TE Vwgh Erkenntnis 1996/6/24 96/10/0007

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Veröffentlicht am 24.06.1996
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Index

L10012 Gemeindeordnung Gemeindeaufsicht Gemeindehaushalt Kärnten;
L24002 Gemeindebedienstete Kärnten;
L50002 Pflichtschule allgemeinbildend Kärnten;
L50152 Schulzeit Kärnten;
L50502 Schulbau Schulerhaltung Kärnten;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);

Norm

ABGB §879 Abs1;
B-VG Art116 Abs2;
B-VG Art116a;
B-VG Art119a Abs1;
B-VG Art119a Abs10;
B-VG Art119a Abs2;
B-VG Art119a Abs7;
GdBedG Krnt 1992 §2 Abs1 lita;
GdBedG Krnt 1992 §2 Abs4;
GdBedG Krnt 1992 idF 1995/012;
GdO Allg Krnt 1993 §100 Abs1;
GdO Allg Krnt 1993 §101;
GdO Allg Krnt 1993 §73;
GdO Allg Krnt 1993 §85 Abs4;
GdO Allg Krnt 1993 §96 Abs4;
GdVBG Krnt 1992 §2 Abs3;
GdVBG Krnt 1992 §3 Abs1;
GdVBG Krnt 1992 §3 Abs2;
GdVBG Krnt 1992 §4 Abs1;
GdVBG Krnt 1992;
SchulG Krnt 1991 §9 Abs4;
VwGG §28 Abs1 Z4;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fichtner, über die Beschwerde des Schulgemeindeverbandes Wolfsberg, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 5. Dezember 1995, Zl. SchA-397/26/1995, betreffend Aufhebung von Verbandsbeschlüssen und - maßnahmen, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Unter dem Datum des 5. Dezember 1995 erließ die belangte Behörde einen Bescheid, dessen Einleitung und Spruch folgenden Wortlaut haben:

"In Ergänzung zur schriftlichen bescheidmäßigen Erledigung der Aufsichtsbehörde vom 11.7.1995 SchA-397/17/95, ergeht betreffend der Vereinbarung zwischen der Marktgemeinde St. Paul/Lav. als Mitglied des Schulgemeindeverbandes Wolfsberg und dem Schulgemeindeverband Wolfsberg, mit welcher sich die Marktgemeinde St. Paul/Lav. verpflichtet, dem Schulgemeindeverband Wolfsberg die Vertragsbedienstete der Verwendungsgruppe B, Frau A.P., im Beschäftigungsausmaß von 100 % gegen Refundierung der Personalkosten zur Dienstleistung zur Verfügung zu stellen, von Amts wegen nachstehender

Spruch

Nach den §§ 96 und 100 Abs. 1 Abs. 1 AGO 1993 werden nachstehend angeführte Beschlüsse und sonstige Maßnahme(n) des Schulgemeindeverbandes Wolfsberg durch die Kärntner Landesregierung als Aufsichtsbehörde wegen Gesetzeswidrigkeit aufgehoben:

1. Die Beschlüsse des Verbandsvorstandes in der Verbandsvorstandssitzung vom 23. Juni 1995, TOP 5 (Planstelle im Zentralamt des SchGV, Beratung über weitere Vorgangsweise) über die Anträge des Vorsitzenden, nämlich

a) daß die Marktgemeinde St. Paul/Lav. einen Dienstposten im Anhang ihres Stellenplanes schafft, sowie

b) daß die Vertragsbedienstete Frau A.P. in den Gemeindedienst der Gemeinde St. Paul/Lav. übernommen wird und

c) daß der Schulgemeindeverband Wolfsberg die 100 %ige Bezugsrefundierung übernimmt.

2. Die Vereinbarung zwischen der Marktgemeinde

St. Paul/Lav. und dem Schulgemeindeverband Wolfsberg - unterzeichnet von den zuständigen Organen der beiden Vertragsparteien mit 8.9.1995 bzw. 11.9.1995 -, mit welcher sich die Marktgemeinde St. Paul/Lav. verpflichtet, dem Schulgemeindeverband Wolfsberg die Vertragsbedienstete der Verwendungsgruppe B, Frau A.P., im Beschäftigungsausmaß von 100 % gegen Refundierung der Personalkosten zur Dienstleistung zur Verfügung zu stellen."

