TE Lvwg Erkenntnis 2018/10/31 LVwG-455-2/2017-R11

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 31.10.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

31.10.2018

Norm

KommStG 1993 §8 Z2

Text

Im Namen der Republik!

Erkenntnis

Das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg hat durch sein Mitglied Mag. Pathy über die Beschwerde der V K-B, F, vertreten durch die RTG Dr. Rümmele Treuhand GmbH, Dornbirn, gegen 1) den Bescheid der Abgabenkommission der Stadt F vom 06.07.2017 betreffend Kommunalsteuer 2008-2010 und 2) den Bescheid der Abgabenkommission der Stadt F vom 06.07.2017 betreffend Kommunalsteuer 2011-06/2016, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

Gemäß § 279 Abs 1 Bundesabgabenordnung (BAO) wird der Beschwerde Folge gegeben; die angefochtenen Bescheide werden so abgeändert, dass ihr Spruch jeweils lautet: „Gemäß § 263 iVm § 288 BAO wird der Berufung der V K-B gegen den Bescheid des Bürgermeisters Folge gegeben und die Kommunalsteuer gemäß § 8 Z. 2 Kommunalsteuergesetz mit null Euro festgesetzt.“

 

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig.

Begründung

Angefochtene Bescheide

1.   Der Bürgermeister hat der Beschwerdeführerin für die Kinderbetreuungseinrichtung beim Landeskrankenhaus F. Kommunalsteuer vorgeschrieben:

Im Bescheid vom 01.12.2016 wurde für die Jahre 2011 bis Juni 2016 eine Kommunalsteuer von 58.697,68 Euro vorgeschrieben.

Im Bescheid vom 16.12.2016 wurde für die Jahre 2008 bis 2010 eine Kommunalsteuer von 21.596,97 € vorgeschrieben.

2.   Die Beschwerdeführerin hat gegen beide Bescheide Berufung erhoben. Die Berufungen wurden im Wesentlichen damit begründet, dass die Voraussetzungen für die Befreiung von der Kommunalsteuer gemäß § 8 Z 2 Kommunalsteuergesetz (KommStG) vorlägen.

3.   Die Abgabenkommission hat die Berufungen als unbegründet abgewiesen:

Mit Bescheid vom 06.07.2017 wurde die Berufung gegen den Bescheid des Bürgermeisters vom 16.12.2016 betreffend Kommunalsteuer 2008 bis 2010 als unbegründet abgewiesen.

In einem anderen Bescheid vom 06.07.2017 wurde die Berufung gegen den Bescheid des Bürgermeisters vom 01.12.2016 betreffend Kommunalsteuer 2011 bis Juni 2016 als unbegründet abgewiesen.

Beschwerde

4.   Gegen diese Bescheide der Abgabenkommission hat die Beschwerdeführerin rechtzeitig Beschwerde erhoben und beantragt, der Beschwerde stattzugeben bzw. die Kommunalsteuer 2008 bis 06/2016 mit null Euro festzusetzen. Die Beschwerde lautet auszugsweise:

„[…]

II. Sachverhalt

Die V K- B(im Folgenden: „KHBG“) bezweckt die Gesundheitspflege und Krankenfürsorge in Vorarlberg und ist für die Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Krankenhausbetriebs zuständig ([…]). […]

