TE Vwgh Erkenntnis 1996/7/5 96/02/0221

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Veröffentlicht am 05.07.1996
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/02 Novellen zum B-VG;
22/01 Jurisdiktionsnorm;
41/02 Melderecht;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

B-VG Art151 Abs9 idF 1994/504;
B-VGNov betreffend Hauptwohnsitz 1994;
HauptwohnsitzG 1994 Art8;
JN §66 Abs1;
StVO 1960 §45 Abs4 idF 1994/518;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 96/02/0222

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schwarzgruber, über die Beschwerden des K in W, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. W in W, gegen 1. den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 7. November 1995, Zl. MA 65-PB/238/95, und 2. den Bescheid des Berufungssenates der Stadt Wien vom 7. November 1995, Zl. MA 65-PB/31/95, betreffend Ausnahmebewilligungen nach § 45 Abs. 4 StVO 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid vom 5. August 1995 hat der Magistrat der Stadt Wien den Antrag des Beschwerdeführers vom 5. August 1995 auf Erteilung einer Ausnahmebewilligung gemäß § 45 Abs. 4 StVO 1960 von der im 9. Wiener Gemeindebezirk innerhalb der Kurzparkzone dieses Bezirkes für die Zeit von Montag bis Freitag (werktags) von 9.00 Uhr bis 20.00 Uhr geltenden Parkzeitbeschränkung von 11 Stunden für ein dem Kennzeichen nach näher bestimmtes Kraftfahrzeug abgewiesen. Aufgrund der dagegen erhobenen Berufung des Beschwerdeführers erließen die belangten Behörden die angefochtenen Bescheide, jeweils datiert mit 7. November 1995 (hinsichtlich des sich auf Bundesstraßen beziehenden Bescheides protokolliert zur hg. Zl. 96/02/0221 und hinsichtlich jenes betreffend Gemeindestraßen protokolliert zur hg. Zl. 96/02/0222). Darin wiesen die belangten Behörden die Berufungen jeweils als unbegründet gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab und bestätigten den erstinstanzlichen Bescheid.

Der Verfassungsgerichtshof hat mit den Beschlüssen vom 6. März 1996, B 448/96, B 449/96, die Behandlung der an ihn gerichteten Beschwerden abgelehnt und diese gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die beiden Beschwerden wegen ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Beschlußfassung verbunden und erwogen:

Der Beschwerdeführer bringt vor, er sei durch seine Dienstausübung als Beamter der Bundespolizeidirektion Wien die längste Zeit der Woche im 9. Wiener Gemeindebezirk aufhältig. Durch die zeitintensive Dienstausübung und die unregelmäßigen Dienstzeiten sei es ihm nicht möglich, täglich von seinem sogenannten Hauptwohnsitz aus die Dienststelle zu erreichen. Seinen tatsächlichen wirtschaftlichen Lebensmittelpunkt habe er in Wien; bedingt durch seine Stellung als Familienerhalter habe der wirtschaftliche Lebensmittelpunkt naturgemäß Auswirkungen auf den gesellschaftlichen privaten Lebensmittelpunkt, weil er auch die meiste Zeit, die ihm während der Woche privat zur Verfügung stehe, in Wien verbringe. Der Gesetzgeber sei in § 45 Abs. 4 StVO nur vom Mittelpunkt der Lebensinteressen ausgegangen, habe aber nicht ausgesprochen, wie die angesprochenen Lebensinteressen begründet würden und insbesondere nicht festgehalten, daß notwendigerweise private Lebensinteressen gegeben sein müßten. Die belangte Behörde habe es unterlassen, die konkreten Umstände zu erforschen, wodurch sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen des Beschwerdeführers ergeben hätte. Insbesondere habe sie es verabsäumt herauszufinden, wie oft und für welchen Zeitraum der Beschwerdeführer tatsächlich in Wien aufhältig sei, um seiner beruflichen Tätigkeit nachzukommen. Bei ordnungsgemäßer Sachverhaltsfeststellung hätte die belangte Behörde die Feststellungen zu treffen gehabt, daß der Beschwerdeführer den überwiegenden Teil der Woche in Wien aufhältig sei und es zu diesem Zweck - vor allem im Hinblick auf seine berufliche Tätigkeit - notwendig sei, in Wien tatsächlich aufhältig zu sein.

Dieses Vorbringen vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen: Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 29. März 1996, Zl. 96/02/0103, ausgeführt hat, muß der Antragsteller im betreffenden Gebiet einen Wohnsitz haben; hinsichtlich der örtlichen Anknüpfung eines Antragstellers ist durch die 19. StVO-Novelle in § 45 Abs. 4 StVO als zusätzliches und einschränkendes Kriterium normiert worden, daß der Antragsteller in dem betreffenden Gebiet auch den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen haben muß (vgl. das eine "Wochenpendlerin" betreffende hg. Erkenntnis vom 10. Mai 1996, Zlen. 95/02/0532, 0533).

Zur Klarstellung sei gesagt, daß diese Regelung im § 45 Abs. 4 StVO weder durch die B-VG-Novelle BGBl. Nr. 504/1994 (vgl. Art. 151 Abs. 9 B-VG in der zit. Fassung) noch durch das Hauptwohnsitzgesetz, BGBl. Nr. 505/1994 (vgl. dessen Art. VIII), die beide nach der 19. StVO-Novelle in Kraft getreten sind, eine Änderung erfahren hat. Schon die Wortinterpretation des § 45 Abs. 4 StVO führt aber zu dem Ergebnis, daß in diesem Regelungszusammenhang nur ein Mittelpunkt von Lebensinteressen (der durch Berücksichtigung sämtlicher Lebensumstände zu finden ist) in Betracht kommt (arg.: ..."den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen hat"...).

Bei der Beurteilung, an welchem Ort sich der "Mittelpunkt der Lebensinteressen" eines Antragstellers befindet, sind daher - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - nicht nur dessen berufliche, sondern auch die privaten Lebensumstände zu berücksichtigen. Die belangte Behörde hat hiezu aufgrund der Angaben des Beschwerdeführers als entscheidungswesentlich festgestellt, daß er zusammen mit seiner Familie in Oberösterreich ein Einfamilienhaus bewohne, wodurch trotz seiner beruflichen Tätigkeit in Wien ein engeres Naheverhältnis als zu seinem bloßen Dienstort begründet sei. Diese Annahme werde auch durch den Umstand erhärtet, daß das Kraftfahrzeug nicht in Wien, sondern in Oberösterreich zugelassen worden sei, zumal im Lichte der kraftfahrrechtlichen Vorschriften die Zulassung eines Kraftfahrzeuges durch jene Behörde zu erfolgen habe, in deren örtlichen Sprengel sich der dauernde Standort des Fahrzeuges befinde. Schon daraus ergibt sich, daß der Mittelpunkt der Lebensinteressen des Beschwerdeführers aufgrund seiner persönlichen Verhältnisse nicht im 9. Wiener Gemeindebezirk gelegen ist, sodaß die belangten Behörden im Ergebnis zu Recht das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung von Ausnahmebewilligungen verneint haben.

Da bereits der Inhalt der Beschwerden erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, waren die Beschwerden gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996020221.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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