TE Vwgh Erkenntnis 1996/6/26 95/20/0058

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Veröffentlicht am 26.06.1996
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
25/02 Strafvollzug;

Norm

B-VG Art132;
StVG §120 Abs1;
StVG §120;
StVG §121 Abs1;
StVG §121;
StVG §122 Abs2;
StVG §122;
StVG §90 Abs1;
VwGG §36 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Baur, Dr. Bachler und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hemetsberger, über die Beschwerde des Dr. F, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Justiz vom 15. Dezember 1994, Zl. 418.392/266-V.7/1994, betreffend Handhabung der Briefzensur, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Entscheidung vom 11. Februar 1992 gab die Leiterin der Justizanstalt Mittersteig

I. der Beschwerde des einschreitenden Strafgefangenen Dr. F vom 30. Dezember 1991 gegen die Durchführung der Überwachung des Briefverkehrs nicht Folge und II. wies ein von ihm gestelltes Ansuchen, anzuordnen, seine eingehende und ausgehende Korrespondenz nur stichprobenweise zu öffnen und sicherzustellen, daß vom Inhalt der geführten Korrespondenz von den Organen des Strafvollzuges keine Kenntnis genommen werden kann, und ihm eingehende Eil- und EMS-Briefe unverzüglich nach ihrem Einlangen (auch am Abend oder an Samstagen oder Sonntagen) auszuhändigen, zurück.

Der dagegen erhobenen Beschwerde war mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Justiz vom 3. September 1992, Z. 418.392/114-V7/1995-2, unter Berufung auf § 90 Abs. 1 Strafvollzugsgesetz BGBl. Nr. 144/1969 (idF vor der Novelle BGBl. Nr. 799/1993) keine Folge gegeben worden.

Aufgrund der dagegen erhobenen Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof leitete dieser ein Gesetzesprüfungsverfahren betreffend § 90 Abs. 1 vierter Satz StVG ein und hob in der Folge mit Erkenntnis vom 2. Dezember 1993 die genannte Bestimmung auf. Mit Erkenntnis vom selben Tag, B 1515/92-14, hob der Verfassungsgerichtshof daraufhin auch den Bescheid des Bundesministers für Justiz vom 3. September 1992 auf.

Die Aufhebung des Bescheides des Bundesministers für Justiz vom 3. September 1992 durch den Verfassungsgerichtshof hat bewirkt, daß das zugrundeliegende Verfahren in jenes Stadium zurücktritt, in dem es sich vor Erlassung des Bescheides befunden hat, und daß der Bundesminister für Justiz verpflichtet ist, "den der Rechtsanschauung des Verfassungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustand herzustellen" (§ 87 Abs. 2 VfGG), d.h. im Beschwerdefall einen dieser Rechtsauffassung entsprechenden Ersatzbescheid zu erlassen. Der mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes aufgehobene vierte Satz des § 90 Abs. 1 des Strafvollzugsgesetzes, BGBl. Nr. 144/1969, idF des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 605/1987, lautete: "Außerdem sind die von den Strafgefangenen verfaßten Briefe und Eingaben vor ihrer Absendung und die für sie eingehenden Briefe vor ihrer Aushändigung vom Anstaltsleiter oder EINEM VON IHM BESONDERS BESTELLTEN STRAFVOLLZUGSBEDIENSTETEN stichprobenweise und ansonsten insoweit zu lesen, als dies mit Rücksicht auf die psychiatrische oder psychologische Betreuung des Strafgefangenen oder deswegen erforderlich ist, weil der Verdacht besteht, daß der Brief nach Abs. 2 zurückzuhalten sein werde." Die Bedenken des Verfassungsgerichtshofes gegen diese Bestimmung gingen dahin, daß das Öffnen und Lesen der Korrespondenz eines Häftlings mit seinem Anwalt ohne konkrete Verdachtsmomente im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht gerechtfertigt sei. Diesen Bedenken trug mittlerweile die Strafvollzugsnovelle 1993, BGBl. Nr. 799/1993, durch die mit 1. Jänner 1994 neu gefaßte, die Überwachung des Briefverkehrs betreffende Bestimmung des § 90 Strafvollzugsgesetz sowie den insbesondere den Schriftverkehr mit Rechtsbeiständen regelnden § 90b leg. cit. Rechung. Der von der belangten Behörde angewandte § 90 Abs. 1 zweiter Satz Strafvollzugsgesetz in der nunmehr geltenden Fassung lautet: "Außerdem sind sie (gemeint: die Schreiben an und von Strafgefangenen) vom Anstaltsleiter oder EINEM VON DIESEM HIEZU BESTIMMTEN STRAFVOLLZUGSBEDIENSTETEN stichprobenweise und ansonsten insoweit zu lesen, als dies mit Rücksicht auf die psychiatrische oder psychologische Betreuung des Strafgefangenen oder deswegen erforderlich ist, weil der Verdacht besteht, daß ein Schreiben nach § 90a zurückzuhalten sein werde."

In der gegen den Bescheid der Leiterin der Justizanstalt Mittersteig erhobenen Beschwerde vertritt der Beschwerdeführer den Standpunkt, es seien sämtliche am 18. und 19. Dezember 1991 in der Justizanstalt eingegangenen Briefe mit den fortlaufenden Nummern 1.240-1.252, worunter sich auch Anwaltspost befunden habe, von dem damals mit der Briefüberwachung betrauten Revierinspektor S geöffnet worden. Der Beschwerdeführer erachtet sich dadurch für beschwert, daß die an ihn gerichtete Post, soweit sie keine Anwaltskorrespondenz betrifft, nicht nur stichprobenweise zensuriert, sondern von einem nur dienstzugeteilten Offiziersanwärter geöffnet und gelesen werde. Für diese Tätigkeit bedürfe es aber neben einer besonderen Bestellung durch die Anstaltsleiterin auch einer fachspezifischen Befähigung, die bei jemandem, der sich in Berufsausbildung befinde, zweifelsfrei nicht gegeben sei.

Der Beschwerdeführer stellte den Antrag, in Stattgebung der Beschwerde den angefochtenen Bescheid der Leiterin der Justizanstalt dahingehend abzuändern, daß seine eingehende und ausgehene Korrespondenz nur stichprobenweise geöffnet und sichergestellt werde, daß vom Inhalt der geführten Korrespondenz von den Organen des Strafvollzuges keine Kenntnis genommen werden kann.

Mit dem NUNMEHR angefochtenen (Ersatz)bescheid der belangten Behörde vom 15. Dezember 1994 wurde der Beschwerde wiederum nicht Folge gegeben. Im Bescheid wurde festgestellt, daß der zuständige Beamte von den am 18. und 19. Dezember 1991 insgesamt eingelangten 13 Briefen nur einen Brief, am 20. Dezember 1991 einen weiteren Brief geöffnet und der Sicherheitskontrolle unterzogen habe, was der vom Gesetz vorgegebenen stichprobenweisen Überprüfung der für Strafgefangenen einlangenden Post entspreche; unter den geöffneten Briefen habe sich keine Anwaltspost befunden. Der Beamte habe auch keinen der von ihm geöffneten Briefe gelesen.

Weiters führte die belangte Behörde aus, daß dem Beschwerdeführer kein subjektives Recht in Bezug auf die von der Anstaltsleiterin heranzuziehenden Auswahlkriterien zur Bestimmung der mit der Postüberwachung zu betrauenden Beamten sowie hinsichtlich des formellen Aktes der Betrauung zustehe, weshalb der Beschwerdeführer in einem solchen Recht durch die Betrauung von Revierinspektor S nicht habe verletzt werden können. Insoweit sei das Vorbringen des Beschwerdeführers lediglich als Aufsichtsbeschwerde zu qualifizieren, welche angesichts des Umstandes, daß es sich bei Revierinspektor S um einen erfahrenen Offiziersanwärter gehandelt habe, zu einer aufsichtsbehördlichen Verfügung keinen Anlaß gebe. Den in der Beschwerde wiederholten Anträgen für die künftige (gewünschte) Briefüberwachung - die mit Bescheid der Leiterin der Justizanstalt zurückgewiesen worden waren - fehle die gesetzliche Grundlage.

GEGEN DIESEN BESCHEID richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Der Beschwerdeführer macht zunächst geltend, daß die belangte Behörde zur Erlassung des gegenständlichen Bescheides unzuständig gewesen sei, weil dieser erst im Zuge des vom Beschwerdeführer unter der Zl. 94/20/0413 beim hg. Gerichtshof eingeleiteten Säumnisbeschwerdeverfahren am 20. Dezember 1994 nachgeholt worden sei. Im Zuge dieses Verfahrens sei mit Verfügung des Berichters vom 7. Juli 1994 entgegen § 36 Abs. 2 VwGG ursprünglich eine Frist von VIER Monaten zur Nachholung gesetzt worden, welche Frist mit Verfügung des Berichters vom 14. Dezember 1994 um weitere sechs Wochen verlängert worden sei.

Da § 36 Abs. 2 leg. cit. für die erstmalig zu erteilende Frist eine gesetzliche Höchstdauer von DREI Monaten vorsehe, sei die ursprünglich gesetzte Frist von vier Monaten gesetzwidrig gewesen. Eine derartig gesetzwidrig erteilte Frist habe aber nicht die Zuständigkeit der belangten Behörde bewirken können, auch nach Ablauf der gesetzlich vorgesehenen Frist von drei Monaten den angefochtenen Bescheid zu erlassen.

Gemäß § 36 Abs. 2 VwGG ist bei Säumnisbeschwerden nach Art. 132 B-VG der belangten Behörde aufzutragen, innerhalb einer Frist bis zu drei Monaten den Bescheid zu erlassen und eine Abschrift des Bescheides dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliegt. Diese Frist kann einmal verlängert werden, wenn die Verwaltungsbehörde das Vorliegen von in der Sache gelegenen Gründen nachzuweisen vermag, die eine fristgerechte Erlassung des Bescheides unmöglich machen.

Daß die Zustellung des nachgeholten Bescheides und die Vorlage beim Verwaltungsgerichtshof im Verfahren über die Säumnisbeschwerde erst nach Ablauf der vom Berichter insgesamt (verlängert) gesetzten Frist nach § 36 Abs. 2 leg. cit. erfolgt wäre, wird vom Beschwerdeführer nicht behauptet. Die in der genannten Bestimmung vorgesehene Fristverlängerung ist nicht absolut begrenzt, sondern hat sich deren Ausmaß an den in der Sache gelegenen Hindernissen zu orientieren. Durch die gemäß § 36 Abs. 2 VwGG gesetzte (hier verlängerte) richterliche Frist wird somit ein zeitlicher Schlußpunkt für die Zuständigkeit der belangten Behörde zur Bescheiderlassung gesetzt. Entgegen der in der Beschwerde enthaltenen Behauptung ist dem die gegenständliche Säumnisbeschwerde betreffenden hg. Akt 94/20/0413 zu entnehmen, daß die mit Verfügung des Berichters vom 7. Juli 1994 gemäß § 36 Abs. 2 VwGG (ursprünglich) festgesetzte Frist DREI Monate betrug, die der Behörde zugestellte Ausfertigung hingegen eine unrichtige Frist in der Dauer von vier Monaten vorsah. Da aber im vorliegenden Fall mit weiterer Berichterverfügung vom 14. Dezember 1994 die ursprünglich festgesetzte, unrichtig ausgefertigte Frist von drei Monaten um weitere sechs Wochen verlängert wurde, innerhalb der (zulässig) verlängerten Frist unbestritten der nachgeholte Bescheid im Sinn der zitierten Bestimmung erging, fehlt dem behaupteten (durch die Aktenlage nicht gedeckten) Umstand, daß ursprünglich eine längere als die im § 36 Abs. 2 leg. cit. angeführte Frist gesetzt wurde, die rechtliche Relevanz. Die belangte Behörde konnte aufgrund der ihr zugestellten schriftlichen Aufforderung, gemäß § 36 Abs. 2 VwGG den versäumten Bescheid binnen VIER Monaten zu erlassen - innerhalb welcher Frist jedenfalls zeitgerecht der Verlängerungsantrag gestellt worden war -, mit Recht annehmen, daß in diesem zeitlichen Rahmen (zunächst) ihre Zuständigkeit zur Nachholung des versäumten Bescheides festgesetzt wurde. Da § 36 Abs. 2 leg. cit. ausdrücklich die Verlängerung der an sich zunächst mit einer Befristung von drei Monaten zu setzenden (richterlichen) Frist vorsieht, wäre auch ein innerhalb der (wenngleich ursprünglich zu Unrecht) zu lang bestimmten, dann aber verlängerten Frist erlassener Bescheid als (noch) innerhalb des Zuständigkeitsbereiches der Behörde ergangen zu betrachten.

Die belangte Behörde war somit jedenfalls zur Erlassung des nunmehr angefochtenen Bescheides zuständig.

In der Sache selbst ist zunächst festzuhalten, daß die vorliegende Beschwerde inhaltlich gegen die Zurückweisung des vom Beschwerdeführer gestellten Ansuchens, seine eingehende und ausgehende Korrespondenz nur stichprobenweise zu öffnen und sicherzustellen, daß die Organe des Strafvollzuges vom Inhalt der geführten Korrespondenz keine Kenntnis nehmen können, nichts vorbringt; gegen die Zurückweisung seines Antrages, für ihn eingehende Eil- und EMS-Briefe unverzüglich nach ihrem Einlangen (auch am Abend oder an Samstagen oder Sonntagen) auszuhändigen, durch die Leiterin der Justizanstalt Mittersteig hatte schon die im Verwaltungsverfahren erhobene "Beschwerde nach § 120 StVG" kein Vorbringen enthalten, sodaß darauf nicht näher eingegangen werden muß. Demgemäß genügt hiezu die Anmerkung, daß das Beschwerderecht nach § 120 Abs. 1 StVG nicht dazu dient, einen Übergang der Zuständigkeit zur Erlassung genereller Anordnungen für den Vollzug (nach Art eines Feststellungsbescheides, wie ihn der Beschwerdeführer insoweit der Sache nach anstrebte) herbeizuführen. Das Beschwerderecht dient der Rechtmäßigkeitskontrolle bezüglich der im Strafvollzug getroffenen Anordnungen und Entscheidungen; eine Verpflichtung der nach § 121 Abs. 1 StVG zuständigen Organe zur Erlassung von einem Feststellungsbescheid gleichkommenden generellen Anordnungen für den Vollzug betreffend einzelne Strafgefangene läßt sich dem Gesetz nicht entnehmen.

Das Inkrafttreten der StVG-Novelle 1993 (ebenso wie das aufhebende Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes) hatte im vorliegenden Beschwerdefall dann keine inhaltliche Auswirkung auf die Entscheidung der belangten Behörde, wenn sich die im angefochtenen Bescheid getroffene Feststellung, daß der mit der Überprüfung des Briefverkehrs betraute Strafvollzugsbeamte keine Anwaltspost geöffnet habe, als schlüssig erweisen sollte. Dies ist nach hg. Auffassung auch der Fall.

Der Beschwerdeführer sieht diese Feststellung im wesentlichen deshalb als mit Verfahrensmängeln behaftet an, weil die belangte Behörde 1. ihn nicht als Auskunftsperson einvernommen, 2. Nachforschungen nach dem Verbleib einer Meldung des Revierinspektor W über die vom Beschwerdeführer behauptete Öffnung von an ihn gerichtet gewesener Anwaltspost unterlassen und 3. die Aussage des Revierinspektor S "fehlerhaft" gewertet habe.

Soweit der Beschwerdeführer damit geltend macht, daß er in seinem Recht auf Parteiengehör verletzt worden sei, ist grundsätzlich anzumerken, daß die Aufhebung eines angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung der Verfahrensvorschrift des § 45 Abs. 3 AVG dann nicht herbeigeführt werden kann, wenn sich der Beschwerdeführer darauf beschränkt, diesen Mangel aufzuzeigen, ohne darzulegen, was er vorgebracht hätte, wenn ihm die vermißte Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden wäre. Diesem Erfordernis wird die Beschwerde nicht gerecht, wenn dazu lediglich ausgeführt wird, "die Einvernahme des Beschwerdeführers hätte der belangten Behörde eine andere Sicht der Dinge gestattet". Die belangte Behörde hat auch zu Recht darauf hingewiesen, daß dem Beschwerdeführer am 7. November 1994 (im angefochtenen Bescheid irrtümlich "23. November 1994") Gelegenheit zur Stellungnahme in der Sache selbst geboten worden war; dabei wurde ihm die mit Revierinspektor W aufgenommene Niederschrift vorgehalten. Der Gegenstand dieser Einvernahme des Beschwerdeführers, die im Rahmen des von der belangten Behörde zulässig durch die Behörde erster Instanz durchgeführten ergänzenden Ermittlungsverfahrens erfolgte, war gerade der Inhalt seiner im Verwaltungsverfahren erhobenen Beschwerde ("Gegenstand der Verhandlung: Vorfall vom 19.12.1991"). Wenn sich der Beschwerdeführer darauf beschränkte zu beantragen, es möge eine Abschrift des mit Revierinspektor W aufgenommenen Protokolls seinem Rechtsvertreter übersandt werden, im übrigen aber keine weitergehenden Angaben in der Sache selbst machen wollte, so ist nicht ersichtlich, warum er in seinem Recht auf Parteiengehör verletzt worden sein soll.

Der weiters behauptete Verfahrensmangel, entgegen seinem im Verwaltungsverfahren gestellten Antrag, es mögen nicht nur die "Personalakten" des Beschwerdeführers, sondern auch die Akten der Direktion und des "Justizwachkommandos" durchgesehen werden, sei eine derartige Durchsicht nicht erfolgt, steht mit dem Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten nicht in Einklang. Gemäß dem Bericht des Leiters der Justizanstalt Wien-Mittersteig vom 13. Dezember 1994 habe eine Durchsicht der angeführten Akten ergeben, daß dort (ebenso wie in den Personalakten, wo grundsätzlich derartige Mitteilungen abgelegt würden) die nach Angaben des Beschwerdeführers von Revierinspektor W verfaßte Mitteilung nicht abgelegt worden sei. Der Beschwerdeführer beanstandet zwar in diesem Zusammenhang, ihm sei das Ergebnis einer allenfalls erfolgten Durchsicht der Akten der Direktion und des Justizwachkommandos nicht vorgehalten worden, jedoch ist nicht ersichtlich, was der Beschwerdeführer bei einem derartigen Vorhalt vorgebracht hätte und welches andere Ergebnis dabei zu erwarten gewesen wäre.

Davon ausgehend liegt kein Verfahrensmangel vor, wenn die belangte Behörde die beantragte Beischaffung des Amtsuntersuchungsberichtes des Bundesministeriums für Justiz betreffend die Strafvollzugsanstalt Mittersteig nicht für erforderlich erachtete, weil dadurch lediglich dokumentiert werden könnte, daß - wie behauptet - eine geordnete und übersichtliche Aktenführung bei der bezeichneten Justizanstalt generell nicht vorgelegen war. Die Existenz des nach den Ergebnissen des durchgeführten ergänzenden Ermittlungsverfahrens nicht vorhandenen Berichtes des Rev.Insp. W, der nur nach den Behauptungen des Beschwerdeführers vorliegen müßte, könnte somit auch durch den erwähnten Amtsuntersuchungsbericht nicht bewiesen werden. Daß gerade der angesprochene Bericht des Rev.Insp. W im Amtsuntersuchungsbericht festgehalten worden wäre, wird auch vom Beschwerdeführer nicht behauptet. Letztlich ist anzumerken, daß selbst Rev.Insp. W von einem von ihm angeblich verfaßten Bericht über geöffnete Anwaltspost keine Kenntnis zu haben behauptete und bei seiner Vernehmung angab, nach seinem Wissen sei Anwaltspost immer geschlossen übergeben worden sei.