Naturgemäß handelt es sich bei einem Krankenhausbetrieb um einen personalintensiven Dienstleistungsbetrieb, wobei im LKH F insgesamt rd 1.900 Mitarbeiter beschäftigt sind, wovon rd 70 % weiblich sind. Da die KHBG zur Aufrechterhaltung des Krankenhausbetriebs auf die Beschäftigten unbedingt angewiesen ist, wird zur Sicherstellung und Gewährleistung einer durchgängigen Krankenversorgung in F – wie auch in anderen Bundesländern Österreichs ([…]) – eine Kinderbetreuung geboten. […] Mit der Kinderbetreuung, welche vor einigen Jahren vor dem Hintergrund des Fachärztemangels weiter ausgebaut wurde, soll somit ausreichend geeignetes Personal erhalten und gebunden bzw nach der Karenz eine möglichst rasche Rückkehr begünstigt werden ([…]). Die Kinderbetreuung bekommt immer einen wichtigeren Stellenwert für die KHBG und wird auf Grund der in einem Krankenhausbetrieb erforderlichen flexiblen Arbeitszeiten auch explizit als Vorteil im Zuge der Personalausschreibung angeführt und beworben ([…]). Die Kinderbetreuungs-Öffnungszeiten orientieren sich daher an den Betriebsöffnungszeiten des Krankenhauses F[…], weshalb erweiterte tägliche Öffnungszeiten (6:30 bis 17:30 Uhr) bestehen und die Kinderbetreuung jährlich für 12 Monate und somit das gesamte Jahr zur Verfügung steht. Es ist nach Einschätzung der KHBG auch davon auszugehen, dass ein Wegfall dieser flexiblen Kinderbetreuung zu einem nicht unwesentlichen Mitarbeiterverlust bzw einer Mitarbeiterunzufriedenheit führen würde und der Krankenhausbetrieb in F[…] in dieser Form nicht mehr aufrechterhalten und damit den gesetzlich auferlegten Verpflichtungen iZm dem Krankenhausbetrieb nicht mehr wie bisher nachgekommen werden könnte.

Auf Grund dieser engen Anbindung der Kinderbetreuung und des Erfordernisses zur Aufrechterhaltung des Krankenhausbetriebs führt die KHBG die Einrichtung, wobei ihr die Kinderbetreuungseinrichtung sowohl organisatorisch als auch inhaltlich als Abteilung zuzurechnen ist.

[…]

IV. Beschwerdegründe

IV.1. Gemeinnützigkeit und Mildtätigkeit

[…]

IV.2. Gemeinnützigkeit

Eine Tätigkeit ist gemeinnützig, wenn sie bspw der Gesundheitspflege oder der Krankenfürsorge dient, da sie dem Gemeinwohl nützt (vgl § 35 Abs 2 BAO). Die KHBG wird mit ihren Krankenhausbetrieben zweifellos gemeinnützig iSd Vorschrift tätig.

Bei der gegenständlichen Kinderbetreuung ist strittig, ob es sich um einen Teil des Krankenhausbetriebs handelt und damit vom Krankenhausbetrieb umfasst ist. Insbesondere wird seitens der Abgabenkommission der Stadt F[…] bezweifelt, dass die Kinderbetreuungseinrichtung unmittelbar der Krankenfürsorge bzw Gesundenpflege dient, was dem konkreten Zweck der Kinderbetreuung jedoch nicht Rechnung trägt.

[…]

Zudem wird übersehen, dass der VwGH in einem jüngeren Erkenntnis am 10.3.2016 ([…]) festgehalten hat, dass eine gemeinnützige Tätigkeit (konkret: Aufrechterhaltung von Ordnung und Sauberkeit sowie Hintanhaltung von Missständen und Gefährdungen) auch dann vorliegt, wenn die bloße Präsenz im Stadtgebiet und aufklärende Arbeit und einer Verringerung von Fehlverhalten führt und eine Sensibilisierung dahingehend bewirkt, dass sich die Wertvorstellungen des Betroffenen in Richtung eines gesetzeskonformen Zusammenlebens ändert. Für eine unmittelbare Tätigkeit ist ausschlaggebend, dass die aktive Tätigkeit durch Mitarbeiter dem Gemeinwohl aller Bürgerinnen und Bürger nützt (vgl VwGH 10.3.2016, 2013/15/0216).

