunde vom 26. Februar 2020, sowie durch Einsichtnahme in die auf Aufforderung übermittelte Vollmachtsurkunde vom 20. August 2021.

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen, da die Beschwerde zurückzuweisen war.

II.2.   Folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt steht fest:

Der Bf bevollmächtigte mit Vollmacht vom 26. Februar 2020 Herrn Mag. K. E. dazu, für den Bf einen Antrag auf Gewährung einer Leistung aus Pensionsversicherung einzubringen, ihn in seinen Angelegenheiten bei der Pensionsversicherungsanstalt zu vertreten und in seine pensionsversicherungsrelevanten Daten Einsicht zu nehmen.

In der Beschwerde vom 8. Juli 2021 gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 14. Juni 2021 führte Herr Mag. E. aus, dass der Bf über keinen Sachwalter bzw. Erwachsenenvertreter verfüge oder – so wie von der Behörde angeführt – einen Vormund habe und dass er lediglich vom Bf bevollmächtigt sei, ihn bei der Behörde zu vertreten.

Mit Schreiben vom 12. August 2021 forderte das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich unter Vorhalt der Vollmacht vom 26. Februar 2020 und der Anmerkung, dass das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorläufig davon ausgeht, dass die zitierte Vollmacht auch eine Vertretungsbefugnis im Behördenverfahren bei der Oö. Landesregierung deckt, Herrn Mag. E. auf, binnen zwei Wochen seine Vertretungsbefugnis für den Bf im verwaltungsgerichtlichen Verfahren – etwa durch die Vorlage einer entsprechenden Vollmachtsurkunde – nachzuweisen bzw. mitzuteilen, ob die vorliegende Vollmachtsurkunde vom 26. Februar 2020 lediglich das Verfahren vor der Pensionsversicherungsanstalt zum Gegenstand hatte.

Am 25. August 2021 langte beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich daraufhin folgende Vollmachtsurkunde ein:

„Vollmacht

Hiermit bevollmächtige ich, E. H., geb. am x, meinen Bruder, Mag. K. E., mich in allen folgenden Angelegenheiten

Gegenüber dem OÖ Landesverwaltungsgericht zu vertreten

Die Vollmacht ist zeitlich unbefristet.“

[Hervorhebungen nicht übernommen]

Diese Vollmachtsurkunde ist mit 20. August 2021 datiert und vom Bf unterschrieben. Darüber hinaus wurden keine weiteren Ausführungen getätigt.

Eine Vollmacht für das verwaltungsgerichtliche Verfahren zum Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung am 8. Juli 2021 lag nicht vor. Eine Vertretungsbefugnis für das verwaltungsgerichtliche Verfahren wurde erst mit 20. August 2021 begründet.

II.3.   Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus den aufgenommenen Beweismitteln.

Die Feststellungen betreffend die Vertretungsbefugnis von Herrn Mag. K. E. im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergeben sich aus der Vollmacht vom 26. Februar 2020, dem Aufforderungsschreiben des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 12. August 2021 sowie aus der in diesem Zusammenhang übermittelten Vollmachtsurkunde vom 20. August 2021.

Nach dem Wortlaut der Vollmacht vom 26. Februar 2020 bevollmächtigte der Bf mit dieser Vollmacht Herrn Mag. E. dazu, für den Bf einen Antrag auf Gewährung einer Leistung aus der Pensionsversicherung einzubringen, ihn in seinen Angelegenheiten bei der Pensionsversicherungsanstalt zu vertreten und in seine pensionsversicherungsrelevanten Daten Einsicht zu nehmen. Demgegenüber war davon auszugehen, dass Vertretungshandlungen im verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren von der genannten Vollmacht gerade nicht gedeckt sind. Aus diesem Grund wurde Herr Mag. E. vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich unter sinngemäßer Anwendung des § 13 Abs. 3 AVG (VwGH 9. September 2009, 2004/10/0116) aufgefordert, seine Vertretungsbefugnis für den Bf im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nachzuweisen bzw. mitzuteilen, ob die vorliegende Vollmachtsurkunde vom 26. Februar 2020 lediglich das Verfahren vor der Pensionsversicherungsanstalt zum Gegenstand hatte.

Daraufhin legte dieser eine mit 20. August 2021 datierte Vollmachtsurkunde vor, wonach er den Bf „in allen folgenden Angelegenheiten gegenüber dem OÖ Landesverwaltungsgericht“ vertreten darf und diese Vollmacht zeitlich unbefristet gilt. Darüber hinaus wurden keine weiteren Angaben gemacht, insbesondere nicht zur Frage, welchen Umfang die Vollmacht vom 26. Februar 2020 aus Sicht der Einschreiter hatte. Auch zum Vorliegen einer allfälligen Vollmacht zur Vertretung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren im Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung wurden keine Angaben gemacht.

