TE Vfgh Erkenntnis 2022/3/8 E3120/2021

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Veröffentlicht am 08.03.2022
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Index

10/11 Vereins- und Versammlungsrecht

Norm

EMRK Art10
EMRK Art11
EMRK Art17
VersammlungsG §6 Abs1
Symbole-G §1, §2 Abs1, §3
Symbole-BezeichnungsV
VfGG §7 Abs1

Leitsatz

Verletzung im Recht auf Versammlungsfreiheit durch Untersagung einer Versammlung in Wien zum Thema "Kundgebung für Frieden und Demokratie in Kurdistan" auf Grund der Ankündigung, die nach dem Symbole-Gesetz verbotene Fahne der PKK (Kurdische Arbeiterpartei) zu verwenden; vorbeugendes und auf Fakten beruhendes symbolegesetzliches Verbot der Verbreitung demokratiegefährdender Ideologien durch Verwendung derer Symbole im Lichte des Rechtes auf Meinungsäußerungsfreiheit im Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers; Unterlassung der gebotenen Einzelfallprüfung der Verwendung des verbotenen Symbols als Stilmittel des Protests gegen das Symbole-Gesetz

Spruch

I. Der Beschwerdeführer ist durch das angefochtene Erkenntnis im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Versammlungsfreiheit verletzt worden.

Das Erkenntnis wird aufgehoben.

II. Der Bund (Bundesminister für Inneres) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seines Rechtsvertreters die mit € 2.856,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren

1. Mit Schreiben vom 24. Februar 2021 zeigte der Beschwerdeführer der Landespolizeidirektion Wien als Versammlungsbehörde eine Versammlung für den 11. März 2021 auf dem Platz der Menschenrechte im siebten Wiener Gemeindebezirk mit dem Zweck "Kundgebung für Frieden und Demokratie in Kurdistan" an. Als Hilfsmittel gab der Beschwerdeführer neben "PKW, Lautsprecher, Informationsmaterial, Generator, Transparent mit der Aufschrift 'Anerkennung der PKK als Vertreterin des kurdischen Volkes und als Gesprächspartnerin bei den Friedensverhandlungen mit dem türkischen Staat!', sonstige Transparente und Plakate" die "Fahne der PKK (roter Stern auf gelbem Grund in grünem Kreis auf roter Fahne[…])" an.

2. Die Landespolizeidirektion Wien teilte dem Beschwerdeführer mit, dass die Verwendung der Fahne der PKK (Kurdische Arbeiterpartei) eine Verwaltungsübertretung nach §3 Abs1 Symbole-Gesetz darstelle, weshalb beabsichtigt sei, die angezeigte Versammlung zu untersagen. Der Beschwerdeführer gab der Behörde bekannt, auf die Verwendung der Fahne nicht verzichten zu können, weil diese unentbehrlich sei, um die in der Versammlungsanzeige beschriebenen Inhalte zum Ausdruck zu bringen. Mit Bescheid vom 8. März 2021 wurde die Versammlung von der Behörde untersagt.

3. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht Wien mit dem nach mündlicher Verhandlung verkündeten Erkenntnis vom 5. August 2021 ab; am 6. August 2021 erging die schriftliche Ausfertigung des Erkenntnisses.

In seinem Erkenntnis führte das Verwaltungsgericht Wien unter Hinweis auf Literatur zur Versammlungsfreiheit und nach auszugsweiser Wiedergabe der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zur Versammlungsfreiheit, insbesondere zur Untersagung von Versammlungen nach §6 Versammlungsgesetz, zusammengefasst Folgendes aus:

Ein Verhalten, das dem Tatbestand einer Verwaltungsübertretung entspreche, könne von der Rechtsordnung erlaubt und damit gemäß §6 VStG dann gerechtfertigt sein, wenn es unbedingt notwendig sei, um eine Versammlung in der beabsichtigten Weise durchzuführen. Käme die Versammlungsbehörde (allenfalls nach Klärung offener Fragen nach Rücksprache mit dem Veranstalter) zur Ansicht, dass die angezeigte Versammlung mit allen daraus erkennbaren Modalitäten §6 Versammlungsgesetz widerspreche, hätte sie die Versammlung zu untersagen. Im vorliegenden Fall habe die Versammlungsbehörde die angezeigte Versammlung, deren Modalitäten die Verwendung eines durch Gesetz verbotenen Symboles vorgesehen habe und die abzuändern der Beschwerdeführer nicht bereit gewesen sei, zu Recht untersagt.