In der Begründung heißt es, die Beschlüsse des Verbandsvorstandes des Schulgemeindeverbandes Wolfsberg vom 23. Juni 1995 zum Tagesordnungspunkt 5, nämlich, daß die Gemeinde St. Paul/Lav. einen Dienstposten im Anhang ihres Stellenplanes schaffe, daß Frau A.P. in den Gemeindedienst der Gemeinde St. Paul/Lav. übernommen werde und daß der Schulgemeindeverband die 100 %ige Bezugsrefundierung übernehme, seien mangels Zuständigkeit des Verbandsvorstandes nicht rechtswirksam. Dem Verbandsvorstand komme nach dem Kärntner Schulgesetz in Verbindung mit den Regelungen des Gemeindebedienstetengesetzes und des Gemeindevertragsbedienstetengesetzes in Angelegenheiten des Dienst- und des Besoldungsrechtes keine Zuständigkeit zu. Nach § 4 Abs. 1 des Gemeindevertragsbedienstetengesetzes sei für die Aufnahme von Vertragsbediensteten ausschließlich der Verbandsrat zuständig. Als Dienstgeber habe der Gemeindeverband aufzutreten und dieser habe einen eigenen Stellenplan zu beschließen, was im Beschwerdefall nicht geschehen sei. Vielmehr sei eine Vereinbarung zwischen der Marktgemeinde St. Paul/Lav. und dem Schulgemeindeverband Wolfsberg abgeschlossen worden, in welcher sich die Marktgemeinde St. Paul/Lav. verpflichtet, die Vertragsbedienstete A.P. gegen Refundierung der Personalkosten zur Dienstleistung dem Schulgemeindeverband zur Verfügung zu stellen. Diese Vereinbarung stelle ein Umgehungsgeschäft dar, weil die in der Marktgemeinde St. Paul/Lav. formal geschaffene Planstelle für die dauernde Erfüllung der gemeindlichen Aufgaben nicht erforderlich sei und dieser Gemeinde nicht zugute komme, sondern ausschließlich dem Schulgemeindeverband Wolfsberg zur dauernden Erfüllung seiner Aufgaben zur Verfügung gestellt werde. Weiters sei die belangte Behörde der Meinung, die Schaffung einer Planstelle der Verwendungsgruppe B in der Marktgemeinde St. Paul/Lav. und der Abschluß der Vereinbarung über die Zurverfügungstellung einer Vertragsbediensteten an den Schulgemeindeverband Wolfsberg komme einer Aufnahme der Vertragsbediensteten als Dienstnehmerin des Schulgemeindeverbandes gleich, wofür aber ausschließlich der Verbandsrat zuständig sei. Die Vorgangsweise des Schulgemeindeverbandes widerspreche den Grundsätzen der Gesetzmäßigkeit, Sparsamkeit und Zweckmäßigkeit und stelle einen Mißbrauch der gesetzlichen Bestimmungen über die Zuständigkeit zur Aufnahme von Vertragsbediensteten dar.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die beschwerdeführende Partei bringt vor, wenn ihr im Rahmen des Verfahrens die Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben worden wäre, hätte sie darlegen können, daß in vielen Gemeinden Kärntens, aber auch in Sozialhilfe- und Schulgemeindeverbänden eine Arbeitnehmerüberlassung praktiziert werde. Auch der Schulgemeindeverband Wolfsberg habe schon früher seine Personalbedürfnisse durch eine Arbeitnehmerüberlassung gedeckt.

Die beschwerdeführende Partei hätte, wenn ihr Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden wäre, auch aufzeigen können, daß A.P. aus einem Objektivierungsverfahren als Bestbewerberin hervorgegangen sei und sie lediglich als Vertragsbedienstete I/b/1 eingestuft sei, während ihr Vorgänger Beamter der Dienstklasse VII gewesen sei. Auch hätte die beschwerdeführende Partei darlegen können, daß die Beistellung einer Arbeitskraft zur Bewältigung der anfallenden Arbeiten unbedingt erforderlich gewesen sei und daß auf Grund der politischen Verhältnisse im Schulgemeindeverband die Einstellung der Vertragsbediensteten A.P. nicht zu erwarten sei.

Der Verbandsvorstand sei zur Beschlußfassung und zum Abschluß der Vereinbarung mit der Marktgemeinde St. Paul/Lav. zuständig gewesen, da es sich bei der Verwendung der Vertragsbediensteten A.P. nicht um die Begründung eines Dienstverhältnisses handle.

Wenn die belangte Behörde die Auffassung vertrete, die Einstellung der Vertragsbediensteten sei für die Marktgemeinde St. Paul/Lav. nicht erforderlich, so sei darauf hinzuweisen, daß auch die Marktgemeinde St. Paul/Lav. Mitglied des Schulgemeindeverbandes sei, sodaß die Arbeiten, welche von der Vertragsbediensteten für den Schulgemeindeverband erbracht würden, auch der Marktgemeinde St. Paul/Lav. zugute kämen.

