TE Lvwg Erkenntnis 2022/2/10 VGW-001/042/17486/2021

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Veröffentlicht am 10.02.2022
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Entscheidungsdatum

10.02.2022

Index

10/11 Vereinsrecht Versammlungsrecht
19/05 Menschenrechte
10/10 Grundrechte

Norm

VersammlungsG 1953 §14
VersammlungsG 1953 §19
EMRK Art. 10
StGG Art. 11
StGG Art. 12
StGG Art. 13

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Mag. DDr. Tessar über die Beschwerde des Herrn A. B., C., D.-straße, vertreten durch Rechtsanwaltskanzlei, gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Wien, Sicherheits- u. Verwaltungspolizeiliche Angelegenheiten, SVA Referat 3 - Vereins-, Versammlung-, Medienrechtsangelegenheiten, vom 5.11.2021, Zahl VStV/.../2021, wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 14 Abs. 1 Versammlungsgesetz 1953, zu Recht erkannt:

I. Gemäß § 31 Abs. 1 i.V.m. § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG eingestellt.

Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat die beschwerdeführende Partei keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.

2) Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz – VwGG eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig, soweit die Revision nicht bereits nach § 25a Abs. 4 Verwaltungsgerichtshofgesetz – VwGG ausgeschlossen ist.

Entscheidungsgründe

Die Landespolizeidirektion Wien erließ gegen den Beschwerdeführer folgendes Straferkenntnis:

„Datum/Zeit:       10.04.2021, 15:53 Uhr

Ort:                 1030 Wien, Am Schweizer Garten Unbekannt, mitten in den Grünflächen des Schweizer Gartens

Sie haben als Teilnehmer der Versammlung zum Thema „Gegen die Corona Maßnahmen“ es unterlassen, diese Versammlung bis spätestens 15:20 Uhr zu verlassen und auseinanderzugehen, nachdem die Versammlung vom Behördenvertreter um 15:05 Uhr für aufgelöst erklärt worden war und die Ihnen gesetzte 15-minütige Frist zum Verlassen der Versammlungsörtlichkeit verstrichen war, die Sie bis zumindest 15:53 Uhr am Versammlungsort verblieben sind.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 14 Abs. 1 Versammlungsgesetz 1953

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird (werden) über Sie folgende Strafe(n) verhängt:

Geldstrafe von € 150,00

falls diese uneinbringlich, Ersatzfreiheitsstrafe von 8 Tage(n) 17 Stunde(n)

gemäß § 19 Versammlungsgesetz 1953 idF BGBl. I Nr. 161/2013

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 — VStG zu zahlen:

€ 15,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe, jedoch mindestens € 10,00 für jedes Delikt (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich € 100,00 angerechnet).

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher

€ 165,00.

Begründung

Das Straferkenntnis stützt sich auf die Anzeige vom 10.04.2021, welche aufgrund eigener dienstlicher Wahrnehmung des Meldungslegers erstattet wurde, sowie auf das durchgeführte Ermittlungsverfahren. Ihnen wurde eine Aufforderung zur Rechtfertigung mittels RSa-Briefes übermittelt. Das Schriftstück wurde von Ihnen am 19.08.2021 übernommen.

In der Aufforderung zur Rechtfertigung wurde auf die Folgen eines unentschuldigten Nichterscheinens bzw. einer Nichtäußerung hingewiesen. Sie sind bis dato unentschuldigt nicht erschienen bzw. haben Sie keine schriftliche Stellungnahme abgegeben. Es war daher aufgrund der Aktenlage spruchgemäß zu entscheiden.

Die verhängte Strafe entspricht dem Unrechtsgehalt der vorliegenden Verwaltungsübertretung und ist im Hinblick auf die gesetzliche Strafobergrenze angemessen. Bei der Strafbemessung wurde von einem durchschnittlichen Einkommen ausgegangen und auf 5 19 VStG Bedacht genommen. Mildernd war kein Umstand zu werten.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 64 Abs 2 VStG.“

Dagegen richtet sich folgende Beschwerde, in welcher im Wesentlichen vorgebracht wird:

„I. Sachverhalt:

1. Mit vorliegendem Straferkenntnis vom 05.11.2021 wird der nunmehrige Beschwerdeführer schuldig erkannt, am 10.04.2021, um 15:53 Uhr in 1030 Wien, Am Schweizer Garten, mitten in den Grün?ächen als Teilnehmer einer Versammlung zum Thema „Gegen die Corona Maßnahmen“ es unterlassen zu haben, diese Versammlung bis spätestens 15:20 Uhr zu verlassen und auseinander zu gehen, nachdem die Versammlung von Behördenvertreter um 15:05 Uhr für ausgelöst erklärt worden war und die ihnen gesetzte 15-minütige Frist zum Verlassen der Versammlungsörtlichkeit verstrichen war, da bis zumindest 15:53 Uhr am Versammlungsort verblieben sei.

Dadurch sei die Rechtsvorschriften des § 14 Abs 1 Versammlungsgesetz 1953 verletzt worden.

Es wird eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 150,00 nach § 19 Versammlungsgesetz 1953 verhängt.

2. Gegen dieses Straferkenntnis vom 05.11.2021 richtet sich die gegenständliche Beschwerde.

II. Anträge:

Mit der vorliegenden Beschwerde über das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Wien vom 05.11.2021 zu VStV/.../2021, mit welchem der nunmehrige Beschwerdeführer zu einer Geldstrafe von EUR 150,00 verurteilt wird, zur Gänze angefochten.

Der Beschwerdeführer stellt den Antrag, das Verwaltungsgericht Wien möge das Verwaltungsstrafverfahren einstellen.

III. Begründung:

a) Mit dem gegenständlichen Straferkenntnis wird geltend gemacht, dass der Beschwerdeführer am 10.04.2021 um. 15:53 Uhr an der Versammlung zum Thema „Gegen die Corona Maßnahmen “ im Schweizer Garten in 1030 Wien teilgenommen habe. Diese Versammlung sei durch Behördenvertreter um 15:05 Uhr aufgelöst und die Teilnehmer aufgefordert werden, bis spätestens 15:20 Uhr den Versammlungsort zu verlassen.

Der Beschwerdeführer habe sich entgegen dieser Anordnung der Beschwerde noch um 15:53 Uhr am Versammlungsort aufgehalten.

b) Diese Sachverhaltsdarstellung im Straferkenntnis ist unrichtig:

1. Es ist richtig, dass der nunmehrige Beschwerdeführer mit 2 Begleiterinnen an der genannten Demonstration „Gegen die Corona Maßnahmen “ teilnahm.

Diese Versammlung fand aber entgegen dem Inhalt des Straferkenntnisses nicht in 1030 Wien, Schweizer Garten statt, sondern am „Gürtel“.

Die über 1000 Teilnehmer dieser Veranstaltung gingen am „Gürtel“ auf und ab.

Es ist richtig, dass gegen 15:00 Uhr von der Polizei Durchsagen erfolgten.

Aufgrund der Menschenansammlungen waren diese Durchsagen für den Beschwerdeführer zwar nicht verständlich, aus den Reaktionen der Teilnehmer an der Veranstaltung war aber erkennbar, dass sich diese au?ösen würde und damit beendet war.

2. Daraufhin entfernte sich auch der Beschwerdeführer und seine Begleiterinnen vom Veranstaltungsort in Richt1mg- Schweizer Garten.

Als man im Schweizer Garten vom ursprünglichen Veranstaltungsort bereits ca. 700 m entfernt war, kamen sie an den öffentlichen WC'S im Schweizer Garten vorbei.

Da eine der Begleiterinnen auf die Toilette musste, stellte sich diese an; der Beschwerdeführer und die zweite Begleiterin warteten.

Da zum damaligen Zeitpunkt nicht zuletzt aufgrund der Auflösung der Versammlung im Schweizer Garten durchaus Betrieb herrschte, hatte sich vor dem WC eine Schlange gebildet, weshalb hier eben einige Minuten gewartet werden musste.

Plötzlich erschienen Polizeibeamte und nahmen von vor dem WC-Anlangen Wartenden die Personalien auf, so auch vom nunmehrigen Beschwerdeführer.

Dieser wies im gegebenen Zusammenhang auch daraufhin, dass er die Versammlung längst verlassen hatte und hier lediglich auf seine Bekannte warte, die die WC-Anlagen aufsuchte.

Dennoch wurde die nunmehrige Anzeige erstattet.

Andere Personen, so beispielsweise auch eine der Begleiterinnen des Beschwerdeführers, wurden aus welchem Grund auch immer, nicht angezeigt.

3. Faktum ist, dass eine Übertretung des § 14 Versammlungsgesetz 1953 durch den Beschwerdeführer nicht vorliegt, da dieser den Anordnungen der Behörde entsprechend dem ursprünglichen Versammlungsort mehrere 100 Meter weit verlassen hatte.

Im Schweizer Garten fand keine Versammlung statt; der Beschwerdeführer wartete lediglich vor den öffentlichen WC-Anlagen.“

Aus dem der Beschwerde beigeschlossenen Akt ist ersichtlich:

Seitens der belangten Behörde wurde mit Schriftsatz vom 30.4.2021 gegen den Beschwerdeführer eine Anzeige gelegt, in welcher ausgeführt wurde (vgl. AS 1f):

Tatzeit:

10.04.2021, 15:53:00

Delikt:

4015026 § 40 Abs. 2 i.V.m. § 15 EpiG i.V.m. § 13 Abs. 1 und Abs. 4 4. Novelle zur 4. COVID-19-SchuMaV, BGBl. II Nr. 58/2021, zuletzt geändert durch BGBl. II Nr. 111/2021 EpiG - Corona - Veranstaltung - Besucher - Mindestabstand 2 m nicht eingehalten (Bundesweit)

Erfassertext:

Sie haben als Teilnehmer beim Betreten eines Ortes zum Zweck der Teilnahme an einer Veranstaltung gemäß § 13 Abs. 3 Z. 1, 2, 4, 7, 9, 10, 11 und 12 der 4. COVID-19-SchuaMV, nämlich einer Demonstration gegen die COVID-19 Maßnahmen, in 1030 Wien Schweizer Garten, den Abstand von mindestens zwei Metern gegenüber anderen Personen, die nicht im gemeinsamen Haushalt leben, nicht eingehalten, obwohl beim Betreten von Orten zum Zweck der Teilnahme an Veranstaltungen gemäß Abs. 3 Z 1, 2, 4, 7, 9, 10, 11 und 12 ein Abstand von mindestens zwei Metern gegenüber anderen Personen, die nicht im gemeinsamen Haushalt leben, gemäß 4. Novelle zur 4. COVID-19-Schutzmaßnahmenverordnung - 4. Novelle zur 4. Covid-19-SchuMaV, BGBl. II Nr. 58/2021, zuletzt geändert durch BGBl. II Nr. 111/2021, in der Zeit vom 15.03.2021 bis 11.04.2021 einzuhalten ist. Zusätzlich ist eine Atemschutzmaske der Schutzklasse FFP2 (FFP2-Maske) ohne Ausatemventil oder eine Maske mit mindestens gleichwertig genormtem Standard zu tragen.

Bei Zusammenkünften nach Abs. 3 Z 9 darf der Mindestabstand von zwei Metern gegenüber Personen, die nicht im gemeinsamen Haushalt leben, kurzfristig unterschritten werden.

Es wurde festgestellt, dass siehe Texte..

