TE Lvwg Erkenntnis 2021/8/17 VGW-031/V/060/12027/2021

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Veröffentlicht am 17.08.2021
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Entscheidungsdatum

17.08.2021

Index

90/01 Straßenverkehrsordnung
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

StVO 1960 §4 Abs1 lita
VStG 1991 §45 Abs1 Z2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Dr. Neumann über die Beschwerde der Frau A. B. gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Wien, Polizeikommissariat C., vom 6.7.2020, Zl. VStV/.../2020, betreffend Übertretungen der Straßenverkehrsordnung (StVO), nach durchgeführter öffentlicher mündlicher Verhandlung

zu Recht e r k a n n t:

I. Der Beschwerde wird in Bezug auf Spruchpunkt 1. und 2. des angefochtenen Straferkenntnisses Folge gegeben, diesbezüglich das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG eingestellt.

II. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat die Beschwerdeführerin keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.

III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

1.   Verfahrensgang

1.1.     Mit dem in Beschwerde gezogenen Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Wien wurde in Spruchpunkt 1. über die Beschwerdeführerin eine Geldstrafe in der Höhe von € 50,-- verhängt, weil diese am 15.2.2020 um 17:27 Uhr in Wien, D.-straße als Lenkerin des PKW mit dem Kennzeichen W-... mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang gestanden und ihr Fahrzeug nicht sofort angehalten haben soll, wodurch sie gegen § 4 Abs. 1 lit. a StVO verstoßen haben soll, und wurde in Spruchpunkt 2. über die Beschwerdeführerin ebenfalls eine Geldstrafe in der Höhe von € 50,-- verhängt, weil diese am oben angegebenen Ort zur oben angegebenen Zeit in Zusammenhang mit dem oben angegebenen Verkehrsunfall nicht an der Sachverhaltsfeststellung mitgewirkt habe, dass es durch Verlassen der Unfallstelle unmöglich gemacht habe, ihre körperliche und geistige Verfassung zum Unfallzeitpunkt festzustellen, weswegen sie gegen § 4 Abs. 1 lit. c StVO verstoßen haben soll.

1.2.     Dagegen erhob die Beschwerdeführerin binnen offener Frist mit Schriftsatz vom 24.10.2020 Beschwerde und brachte vor:

„Zu Punkt 1: Ich habe keinen Unfall verursacht und bin daher auch nicht vom Unfallort geflohen.

Zu Punkt 2: ich habe versucht auf der Polizeidienststelle bei der Klärung des Sachverhaltes mitzuhelfen. Und da ich wie in Punkt eins beschrieben, mir keiner Schuld bewusst bin, konnte ich zum angeblichen Zeitpunkt des Unfalles nicht bei der Aufklärung mitwirken.

…“

1.3.     Am 10.8.2021 fand vor dem Verwaltungsgericht Wien eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, in der die Beschwerdeführerin und der Zeuge BzI E. F. befragt wurde.

2.   Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin lenkte am 15.2.2020, um 17:27 Uhr an der Örtlichkeit Wien, D.-straße, das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen W-..., indem sie den dort befindlichen „G.-Parkplatz“ verließ, um sich in weiterer Folge dazu zu entschließen, noch beim Kaufhaus H. einen Kaffee einzukaufen. Eine Kollision mit einem anderen Fahrzeug am Parkplatz des Kaufhauses G. ist nicht erwiesen.

?    Beweiswürdigung

Die Feststellungen stützen sich auf die Angaben der Beschwerdeführerin, die den Ablauf ihrer Fahrt nach durchgeführtem Einkauf beim Kaufhaus G. in der mündlichen Verhandlung glaubhaft darstellen konnte, insbesonders weil sie bei ihrer Befragung kooperativ war und bei der Beantwortung der Fragen authentisch wirkte, die Antworten spontan und ohne Verzögerungen gegeben wurden sowie ihre Ausführungen widerspruchsfrei waren. Zudem ist anzumerken, dass die Beschwerdeführerin ohne Zögern das ihr vom Meldungsleger übermittelte Foto in der Verhandlung zur Einsicht anbot. Als sie feststellen musste, dass sie es nicht mehr auf ihrem Handy hatte, wurde sofort angeboten, mithilfe ihrer Tochter dieses unverzüglich noch in der Verhandlung sich schicken zu lassen bzw. ausgedruckt im Anschluss der Verhandlung unverzüglich zu übermitteln. Selbst wenn die Beschwerdeführerin die behauptete Kollision (beim Ausparken mit geringer Geschwindigkeit) nicht bemerkt haben sollte, so steht aufgrund ihrer glaubhaften Angaben der weitere Fahrverlauf mit Fahrziel „Kaufhaus H.“ nicht im Einklang mit dem Belastungszeugen. Hervorzuheben ist, dass die Beschwerdeführerin nach dem Einkauf beim Kaufhaus G. die Absicht hatte, sofort nach Hause zu fahren. Allerdings fiel ihr nach dem Anfahren ein, dass sie vergessen hatte, Kaffee zu kaufen, weswegen sie umdisponierte und noch zum Kaufhaus H. fuhr.

Der Meldungsleger ordnungsgemäß zur mündlichen Verhandlung geladen und davor auch mit Schreiben vom 8.10.2021 ersucht sämtliche verfügbaren Beweismittel mitzubringen. Der Meldungsleger erschien allerdings zur Verhandlung nicht und übermittelte auch keine Fotos und Unterlagen.

Der vom Gericht befragte Zeuge hat sich Schäden auf den Fahrzeugen nicht angesehen bzw. konnte keine Angaben dazu machen, weswegen daraus kein Beweis für die behauptete Kollision gewonnen werden kann.

Die Fotos zeigen eine Beschädigung (Lackabschürfung) auf dem Fahrzeug der Beschwerdeführerin, die vertikal über mehrere Zentimeter geht. Demgegenüber ist der Schaden am Fahrzeug des Meldungslegers ein Krater der horizontal verläuft. Bereits diese Bilder der Lackschäden mit der Unterschiedlichkeit in der horizontalen Ausbreitung lassen einen ursächlichen Zusammenhang unwahrscheinlich erscheinen.

Im Ergebnis kann der Beschwerdeführerin die angelastete gegenständliche Übertretung nicht mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit nachgewiesen werden.

3.   Rechtliche Beurteilung

Da kein Sachverhalt festgestellt werden konnte, der einem Tatbild entspricht, war spruchgemäß das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG einzustellen.

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Einstellung; ursächlicher Zusammenhang; Verkehrsunfall

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2021:VGW.031.V.060.12027.2021

Zuletzt aktualisiert am

04.04.2022
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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