TE Vwgh Beschluss 2022/3/7 Ra 2020/12/0047

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Veröffentlicht am 07.03.2022
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz

Norm

AVG §52
AVG §53 Abs1
AVG §56
AVG §7 Abs1
AVG §7 Abs1 Z4
BDG 1979 §137
VwGVG 2014 §17

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Thoma sowie Hofrätin Mag.a Nussbaumer-Hinterauer und Hofrat Mag. Feiel als Richterin und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers MMag. Dr. Gotsbacher, über die Revision des H N in B, vertreten durch Dr. Martin Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz-Josefs-Kai 5, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. Juni 2020, W213 2196215-1/24E, betreffend Feststellung der Arbeitsplatzwertigkeit gemäß § 137 BDG 1979 und Feststellung der Gebührlichkeit einer Verwendungszulage gemäß § 34 GehG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Salzburg), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Der Revisionswerber steht seit 1. Jänner 2020 in einem öffentlich-rechtlichen Ruhestandsverhältnis zum Bund. Zuvor war er mit dem Arbeitsplatz eines Referenten im Büro für Rechtsangelegenheiten der Landespolizeidirektion Salzburg betraut. Mit Antrag vom 6. April 2017 begehrte der Revisionswerber - nach über Aufforderung der belangten Behörde erfolgter Verbesserung - die Feststellung der Wertigkeit seines ehemaligen Arbeitsplatzes und rückwirkende Flüssigmachung von etwaigen Bezugsdifferenzen. Mit Schriftsatz vom 20. März 2018 erhob der Revisionswerber Säumnisbeschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

2        Über Fristsetzungsantrag des Revisionswerbers stellte das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung zweier mündlicher Verhandlungen am 12. Dezember 2018 und 11. Februar 2020 sowie Einholung eines Gutachtens der Abteilung III/A/3 des Bundesministeriums für Kunst, Kultur, öffentlicher Dienst und Sport mit dem angefochtenen Erkenntnis die Wertigkeit des Arbeitsplatzes des Revisionswerbers als Referent im Büro für Rechtsangelegenheiten der Landespolizeidirektion Salzburg in der Zeit von 1. Jänner 2014 bis 1. Jänner 2020 mit A2/4 fest (Spruchpunkt 1.) und wies den Antrag des Revisionswerbers auf Feststellung der Gebührlichkeit einer Verwendungszulage gemäß § 34 GehG gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG ab (Spruchpunkt 2.). Die Revision erklärte das Bundesverwaltungsgericht für nicht zulässig. Es stützte sich bei Beurteilung der Wertigkeit des Arbeitsplatzes des Revisionswerbers auf das eingeholte Sachverständigengutachten.

3        Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision. In deren Zulässigkeitsbegründung wird zunächst vorgebracht, das Bundesverwaltungsgericht hätte gemäß Art. 6 EMRK eine weitere mündliche Verhandlung durchführen müssen (Hinweis auf VwGH 28.2.2018, Ra 2017/17/0703) sowie, dass ein grober Begründungsmangel des angefochtenen Erkenntnisses vorliege, weil das Bundesverwaltungsgericht mit keinem Wort inhaltlich auf die vom Revisionswerber zum eingeholten Gutachten erstattete Stellungnahme vom 17. Juni 2020 eingegangen sei; dies insbesondere im Hinblick darauf, dass durch die kurze für die Stellungnahme gesetzte Frist die Einholung eines Gutachtens durch den Revisionswerber nicht möglich gewesen sei.

4        In diesem Zusammenhang wird vorgebracht, dass das Gutachten jedenfalls in puncto Fachwissen eindeutig verfehlt und deshalb nicht verwertbar sei. Für die Beurteilung von „Fachwissen“ gelte, dass dafür keine Überlegenheit des Spezialwissens eines Sachverständigen (für Arbeitsplatzbewertung oder was immer) dem Wissen des Juristen (rechtskundigen Beamten, Richters) gegenüber, der die Entscheidung zu fällen habe, zu Grunde gelegt werden könne. Auf dem Arbeitsplatz des Revisionswerbers wie auch auf dem Richtverwendungsarbeitsplatz würden ausschließlich Arbeiten im Sinne der Rechtsanwendung ausgeführt. Somit sei dem Sachverständigen keinerlei Wissensvorrang oder Beurteilungsvorrang gegenüber dem Juristen zuzubilligen, der als Entscheidungsorgan fungiere.