Herr Mag. E. hat die Beschwerde in Vertretung des Bf offenbar erhoben, ohne sich mit einer etwaig notwendigen Vertretungsbefugnis über die Vollmacht vom 26. Februar 2020 hinaus näher zu befassen. Erst aufgrund des Aufforderungsschreibens des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 12. August 2021 legte er eine Vollmachtsurkunde für das verwaltungsgerichtliche Verfahren datiert mit 20. August 2021 vor, wobei er offenbar auch selbst davon ausging, dass die Vollmacht vom 26. Februar 2020 das verwaltungsgerichtliche Verfahren nicht umfasst, andernfalls er keine zweite Vollmachtsurkunde, die sich ausdrücklich auf das verwaltungsgerichtliche Verfahren bezieht, vorgelegt hätte bzw. er nicht schon in der Beschwerde ausgeführt hätte, dass er lediglich vom Bf bevollmächtigt sei, ihn bei der Behörde zu vertreten. Daraus folgt, dass Herrn Mag. E. die fehlende Vertretungsbefugnis für das verwaltungsgerichtliche Verfahren erst aufgrund des Aufforderungsschreibens vom 12. August 2021 bewusst wurde, weshalb davon auszugehen ist, dass vor diesem Zeitpunkt keine Vollmacht begründet wurde. Wäre ihm die Notwendigkeit einer über die Vollmacht vom 26. Februar 2020 hinausreichende Vollmacht schon vorher bewusst geworden, hätte er eine solche entweder bereits mit der Beschwerde oder jedenfalls vor einer diesbezüglichen Aufforderung vorgelegt.

Herr Mag. E. ist nach eigenen Angaben in der Beschwerde darüber hinaus auch weder Sachwalter noch Erwachsenenvertreter des Bf, sodass sich eine allfällige Vertretungsbefugnis auch auf diesem Wege nicht ergibt. Zudem führt er in der Beschwerde – wie bereits oben angemerkt – aus, dass er lediglich vom Bf bevollmächtigt sei, ihn bei der Behörde zu vertreten.

Für das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich steht sohin fest, dass eine Vertretungsbefugnis für das verwaltungsgerichtliche Verfahren im Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung nicht gegeben war, sondern erst mit Vollmacht vom 20. August 2021 begründet wurde.

III.     In rechtlicher Hinsicht ist Folgendes auszuführen:

III.1.  Rechtsgrundlagen:

§ 10 Abs. 1 und Abs. 2 AVG idF BGBl. I Nr. 58/2018 lauten:

Vertreter

§ 10. (1) Die Beteiligten und ihre gesetzlichen Vertreter können sich, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch natürliche Personen, die volljährig und handlungsfähig sind und für die in keinem Bereich ein gerichtlicher Erwachsenenvertreter bestellt oder eine gewählte oder gesetzliche Erwachsenenvertretung oder Vorsorgevollmacht wirksam ist, durch juristische Personen oder durch eingetragene Personengesellschaften vertreten lassen. Bevollmächtigte haben sich durch eine schriftliche, auf Namen oder Firma lautende Vollmacht auszuweisen. Vor der Behörde kann eine Vollmacht auch mündlich erteilt werden; zu ihrer Beurkundung genügt ein Aktenvermerk. Schreitet eine zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Person ein, so ersetzt die Berufung auf die ihr erteilte Vollmacht deren urkundlichen Nachweis.

(2) Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis richten sich nach den Bestimmungen der Vollmacht; hierüber auftauchende Zweifel sind nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen. Die Behörde hat die Behebung etwaiger Mängel unter sinngemäßer Anwendung des § 13 Abs. 3 von Amts wegen zu veranlassen.“

III.2.  Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 10 Abs. 2 AVG richten sich Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis, sofern diese nicht gesetzlich vorgegeben sind (vgl. VwSlg 12.099 A/1986), primär nach den Bestimmungen der Vollmacht. Tauchen darüber Zweifel auf, so sind diese nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen (VwSlg 5222 A/1960). Unter „Vollmacht“ ist in diesem Zusammenhang grundsätzlich die für das Außenverhältnis allein maßgebliche – beurkundete – Erklärung der Partei gegenüber der Behörde zu verstehen (VwGH 24. November 1993, 93/02/0216; VwGH 24. Jänner 1996, 93/03/0223), bei schriftlicher Vollmacht also der in der Vollmachtsurkunde festgehaltene Wortlaut der Erklärung des Vollmachtgebers (VwGH 17. Mai 1990, 90/16/0052; 11. Mai 2009, 2006/18/0170). Der Verwaltungsgerichtshof hat mehrfach ausgesprochen, dass der objektiv zu verstehenden Parteienerklärung zu entnehmen ist, für welche Angelegenheit(en) Vollmacht erteilt wurde (vgl VwGH 17. August 2000, 96/12/0230; 6. November 2001, 97/18/0160; 28. Februar 2008, 2007/18/0379).