Jede Tätigkeit zur Erreichung des Zwecks (Krankenhausbetrieb) durch Mitarbeiter der KHBG stellt somit nach der jüngsten Rechtsprechung unmittelbar eine solche gemeinnützige Tätigkeit dar. Der Umfang des Krankenhausbetriebs steckt dabei uE auch die gemeinnützige Tätigkeit iZm der Krankenfürsorge bzw Gesundenpflege ab, wobei sich der Umfang insbesondere aus den gesetzlichen Regelungen nach dem Spitalgesetz ableiten lässt. Nach § 28 Abs 3 Spitalgesetz hat die personelle Besetzung sämtlicher Einrichtungen der Krankenanstalt der Funktion der Anstalt und dem Bedarf zu entsprechen. An diesen gesetzlichen Vorgaben haben sich die verantwortlichen Organe zwingend zu orientieren, weil sie ansonsten gesetzwidrig handeln würden. Die Kinderbetreuung ist unzweifelhaft eine Einrichtung des Krankenhausbetriebs, deren Zweck sich vorrangig nicht nach der singulären Begünstigung von einzelnen Beschäftigten, sondern funktionell und bedarfsgerecht nach dem Gesamtkonzept der Krankenfürsorge bzw Gesundenpflege zur Sicherstellung der personellen Besetzung sämtlicher Einrichtungen richtet. Sowohl der konkrete Grund für die ursprüngliche Einrichtung der Kinderbetreuungseinrichtung als auch deren Erweiterung vor einigen Jahren geht auf die Beseitigung des Fachärztemangels zurück ([…]).

Dementsprechend bietet die Kinderbetreuungseinrichtung – im Gegensatz zu den Einrichtungen der Stadt F[…] – erweiterte Öffnungszeiten an. Es ist für einen Krankenhausbetrieb nämlich unerlässlich, entsprechende flexible Betreuungszeiten sicherzustellen.

[…]

Insgesamt handelt es sich somit bei der gegenständlichen Kinderbetreuung unter Berücksichtigung des konkreten Grundes für die Einrichtung um einen Teil des Krankenhausbetriebs. Das die KHBG – wie auch andere österreichische Krankenhäuser – alles ihr Mögliche und Zumutbare versucht, um ausreichend Personal zu erhalten und den Krankenhausbetrieb führen zu können, entspricht ihrem gesetzlichen Auftrag. Diese Tätigkeit ist im Übrigen vom Gesellschaftsvertrag der KHBG („Führung von öffentlichen Krankenanstalten in Vorarlberg einschließlich der diesen angeschlossenen Betrieben“) gedeckt.

Im Ergebnis besteht somit in der gegenständlichen Kinderbetreuung als Teil des Krankenhausbetriebs eine gemeinnützige und unmittelbare Tätigkeit, welche nach § 8 Z 2 KommStG zwingend von der Kommunalsteuer befreit ist.

IV.3. Mildtätigkeit

Unabhängig davon, ob die gegenständliche Kinderbetreuung als Teil des Krankenhausbetriebs qualifiziert wird, besteht jedenfalls die Befreiung von der Kommunalsteuer auf Grund Mildtätigkeit.

[…]

Die wohl seitens der Abgabenkommission der Stadt F[…] angenommene Auffassung, dass für die Hilfsbedürftigkeit ausschließlich gesundheitlich hilfsbedürftige Personen in Betracht kommen, widerspricht auch der hA in der Literatur und der stRsp, wonach die Gründe für die Hilfsbedürftigkeit irrelevant sind. Maßgeblich ist lediglich, dass die Personen auf Unterstützung angewiesen sind. Unerheblich ist auch, ob die Unterstützung nur vorübergehend oder auf Dauer erforderlich ist. Entscheidend ist nur, dass die Voraussetzungen in dem Zeitpunkt erfüllt sind, in dem die Hilfe gewährt wird.

Bei Kindern liegt die persönliche Hilfsbedürftigkeit in deren körperlichen, geistigen bzw seelischen Verfassung, da sie auf Grund ihres Alters zweifellos noch auf fremde Hilfe angewiesen sind und der Beaufsichtigung bzw Betreuung durch pädagogisch ausgebildete Personen bedürfen. Sie sind nämlich unfähig, lebenswichtige Verrichtungen selbst vorzunehmen. Das begünstigte Förderziel besteht in der Linderung bzw Beseitigung der persönlichen Notlage, dass (Klein)Kinder unzweifelhaft nicht allein gelassen werden und ohne die Hilfe anderer nicht auskommen können.