Gemäß §1 Z5 iVm §2 Abs1 Symbole-Gesetz sei die Zurschaustellung von Symbolen der Gruppierung der PKK in der Öffentlichkeit verboten. Gemäß §1 iVm Z21 des Anhanges der Symbole-BezeichnungsV gelte ein solches Verwendungsverbot für die Fahne der Gruppierung der PKK "rote Grundfarbe mit rotem fünfzackigem Stern auf gelbem Hintergrund, der von einem grünen Kreis umrundet ist". Nach den (im Erkenntnis auszugsweise wiedergegebenen) Materialien (siehe Pkt. II.1.3.) zur Novelle des Symbole-Gesetzes 2019, BGBl I 2, zum Verbot der Verwendung von Symbolen der PKK gehe der Gesetzgeber unter Darstellung der Aktivitäten der PKK und unter Bezugnahme auf Normen der Europäischen Union davon aus, dass die PKK als terroristische Organisation einzustufen sei.

Auf Grund der Ausführungen des Gesetzgebers hege das Verwaltungsgericht Wien gegen die Bestimmungen des Symbole-Gesetzes und der Symbole-BezeichnungsV keine Bedenken. Diese Bestimmungen seien vielmehr sachlich geboten und im Sinne des Art11 Abs2 EMRK notwendig.

Da im Fokus der angezeigten Versammlung das Zurschaustellen eines verbotenen Symboles einer vom österreichischen und europäischen Gesetzgeber als Terrorgruppe eingestuften Gruppierung gestanden wäre und der Schutzzweck des Symbole-Gesetzes in Art11 Abs2 EMRK begründet sei (Gefährdung des Wohles und der Sicherheit), sei die Versammlung zu Recht untersagt worden. Ein gelinderes Mittel sei der Versammlungsbehörde nicht zur Verfügung gestanden. Eine Nichtuntersagung der Versammlung hätte den Anschein der "Legitimation" der Verwendung des verbotenen Symboles bedeutet und damit den Schutzzweck des Symbole-Gesetzes konterkariert. Da die Versammlungsbehörde nicht berechtigt sei, nur bestimmte Modalitäten einer Versammlung zu verbieten, sei die Versammlung zu untersagen gewesen.

4. Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten, insbesondere im Recht auf Versammlungsfreiheit, sowie in Rechten wegen Anwendung von verfassungs- bzw gesetzwidrigen Bestimmungen des Symbole-Gesetzes bzw der Symbole-BezeichnungsV behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses beantragt wird.

Vorgebracht wird im Wesentlichen, dass das Verwendungsverbot der in Z21 des Anhanges der Symbole-BezeichnungsV abgebildeten Fahne den Beschwerdeführer in den Rechten auf Meinungsäußerungsfreiheit und Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletze. Es bestehe keine unionsrechtliche Verpflichtung Österreichs, die Verwendung der Fahne zu verbieten. Ihre Verwendung diene nicht primär dem Ausdruck der Gutheißung bzw Zugehörigkeit zu einer Partei oder einer konkreten Organisation, sondern der Zugehörigkeit zu einer breiten Volksbewegung bzw dem Protest gegen politische Missstände und die anhaltende Gewalt in den mehrheitlich kurdisch besiedelten Gebieten. Auch differenziere das Verbot nicht nach dem Kontext oder dem Zweck der Verwendung. Die Eindämmung einer rein spekulativen Gefahr ohne spezifischen Kontext reiche jedenfalls für ein Verwendungsverbot nicht aus, wie der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte im Fall Vajnai (8.7.2008, Appl 33.629/06) zum Symbol des roten Sterns ausgesprochen habe. Die Einordnung der PKK als Terrororganisation sei zudem unsachlich.

Die Untersagung der angezeigten Versammlung – so der Beschwerdeführer weiter – verletzte ihn im Gleichheitssatz und in der Versammlungsfreiheit. Die Untersagung einer Versammlung, die stets ultima ratio sein müsse, erfordere eine Gegenüberstellung der gegenläufigen Interessen. Das Verwaltungsgericht Wien habe jedoch lediglich auf die Strafbarkeit der Verwendung der Fahne verwiesen, ohne sich mit den Interessen des Beschwerdeführers an der Verwendung bei einer politische Inhalte friedlich zum Ausdruck bringenden Versammlung auseinanderzusetzen. Auch habe der Beschwerdeführer mit der Verwendung der Fahne ein Zeichen gegen das Symbole-Gesetz setzen wollen.

5. Die Gerichts- bzw Verwaltungsakten wurden vom Verwaltungsgericht Wien bzw der Landespolizeidirektion Wien vorgelegt, eine Gegenschrift wurde nicht erstattet.

II. Rechtslage

1. Das Symbole-Gesetz ("Bundesgesetz, mit dem die Verwendung von Symbolen der Gruppierung Islamischer Staat und anderer Gruppierungen verboten wird") wurde im Rahmen des "Anti-Terror-Paketes 2014" beschlossen (vgl Parlamentskorrespondenz Nr 1069 vom 14. November 2014) und verbietet in seiner Stammfassung (BGBl I 103/2014) die Verwendung von Symbolen der Gruppierungen Islamischer Staat (IS) und Al-Qaida sowie von (in einer Verordnung der Bundesregierung zu benennenden) Teil- oder Nachfolgeorganisationen dieser Gruppierungen oder diesen zuzurechnenden Gruppierungen.