Die Aufsichtsbehörde habe die Aufsichtsmittel unter möglichst Schonung wohlerworbener Rechte Dritter zu handhaben. In diesem Zusammenhang sei zunächst darauf hinzuweisen, daß der Begriff der "sonstigen Maßnahmen" des § 100 AGO nicht auch privatrechtliche Verträge von Gemeinden und Gemeindeverbänden erfasse. Berücksichtige man, daß durch die Aufhebung der Vereinbarung zwischen der Marktgemeinde St. Paul/Lav. und dem Schulgemeindeverband auch in die Rechte der Marktgemeinde St. Paul/Lav. eingegriffen werde und auch die Vertragsbedienstete A.P. mittelbar betroffen sei, so ergebe sich, daß die belangte Behörde bei rechtsrichtiger Ausübung ihres Ermessens die Beschlüsse und die Vereinbarung nicht hätte aufheben dürfen.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 96 Abs. 4 der Allgemeinen Gemeindeordnung 1993, LGBl. Nr. 77/1993 (AGO 1993) gelten die Bestimmungen des XXI. Abschnittes, der die Aufsicht des Landes über die Gemeinden regelt, sinngemäß für die Aufsicht über die Gemeindeverbände, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist und soweit es sich nicht um Gemeindeverbände nach Bundesrecht handelt.

Nach § 100 Abs. 1 AGO 1993 (in Verbindung mit § 96 Abs. 4 leg. cit.) können außer den Fällen der §§ 95 und 99 rechtskräftige Bescheide sowie Beschlüsse oder sonstige Maßnahmen der Organe der Gemeindeverbände, die den Wirkungsbereich des Gemeindeverbandes überschreiten oder Gesetze oder Verordnungen verletzen, von der Aufsichtsbehörde von Amts wegen oder über Antrag aufgehoben werden.

Voraussetzung für eine Anwendung des § 100 Abs. 1 AGO 1993 ist, daß ein Beschluß oder eine Maßnahme des Gemeindeverbandes den Wirkungsbereich des Gemeindeverbandes überschreitet oder Gesetze oder Verordnungen verletzt.

Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde eine Vereinbarung zwischen der Marktgemeinde St. Paul/Lav. und der beschwerdeführenden Partei sowie Beschlüsse der beschwerdeführenden Partei aufgehoben. Begründet wurde dies im wesentlichen mit der mangelnden Zuständigkeit des Verbandsvorstandes sowie damit, daß die Schaffung einer Planstelle und deren Besetzung, die Gegenstand der Beschlüsse und der Vereinbarung war, für die Dauer der Erfüllung der Geschäfte der Marktgemeinde St. Paul/Lav. nicht erforderlich sei und dieser nicht zugute komme.

Nach § 2 Abs. 1 lit. a des Gemeindebedienstetengesetzes 1992, LGBl. Nr. 56/1992, ist der Gemeinderat bei der Feststellung des Stellenplanes an die Richtlinie gebunden, daß sich die Anzahl der Planstellen auf den zur Bewältigung der Aufgaben der Gemeinde notwendigen Umfang zu beschränken hat.

Nach § 2 Abs. 4 leg. cit. bildet der Stellenplan die Grundlage für die Besetzung der Planstellen im Verwaltungsjahr.

Auch das Gemeindevertragsbedienstetengesetz, LGBl. Nr. 95/1992, enthält Bestimmungen über den Stellenplan.

Nach § 3 Abs. 1 des Gemeindevertragsbedienstetengesetzes in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung vor der Novelle LGBl. Nr. 34/1996, ist der Stellenplan jener Teil des Voranschlages, der durch die Festlegung von Planstellen die zulässige Anzahl der Gemeindebediensteten für das betreffende Jahr bestimmt.

Nach § 3 Abs. 2 leg. cit. dürfen im Stellenplan Planstellen für Vertragsbedienstete nur in der Art und Anzahl vorgesehen werden, die zur Bewältigung der Aufgaben der Gemeinde zwingend notwendig sind.

Die Marktgemeinde St. Paul/Lav. hat eine eigene Planstelle nur zu dem Zweck geschaffen, eine Vertragsbedienstete aufzunehmen, die zur Gänze gegen Refundierung der Bezüge der beschwerdeführenden Partei zur Verfügung gestellt werden soll. Die Schaffung und Besetzung der Planstelle durch die Marktgemeinde St. Paul/Lav. erfolgte demnach nicht, weil diese Planstelle zur Bewältigung der Aufgaben der Gemeinde zwingend notwendig war. Schaffung und Besetzung dieser Planstelle verstoßen daher gegen die gesetzlichen Bestimmungen über den Stellenplan. Dieser gesetzwidrige Vorgang ist Gegenstand der zwischen der Marktgemeinde St. Paul/Lav. und der beschwerdeführenden Partei abgeschlossenen Vereinbarung, was zur Gesetzwidrigkeit dieser Vereinbarung führt.

Die Beschlüsse der beschwerdeführenden Partei sind auf Herbeiführung eines gesetzwidrigen Zustandes - Schaffung und Besetzung einer für die Bewältigung der Aufgaben der Marktgemeinde St. Paul/Lav. nicht zwingend erforderlichen Planstelle - gerichtet. Sie stehen mit der gesetzwidrigen Vereinbarung in untrennbarem Zusammenhang, schufen sie doch auf Seite der beschwerdeführenden Partei eine der Voraussetzungen für den Abschluß der Vereinbarung. Diese Beschlüsse sind daher ebenfalls gesetzwidrig.

Die Beschlüsse und die Vereinbarung erweisen sich aber auch noch aus anderen Gründen als gesetzwidrig.

Nach § 85 Abs. 4 AGO 1993 gelten für das Dienst- und Besoldungsrecht von Gemeindeverbandsbediensteten die Bestimmungen des Gemeindebedienstetengesetzes 1992 in seiner jeweils geltenden Fassung sinngemäß.

Diese Bestimmung fand sich bereits in der Allgemeinen Gemeindeordnung 1982. Durch die Wiederverlautbarung wurde der Ausdruck "Gemeindebedienstetengesetz 1958" durch Gemeindebedienstetengesetz 1992 ersetzt.

Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Allgemeinen Gemeindeordnung 1982 enthielt das Gemeindebedienstetengesetz auch Bestimmungen für Vertragsbedienstete. Durch die Novelle LGBl. Nr. 12/1995 wurden die Bestimmungen für Vertragsbedienstete aufgehoben, weil durch das Gemeindevertragsbedienstetengesetz 1992 für Vertragsbedienstete ein eigenes Gesetz geschaffen worden war.

Der Verweis im § 85 Abs. 4 AGO 1993 wurde jedoch nicht dieser neuen Rechtslage angepaßt. Dadurch entstand eine (echte planwidrige) Lücke, weil es an Bestimmungen über Vertragsbedienstete von Gemeindeverbänden fehlt. Diese Lücke ist durch analoge Heranziehung der Bestimmungen des Gemeindevertragsbedienstetengesetzes 1992 zu schließen.

Nach § 2 Abs. 1 Gemeindevertragsbedienstetengesetz entscheidet in allen Angelegenheiten des Dienst- und Besoldungsrechtes der Bürgermeister, soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist.

Nach Abs. 3 der zitierten Vorschrift tritt, soweit es sich um Dienstverhältnisse zu einem Gemeindeverband handelt, an die Stelle des Gemeinderates der Verbandsrat und an die Stelle des Bürgermeisters der Vorsitzende des Verbandes.

Eine Ausnahme von der generellen Zuständigkeit des Bürgermeisters und damit Verbandsvorsitzenden für Angelegenheiten des Dienst- und Besoldungsrechtes normiert § 4 Abs. 1 des Gemeindevertragsbedienstetengesetzes. Danach ist zur Aufnahme von Vertragsbediensteten der Gemeinderat zuständig. Auf den Schulgemeindeverband übertragen bedeutet dies, daß zur Aufnahme von Vertragsbediensteten der Verbandsrat berufen ist.

