TE Vwgh Erkenntnis 1996/6/5 95/20/0395

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Veröffentlicht am 05.06.1996
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §1 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn sowie die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hemetsberger, über die Beschwerde des M in A, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 23. Mai 1995, Zl. 4.346.423/1-III/13/95, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, reiste am 7. März 1995 in das Bundesgebiet ein und stellte am 13. März 1995 den Antrag, ihm Asyl zu gewähren. Bei seiner Einvernahme am 25. April 1995 vor dem Bundesasylamt gab er an, er gehöre keiner Minderheitengruppe an, sei jedoch Mitglied der SHP, Sozialistische Volkspartei, für die er am 27. März 1994 die Funktion eines Wahlhelfers ausgeübt habe. Die Türkei habe er verlassen, weil er wisse, daß er im Falle einer Einberufung zum Militärdienst in den Osten der Türkei geschickt werden würde, wo Krieg herrsche; er wolle jedoch nicht sterben. Er habe noch keinen Einberufungsbefehl erhalten, doch habe man ihm bei der Musterung gesagt, daß er in Izmir einrücken und nach der Grundausbildung in Izmir in den Osten geschickt werden würde. Als Wehrdienstverweigerer hätte er etwa zwei Jahre Gefängnisstrafe zu erwarten, wobei er annehme, daß er auf Grund seiner Parteizugehörigkeit strenger bestraft werden würde. Auf Vorhalt, daß es sich bei der SHP um eine legale Partei handle, gab der Beschwerdeführer an, was er gemacht habe, sei nicht legal gewesen; sie (offenbar der Beschwerdeführer und weitere Mitglieder der SHP) hätten bei der Wahlwerbung übertrieben, mit den anderen Parteien habe es "fast einen Konflikt" gegeben, da sie mit allen Mitteln versucht hätten, Stimmen zu gewinnen. Vor kurzem habe er erfahren, daß er wegen des Militärdienstes von Militärs, die in sein Dorf gekommen seien und nach ihm gefragt hätten, gesucht werde; zwar sei er noch nicht einberufen worden, doch hätte er nur mehr einen Monat bis zur Einberufung gehabt. Außerdem sei er als Tischlerlehrling seit 1989 arbeitslos und habe kein Geld. Zu seinen Fluchtweg gab der Beschwerdeführer an, er sei am 2. März 1995 von der Türkei über Bulgarien, Rumänien und Ungarn nach Österreich gereist, wo er schließlich am 7. März 1995 angekommen sei.

Mit Bescheid vom 27. April 1995 wies das Bundesasylamt den Antrag des Beschwerdeführers ab, wobei es sowohl dessen Flüchtlingseigenschaft verneinte als auch von seiner Verfolgungssicherheit in Bulgarien, Rumänien und Ungarn ausging. Zur Begründung führte das Bundesasylamt im wesentlichen aus, daß der Beschwerdeführer keine Verfolgung von seiten staatlicher Stellen zu gewärtigen habe, da er zum einen bisher noch gar nicht zum Militärdienst einberufen worden sei - wobei das Bundesasylamt die teilweise widersprüchlichen Angaben des Beschwerdeführers, er sei noch nicht zum Militärdienst einberufen worden, doch hätte er nur mehr einen Monat bis zur Einberufung gehabt und werde bereits wegen dieses Militärdienstes gesucht, als unglaubwürdig wertete - zum anderen auch eine tatsächlich vollzogene Einberufung zum Militärdienst keine asylbegründende Verfolgungshandlung und somit kein Grund für die Anerkennung als Flüchtling wäre. Auch die Annahme des Beschwerdeführers, auf Grund seiner Parteizugehörigkeit könnte er strenger bestraft werden, erachtete das Bundesasylamt als nicht glaubwürdig, wobei es darauf hinwies, daß die SHP Mitglied der Regierungskoalition in der Türkei sei.

Auf Grund der Berufung des Beschwerdeführers erging der nunmehr angefochtene Bescheid, mit dem die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG abwies und in ihrer Begründung die Sachverhaltsfeststellungen sowie die rechtliche Beurteilung des erstinstanzlichen Bescheides betreffend die Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers übernahm, auf die Verfolgungssicherheit in Drittstaaten jedoch nicht mehr einging.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird und über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Unter dem Gesichtspunkt der inhaltlichen Rechtswidrigkeit rügt der Beschwerdeführer erkennbar, die belangte Behörde habe seine Angehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe (offenbar: der SHP) und die darauf gegründete strengere Bestrafung für eine allfällige Desertion mißachtet. Der Beschwerdeführer übersieht hiebei jedoch, daß er nicht nur in seiner Ersteinvernahme selbst angegeben hat, keiner Minderheitengruppe anzugehören, sondern daß auch die belangte Behörde in Übernahme der Feststellungen und der rechtlichen Beurteilung der Behörde erster Instanz - in im übrigen schlüssiger und nachvollziehbarer Weise - festgehalten hat, daß Angehörige der politischen Gruppe "SHP", deren Mitglied der Beschwerdeführer ist, in der Türkei keine politische Verfolgung zu gewärtigen haben, zumal diese Partei Mitglied der Regierung sei. Auf dem Boden dieser sowie der weiteren, im übrigen unbekämpft gebliebenen Feststellung, daß eine Einberufung zum Militärdienst noch gar nicht stattgefunden hat, kann die rechtliche Beurteilung der belangten Behörde nicht als rechtswidrig erkannt werden, wonach die Einberufung zur Militärdienstleistung, die keinen Zusammenhang mit asylrelevanten Aspekten im Sinne der Genfer Konvention erkennen läßt, auch keine asylrechtlich relevante Verfolgungshandlung darstellt. Damit befindet sich die belangte Behörde im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 1 Z. 1 AsylG 1991 (vgl. hg. Erkenntnis vom 24. Juni 1994, Zl. 93/01/0377 und die dort wiedergegebene Judikatur).

Insoweit der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, nämlich der §§ 13a, 58 und 60 AVG sowie § 16 AsylG, geltend macht, ist er darauf hinzuweisen, daß nach ständiger hg. Rechtsprechung (vgl. hg. Erkenntnis vom 25. November 1980, Zl. 1531/80, u.v.a.) Verfahrensmängel gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG nur dann zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führen können, wenn sie wesentlich sind, wobei die Wesentlichkeit des behaupteten Verfahrensmangels in der Beschwerde darzutun ist (was der Beschwerdeführer im vorliegenden Falle jedoch unterlassen hat), und der Verwaltungsgerichtshof nicht findet, daß dem von der Beschwerde behaupteten Mangel Wesentlichkeit in dem Sinn zukommt, daß er den Beschwerdeführer an einer zweckmäßigen Verfolgung seiner Rechte hindert. Der Beschwerdeführer beschränkt sich vielmehr auf die Rüge, daran gehindert worden zu sein, "die entsprechenden Ereignisse" und den Umstand, aus dem seine persönliche Verfolgung abzuleiten gewesen wäre, zu begründen, ohne jene Umstände, die die Behörde zu einer anderen Entscheidung hätte veranlassen können, konkret darzulegen.

Aus diesem Grund war der Anregung des Beschwerdeführers auf Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens betreffend § 20 Abs. 2 AsylG 1991 schon mangels Präjudizialität der genannten Gesetzesstelle nicht zu folgen.

Da sich somit der Inhalt der Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Von der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995200395.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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