5        Davon ausgehend sei es unmittelbar und zweifelsfrei als völlig abwegig zu erkennen, dass der Sachverständige für den Arbeitsplatz des Revisionswerbers und den Richtverwendungsarbeitsplatz gleiche Anforderungen in puncto Fachwissen voraussetze. Der Richtverwendungsarbeitsplatz sei nämlich auf einige wenige Teile des Zivilrechts - das Mahnverfahren, Exekutions- und Insolvenzverfahren - mit standardisiertem Vorgehen beschränkt. Im Gegensatz dazu habe der Revisionswerber auf seinem Arbeitsplatz über Kenntnisse der formellen und materiellen Verwaltungsgesetze, der einschlägigen ministeriellen Weisungen (Verwaltungsvorschriften), der Rechtsprechung der Höchstgerichte einschließlich EuGH, des Privat- und Zivilrechts, der Organisationsstruktur der Behörden und der Verzahnung von Behörde und Exekutivdienst zu verfügen gehabt und sei mit vielen verschiedenen Materiengesetzen befasst gewesen. In diesem Zusammenhang werde auf die Ausführungen zur Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften verwiesen.

6        Es gebe keine Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur speziellen Frage, was für den Fall zu gelten habe, dass in puncto Fachwissen vom Sachverständigen eine (drastische) Fehlbewertung vorgenommen werde, was für das rechtskundige Entscheidungsorgan dadurch zweifelsfrei feststehe, dass es im Wesentlichen oder sogar ausschließlich nur um Fachwissen aus dem Rechtsgebiet gehe, sodass es die volle Beurteilungskompetenz dafür habe.

7        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

9        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

10       Das der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zu Grunde gelegte Bewertungsgutachten aus dem Mai 2020 gelangte zu dem Ergebnis, dass dem ehemaligen Arbeitsplatz des Revisionswerbers ebenso wie dem Richtverwendungsarbeitsplatz „Diplomrechtspflegerin bzw. Diplomrechtspfleger in Zivilprozess, Exekutions- und Insolvenzsachen“ 357 Stellenwertpunkte zukämen, sodass der Arbeitsplatz des Revisionswerbers der Verwendungsgruppe A2 Funktionsgruppe 4 (Bandbreite der Stellenwertpunkte 345 bis 379) zuzuordnen sei.

11       In diesem Bewertungsgutachten wurde auszugsweise Folgendes ausgeführt:

ANFORDERUNGSBEREICH ‚WISSEN‘

Fachwissen: (zwischen ‚Fortgeschrittene Fachkenntnisse‘ = 7 ‚Grundlegende spezielle Kenntnisse‘ = 9 also 8)

‚Fortgeschrittene Fachkenntnisse‘ (7) erfordern das Fachwissen, das einem meisterlichen Wissen entspricht und durch den Abschluss einer höheren Schule (wie einer AHS) oder einschlägigen Lehre und facheinschlägiger Zusatzausbildungen erworben wurde.

‚Grundlegende spezielle Kenntnisse‘ (9) erfordern das Fachwissen, das von einer Absolventin oder einem Absolventen einer Universität erwartet werden kann.

Neben umfangreichen datenschutzrechtlichen Aufgaben (wie der Prüfung von EDV-Projekten, der Prüfung der Zugriffe auf Datenanwendungen, der Vergabe von Zugriffsberechtigungen, der Bearbeitung von Anträgen auf Auskunft oder Löschung verarbeiteter Daten und der Prüfung der Zulässigkeit von Datenübermittlungen an ersuchende Behörden) war der AS (Anmerkung des Verwaltungsgerichtshofes: Antragsteller) mit der Behandlung grundsätzlicher rechtlicher und oberbehördlicher Angelegenheiten der LPD, Angelegenheiten von dauerhaften Dienstanweisungen der LPD mit besonderer rechtlicher Dimension, der Bearbeitung parlamentarischer Anfragen, der Bearbeitung von Angelegenheiten der Volksanwaltschaft (einschließlich NPM-Kommissionen) und des Rechnungshofes, der Behandlung von Berichten und Anfragen der Kinder- und Jugendanwaltschaft, der Patientenanwaltschaft und anderer Menschenrechtsorganisationen befasst. Ferner war der AS mit Angelegenheiten nach dem Amtshaftungsgesetz, dem Polizeibefugnis-Entschädigungsgesetz und dem Gebührenanspruchsgesetz betraut, begleitete dienstbehördliche Verfahren durch Unterstützung bei der Bescheiderstellung und verfasste Stellungnahmen zu Gesetzes- und Verordnungsentwürfen sowie zu sicherheitsverwaltungs- und dienstrechtlichen Angelegenheiten.