Mit der Novelle 2019 (BGBl I 2) kam ein Verwendungsverbot von Symbolen der Gruppierungen der Grauen Wölfe, der Muslimbruderschaft, der Kurdischen Arbeiterpartei (PKK), der Hamas, der Ustascha und des militärischen Teils der Gruppierung Hisbollah sowie von sonstigen (in einer Verordnung der Bundesregierung zu benennenden) Gruppierungen, die in Rechtsakten der Europäischen Union vorrangig zur Verhinderung der Finanzierung terroristischer Strukturen als terroristische Vereinigungen, Körperschaften oder sonstige Organisationen angeführt werden, und von (ebenfalls in einer Verordnung der Bundesregierung zu benennenden) Teil- oder Nachfolgeorganisationen der aufgezählten Gruppierungen oder diesen zuzurechnenden Gruppierungen hinzu.

Auch wurde der Begriff der Symbole um "Gesten", die nun ausdrücklich zu "Abzeichen und Embleme" hinzutreten, erweitert.

Die verbotenen Symbole werden in einer Verordnung des Bundesministers für Inneres, der Symbole-BezeichnungsV, im Anhang abgebildet und beschrieben.

1.1. Das Symbole-Gesetz, BGBl I 103/2014, idF BGBl I 2/2019 lautet:

"Anwendungsbereich

§1. Dieses Bundesgesetz regelt das Verbot der Verwendung von Symbolen

1. der Gruppierung Islamischer Staat (IS);

2. der Gruppierung Al-Qaida;

3. der Gruppierung Muslimbruderschaft;

4. der Gruppierung Graue Wölfe;

5. der Gruppierung Kurdische Arbeiterpartei (PKK);

6. der Gruppierung Hamas;

7. des militärischen Teils der Gruppierung Hisbollah;

8. von sonstigen Gruppierungen, die in Rechtsakten der Europäischen Union als terroristische Vereinigungen, Körperschaften oder sonstige Organisationen angeführt werden;

9. der Gruppierung Ustascha;

10. von Gruppierungen, die Teil- oder Nachfolgeorganisationen der in Z1 bis 9 genannten Gruppierungen oder diesen zuzurechnen sind.

Verwendungsverbot

§2. (1) Es ist verboten, Symbole einer in §1 genannten Gruppierung in der Öffentlichkeit einschließlich unter Zuhilfenahme elektronischer Kommunikationsmittel darzustellen, zur Schau zu stellen, zu tragen oder zu verbreiten. Als Symbole sind auch Abzeichen, Embleme und Gesten anzusehen.

(2) Die Benennung von Gruppierungen nach §1 Z8 und 10 erfolgt durch Verordnung der Bundesregierung. Der Bundesminister für Inneres bezeichnet durch Verordnung die Symbole im Sinne des Abs1.

(3) Die Verbote des Abs1 sind nicht anzuwenden auf

1. Druckwerke und periodische Medien,

2. Gesten und bildliche Darstellungen,

3. Aufführungen von Bühnen- und Filmwerken sowie

4. Ausstellungen, bei denen Ausstellungsstücke, die unter Abs1 fallen, keinen wesentlichen Bestandteil der Ausstellung darstellen,

wenn nicht das Ideengut einer in §1 genannten Gruppierung gutgeheißen oder propagiert wird.

(4) Auf sonstige Ausstellungen finden die Verbote des Abs1 dann keine Anwendung, wenn sich die Ausstellung und deren Zweckbestimmung eindeutig gegen das Ideengut der betreffenden Gruppierung richten.

Strafbestimmung

§3. (1) Wer vorsätzlich einem Verbot des §2 zuwiderhandelt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde, im Gebiet einer Gemeinde, für das die Landespolizeidirektion zugleich Sicherheitsbehörde erster Instanz ist, von der Landespolizeidirektion, mit Geldstrafe bis zu 4 000 Euro oder mit Freiheitsstrafe bis zu einem Monat zu bestrafen. Wer bereits einmal rechtskräftig nach dieser Bestimmung bestraft wurde, ist mit Geldstrafe bis zu 10 000 Euro oder mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen.

(2) Symbole, die den Gegenstand einer strafbaren Handlung im Sinne des §2 bilden, sind, soweit dies nach der Beschaffenheit der Symbole oder des damit untrennbar verbundenen Gegenstandes möglich ist, für verfallen zu erklären.

(3) Der Versuch ist strafbar.