Wenn sich die Beschwerde in weiterer Folge mit der im angefochtenen Bescheid bekämpften Feststellung, daß Rev.Insp. S die an den besagten Tagen für den Beschwerdeführer eingegangene Anwaltspost nicht geöffnet habe, auseinandersetzt und diese auf eine unrichtige Beweiswürdigung der belangten Behörde zurückführt, so ist grundsätzlich festzuhalten, daß dem Verwaltungsgerichtshof insoweit nur eine beschränkte Überprüfungsbefugnis zukommt. Die Beweiswürdigung ist nur insofern einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof zugänglich, als es sich um die Schlüssigkeit des Denkvorganges als solchen handelt. Von der Warte der dem Verwaltungsgerichtshof zukommenden Schlüssigkeitsprüfung aus kann aber die getroffene Feststellung nicht beanstandet werden. Die belangte Behörde hat die bekämpfte Feststellung nicht nur auf die die Aussage des Beschwerdeführers bestreitenden Angaben des Rev.Insp. S gestützt, sondern auch darauf, daß Rev.Insp. W angab, seiner Kenntnis nach sei die Anwaltspost regelmäßig geschlossen übergeben worden und er könne die Behauptungen des Beschwerdeführers nicht bestätigen. Der Umstand, daß der Beschwerdeführer in der von ihm genau geführten Postliste die behauptete Öffnung der Briefe nicht vermerkt hatte und er im Verwaltungsverfahren geöffnete Briefumschläge nicht vorgelegt hat, schließt zwar die Richtigkeit seiner Behauptungen nicht aus, ist aber auch nicht dazu angetan, seine Angaben als glaubwürdig einzustufen. Es kann nicht von vornherein gesagt werden, daß die Art der Öffnung und Verschließung der Briefe mit Klebebändern für die Beweisführung völlig bedeutungslos gewesen wäre. In diesem Zusammenhang ist anzumerken, daß der Beschwerdeführer noch vor Aufhebung des ursprünglichen Bescheides der belangten Behörde durch den Verfassungsgerichtshof im Verwaltungsverfahren behauptet hatte, er habe der Leiterin der Justizanstalt einen geöffneten Anwaltsbrief vorgezeigt, der zum Akt genommen worden sei, im weiteren Ermittlungsverfahren sowie auch in der Beschwerde davon aber nichts mehr erwähnte. Die seinerzeitige Leiterin der Justizanstalt Mittersteig gab zu den Beschwerdepunkten befragt an, daß sie sich lediglich erinnern könne, daß der Beschwerdeführer sich über geöffnete Anwaltspost beklagt habe, weshalb er ja dann auch die Beschwerde erhob. Von einer Meldung des Rev.Insp. W über dem Beschwerdeführer übergebene geöffnete Anwaltspost sei allerdings auch ihr nichts bekannt.

Wenn also die belangte Behörde bei Bedachtnahme auf die dargestellte Beweislage zu der Folgerung gelangte, daß (entsprechend den Angaben des Rev.Insp. S) keine für den Beschwerdeführer vorgesehene Anwaltspost geöffnet worden sei, so kann dies nicht als unschlüssig angesehen werden.

Die schließlich noch bekämpfte Annahme der belangten Behörde, daß § 90 Abs. 1 letzter Satz StVG - "Außerdem sind sie (gemeint: von Strafgefangenen verfaßte bzw. an diese eingehende Schreiben) vom Anstaltsleiter oder von einem VON DIESEM HIEZU BESTIMMTEN STRAFVOLLZUGSBEDIENSTETEN stichprobenweise und ansonsten insoweit zu lesen, als ..." - dem Beschwerdeführer kein subjektives Recht auf eine bestimmten Kriterien entsprechend bestellte Person zur stichprobenweisen Überprüfung seines Briefverkehrs einräume, kann nicht als rechtswidrig erkannt werden. Normadressat dieser Bestimmung sind die mit dem Strafvollzug betrauten Organe. Insbesondere wird dem Leiter der Justizanstalt aufgetragen, einen dem Normzweck dieser Bestimmung gerecht werdenden Strafvollzugsbediensteten auszuwählen und mit den dort genannten Aufgaben zu betrauen, ohne daß damit den davon betroffenen Strafgefangenen ein subjektives Recht auf die Teilnahme am Auswahlverfahren und die Einhaltung bestimmter Kriterien eingeräumt würde. Die vorgetragene Auffassung des Beschwerdeführers, daß der Leiter der Justizanstalt mit Rev.Insp. S eine für die übertragene Aufgabe ungeeignete Person bestellt habe, hat die belangte Behörde zu Recht als eine Aufsichtsbeschwerde gewertet, auf welche dem Einschreiter jedoch gemäß § 122 Satz 2 StVG kein Bescheid erteilt zu werden braucht. Die Rechte der Strafgefangenen betreffen nur solche Erledigungen, die den die Person des Gefangenen betreffenden Vollzug in einem Bereich berühren, auf dessen Gestaltung den Gefangenen ein unbedingtes oder bedingtes SUBJEKTIVES RECHT eingeräumt ist. Da dies im vorerwähnten Fall nicht gegeben ist, stand dem Beschwerdeführer nur die Anrufung des Aufsichtsrechts der Vollzugsbehörden offen (§ 122 leg. cit.).

Da sich somit die Beschwerde als zur Gänze unberechtigt erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Von der Durchführung der vom Beschwerdeführer beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995200058.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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