Auf Grund dieser altersbedingten Hilflosigkeit von Personen wird auch seitens der Finanzverwaltung die Unterbringung von alten Personen in Heimen zweifellos als mildtätig iSd § 37 BAO qualifiziert, da eine Hilfsbedürftigkeit auf Grund des Alters besteht (vgl Rz 93 VereinsRL). Da die Unterstützungsnotwendigkeit zweifellos nicht nur auf Personen in hohem Alter, sondern vielmehr auch auf Menschen in sehr jungen Jahren zutrifft, liegt uE in der Kinderbetreuung eine mildtätige Unterbringung iSd § 34 ff BAO vor.

Eine Förderung der Allgemeinheit ist dabei – im Gegensatz zu den gemeinnützigen Zwecken – nicht erforderlich (vgl Ritz, BAO, 3. Auflage, § 37 Rz 1; Rz 28 VereinsRL), sodass eine Einschränkung auf einen begrenzten Personenkreis unschädlich ist. Es ist aber notwendig, dass die betroffenen Personen die besonderen Voraussetzungen der „Hilfsbedürftigkeit“ erfüllen.

Im Ergebnis liegt uE in der gegenständlichen Kinderbetreuung jedenfalls eine mildtätige Tätigkeit iSd § 37 BAO vor, da diese Personen auf Grund ihres Alters auf eine Betreuung angewiesen sind. Die gegenständliche Einschränkung auf KHBG-Mitarbeiter und somit auf einen begrenzten Personenkreis schadet für die Kommunalsteuerbefreiung nicht.

Unmaßgeblich ist auch, dass im Gesellschaftsvertrag keine explizite Erwähnung des Begriffs „mildtätig“ enthalten ist. Es kommt vielmehr darauf an, dass die KHBG nach der Rechtsgrundlage auch diesen mildtätigen Zwecken dient. Da nach dem Gesellschaftsvertrag Gegenstand des Unternehmens „die Führung von öffentlichen Krankenanstalten in Vorarlberg einschließlich der diesen angeschlossenen Betrieben“ ist und es sich bei der gegenständlichen Kinderbetreuung um eine für die Führung von Krankenanstalten notwendige Einrichtung handelt, andernfalls das erforderliche Krankenhauspersonal nicht aufgebracht werden kann, ist die Tätigkeit auch in der Rechtsgrundlage gedeckt. Zudem ist nicht begünstigungsschädlich, dass die KHBG sowohl gemeinnützige als auch mildtätige Zwecke fördert.

[…]“.

Sachverhalt

5.   Die Beschwerdeführerin ist Rechtsträgerin der öffentlichen Landeskrankenanstalten, ua des Landeskrankenhauses in F. Sie betreibt die Krankenanstalten nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen im eigenen Namen und auf eigene Rechnung. Die Krankenanstalten sind gemeinnützige Krankenanstalten.

6.   Der Gesellschaftsvertrag der Beschwerdeführerin lautet auszugsweise wie folgt:

„II.

Gegenstand des Unternehmens:

Gegenstand des Unternehmens ist die Führung von öffentlichen Krankenanstalten in Vorarlberg einschließlich der diesen angeschlossenen Betrieben, insbesondere der öffentlichen Krankenanstalten in F[…], R[…] und B[…], mit dem Ziel, unter Bedachtnahme auf eine zeitgemäße medizinische Versorgung der Vorarlberger Bevölkerung einen wirtschaftlichen Betrieb dieser Krankenanstalten sicherzustellen. Die Führung von öffentlichen Krankenanstalten kann den Betrieb, aber auch die Erhaltung sowie die allfällige Erweiterung dieser Krankenanstalten einschließlich der diesen angeschlossenen Betrieben und der dort errichteten Schulen für Gesundheits- und Krankenpflege umfassen.

III.

Gemeinnützigkeit:

Die Gesellschaft dient nicht Erwerbszwecken, sondern verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke.