Vollziehung

§4. Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes ist der Bundesminister für Inneres, hinsichtlich des §2 Abs2 erster Satz die Bundesregierung betraut.

Inkrafttreten

§5. (1) Dieses Gesetz tritt mit 1. Jänner 2015 in Kraft.

(2) Verordnungen auf Grund dieses Bundesgesetzes können bereits ab dem seiner Kundmachung folgenden Tag erlassen werden. Sie treten jedoch frühestens gemeinsam mit diesem Bundesgesetz in Kraft.

(3) §1 und §2 Abs1 bis 3 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 2/2019 treten mit 1. März 2019 in Kraft."

1.1. Die Symbole-BezeichnungsV, BGBl II 23/2015, idF BGBl II 58/2019 bildet in Z21 des Anhanges eine Fahne als Symbol der Kurdischen Arbeiterpartei (PKK) ab und beschreibt diese wie folgt:

"Symbol der Gruppierung 'Kurdische Arbeiterpartei' (PKK), rote Grundfarbe mit rotem fünfzackigem Stern auf gelbem Hintergrund, der von einem grünen Kreis umrundet ist."

1.2. Die Materialien zur Novelle des Symbole-Gesetzes 2019, BGBl I 2, legen dar, dass die Erweiterung des Symbole-Gesetzes – das geschaffen wurde, um die Verwendung von Symbolen und anderen Darstellungen von Gruppierungen, die terroristische Verbrechen und vergleichbare Taten begehen, die klar im Widerspruch zu den Werten einer demokratischen Gesellschaft stehen und dem Gedankengut der Völkerverständigung widersprechen, zu verbieten – auf Grund aktueller Entwicklungen notwendig gewesen sei, um die "verfassungsrechtlich verankerte demokratische Wertordnung und gesellschaftliche Pluralität zu schützen und dem Einzelnen den Schutz der Rechte und Freiheiten sowie die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung zu garantieren" (AB 419 BlgNR, 26. GP, 1 f.; RV 377 BlgNR 26. GP, 1).

Die PKK, die seit dem Jahr 1984 mit Waffengewalt und Anschlägen für einen kurdischen Staat im Südosten der Türkei kämpfe, sei in Europa bzw in Österreich hoch aktiv. Unter dem Deckmantel von Vereinen erfolge die europaweite Vernetzung der PKK-Angehörigen und Aktivisten, die über ein hohes Mobilisierungspotential verfügten. Zentral gesteuerte Propagandaaktionen, wie zB Demonstrationen und Kundgebungen, Podiumsdiskussionen, Unterschriftenkampagnen, Hungerstreiks, Mahnwachen und Pressekonferenzen, bildeten das wichtigste Aktionsfeld der PKK in Europa. Im Mittelpunkt der Agitationstätigkeiten stünden die militärischen Auseinandersetzungen in den kurdischen Siedlungsgebieten in der Türkei sowie in Syrien und die Situation des inhaftierten Führers Abdullah Öcalan, der weiterhin als Leit- und Identifikationsfigur gelte. Bei Demonstrationen würden daher nicht nur PKK-Fahnen, sondern regelmäßig auch Abbildungen des inhaftierten Öcalan zur Schau gestellt. Eine bedeutende Aufgabe der PKK in Europa stelle auch die Sicherstellung der Finanzierung des Organisationsapparates und die Versorgung der Guerillaeinheiten mit Ausrüstung, Nachschub und Personal dar. Gelder würden etwa durch Mitgliedsbeiträge, den Verkauf von Publikationen sowie Erlöse von Veranstaltungen und der jährlichen Spendenkampagne lukriert (AB 419 BlgNR, 26. GP, 4; RV 377 BlgNR 26. GP, 4).

Jugendliche bzw junge kurdische Personen, die sich entschlössen, in die kurdisch-syrischen oder kurdisch-irakischen Grenzgebiete zu gehen und für die PKK den bewaffneten Kampf in erster Linie gegen den Islamischen Staat und andere islamistische Gruppierungen aufzunehmen, würden in Europa rekrutiert und ins kurdische Grenzgebiet verbracht, wo sie in Ausbildungscamps ein militärisches Training durchliefen. In Europa gesammelte Spendengelder würden auch zur Finanzierung dieser Aktivitäten verwendet werden. Mehrmals im Jahr würden in verschiedenen Ländern in Europa ideologische Seminare durchgeführt, in deren Rahmen es zu Rekrutierungen von Kämpfern komme. An diesen Veranstaltungen würden auch Personen aus Österreich teilnehmen (AB 419 BlgNR, 26. GP, 4 f.; RV 377 BlgNR 26. GP, 4).

