TE Vwgh Erkenntnis 1996/6/19 95/01/0257

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Veröffentlicht am 19.06.1996
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §2 Abs2 Z3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Dolp als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde des S in B, vertreten durch seinen Sachwalter E, dieser vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 12. Juni 1995, Zl. 4.346.516/1-III/13/95, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) vom 12. Juni 1995 wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 9. Mai 1995, mit welchem dem am 2. Mai 1995 gestellten Asylantrag des Beschwerdeführers - eines Staatsangehörigen der "Jugosl. Föderation", der am 1. Mai 1995 in das Bundesgebiet eingereist ist - nicht stattgegeben worden war, abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Die Erstbehörde hat ihre Entscheidung sowohl darauf gestützt, daß sie dem Beschwerdeführer Flüchtlingseigenschaft iS des § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 absprach, als auch darauf, daß sie davon ausging, daß beim Beschwerdeführer der Ausschließungsgrund des § 2 Abs. 2 Z. 3 leg. cit. gegeben sei, wonach einem Flüchtling kein Asyl gewährt wird, wenn er bereits in einem anderen Staat vor Verfolgung sicher war. Sie ging dabei davon aus, daß sich der Beschwerdeführer vor seiner Einreise nach Österreich in Ungarn aufgehalten und ihm dort keine Gefahr einer Verfolgung gedroht habe; auch wäre er in diesem Staat "vor ungeprüfter Rückstellung" in seinen Heimatstaat sicher gewesen. Nichts würde dafür sprechen, daß Ungarn die sich aus der Mitgliedschaft zur Genfer (Flüchtlings)Konvention ergebenden Verpflichtungen, insbesondere das in deren Art. 33 verankerte Refoulement-Verbot, etwa vernachlässige.

Der Annahme der "Verfolgungssicherheit" durch die Erstbehörde ist der Beschwerdeführer in seiner Berufung vom 29. Mai 1995 gegen den erwähnten Bescheid nicht entgegengetreten, sondern hat lediglich vorgebracht, die Erstbehörde sei zu wenig auf die von ihm bei der Einvernahme vorgebrachten Angaben eingegangen und habe die Situation im Heimatland nur einseitig beurteilt. Ein Rückkehr seiner Person in seine Heimat erscheine zum jetzigen Zeitpunkt, aber auch in der nahen und fernen Zukunft unter diesen Voraussetzungen für seine Sicherheit nicht ratsam. Eine genauere Überprüfung der Angaben des Asylwerbers hätte dem gegenständlichen Verfahren andere Entscheidungskriterien eröffnet.

Die belangte Behörde hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides zum Ausdruck gebracht, daß die Erstbehörde in der Begründung ihres Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefaßt habe und sie "sich den Ausführungen des Bundesasylamtes im angefochtenen Bescheid vollinhaltlich anschließt und diese zum Inhalt des gegenständlichen Bescheides erhebt".

In der vorliegenden Beschwerde wird zur Frage der Verfolgungssicherheit ausgeführt, die Behörde hätte ihrer Entscheidung "den § 3 Abs. 2 Asylgesetz" (gemeint offenbar § 3 Asylgesetz 1991) ihre Entscheidung zugrunde legen müssen. Die Rechtmäßigkeit der Annahme der Verfolgungssicherheit durch die belangte Behörde hätte zur Voraussetzung gehabt, daß die Durchreise des Beschwerdeführers den Behörden in Ungarn bekannt gewesen und von ihnen geduldet und gebilligt worden sei. Der Beschwerdeführer habe überdies angegeben, "von der Asylgewährung in Ungarn nichts gewußt zu haben".

Dieses - erstmals in der Beschwerde erstattete - Vorbringen verstößt, da sich der Beschwerdeführer zur Annahme der Verfolgungssicherheit trotz der ihm durch die Berufungsführung gebotenen Möglichkeit im Verwaltungsverfahren nicht geäußert hat, gegen das aus § 41 Abs. 1 VwGG abzuleitende, im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Neuerungsverbot. Dieses - im übrigen im Widerspruch zur ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stehende (vgl. dazu die grundlegenden Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. November 1993, Zl. 93/01/0357, und vom 6. September 1995, Zl. 95/01/0030) - Vorbringen kann daher auf sich beruhen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. z.B. Erkenntnis vom 22. Februar 1995, Zl. 94/01/0111) ist Voraussetzung für die Asylgewährung gemäß § 3 Asylgesetz 1991, daß der Asylwerber Flüchtling UND die Gewährung von Asyl nicht gemäß § 2 Abs. 3 leg. cit. ausgeschlossen ist. Es müssen demnach im Fall der Asylgewährung kumulativ beide Voraussetzungen vorliegen, was bedeutet, daß sich dann, wenn schon eine dieser Voraussetzungen (wie aufgrund des § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991) fehlt, es rechtlich nicht mehr der Klärung bedarf, ob allenfalls die weitere dieser Voraussetzungen (nämlich die Flüchtlingseigenschaft) gegeben wäre. Liegt der genannte Ausschließungsgrund vor, so kommt demnach der Frage der Flüchtlingseigenschaft des Asylwerbers keine Bedeutung mehr zu.

Da - wie ausgeführt - der Annahme der belangten Behörde, der Beschwerdeführer sei vor seiner Einreise in das Bundesgebiet bereits in Ungarn vor Verfolgung sicher gewesen, wirksam nicht entgegengetreten werden kann, braucht daher auf das die Flüchtlingseigenschaft betreffende Beschwerdevorbringen nicht weiter eingegangen werden und erweisen sich allenfalls der belangten Behörde bei der Beurteilung dieser Frage unterlaufene Verfahrensfehler als bedeutungslos.

Da sich aus den genannten Gründen die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995010257.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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