TE Vwgh Erkenntnis 1996/6/19 96/01/0256

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Veröffentlicht am 19.06.1996
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §16 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Kremla, Dr. Händschke, Dr. Dolp und Dr. Rigler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde des M in W, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 19. Oktober 1995, Zl. 4.347.346/1-III/13/95, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Auf Grund der Beschwerde und der dieser beigelegten Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:

Der Beschwerdeführer ist bosnischer Staatsangehöriger und reiste am 26. Juli 1995 in das Bundesgebiet ein. Er stellte am 2. August 1995 den Asylantrag und wurde noch am selben und dem darauffolgenden Tage vom Bundesasylamt niederschriftlich zu seinen Fluchtgründen befragt.

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 8. September 1995 wurde der Asylantrag des Beschwerdeführers abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Berufung und begründete diese mit der Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens: Die dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegende Einvernahme habe nicht der gemäß § 16 Abs. 1 AsylG 1991 geforderten besonderen Manuduktionspflicht im Asylverfahren entsprochen. Auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, daß es nicht Aufgabe der Behörde sein könne, den Asylwerber derart anzuleiten, daß seine Aussage zum Erfolg führe, müsse die Behörde bei der Einvernahme den in § 16 Abs. 1 AsylG 1991 festgelegten Grundsätzen folgen, insbesondere durch Fragestellung oder in anderer geeigneter Weise darauf hinwirken, daß die für die Entscheidung erheblichen Angaben gemacht bzw. ungenügende Angaben vervollständigt werden. Der Beschwerdeführer stellte den Antrag, den Bescheid aufzuheben und ergänzende Ermittlungen durchzuführen sowie festzustellen, daß er Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention sei.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde diese Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG im wesentlichen mit der Begründung ab, das durchgeführte Ermittlungsverfahren, insbesondere die niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers habe nicht ergeben, daß er Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes sei. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stelle im Asylverfahren das Vorbringend des Asylwerbers die zentrale Entscheidungsgrundlage dar, wobei es dem Asylwerber obliege, alles Zweckdienliche für die Erlangung der von ihm angestrebten Rechtsstellung vorzubringen. Eine der im § 20 Abs. 2 AsylG 1991 genannten Voraussetzungen für eine Ergänzung oder Wiederholung des Ermittlungsverfahrens liege nicht vor, weshalb von dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens erster Instanz im Sinne des § 20 Abs. 1 AsylG 1991 auszugehen gewesen sei. Eine Mangelhaftigkeit in der Erfassung seiner Angaben beim "Erstinterview" habe nicht festgestellt werden können. Überdies könne es nicht Zweck der erstinstanzlichen Einvernahme sein, ihn durch gezielte Fragestellung zu Antworten zu bewegen, welche zur Asylerlangung führen müssen, zumal der Beschwerdeführer seine Fluchtgründe frei habe vorbringen können und durch seine Unterschrift bestätigt habe, daß er seinen Angaben nichts mehr hinzufügen könne. Die Bestimmung des § 16 AsylG 1991 könne nicht dahingehend interpretiert werden, den Asylwerber durch Fragestellung oder auf andere geeignete Weise derart zu lenken, daß die Erfassung und Würdigung dieser Angaben zur Asylerlangung führen müsse. Daß die Würdigung des erstinstanzlichen Vorbringens nicht zur Asylerlangung geführt habe, liege nicht an einer mangelnden Sorgfalt bei der Erfassung dieser Angaben, sondern an dem Umstand, daß diese Angaben nicht die Flüchtlingseigenschaft indiziert hätten. Diese Feststellung treffe auch die erkennende Behörde, zumal von der erstinstanzlichen Behörde in geeigneter Weise, nämlich durch die Frage, ob er seinem Vorbringen noch etwas hinzufügen könne, auf die Vollständigkeit seiner Angaben hingewirkt habe, dies vom Beschwerdeführer selbst jedoch verneint worden sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, deren inhaltliche Ausführungen sich in folgendem Wortlaut erschöpfen:

"In beiden Verfahrensinstanzen wurde mir keine Rechtsbelehrung über die österreichische Rechts- und Gesetzeslage erteilt. Ich war weder anwaltlich noch anders rechtsfreundlich vertreten, sodaß die Behörde verpflichtet gewesen wäre, mir Anleitung und Aufklärung über die österreichische Rechtslage zu geben.

In Verletzung und unter Außerachtlassung dieser Anleitungspflicht ist das abgeführte Verfahren nicht gesetzmäßig durchgeführt worden, sodaß der angefochtene Bescheid wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften rechtswidrig ist.

Wäre die belangte Behörde ihrer Anleitungs- und Aufklärungspflicht nachgekommen, hätte ich geeignetes Vorbringen und Beweise erstatten können, die zur umfassenden und abschließenden Beurteilung meiner Flüchtlingseigenschaft notwendig gewesen wären.

Auf Grund der sich dann ergebenden Feststellungen wäre die belangte Behörde sicherlich zu der Ansicht gelangt, daß mir Asyl zu gewähren ist und ich Flüchtling im Sinne der Genfer Konvention bin."

Über diese Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Obwohl weder der angefochtene Bescheid infolge der gänzlichen Übernahme der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides, der jedoch dem Verwaltungsgerichtshof nicht vorliegt noch die Beschwerde eine Darstellung darüber enthält, was der Beschwerdeführer tatsächlich zu seinen Fluchtgründen vorgebracht hat, erweist sich die Beschwerde im Hinblick auf die zur Begründung vorgetragenen rechtlichen Argumente im Ergebnis als unbegründet. Nach den auch in der Beschwerde unwidersprochen gebliebenen Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid wurde die vom Beschwerdeführer erhobene Berufung lediglich auf die Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens gestützt, die ihren Grund in einer Verletzung der besonderen Manuduktionspflicht der Asylbehörden im Sinne des § 16 Abs. 1 AsylG 1991 gehabt habe, ohne daß in der Berufung eine Sachverhaltsdarstellung nachgeholt worden wäre. Die auf diese Mängelrüge antwortenden diesbezüglichen Ausführungen im angefochtenen Bescheid entsprechen jedoch der geltenden Rechtslage und der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wonach eine weitergehende (amtswegige) Ermittlungspflicht der belangten Behörde erst durch entsprechend konkrete Hinweise in den Angaben des Asylwerbers auf asylrechtlich relevante Umstände ausgelöst werden. Es entspricht der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, daß die Ermittlungspflicht der belangten Behörde keineswegs so weit geht, den Asylwerber anzuleiten, wie er sein Vorbringen zu gestalten habe, damit es von Erfolg gekrönt sei, oder Asylgründe zu ermitteln, die der Beschwerdeführer gar nicht behauptet hat (vgl. die

hg. Erkenntnisse vom 30. November 1992, Zlen. 92/01/0800-0803, und vom 19. Dezember 1995, Zl. 95/20/0104).

Da - offenbar in Verkennung dieser ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - die Beschwerde lediglich diesen Verfahrensmangel in der Beschwerde ausführt, erweist sie sich als unbegründet.

Da sohin bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war sie gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung abzuweisen.

Damit erübrigt sich auch ein Abspruch des Berichters über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996010256.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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