[…]

Die Gesellschaft ist nicht auf Gewinnerzielung ausgerichtet. Ein sich allenfalls ergebender Zufallsgewinn ist ausschließlich zur Erfüllung und Verfolgung des gemeinnützigen Gesellschaftszweckes zu verwenden. Verbleibende Zufallsgewinne dürfen nicht an die Gesellschafter ausgeschüttet werden, sondern sind einer Rücklage zuzuführen, die nur zur Erfüllung der gemeinnützigen Tätigkeit der Gesellschaft verwendet werden darf.

[…]

Die tatsächliche Geschäftsführung der Gesellschaft muss der Erfüllung des gemeinnützigen Zweckes ausschließlich und unmittelbar dienen und den Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages in tatsächlicher Hinsicht entsprechen.

Gewerbebetriebe dürfen nur geführt und sonstige über die Vermögensverwaltung hinausgehende, nicht unmittelbar gemeinnützige Tätigkeiten nur entfaltet werden, wenn durch das Vorliegen einer die jeweilige Tätigkeit deckenden Ausnahmegenehmigung gemäß § 44 Abs 2 BAO oder zufolge der Bestimmung des § 45a BAO der Status der Gemeinnützigkeit der Gesellschaft nicht beeinträchtigt wird.

[…]“.

7.   Die Beschwerdeführerin betreibt am Standort des Landeskrankenhauses F. eine Kinderbetreuungseinrichtung. Sie ist organisatorisch dem Landeskrankenhaus F. angegliedert und dort der Verwaltung, in erster Linie der Personalabteilung, zugeordnet.

Die Kinderbetreuungseinrichtung steht nur Kindern von Bediensteten der Krankenanstalten zur Verfügung. Für die Inanspruchnahme dieser Einrichtung muss ein Entgelt bezahlt werden. In der Einrichtung sind ca 5-6 Pädagoginnen beschäftigt.

8.   Die Kinderbetreuungseinrichtung wird für den Betrieb des Krankenhauses benötigt. Ohne sie wäre der Betrieb gefährdet, weil nicht ausreichend Mitarbeiter rekrutiert werden könnten.

Erwägungen zur Feststellung des Sachverhalts

9.   Es wurde eine mündliche Verhandlung durchgeführt, an der sowohl Vertreter der Beschwerdeführerin als auch ein Vertreter der belangten Behörde teilgenommen haben. Zudem wurde der behördliche Abgabenakt eingesehen.

Der Sachverhalt wird auf Grund des Akteninhaltes und der Angaben in der mündlichen Verhandlung als erwiesen angenommen. Er ist im Wesentlichen unstrittig.

10. Die Feststellungen zur Kinderbetreuungseinrichtung ergeben sich insbesondere aus den Angaben des Vertreters der Beschwerdeführerin Mag. K.

Er hat dargelegt, dass die Beschwerdeführerin ohne Kinderbetreuungseinrichtung ein „massives Problem“ hätte und daher ein „entsprechendes Rahmenprogramm“ brauche. Das ist glaubhaft, insbesondere wenn – nach seinen weiteren Angaben, denen die belangte Behörde nicht widersprochen hat – ca. 70 % der Mitarbeiter weiblich sind und in den Kindergärten der Stadt F. nur Kinder aus F. aufgenommen werden.

Die belangte Behörde hat diesen Angaben nicht widersprochen. Das Landesverwaltungsgericht gelangt daher zur Überzeugung, dass die Kinderbetreuungseinrichtung für den Betrieb der Krankenanstalt benötigt wird.

Maßgebliche Rechtsvorschriften

11. Das Kommunalsteuergesetz 1993 (KommStG 1993) lautet auszugsweise:

„Steuergegenstand

[BGBl. Nr. 819/1993]

§ 1. Der Kommunalsteuer unterliegen die Arbeitslöhne, die jeweils in einem Kalendermonat an die Dienstnehmer einer im Inland (Bundesgebiet) gelegenen Betriebsstätte des Unternehmens gewährt worden sind.