Aus dem bisherigen Verfahren ergibt sich, dass der AS mehrere qualitätsvolle in der Arbeitsplatzbeschreibung angeführte Tätigkeiten nicht ausgeführt hat. So bearbeitete der AS etwa keine Fälle eines Zuständigkeitsüberganges nach § 4 Abs. 2 AVG, stellte keine Bescheide nach dem Auskunftspflichtgesetz aus, überprüfte nicht die einem Verwaltungsgericht vorzulegenden Akte und führte auch keine datenschutzrechtlichen Prüfungen von Applikationsbeschreibungen durch. Zu Videoüberwachungen verfasste der AS eine einzige Stellungnahme. Amtsrevisionen bzw. Gegenschriften an den VwGH verfasste er in dem für das Gutachten relevanten Zeitraum keine, da den Landespolizeidirektionen mit der Einführung der Verwaltungsgerichtsbarkeit im Jänner 2014 keine Zuständigkeit mehr als Berufungsbehörde zukam.

Das Verfahren hat aber auch gezeigt, dass der AS Tätigkeiten, die nicht ausdrücklich in der Beschreibung seines Arbeitsplatzes angeführt sind, verrichtete wie etwa die Prüfung der Entbindung von der Amtsverschwiegenheit gemäß § 46 BDG 1979 oder die rechtliche Prüfung und Ergänzung von Vortragsunterlagen wie zum Beispiel für das Projekt ‚Jugendrechte‘.

Zur Breite des Spektrums ist anzumerken, dass eine materielle Prüfung hinsichtlich einer Vielzahl von Rechtsgebieten (z.B. Dienstrecht, Datenschutzrecht, Waffenrecht, Kraftfahrrecht, Baurecht, Kinder- und Jugendrecht) erfolgte. Die inhaltlichen Anforderungen erreichten dabei nicht jene Tiefe, wie sie etwa bei eingriffsintensiven sicherheitspolizeilichen Bescheiden erforderlich sind. Derartige Rechtsakte erfordern eine wesentlich spezialisiertere und tiefergehendere juristische Auseinandersetzung mit den zugrundeliegenden Sachverhalten. Die dem AS eingeräumte Approbationsbefugnis erstreckte sich explizit nur auf interne Erledigungen. Externe Erledigungen waren dem Leiter des Rechtsbüros oder seinem Stellvertreter vorbehalten. Dabei ist festzustellen, dass dem Büro seit Februar 2013 eine juristisch voll ausgebildete Bedienstete der Rechtssektion des Bundesministeriums für Inneres dienstzugeteilt war und die Zuteilung der rechtlichen Fragestellungen an die Mitarbeiter durch den Büroleiter erfolgte.

Sensible Rechtsangelegenheiten wie etwa die Vertretung der Behörde vor den Verwaltungsgerichten oder die Erstattung von Stellungnahmen bei Beschwerden an die Datenschutzkommission waren dem Leiter des Rechtsbüros und seinem Stellvertreter vorbehalten.

Aus den Arbeitsplatzanforderungen, der Aufgabenverteilung und der hierarchischen Positionierung ergibt sich, dass auf der Ebene des AS ein rechtswissenschaftliches Studium nicht erforderlich war.

Auch wenn sich im Vergleich zum AS die Breite der durch die RV (Anmerkung des Verwaltungsgerichtshofes: Richtverwendung) zu bearbeitenden Rechtsmaterien (je nach Zuteilung zu einem der vier Arbeitsgebiete [Exekutions-, Insolvenz- und Zivilprozesssachen, Verlassenschafts- und Pflegschaftssachen, Grundbuch- oder Firmenbuchsachen]) eingeschränkter darstellt, ist eine tiefere materielle juristische Auseinandersetzung erforderlich, da die RV Anträge, Eingaben, Beschwerden, Ein- und Widersprüche bearbeitet, Verhandlungen führt, Zeugen und Sachverständige vernimmt und juristische Entscheidungen trifft (Erlassung von Zahlungsbefehlen, Festsetzung von Unterhaltsleistungen für Kinder, Durchführung von Kontopfändungen, ...).

Ein abgeschlossenes Rechtsstudium ist aber auch für die RV nicht erforderlich, da bestimmte kritische Entscheidungen den Richterinnen und Richtern vorbehalten sind (die Anordnung der Haft, die Vollstreckbarerklärung ausländischer Exekutionstitel, die Entscheidung über wiedersprechende Erbantrittserklärungen, die Bestellung eines Sachwalters für behinderte Personen, ...). Die Richterin bzw. der Richter können sich überdies die Erledigung einzelner Geschäftsstücke vorbehalten oder die Erledigung an sich ziehen, wenn dies nach ihrer/seiner Ansicht im Hinblick auf die tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeit der Sache oder die Wichtigkeit und die Tragweite der Entscheidung zweckmäßig ist.

Da die Beurteilung des Fachwissens vom Grundsatz getragen wird, dass es bei der Feststellung der Qualität einer Arbeit nicht allein auf das Tiefen- oder Breitenwissen ankommt, sondern dass ein Tiefenwissen, das an Breite nur gering ist, und ein Breitenwissen, dass an Tiefe nur gering ist, insgesamt als gleichwertig zu gelten haben, sind beide Arbeitsplätze hinsichtlich ihrer Wissensanforderungen gleich ausgeprägt.

Sowohl für den AS als auch für die RV ist von solchen Kenntnissen auszugehen, die von einer Absolventin/einem Absolventen einer höheren Schule (AHS), erweitert um entsprechende Aus- und Fortbildungen (Dienstprüfung, Rechtspflegerprüfung, ...) und praktische Erfahrungen, erwartet werden können. Daraus ergibt sich für beide Arbeitsplätze die eindeutige Zuordnung zum Kalkül ‚8‘.“

12       Das eingeholte Bewertungsgutachten, auf das sich das Bundesverwaltungsgericht stützte, hat sich sohin ausführlich mit der Frage der Beurteilung des ‚Fachwissens‘ des Arbeitsplatzes des Revisionswerbers im Vergleich mit dem Richtverwendungsarbeitsplatz auseinandergesetzt und hat dazu ausgeführt, dass das am Arbeitsplatz des Revisionswerbers erforderliche Breitenwissen - in Übereinstimmung mit dessen Behauptungen - zwar größer, das Tiefenwissen jedoch geringer sei, sodass von einer Gleichwertigkeit der beiden Arbeitsplätze auszugehen sei. Diesen Ausführungen wird in der Zulässigkeitsbegründung der Revision nichts entgegengesetzt.

13       Für die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision ist - allein - ihre Zulässigkeitsbegründung maßgeblich, sodass Verweisen des Revisionswerbers auf die Revisionsbegründung in diesem Zusammenhang nicht weiter nachzugehen ist (vgl. etwa VwGH 10.5.2017, Ra 2017/11/0035, mwN).

14       Ein Verfahrensmangel führt grundsätzlich nur dann zur Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses, wenn das Verwaltungsgericht bei Vermeidung des Mangels zu einem anderen, für den Revisionswerber günstigeren Ergebnis hätte gelangen können. Der Revisionswerber hat daher in der Zulässigkeitsbegründung der Revision die Relevanz des Mangels durch ein konkretes tatsächliches Vorbringen aufzuzeigen (vgl. etwa VwGH 19.2.2020, Ra 2019/12/0039). Eine derartige Relevanzdarstellung lässt die Zulässigkeitsbegründung betreffend die behaupteten Verfahrensmängel durch Unterlassung der Durchführung einer weiteren mündlichen Verhandlung (nach Durchführung zweier mündlicher Verhandlungen) und des behaupteten Begründungsmangels vermissen, wird doch dem der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zu Grunde gelegten Sachverständigengutachten betreffend die vom Revisionswerber kritisierte Bewertung des Fachwissens seines Arbeitsplatzes nichts Stichhaltiges entgegengesetzt. Das von ihm behauptete größere Breitenwissen seines Arbeitsplatzes als bei der Richtverwendung wurde im Gutachten ohnehin berücksichtigt. Dass das Sachverständigengutachten im vorliegenden Zusammenhang nicht schlüssig oder nicht nachvollziehbar gewesen sei, sodass das Bundesverwaltungsgericht das angefochtene Erkenntnis nicht darauf hätte stützen dürfen oder dass ein vom Revisionswerber eingeholtes Sachverständigengutachten zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre, wird in der Zulässigkeitsbegründung nicht ansatzweise dargelegt.

15       Auch das zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. Februar 2018, Ra 2017/17/0703 vermag den Standpunkt des Revisionswerbers nicht zu stützen, wird doch in diesem die Notwendigkeit der Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Verwaltungsstrafverfahren behandelt und nicht die im vorliegenden Fall zu beantwortende Frage der Notwendigkeit der Durchführung einer weiteren mündlichen Verhandlung nach bereits erfolgter Durchführung von mündlichen Verhandlungen.

16       Eine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG wird daher in der Zulässigkeitsbegründung im vorliegenden Zusammenhang nicht aufgezeigt.