Die PKK sei in unionsrechtlichen Rechtsakten bereits als terroristische Organisation eingestuft worden; auch von den USA werde sie als Terrororganisation geführt und in Deutschland sei sie wegen Gefährdung sowohl der öffentlichen Ordnung als auch der auswärtigen Belange mit einem Betätigungs- und Kennzeichenverbot belegt (AB 419 BlgNR, 26. GP, 5; RV 377 BlgNR 26. GP, 4).

In Österreich sei die PKK als konspirative Organisation tätig und verfüge über etwa 4.000 Sympathisanten. Es existiere eine Struktur von Frontorganisationen (Jugend-, Frauen-, Kulturgruppen etc.), die von der PKK kontrolliert werden würden. Das Mobilisierungspotential, zB für kurzfristig angemeldete Demonstrationen, liege im Zeitpunkt der Novellierung im Bereich einiger hundert Personen. Auf Grund der engen kommunikativen Vernetzungen zwischen im Bundesgebiet lebenden türkischstämmigen Österreichern bzw türkischen Staatsbürgern mit der Türkei sei bei sicherheitspolitischen Entwicklungen in der Türkei und innertürkischen Konflikten mit unmittelbaren Auswirkungen auf die Sicherheitslage in Österreich zu rechnen, wie etwa die Kundgebungen in Österreich nach dem gescheiterten Putschversuch im Juli 2016 gezeigt hätten. Zudem sei gemäß dem Verfassungsschutzbericht des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung aus dem Jahr 2017 mit spontanen Gewalteskalationen, etwa am Rande von Demonstrationen zu rechnen (AB 419 BlgNR, 26. GP, 5; RV 377 BlgNR 26. GP, 4 f.).

Die PKK laufe demnach nach ihrer Intention dem liberal-österreichischen Rechtsstaat zuwider und gefährde den gesamtstaatlichen Zusammenhalt und sozialen Frieden in Österreich. Im Hinblick darauf, dass durch die Verwendung der Symbole der PKK die Gefahr einer verstärkten Solidarisierung mit Kampfhandlungen in der Türkei bestehe und somit kämpferische Handlungen auch nach Österreich gelangen könnten, sei es auf Grund des aufgezeigten starken Bezuges aus demokratiepolitischen Überlegungen angezeigt, den Anwendungsbereich des Symbole-Gesetzes auch auf die PKK auszudehnen (AB 419 BlgNR, 26. GP, 5; RV 377 BlgNR 26. GP, 5).

2. §6 Versammlungsgesetz, BGBl 98/1953, idF BGBl I 63/2017 lautet:

"§6. (1) Versammlungen, deren Zweck den Strafgesetzen zuwiderläuft oder deren Abhaltung die öffentliche Sicherheit oder das öffentliche Wohl gefährdet, sind von der Behörde zu untersagen.

(2) Eine Versammlung, die der politischen Tätigkeit von Drittstaatsangehörigen dient und den anerkannten internationalen Rechtgrundsätzen und Gepflogenheiten oder den völkerrechtlichen Verpflichtungen, den demokratischen Grundwerten oder außenpolitischen Interessen der Republik Österreich zuwiderläuft, kann untersagt werden."

III. Erwägungen

1. Bedenken gegen die der angefochtenen Entscheidung zugrundeliegenden Rechtsvorschriften sind – aus der Sicht des Beschwerdefalles – nicht entstanden:

1.1. Der Beschwerdeführer bringt im Wesentlichen vor, dass das Verwendungsverbot der als Symbol der PKK eingestuften Fahne gegen das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung verstoße, weil die Verwendung nicht primär der Gutheißung einer bestimmten Organisation diene, sondern der Zugehörigkeit zu einer breiten Volksbewegung, und das Verbot nicht nach dem Zweck seiner Verwendung unterscheide. Es verstoße zudem gegen den Gleichheitssatz, weil die PKK in unsachlicher Weise als terroristische Vereinigung eingestuft werde.

1.2. Mit diesem Vorbringen vermag der Beschwerdeführer den nachfolgenden Ausführungen zufolge keine Bedenken gegen die der angefochtenen Entscheidung (auch) zugrunde liegenden Rechtsvorschriften aufzuzeigen:

1.2.1. Nach Art10 Abs1 EMRK hat jedermann Anspruch auf freie Meinungsäußerung. Vom Schutzumfang dieser Bestimmung, die das Recht der Freiheit der Meinung und der Freiheit zum Empfang und zur Mitteilung von Nachrichten und Ideen ohne Eingriffe öffentlicher Behörden einschließt, werden sowohl reine Meinungskundgaben als auch Tatsachenäußerungen, aber auch Werbemaßnahmen erfasst. Art10 Abs2 EMRK sieht allerdings im Hinblick darauf, dass die Ausübung dieser Freiheit Pflichten und Verantwortung mit sich bringt, die Möglichkeit von Formvorschriften, Bedingungen, Einschränkungen oder Strafdrohungen vor, wie sie in einer demokratischen Gesellschaft im Interesse der nationalen Sicherheit, der territorialen Unversehrtheit oder der öffentlichen Sicherheit, der Aufrechterhaltung der Ordnung und der Verbrechensverhütung, des Schutzes der Gesundheit und der Moral, des Schutzes des guten Rufes und der Rechte anderer, zur Verhinderung der Verbreitung von vertraulichen Nachrichten oder zur Gewährleistung des Ansehens und der Unparteilichkeit der Rechtsprechung notwendig sind.

Ein verfassungsrechtlich zulässiger Eingriff in die Freiheit der Meinungsäußerung muss sohin, wie auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ausgesprochen hat (s zB EGMR 26.4.1979, Fall Sunday Times, EuGRZ 1979, 390; 25.3.1985, Fall Barthold, EuGRZ 1985, 173), gesetzlich vorgesehen sein, einen oder mehrere der in Art10 Abs2 EMRK genannten rechtfertigenden Zwecke verfolgen und zur Erreichung dieses Zweckes oder dieser Zwecke "in einer demokratischen Gesellschaft notwendig" sein (vgl VfSlg 12.886/1991, 14.218/1995, 14.899/1997, 16.267/2001 und 16.555/2002).

1.2.2. Der Gesetzgeber hat mit dem Symbole-Gesetz den Materialien zufolge ein Verwendungsverbot von Symbolen von in Österreich aktiven Gruppierungen geschaffen, die – nach Auffassung des Gesetzgebers – nach ihrer Intention dem liberal-demokratischen Rechtsstaat zuwiderliefen und deren einschlägige Symbole als Aufruf zur Verherrlichung und Unterstützung von Gewalt verwendet werden würden (AB 419 BlgNR, 26. GP, 1; RV 377 BlgNR, 26. GP, 1, zur Nov 2019; AB 412 BlgNR, 25. GP, 1; RV 346 BlgNR, 25. GP, 4, zur StF).

Dass demokratiegefährdenden Strömungen, die sich gegen Grundprinzipien des Rechtsstaates richten, wie insbesondere rassistische oder terroristische Meinungsäußerungen, Grenzen gesetzt werden können und sollen, zeigt sich nicht nur im materiellen Gesetzesvorbehalt des Art10 Abs2 EMRK, sondern auch im Missbrauchsverbot des Art17 EMRK, der als Auslegungsregel bei den Eingriffstatbeständen insbesondere der Art10 und 11 EMRK verhindern soll, dass Personen oder Gruppierungen die in der Europäischen Konvention für Menschenrechte garantierten Rechte gerade zur Abschaffung oder Einschränkung der Rechte anderer missbrauchen (vgl Siess-Scherz, Art17 EMRK, in: Korinek/Holoubek et al (Hrsg.), Bundesverfassungsrecht, 1. Lfg. 1999, Rz 2, und Grabenwarter/Pabel, Europäische Menschenrechtskonvention7, 2021, §18 Rz 24; vgl aber auch zu Art17 EMRK als Instrument, im Einzelfall strittige Äußerungen von vornherein aus dem Schutzbereich des Art10 EMRK auszuschließen, EGMR 27.6.2017, Fall Belkacem, Appl 34.367/14, NLMR 4/2017, 353). Den demokratischen Rechtsstaat zu schützen, ist somit ein erklärtes Ziel der Europäischen Menschenrechtskonvention.

1.2.3. Ein Eingriff in die Meinungsäußerungsfreiheit nach Art10 EMRK ist in einer demokratischen Gesellschaft dann zulässig, wenn er – im Lichte der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (vgl etwa EGMR 19.11.2019, Fall Nejdet Atalay, Appl 76.224/12, Z20; 7.5.2019, Fall Polat, Appl 64.138/11, Z30 und Fall Akyüz, Appl 63.681/12, Z21; 29. 11. 2011, Fall Kilic und Eren, Appl 43.807/07, Z28) – der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit sowie dem Schutz der Rechte und Freiheiten anderer dient.

Der Gesetzgeber führt als Begründung der Erweiterung des Symbolekataloges an, dass die PKK, die von der Europäischen Union als terroristische Organisation eingestuft werde, nach ihrer Intention dem liberal-demokratischen Rechtsstaat zuwiderlaufe und den gesamtstaatlichen Zusammenhalt und sozialen Frieden in Österreich gefährde (AB 419 BlgNR, 26. GP, 5). Dies deshalb, weil auf Grund der engen kommunikativen Vernetzungen zwischen im Bundesgebiet lebenden türkischstämmigen Österreichern bzw türkischen Staatsbürgern mit der Türkei bei sicherheitsrelevanten Entwicklungen in der Türkei und innertürkischen Konflikten mit unmittelbaren Auswirkungen auf die Sicherheitslage in Österreich zu rechnen sei, wie etwa die Kundgebungen in Österreich nach dem gescheiterten Putschversuch im Juli 2016 gezeigt hätten. Er bezieht sich dabei auf den Verfassungsschutzbericht aus 2017, demgemäß mit spontanen Gewalteskalationen, etwa am Rande von Demonstrationen, zu rechnen sei (AB 419 BlgNR, 26. GP, 5).

Dieser – sich auf Fakten berufenden – Annahme des Gesetzgebers, der Verbreitung demokratiegefährdender Ideologien dadurch zu begegnen, die Verwendung als einschlägig erachteter Symbole zu verbieten, ist im Hinblick auf die Zielsetzung nicht entgegenzutreten: Mit seinen Ausführungen formuliert der Gesetzgeber von den Eingriffsschranken des Art10 Abs2 EMRK gedeckte Ziele.

Den vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte postulierten Erfordernissen hat der Gesetzgeber insofern Rechnung getragen, als er in den Ausnahmefällen zum Verwendungsverbot in §2 Abs3 Symbole-Gesetz darauf abstellt, ob das Ideengut einer Gruppierung in §1 Symbole-Gesetz gutgeheißen oder propagiert wird. Konkretisierend wird in den Materialien zur Stammfassung des Symbole-Gesetzes (zur Abgrenzung zu religiöser Symbolik) ausgeführt, dass allein die spezifische Verwendung der Symbole für verfassungswidrige Zwecke in spezifischem Kontext mit der Anwendung von Gewalt verboten werde (AB 412 BlgNR, 25. GP, 1; RV 346 BlgNR, 25. GP, 4; vgl auch zur Nov 2019 AB 419 BlgNR, 26. GP, 1; RV 377 BlgNR, 26. GP, 1). Es muss daher – im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte und mit Blick auf Art11 EMRK – mit der Verwendung des verbotenen Symboles das spezifische zur Anwendung von Gewalt aufrufende Ideengut der Gruppierung gutgeheißen oder propagiert werden.

Dass der Gesetzgeber der Gefahr damit begegnet, nicht die Gruppierung selbst zu verbieten, sondern bereits im Vorfeld der symbolhaften Verbreitung ihrer Ideologien entgegentritt, liegt in seinem, ihm im Hinblick auf die Auswahl eines geeigneten Mittels zustehenden rechtspolitischen Gestaltungsspielraum, den er im vorliegenden Fall nicht überschritten hat.

Da im Hinblick auf die dem vorliegenden Fall zugrunde liegenden Rechtsvorschriften zur Verwendung des verbotenen Symboles – die hier im Schwenken der in Z21 des Anhanges der Symbole-BezeichnungsV als Symbol der PKK abgebildeten Fahne als "bildliche Darstellung" gemäß §2 Abs3 Z2 Symbole-Gesetz liegt – das Gutheißen oder Propagieren des – gewaltspezifischen – Ideengutes der PKK eine Voraussetzung für einen zulässigen Eingriff in Art10 EMRK bildet, liegt eine Verletzung im Recht auf Meinungsäußerungsfreiheit oder in einem anderen verfassungsrechtlich gewährleisteten Recht nicht vor.

2. Bei der Verwendung eines nach dem Symbole-Gesetz verbotenen Symboles im Zuge einer geplanten Versammlung ist es demnach jedenfalls schon im Lichte der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte geboten, im Einzelfall zu prüfen, ob damit die verpönten Zielsetzungen verwirklicht werden sollen.

Soweit die – zulässige – Beschwerde dem Verwaltungsgericht Wien daher durch die Untersagung der vom Beschwerdeführer angezeigten Versammlung, insbesondere unter Hinweis auf die beharrliche Weigerung des Beschwerdeführers, von der Verwendung eines nach dem Symbole-Gesetz verbotenen Symboles bei der geplanten Versammlung abzusehen, eine Verletzung im Recht auf Versammlungsfreiheit vorwirft, ist sie im Recht:

2.1. Ein Eingriff in das durch Art11 EMRK verfassungsgesetzlich garantierte – unter Gesetzesvorbehalt stehende – Recht auf Versammlungsfreiheit ist dann verfassungswidrig, wenn die ihn verfügende Entscheidung ohne Rechtsgrundlage ergangen ist, auf einer dem Art11 EMRK widersprechenden Rechtsvorschrift beruht oder wenn bei Erlassung der Entscheidung eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Rechtsgrundlage in denkunmöglicher Weise angewendet wurde; ein solcher Fall liegt vor, wenn die Entscheidung mit einem so schweren Fehler belastet ist, dass dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre, oder wenn der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise ein verfassungswidriger, insbesondere ein dem Art11 Abs1 EMRK widersprechender und durch Art11 Abs2 EMRK nicht gedeckter Inhalt unterstellt wurde (vgl zB VfSlg 19.961/2015, 19.962/2015).