Tatort:

Gemeinde Wien,

Am Schweizer Garten Unbekannt

1030 Wien '' - Österreich

mitten in den Grünflächen des Schweizer Gerten

Angezeigter:

A. B., Männlich

…, E., Stbg: Österreich

Kontaktdaten:

D.-straße C.
Österreich

Zustelladresse: D.-straße C. Österreich

Zustelladresse: D.-straße C. Österreich

Texte/
Mitteilungen:

weitere Beschreibung der Tat:

Im Zuge einer COVID-19 Maßnahmen- Demonstration konnte durch Beamten der EE-Niederösterreich im Bereich eines Teichs in 1030 Wien, Schweizer Garten, eine Gruppe von Personen wahrgenommen werden welche den Mindestabstand von 2m nicht einhielten, sowie keine FFP2-Maske oder MNS trugen. Dies konnte durch die Beamten, bereits vor dem Durchschreiten einer Hecke wahrgenommen werden, da sich die Personen in der Gruppe beim Eintreffen der Beamten von einander entfernten und den 2 Abstand anschließend einhielten. Der Angezeigte B. trug um seinen Hals ein Pappschild mit der sinngemäßen Aufschrift, Masken befreit und eine andere Person der Gruppe hatte eine Österreich Fahne dabei. Auf Nachfrage warum sie sich nicht die Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID 19 einhielten und sich nach Auflösung der Versammlung noch immer am Ort der Versammlung aufhielten, trotz mehrmaliger Lautsprecher durchsagen durch die Polizei, antworteten diese, dass sie nicht wissen das hier eine Versammlung stattfindet. Jedoch war aufgrund dem Verhalten, sowie durch die Utensilien der Personen für die Beamten eindeutig, dass diese Personen mit hoher Wahrscheinlichkeit an der Demonstration teilgenommen hatten. Des Weiteren muss für eben jene Personen wie auch den Angezeigten klar gewesen sein, dass sie sich im Aktionsradius einer Demonstration befinden, da sehr hohe Polizeipräsenz, sowie unzählige Personen mit Equipment, wie Fahnen und Plakate sich im Umkreis ebenjener Gruppe aufhielten. Ausgewiesen hat sich der Angezeigte anschließend mit einem BMI Dienstausweis mit der Nummer …. Jener ist als Polizist bei der LPD NÖ angestellt.

Weiters erliegt im erstinstanzlichen Akt eine TKF-Dokumentation zum gegenständlichen Ereignis, in welchem im Wesentlichen ausgeführt wird (vgl. AS 18 – 22):

Datum:

10.04.2021

Anlass des Einsatzes:

Kundgebungen gegen die COVID-19 Maßnahmen

Einsatzort/-zeit:

Wien, Schweizer-Garten und Burging 10.04.2021,11:30 bis 19:40 Uhr

Besatzung TKF:

(Name, Dienstgrad, Dienststelle)

Kommandant: F. G., CI, BZS W Kommunikatorin: H. J., Grl, LPD Stmk PI K.

Fahrer: L. M., AI, LPD Stmk PI N. Techniker: O. P., Fl, LPD Stmk LA4 EDV

Unterstellung/Einsatzabschnitt:

Obstlt R. S., B.A. M.A., "Tosca" EA IV „Aufarbeitung"

Fahrzeugdaten:

(Funkrufname, amtliches KZ)

BP-... "TKF 2"

Auftrag:

Hinweis auf den Mindestabstand im Bereich des erwarteten Sammelortes Schweizer-Garten. Durchsagen Covid- Schutzmaßnahmen bei Versammlungsbeginn.

Durchsagen § 54/5 SPG und weitere über Auftrag.

Alle Durchsagen in Absprache mit „Tosca”

Erteilt durch:

Obstlt R. S., B.A. M.A., - "Tosca"

Laufschrift:

(Datum, Uhrzeit, Text)

10.04.2021

Wien, Schweizer-Garten-Straße Höhe Schutzweg 12:03 Uhr Laufschrift alle Seiten (qrün): HALTEN SIE DEN MINDESTABSTAND VON 2 METERN ZUEINANDER EIN

Durchgehend abgespielt bis 12:06 Uhr

Wien, Arsenalstraße Höhe Belvedere 21

12:08 Uhr Laufschrift alle Seiten (qrün): HALTEN SIE DEN MINDESTABSTAND VON 2 METERN ZUEINANDER EIN