[…]

Steuerbefreiungen

[BGBl. Nr. 819/1993 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 180/2004]

§ 8. Von der Kommunalsteuer sind befreit:

     1. Das Unternehmen ÖBB-Gesellschaften (§ 3 Abs. 4) und die Österreichischen Bundesbahnen mit 66% der Bemessungsgrundlage;

     2. Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen, soweit sie mildtätigen Zwecken und/oder gemeinnützigen Zwecken auf dem Gebiet der Gesundheitspflege, Kinder-, Jugend-, Familien-, Kranken-, Behinderten-, Blinden- und Altenfürsorge dienen (§§ 34 bis 37, §§ 39 bis 47 der Bundesabgabenordnung). § 5 Abs. 3 letzter Satz ist sinngemäß anzuwenden.“

Rechtliche Beurteilung

12. Die Beschwerdeführerin ist Rechtsträgerin der öffentlichen Landeskrankenanstalten und betreibt ua die Landeskrankenanstalt in F.

Sie ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung und damit eine Körperschaft im Sinne des § 7 Abs 3 Körperschaftsteuergesetz.

Sie gilt somit als Unternehmer und die Arbeitslöhne, die an Dienstnehmer einer inländischen Betriebsstätte gewährt werden, unterliegen der Kommunalsteuer (vgl. §§ 1 und 3 KommStG).

13. Die Beschwerdeführerin betreibt für die Bediensteten des Landeskrankenhauses eine Kinderbetreuungseinrichtung.

In diesem Verfahren ist strittig, ob diese Kinderbetreuungseinrichtung einem mildtätigen oder gemeinnützigen Zweck im Sinne des § 8 Z 2 KommStG dient und von der Kommunalsteuer befreit ist.

14. Zunächst ist anzumerken, dass der im § 8 Z 2 KommStG angeführte gemeinnützige Zweck der Kinderfürsorge nicht in Frage kommt, obwohl der Betrieb von Kindergärten zur Kinderfürsorge gezählt werden kann:

Gemeinnützig sind solche Zwecke, durch deren Erfüllung die Allgemeinheit gefördert wird. Eine Förderung der Allgemeinheit liegt nur vor, wenn die Tätigkeit dem Gemeinwohl nützt (vgl. § 35 BAO).

Die Kinderbetreuungseinrichtung steht lediglich den Krankenhausbediensteten zur Verfügung. Durch ihren Betrieb wird nicht die Allgemeinheit gefördert.

15. Es stellt sich aber die Frage, ob der Betrieb einer Kinderbetreuungseinrichtung für Krankenhausbedienstete dem gemeinnützigen Zweck der Gesundheitspflege oder Krankenfürsorge dient:

Die Abgabenbehörde ist der Meinung, dass die Kinderbetreuung

? keine Tätigkeit ist, die unmittelbar dem Zweck der der Gesundheitspflege oder Krankenfürsorge dient: Durch diese Tätigkeit könne lediglich eine mittelbare Wirkung erzielt werden, indem den Mitarbeitern durch die Betreuung ihrer Kinder vor Ort flexiblere Arbeitszeiten ermöglicht werden und eine zusätzliche Attraktivität des Dienstgebers für Mitarbeiter geschaffen werde; und

? eine Tätigkeit ist, die über den satzungsgemäßen Zweck der Beschwerdeführerin hinausgeht.

Nach Meinung der Beschwerdeführerin gehört die Kinderbetreuungseinrichtung zum Betrieb des Krankenhauses. Ohne Kinderbetreuungseinrichtung könne der Krankenhausbetrieb nicht aufrechterhalten werden. Alles, was benötigt werde, um eine Krankenanstalt zu führen, sei Gegenstand des Unternehmens und damit auch von der Satzung erfasst.

16. Das Landesverwaltungsgericht gelangt zur Auffassung, dass der Betrieb der Kinderbetreuungseinrichtung unmittelbar der Krankenfürsorge und damit einem gemeinnützigen Zweck iSd § 8 Z 2 Kommunalsteuergesetz dient.