§6 Abs1 Versammlungsgesetz sieht vor, dass Versammlungen, deren Zweck den Strafgesetzen zuwiderläuft oder deren Abhaltung die öffentliche Sicherheit oder das öffentliche Wohl gefährdet, von der Behörde zu untersagen sind. Für die Auflösung der Versammlung selbst und mehr noch für eine auf §6 Versammlungsgesetz gestützte Untersagung im Vorfeld des Stattfindens einer Versammlung ist (ebenso wie bei der Frage, ob eine Versammlung iSd Art11 EMRK vorliegt) eine strengere Kontrolle geboten. Diese Maßnahmen beeinträchtigen die Freiheit der Versammlung in besonders gravierender Weise und berühren den Kernbereich des Grundrechtes. Sie sind daher nur zulässig, wenn sie zur Erreichung der in Art11 Abs2 EMRK genannten Ziele zwingend notwendig sind, sodass die Untersagung einer Versammlung stets nur ultima ratio sein kann (vgl zB VfSlg 19.962/2015; 19.961/2015 und VfGH 17.6.2021, E3728/2020).

2.2. Das Verwaltungsgericht Wien hat bei seiner Entscheidung über die auf §6 Versammlungsgesetz gestützte Untersagung der Versammlung den ihr zugrunde liegenden unbedenklichen Rechtsvorschriften einen verfassungswidrigen, insbesondere dem Art11 EMRK widersprechenden Inhalt unterstellt:

Der Zweck der Versammlung war gemäß der Versammlungsanzeige des Beschwerdeführers die Kundgabe für Frieden und Demokratie in Kurdistan. Bei der Versammlung sollte – so die Angaben des Beschwerdeführers in der Versammlungsanzeige – ua die Fahne der PKK – ein nach dem Symbole-Gesetz verbotenes Symbol – gezeigt werden. Nach Information der Versammlungsbehörde von dem Verwendungsverbot des Symboles an den Veranstalter der Versammlung, den Beschwerdeführer, blieb dieser dabei, das verbotene Symbol verwenden zu wollen, was zur Untersagung der Versammlung führte, die vom Verwaltungsgericht Wien mit dem angefochtenen Erkenntnis bestätigt wurde.

Das Verwaltungsgericht Wien ging in seiner Entscheidung davon aus, dass das Symbole-Gesetz ein unmittelbar wirksames, auch von der Versammlungsbehörde zu beachtendes Verbot enthält; seiner Ansicht nach begründet allein schon das Zurschaustellen des verbotenen Symboles der Fahne der PKK die Untersagung der Versammlung, weil der Schutzzweck des Symbole-Gesetzes in Art11 Abs2 EMRK, konkret in der Gefährdung des Wohles und der Sicherheit, begründet sei.

Auch wenn dem Symbole-Gesetz im Hinblick auf seine Verbote für die Untersagung der Versammlung eine bestimmte Indizwirkung zukommt, greift die Untersagung der Versammlung allein unter Hinweis auf das Verbot des Symbole-Gesetzes und somit ungeachtet des zugrunde liegenden Falles zu kurz. Das Verwaltungsgericht Wien hätte nämlich insbesondere auch die beabsichtigte Verwendung des (verbotenen) Symboles gerade als Stilmittel des Protests gegen das Symbole-Gesetz berücksichtigen müssen. Auch trägt §6 Versammlungsgesetz eine Untersagung einer Versammlung allein wegen eines verwaltungsstrafbewehrten Verhaltens nicht; von einem derartigen "Automatismus" ist das Verwaltungsgericht Wien jedoch hier anscheinend ausgegangen. Es hat daher die für die Untersagung der Versammlung notwendige Prüfung im Hinblick auf Art11 EMRK unterlassen. Indem das Verwaltungsgericht Wien diese Prüfung unterlassen hat, hat es den seiner Entscheidung zugrunde liegenden Rechtsvorschriften des Symbole-Gesetzes und der Symbole-BezeichnungsV einen verfassungswidrigen, gegen Art11 EMRK verstoßenden Inhalt unterstellt.

IV. Ergebnis

1. Der Beschwerdeführer ist somit durch die angefochtene Entscheidung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Versammlungsfreiheit verletzt worden.

2. Das Erkenntnis ist daher aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen ist.

3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in Höhe von € 436,– sowie eine Eingabengebühr gemäß §17a VfGG in der Höhe von € 240,– enthalten.

Schlagworte

Versammlungsrecht, Entscheidungsbegründung, Meinungsäußerungsfreiheit, Rechtspolitik

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2022:E3120.2021

Zuletzt aktualisiert am

09.05.2022
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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