17       Weiters wird in der Zulässigkeitsbegründung die Befangenheit des beigezogenen Amtssachverständigen geltend gemacht. Es wird ausgeführt, dem Revisionswerber sei zwar die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hiezu bekannt, dennoch sei diese Befangenheit evident und eine Judikaturwende anzustreben. Der Sachverständige gehöre zum Kreis der Erstbewerter des Bundeskanzleramtes, weshalb die gegenseitige Begutachtung durch diese Beamten (Amtssachverständigen) ausnahmslos zu dem Ergebnis führten, dass die Erstbewertung als richtig bestätigt werde. Des Weiteren wird eine Befangenheit auch aus dessen (Anmerkung des Verwaltungsgerichtshofes: nicht vorgelegter) Arbeitsplatzbeschreibung abgeleitet. Auch in diesem Zusammenhang wird auf die Revisionsbegründung verwiesen.

18       Wie bereits oben ausgeführt wurde, ist einem derartigen Verweis nicht weiter nachzugehen. Auch mit dem in der Zulässigkeitsbegründung enthaltenen Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision in diesem Zusammenhang nicht dargetan:

19       Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erfüllen die Mitarbeiter der zuständigen Fachabteilung des Bundeskanzleramtes auf Grund ihrer Ausbildung die Voraussetzungen für die Heranziehung als Amtssachverständige für Bewertungsfragen im Sinne des § 52 AVG. Aus der bloßen Zugehörigkeit eines Amtssachverständigen zu einer bestimmten Behörde und aus seiner Weisungsgebundenheit kann eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens nicht abgeleitet werden. Auch eine allfällige Teilnahme an der Erstbewertung des Arbeitsplatzes würde zu keiner Befangenheit führen, gilt doch der Befangenheitsgrund des § 7 Abs. 1 Z 5 (nunmehr: Z 4) AVG nur für die an der Erlassung des Bescheides einer unteren Instanz unmittelbar beteiligten Verwaltungsorgane, während ein Sachverständiger der an den Beweisverfahren in einer unteren Instanz teilgenommen hat, in dieser Eigenschaft auch in höherer Instanz gehört werden kann (vgl. ausführlich etwa VwGH 27.9.2011, 2009/12/0112). Auch mit der (unsubstantiierten) Behauptung, die Erstbewertung würde immer bestätigt, wird eine Befangenheit nicht aufgezeigt, wird doch damit in keiner Weise die Unrichtigkeit der vorliegenden Erstbewertung und des im Revisionsfall eingeholten Gutachtens oder allgemein von Erstbewertungen und Folgegutachten dargetan, aus der allenfalls eine Befangenheit abgeleitet werden könnte.

20       Eine aus der Beschreibung seines Arbeitsplatzes abgeleitete Befangenheit des beigezogenen Amtssachverständigen wird erstmals in der Revision behauptet. Eine Befangenheit eines Sachverständigen muss aber rechtzeitig geltend gemacht werden (im Falle seiner Einvernahme vor der Einvernahme, im Falle der Zurkenntnisbringung eines Gutachtens im zeitlichen Nahebereich nach dieser Zurkenntnisbringung). Fallbezogen wäre die Geltendmachung in der Stellungnahme des Revisionswerbers zum eingeholten Sachverständigengutachten vom 17. Juni 2020 in Betracht gekommen, wo auch das Vorliegen anderer Gründe für dessen Befangenheit behauptet wurde. Spätere Ablehnungsanträge sind gemäß § 53 Abs. 1 letzter Satz AVG nur dann zulässig, wenn die Partei neben der geltend gemachten Befangenheit auch glaubhaft macht, dass sie den Ablehnungsgrund vorher nicht erfahren habe oder wegen eines für sie unüberwindlichen Hindernisses nicht habe geltend machen können (vgl. VwGH 28.2.2008, 2006/06/0234). Dies ist im Revisionsfall nicht erfolgt. Die aus der Arbeitsplatzbeschreibung abgeleitete Befangenheit des beigezogenen Amtssachverständigen wurde daher verspätet geltend gemacht.

21       Darüber hinaus wird mit diesem erstmals in der Zulässigkeitsbegründung erstattetem Vorbringen gegen das vor dem Verwaltungsgerichtshof geltende Neuerungsverbot verstoßen.

22       Auch mit der Behauptung einer Befangenheit des beigezogenen Amtssachverständigen wurde daher eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht aufgezeigt.

23       Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 7. März 2022

Schlagworte

Befangenheit von Sachverständigen Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt Sachverständiger Bestellung Auswahl Enthebung (Befangenheit siehe AVG §7 bzw AVG §53)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2020120047.L00

Im RIS seit

28.03.2022

Zuletzt aktualisiert am

02.05.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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