Durch die Kinderbetreuungseinrichtung wird jenen Bediensteten, die auf eine Kinderbetreuung in unmittelbarer Nähe des Krankenhauses angewiesen sind, die Arbeit im Krankenhaus überhaupt erst ermöglicht. Den anderen Bediensteten – also jenen, die notfalls die Kinderbetreuung anders organisieren könnten – bringt sie zumindest eine wesentliche Erleichterung. In jedem Fall steigert die Kinderbetreuungseinrichtung die Arbeitszufriedenheit jener Mitarbeiter, die Sorgepflichten für Kinder haben.

Es ist zwar richtig, dass die Kindergartenpädagoginnen nicht selbst Dienstleistungen der Krankenfürsorge erbringen. Dies gilt aber auch für die Bediensteten z.B. in einer Krankenhausküche. Dennoch unterliegt die Tätigkeit der Küchenbediensteten, soweit sie Speisen für den internen Krankenhausbetrieb herstellen, nicht der Kommunalsteuerpflicht (vgl. VwGH vom 19.10.2006, 2005/14/0132: In diesem Fall wurden in der Krankenhausküche Speisen für den internen Krankenhausbetrieb als auch für externe Einrichtungen hergestellt; in die Bemessungsgrundlage wurde nur ein Anteil der Personalkosten einbezogen, entsprechend dem Anteil der externen Verköstigung; der VwGH hat dies nicht beanstandet).

Der Betrieb der Kinderbetreuungseinrichtung für die Krankenhausbediensteten dient daher (unmittelbar) dem gemeinnützigen Zweck der Krankenfürsorge.

17. Der Gegenstand des Unternehmens der Beschwerdeführerin ist die Führung von öffentlichen Krankenanstalten einschließlich der diesen angeschlossenen Betrieben, mit dem Ziel, unter Bedachtnahme auf eine zeitgemäße medizinische Versorgung der Vorarlberger Bevölkerung einen wirtschaftlichen Betrieb dieser Krankenanstalten sicherzustellen (Pkt II des Gesellschaftsvertrages).

Die Kinderbetreuungseinrichtung dient diesem Ziel. Sie soll sicherstellen, dass ausreichend Personal für die Krankenanstalt angeworben werden kann. Der Betrieb dieser Einrichtung ist daher auch von der Satzung gedeckt.

18. Das Landesverwaltungsgericht gelangt somit zur Auffassung, dass die Kinderbetreuungseinrichtung von der Kommunalsteuer befreit ist. Den Beschwerden war daher Folge zu geben. Die Abgabenkommission hätte den Berufungen gegen die Bescheide des Bürgermeisters Folge geben und die Kommunalsteuer jeweils mit null Euro festsetzen müssen.

19. Auf die Frage, ob der Betrieb der Kinderbetreuungseinrichtung auch eine mildtätige Tätigkeit ist, musste nicht eingegangen werden.

Zulässigkeit der Revision

20.             Die Revision ist zulässig, da im gegenständlichen Verfahren eine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt. Soweit ersichtlich fehlt eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob Kinderbetreuungseinrichtungen, die vom Rechtsträger einer Krankenanstalt ausschließlich für Krankenhausbedienstete betrieben werden, unmittelbar einem mildtätigen oder gemeinnützigen Zweck im Sinne des § 8 Z. 2 Kommunalsteuergesetz dienen und daher von der Kommunalsteuer befreit sind.

Schlagworte

Abgabenrecht, Kommunalsteuer, gemeinnützige Zwecke, Betriebskindergarten Krankenhaus

Anmerkung

Revision wurde vom Verwaltungsgerichtshof (21.03.2022, Ro 2019/15/0005) als unbegründet abgewiesen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGVO:2018:LVwG.455.2.2017.R11

Zuletzt aktualisiert am

19.04.2022
Quelle: Landesverwaltungsgericht Vorarlberg LVwg Vorarlberg, http://www.lvwg-vorarlberg.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten