TE Vwgh Erkenntnis 1996/7/10 96/03/0079

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Veröffentlicht am 10.07.1996
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

KFG 1967 §102 Abs2;
KFG 1967 §134;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Sauberer und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gruber, über die Beschwerde des W in K, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 12. Februar 1996, Zl. 12/202-2/1995, betreffend Übertretungen der StVO 1960 und des KFG 1967, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich der Verwaltungsübertretung nach § 7 Abs. 1 StVO 1960 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben; im übrigen, also hinsichtlich der Verwaltungsübertretung nach § 102 Abs. 2 KFG 1967, wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, am 2. Juni 1995 um 11.05 Uhr einen dem Kennzeichen nach bestimmten Kombi auf der A 13 im Gemeindegebiet von Gries am Brenner, "unmittelbar nach dem Zollamt km 34.0 bis 33.4," auf der Fahrbahn in Fahrtrichtung Innsbruck gelenkt zu haben und 1. nicht so weit rechts gefahren zu sein, wie ihm dies unter Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und ohne Gefährdung, Behinderung oder Belästigung anderer Straßenbenützer, ohne eigene Gefährdung oder ohne Beschädigung von Sachen möglich gewesen sei, indem er den linken Fahrstreifen benutzt habe, obwohl der rechte frei gewesen sei, und 2. bei km 33,4, während er beim Fahren den Lenkerplatz eingenommen habe, seinen mittelgroßen schwarzen Hund auf seinem Schoß gehabt habe, sodaß der Lenkerplatz nicht in bestimmungsgemäßer Weise eingenommen worden sei. Er habe dadurch zu 1. § 7 Abs. 1 StVO 1960 und zu 2. § 102 Abs. 2 KFG 1967 verletzt, weshalb über ihn zu 1. gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO 1960 und zu 2. gemäß § 134 KFG Geldstrafen in der Höhe von je S 700,-- verhängt wurden.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsstrafverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

1. Zur Verwaltungsübertretung nach § 7 Abs. 1 StVO 1960:

Zu Recht rügt der Beschwerdeführer, daß die belangte Behörde der ihr nach § 60 iVm § 67 AVG und § 24 VStG obliegenden Verpflichtung, in der Begründung ihres Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens und die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen klar und übersichtlich zusammenzufassen, nicht entsprochen habe. Die belangte Behörde beschränkte sich nämlich darauf, nach wörtlicher Wiedergabe der Aussagen der als Zeugen vernommenen Gendarmeriebeamten auszuführen, daß aufgrund dieser Zeugenaussagen "somit" feststehe, daß der Beschwerdeführer die ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen begangen habe. Von welchen konkreten Tatsachenfeststellungen die belangte Behörde dabei ausgegangen ist, geht aus der Begründung ihres Bescheides nicht hervor; ebensowenig läßt sich daraus entnehmen, aufgrund welcher Überlegungen den Aussagen der Zeugen der Vorzug gegenüber der damit in wesentlichen Punkten in Widerspruch stehenden Darstellung des Beschwerdeführers eingeräumt wurde. Klare Feststellungen über den maßgeblichen Sachverhalt wären umso eher geboten gewesen, als die Aussage des Zeugen C, derzufolge das auf dem rechten Fahrstreifen fahrende Gendarmeriefahrzeug bis auf etwa 5 bis 15 m auf das auf dem linken Fahrstreifen fahrende Fahrzeug des Beschwerdeführers aufgeschlossen haben könnte, im Zusammenhalt mit der Aussage des Zeugen A, wonach das Gendarmeriefahrzeug mit einer Geschwindigkeit von etwa 100 km gefahren sei, durchaus mit der Verantwortung des Beschwerdeführers, er habe nicht nach rechts gelenkt, um das "Polizeifahrzeug" nicht zu behindern, in Einklang gebracht werden könnte. Wenn dem so wäre, könnte der Vorwurf des Verstoßes gegen § 7 Abs. 1 StVO 1960 zumindest nicht hinsichtlich der gesamten in der Tatumschreibung angeführten Strecke aufrecht erhalten werden.

Der angefochtene Bescheid war daher in Ansehung der Verwaltungsübertretung nach § 7 Abs. 1 StVO 1960 gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben, weil Verfahrensvorschriften außer Acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.

2. Zur Verwaltungsübertretung nach § 102 Abs. 2 KFG 1967:

Gemäß § 102 Abs. 2 erster Satz KFG 1967 hat der Lenker den Lenkerplatz in bestimmungsgemäßer Weise einzunehmen.

Das Erfordernis "in bestimmungsgemäßer Weise" schließt ein, daß der Lenker eines Kraftfahrzeuges während der Fahrt in der für ein sicheres Lenken unerläßlichen Bewegungsfreiheit nicht eingeschränkt sein darf. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt, wenn - wie im Beschwerdefall - ein Hund auf dem Schoß des Lenkers sitzt, kann es doch - worauf schon die belangte Behörde zutreffend verwiesen hat - durch unkontrollierte und nicht voraussehbare Bewegungen des Tieres jederzeit zu Behinderungen des Lenkers bei der Bedienung des Kraftfahrzeuges kommen.

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, daß sich, als er das Kraftfahrzeug gelenkt habe, sein mittelgroßer Hund auf seinem Schoß befunden habe. Damit ist aber nach dem oben Gesagten der Tatbestand der ihm vorgeworfenen Verwaltungsübertretung verwirklicht, ohne daß es noch weiterer Feststellungen bedurft hätte. Insbesondere ist nicht entscheidend, ob gerade im Tatzeitpunkt eine konkrete Behinderung des Beschwerdeführers durch den Hund gegeben war.

Eine Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens hat der Beschwerdeführer nicht unternommen. Der Schuldspruch wegen der Verwaltungsübertretung nach § 102 Abs. 2 (erster Satz) KFG 1967 ist somit nicht als rechtswidrig zu erkennen.

Auch die Strafbemessung begegnet keinen Bedenken, zumal der Unrechtsgehalt der vom Beschwerdeführer begangenen Verwaltungsübertretung im Hinblick auf die mit einem solchen Verhalten verbundene erhebliche Gefährdung anderer Straßenbenützer nicht als unbeträchtlich zu werten ist und die über den Beschwerdeführer verhängte Geldstrafe im untersten Bereich des bis zu S 30.000,-- reichenden Strafrahmens des § 134 Abs. 1 erster Satz KFG 1967 liegt.

Wenn der Beschwerdeführer rügt, daß es die belangte Behörde unterlassen habe, seine genauen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse festzustellen, so ist ihm zu entgegnen, daß er es verabsäumt hat, die Wesentlichkeit des geltend gemachten Verfahrensmangels darzutun. Das Beschwerdevorbringen vermag somit nicht durchzuschlagen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Mai 1993, Zl. 92/03/0125).

3. Die Kostenentscheidung beruht im Rahmen des Begehrens auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996030079.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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