TE OGH 2022/3/31 12Os31/22h

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Veröffentlicht am 31.03.2022
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 31. März 2022 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Solé als Vorsitzenden, den HHHofrat des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Oshidari, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel-Kwapinski und Dr. Brenner und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Haslwanter LL.M. in Gegenwart des Schriftführers Mag. Kostersitz in der Strafsache gegen * H* wegen des Verbrechens des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 zweiter Fall StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Schöffengericht vom 18. Oktober 2021, GZ 22 Hv 42/21y-12, sowie über dessen Beschwerde gegen einen zugleich gefassten Beschluss auf Erteilung einer Weisung nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

[1]       Mit dem angefochtenen Urteil wurde * H* jeweils eines Verbrechens des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 zweiter Fall StGB (1./) und des sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person nach § 205 Abs 1 StGB (2./) schuldig erkannt.

[2]       Danach hat er am 12. Juni 2021 in V*

1./ mit der am 12. Februar 2015 geborenen, auf der Wohnzimmercouch tief schlafenden * M*, sohin mit einer unmündigen Person, eine dem Beischlaf gleichzusetzende Handlung unternommen, indem er ihr einen Finger vaginal einführte;

2./ durch die zu 1./ geschilderte Tathandlung eine (gemeint: wehrlose [vgl US 4 iVm US 7) Person, „die wegen einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung oder wegen einer anderen schweren, einem dieser Zustände gleichwertigen seelischen Störung unfähig war, die Bedeutung des Vorgangs einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln“, unter Ausnützung dieses Zustands dadurch missbraucht, dass er mit ihr eine dem Beischlaf gleichzusetzende Handlung vornahm.

Rechtliche Beurteilung

[3]       Die dagegen aus Z 5 und 11 des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten schlägt fehl.

[4]       Der Mängelrüge (Z 5) ist voranzustellen, dass schon allein der (bloße) Schlafzustand die nach der ersten Deliktsvariante des § 205 Abs 1 StGB geforderte Wehrlosigkeit des Opfers begründet (RIS-Justiz RS0102727, RS0095097). Dementsprechend spricht die Beschwerde mit ihrer (der Sache nach aus Z 5 vierter Fall) erhobenen Kritik an der Konstatierung, wonach * M* während des sexuellen Übergriffs des Angeklagten „tief“ schlief, keine entscheidende Tatsache an.

[5]       Der von der Rüge (Z 5 dritter Fall) monierte Widerspruch zwischen dem festgestellten tiefen Schlafzustand und dem Umstand, dass das Opfer in der Folge von der erfolgten Penetration berichtete, liegt schon im Hinblick auf die Konstatierung, dass * M* von der Tathandlung „vorerst“ nichts mitbekam (US 4) und sodann schmerzbedingt erwachte (US 5), nicht vor.

[6]       Ob die Unmündige dem Zeugen * J* neben einer stattgefundenen analen Penetration von einem Griff „in“ oder „auf“ ihre Vagina erzählte, stellt – schon angesichts des konstatierten Penetrationsvorsatzes (US 3 f) keinen erheblichen, sich auf die Feststellungen entscheidender Tatsachen auswirkenden Widerspruch im Sinn des § 281 Abs 1 Z 5 letzter Fall StPO dar (vgl RIS-Justiz RS0099408).

[7]       Der Sanktionsrüge (Z 11 zweiter Fall) zuwider stellt es keinen Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot (§ 32 Abs 2 StGB) dar, dass das Erstgericht das erheblich unter der Unmündigkeitsgrenze liegende Alter des sechsjährigen Opfers als erschwerend wertete (vgl RIS-Justiz RS0090958).

[8]       Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung und die (implizite) Beschwerde folgt (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).

[9]       Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Textnummer

E134432

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2022:0120OS00031.22H.0331.000

Im RIS seit

14.04.2022

Zuletzt aktualisiert am

14.04.2022
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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