Im Beschwerdefall wurde allerdings kein Dienstverhältnis zum Schulgemeindeverband begründet. Inhaltlich kommt die Vereinbarung mit der Marktgemeinde St. Paul/Lav. - soweit die Zuständigkeit der Verbandsorgane zu beurteilen ist - jedoch einer Aufnahme der Vertragsbediensteten A.P. in ein Dienstverhältnis zum Schulgemeindeverband gleich. Eine sachliche Rechtfertigung dafür, daß anstelle der Schaffung einer Planstelle und deren Besetzung durch den Schulgemeindeverband die Form der Arbeitnehmerüberlassung gewählt wurde, gibt es nicht. Vielmehr ist aus der Beschwerde zu entnehmen, daß diese Vorgangsweise deswegen gewählt wurde, weil auf Grund der gegenwärtigen parteipolitischen Konstellationen in den Organen des Schulgemeindeverbandes die Schaffung einer Planstelle sowie die Einstellung der Vertragsbediensteten A.P. nicht zu erwarten gewesen wäre. Die Vereinbarung diente demnach dazu, die Zuständigkeit des Verbandsrates zu umgehen. Eine solche Vorgangsweise stellt einen Verstoß gegen die Befugnisse des Verbandsrates dar und ist damit gesetzwidrig. Selbst wenn es zutreffen sollte, daß die Einstellung einer Vertragsbediensteten dringend erforderlich war, der Verbandsrat aber nicht gewillt war, eine solche Einstellung vorzunehmen, rechtfertigte dies nicht eine Umgehung der Befugnisse des Verbandsrates. Für Fälle, in denen die zuständigen Organe eines Gemeindeverbandes ihren Aufgaben nicht nachkommen, stellt die Rechtsordnung andere Mittel zur Verfügung. Zu verweisen ist etwa auf das Instrument der Ersatzvornahme durch die Aufsichtsbehörde nach § 101 AGO 1993 (in Verbindung mit § 96 Abs. 4 leg. cit.) und auf die Möglichkeit des Verbandsvorsitzenden, Verfügungen, die der Beschlußfassung eines anderen Verbandsorganes bedürfen, in dringenden Fällen selbst zu treffen (§ 73 AGO 1993 in Verbindung mit § 9 Abs. 4 des Kärntner Schulgesetzes 1991, LGBl. Nr. 113).

§ 100 Abs. 1 AGO 1993 ermächtigt die Aufsichtsbehörde zur Aufhebung "sonstiger Maßnahmen". Es kann dahingestellt bleiben, ob unter "sonstigen Maßnahmen" auch "Vereinbarungen" von der Art, wie sie zwischen der beschwerdeführenden Partei und der Gemeinde St. Paul/Lav. abgeschlossen wurden, zu verstehen sind. Jedenfalls unter den Begriff der "sonstigen Maßnahmen" zu subsumieren sind die zum Abschluß dieser Vereinbarung führenden Akte, soweit es sich nicht um Beschlüsse handelt, somit also insbesondere die Abschlußakte. Wenn im Bescheid der belangten Behörde von der "Aufhebung der Vereinbarung" die Rede ist, dann erfaßt dies zwingend auch die zum Abschluß der "Vereinbarung" führenden Abschlußakte. Partner der "Vereinbarung" waren eine Gemeinde und ein Gemeindeverband, die beide der Aufsicht der belangten Behörde unterstehen und auf die § 100 Abs. 1 AGO anwendbar ist. War die Aufsichtsbehörde aber berechtigt, jedenfalls die zum Abschluß der "Vereinbarung" führenden Akte (Maßnahmen) aufzuheben und zwar in bezug auf beide Partner der Vereinbarung, dann fiel damit zwangsläufig auch die "Vereinbarung" weg.

Die beschwerdeführende Partei meint, die angefochtene aufsichtsbehördliche Maßnahme sei auch deshalb unzulässig, weil das Prinzip der Schonung der Rechte Dritter nicht beachtet worden sei. Als von der Aufhebung betroffene Dritte betrachtet sie die Marktgemeinde St. Paul/Lav. und die Vertragsbedienstete

A.P.

Nach Art. 119a Abs. 7 letzter Satz B-VG - diese Bestimmung gilt gemäß Art. 119a Abs. 10 B-VG auch für die Aufsicht über Gemeindeverbände - sind die Aufsichtsmittel unter möglichster Schonung erworbener Rechte Dritter zu handhaben.

Die Marktgemeinde St. Paul/Lav. ist kein Dritter im Sinne des Art. 119a Abs. 7 letzter Satz B-VG, weil mit dem angefochtenen Bescheid auch Beschlüsse und Maßnahmen dieser Gemeinde aufgehoben wurden. Ob Rechte der Vertragsbediensteten A.P. betroffen sind, kann dahingestellt bleiben, da die beschwerdeführende Partei nur befugt ist, ihre eigenen Rechte geltend zu machen, nicht aber diejenigen Dritter.

Da sich die mit dem angefochtenen Bescheid aufgehobenen Beschlüsse und Maßnahmen als gesetzwidrig erweisen, ist es ohne Belang, ob andere Gemeindeverbände und Gemeinden ihren Personalbedarf im Wege der Arbeitnehmerüberlassung decken.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Analogie Schließung von Gesetzeslücken VwRallg3/2/3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996100007.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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