Im gegenständlichen Fall liegen zwei Vollmachtsurkunden vor, nämlich die Vollmacht vom 26. Februar 2020 und die Vollmacht vom 20. August 2021.

Nach dem Wortlaut der Vollmacht vom 26. Februar 2020 bevollmächtigte der Bf mit dieser Vollmacht Herrn Mag. E. dazu, für den Bf einen Antrag auf Gewährung einer Leistung aus der Pensionsversicherung einzubringen, ihn in seinen Angelegenheiten bei der Pensionsversicherungsanstalt zu vertreten und in seine pensionsversicherungsrelevanten Daten Einsicht zu nehmen.

Aus Sicht des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich deckt diese Vollmacht daher nach dem objektiven Erklärungswert auch eine Vertretungsbefugnis von Herrn Mag. E. im behördlichen Verfahren vor der Oö. Landesregierung betreffend die Gewährung einer Leistung aus der Pensionsversicherung, da im vorliegenden Fall gerade nicht die Pensionsversicherungsanstalt sondern die Oö. Landesregierung die zuständige Stelle für die Gewährung solcher Leistungen ist und daher nach dem Sinn und Zweck der Vollmacht jedenfalls eine Vertretungsbefugnis für das erstmalige Einschreiten gegenüber dem Pensionsversicherungsträger geschaffen werden sollte.

Vor diesem Hintergrund sind auch die weiteren Schritte, die Herr Mag. E. für den Bf vor der belangten Behörde gesetzt hat, entsprechend von der Vollmacht gedeckt, da diese gewissermaßen ebenfalls das behördliche Verfahren betreffend die Zuerkennung von Leistungen aus der Pensionsversicherung im weitesten Sinne betreffen.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes beinhaltet eine allgemeine Vollmacht zur Vertretung grundsätzlich auch eine Zustellvollmacht (vgl. VwGH 20. Jänner 2011, 2009/22/0068; VwGH 17. Dezember 2013, 2013/09/0011). Aus diesem Grund war die Zustellung sämtlicher behördlicher Schriftstücke an den Vertreter zulässig und rechtswirksam, sodass der Bescheid jedenfalls als erlassen gilt. Ein tauglicher Anfechtungsgegenstand liegt somit vor.

Nach dem Wortlaut der Vollmachtsurkunde vom 26. Februar 2020 ist demgegenüber davon auszugehen, dass Vertretungshandlungen im verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren davon gerade nicht gedeckt sind.

Aus diesem Grund wurde Herr Mag. E. vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich unter sinngemäßer Anwendung des § 13 Abs. 3 AVG (VwGH 9. September 2009, 2004/10/0116) aufgefordert, seine Vertretungsbefugnis für den Bf im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nachzuweisen bzw. mitzuteilen, ob die vorliegende Vollmachtsurkunde vom 26. Februar 2020 lediglich das Verfahren vor der Pensionsversicherungsanstalt zum Gegenstand hatte.

Daraufhin legte dieser eine mit 20. August 2021 datierte und vom Bf unterfertigte Vollmachtsurkunde vor, wonach er bevollmächtigt wird, den Bf „in allen folgenden Angelegenheiten gegenüber dem OÖ Landesverwaltungsgericht zu vertreten“, wobei diese Vollmacht zeitlich unbefristet gilt.

Zur Zulässigkeit der Nachreichung einer Vollmachtsurkunde hat der Verwaltungsgerichtshof wie folgt ausgeführt:

„Gemäß § 10 Abs. 2 letzter Satz AVG hat die Behörde die Behebung etwaiger Mängel der "Vollmacht" unter sinngemäßer Anwendung des § 13 Abs. 3 AVG von Amts wegen zu veranlassen. In Entsprechung eines solchen Verbesserungsauftrages kann eine (fehlerfreie) Vollmachtsurkunde nicht nur nachgereicht, sondern auch (bei einer mündlichen Bevollmächtigung im Innenverhältnis) erst im Nachhinein errichtet werden. Eine solche nachträgliche Beurkundung kann etwa durch ein Schreiben der Partei vorgenommen werden, mit dem diese das Bestehen einer Vollmacht des Einschreiters zur Erhebung einer Berufung bestätigt. Entscheidend ist nämlich nicht die - möglicherweise nach der Setzung der Verfahrenshandlung liegende - Datierung der Bevollmächtigungsurkunde, sondern, dass das Vollmachtsverhältnis tatsächlich im Zeitpunkt der Setzung der Verfahrenshandlung durch den Vertreter bereits bestanden hat, da der Zweck der §§ 10 und 13 Abs. 3 AVG darin gelegen ist, eine den rechtsstaatlichen Erfordernissen entsprechende Durchsetzung der materiellen Rechte der Partei zu gewährleisten, ohne durch Formvorschriften die Durchsetzung dieser Rechte in größerem Maß als unbedingt erforderlich einzuschränken. Dabei ist nur der Mangel des Nachweises, nicht aber jener der Bevollmächtigung selbst behebbar.“ (VwGH 9. September 2009, 2004/10/0116)

„Eine ursprünglich vollmachtslos vorgenommene fristgebundene Verfahrenshandlung kann durch eine nach Fristablauf erfolgte Vollmachtserteilung nicht saniert werden (Hinweis B 23. Juni 2003, 2003/17/0096; E 8. Juli 2004). Anders liegt der Fall, wenn die nachträgliche Vollmachtserteilung noch innerhalb der ursprünglich offen stehenden Frist stattfindet. Dann steht einer Berücksichtigung der Verfahrenshandlung nichts im Weg (Hinweis B 26. Jänner 1982, 577/80, VwSlg 10641 A/1982).“ (VwGH 8. September 2009, 2009/21/0072)

Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung ist daher für die Beurteilung der Zulässigkeit einer Vertretungshandlung maßgeblich, ob im Zeitpunkt der Vornahme der (fristgebundenen) Verfahrenshandlung bereits eine Vollmacht im Innenverhältnis zwischen Vertreter und Vertretenem bestanden hat, wobei es diesfalls auf die Datierung der schriftlichen Urkunde zum Nachweis der Vollmacht nicht ankommen soll. Wesentlich ist das tatsächliche Bestehen eines Vollmachtsverhältnisses im Zeitpunkt der Vornahme der Vertretungshandlung. Liegt eine solche Vollmacht im Zeitpunkt der Vertretungshandlung nicht vor, so kann eine ursprünglich vollmachtslos vorgenommene fristgebundene Verfahrenshandlung durch eine nach Fristablauf erfolgte Vollmachtserteilung nicht saniert werden.

Im gegenständlichen Fall ist daher zu beurteilen, ob eine Vertretungsbefugnis bereits im Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung bestanden hat bzw. zumindest innerhalb der vierwöchigen Beschwerdefrist geschaffen wurde, oder ob eine entsprechende Vollmacht erst nachträglich verliehen wurde.

Wie im Rahmen der Beweiswürdigung ausführlich dargestellt, steht aus Sicht des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich fest, dass Herr Mag. E. im Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung keine entsprechende Vertretungsbefugnis für das verwaltungsgerichtliche Verfahren hatte. Eine Vollmacht wurde erst mit 20. August 2021 und damit außerhalb der vierwöchigen Beschwerdefrist begründet.

Die Vollmachtsurkunde vom 20. August 2021 stellt demnach nicht bloß den schriftlichen Nachweis einer schon vorher tatsächlich bestehenden Vollmacht im Innenverhältnis dar, sondern wurde vielmehr eine Vollmacht erst mit 20. August 2021 durch diese Urkunde begründet, weshalb – vor dem Hintergrund der dargestellten Judikatur – die fristgebundene Verfahrenshandlung der Beschwerdeerhebung durch eine nach Fristablauf erfolgte Vollmachtserteilung nicht saniert werden kann (VwGH 8. September 2009, 2009/21/0072).

Mangels Vorliegen einer Vertretungsbefugnis erweist sich die vorliegende Beschwerde daher als unzulässig und ist daher zurückzuweisen.

IV.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Entscheidung basiert zum einen auf der in der Entscheidung zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes und weicht von dieser nicht ab. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Es liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Zurückweisung einer Beschwerde; Vertretung; Vollmacht; Nachreichung einer Vollmachtsurkunde

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGOB:2021:LVwG.950174.4.Fi.FK

Zuletzt aktualisiert am

11.05.2022
Quelle: Landesverwaltungsgericht Oberösterreich LVwg Oberösterreich, http://www.lvwg-ooe.gv.at
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