Durchgehend abgespielt bis 12:52 Uhr

Wien, Arsenalstraße Höhe Hauptbahnhof

13:12 Uhr Laufschrift alle Seiten (qrün): HALTEN SIE DEN MINDESTABSTAND VON 2 METERN ZUEINANDER EIN Durchgehend abgespielt bis Wien, Arsenalstraße Höhe Hauptbahnhof

14:15 Uhr Laufschrift alle Seiten (grün): Gem. §54/5 SPG werden während dieser Versammlung Bild- und Tonaufzeichnungen durchgeführt.

Durchgehend abgespielt bis 15:00 Uhr

Wien, Kreuzungsbereich Gürtel / Prinz-Eugen-Straße

Uhr Laufschrift alle Seiten (grün): Diese Versammlung ist gem. Versammlungsgesetz aufgelöst!

Durchgehend abgespielt bis 15:55 Uhr

 

Wien, Kreuzungsbereich Gürtel / Prinz-Eugen-Straße

16:58 Uhr Laufschrift hinten, vorne und linke Seite (grün): Diese Versammlung ist gem. Versammlungsgesetz aufgelöst, Verlassen sie die Örtlichkeit über den Gürtel in Richtung Hauptbahnhof! 16:58 Uhr Laufschrift rechte Seite (grün): (Anmerkung: in Richtung Gürtel/Hauptbahnhof weisend)

Durchgehend abgespielt bis

Wien, Kreuzungsbereich Gürtel / Prinz-Eugen-Straße

17:08 Uhr Laufschrift alle Seiten (arün): Diese Versammlung ist gem. Versammlungsgesetz aufgelöst, Verlassen sie die Örtlichkeit über den Gürtel in Richtung Hauptbahnhof!

Durchgehend abgespielt bis 17:21 Uhr

Wien, Krzg. Bellariastraße / Ring

18:11 Uhr Laufschrift alle Seiten (grün): Gem. §54/5 SPG werden während dieser Versammlung Bild- und Tonaufzeichnungen durchgeführt.

Durchgehend abgespielt bis 18:13 Uhr

Ansonsten während des Einsatzes - Kennzeichnung (grün): TKF 2 POLIZEI

 

Durchsagen:

(Datum, Sprecherin/Sprecher, Uhrzeit, Text)

10.04.2021

Wien, Arsenalstraße Höhe Hauptbahnhof 14:45 Uhr Tonaufzeichnung (dreimal abgespielt):

„Eine Durchsage der Polizei: Gem. § 54 Abs. 5 Sicherheitspolizeigesetz werden während dieser Zusammenkunft Bild- und Tonaufzeichnungen durchgeführt. Sollten sich strafbare Handlungen ereignen, kann das gewonnene Bild- und Tonmaterial zur Ausforschung von potenziellen Straftätern verwendet werden."

 

Wien, Kreuzungsbereich Gürtel / Prinz-Eugen-Straße

15:47 Uhr Durchsage - Sprecherin: H. J., Grl

„Hier spricht die Polizei. Weil sich in dieser Versammlung gesetzwidrige Vorgänge ereignen, wie das Nichttragen der FFP2 Maske und das Nichteinhalten des Mindestabstands, wird diese Versammlung gemäß dem Versammlungsgesetz mit sofortiger Wirkung von der Landespolizeidirektion Wien aufgelöst. Sie sind verpflichtet, den Versammlungsort sogleich zu verlassen und auseinander zu gehen."

Wien, Kreuzungsbereich Gürtel / Prinz-Eugen-Straße

15:54 Uhr Durchsage - Sprecherin: H. J., Grl

„Hier spricht die Polizei. Weil sich in dieser Versammlung gesetzwidrige Vorgänge ereignen, wie das Nichttragen der FFP2 Maske und das Nichteinhalten des Mindestabstands, wird diese Versammlung gemäß dem Versammlungsgesetz mit sofortiger Wirkung von der Landespolizeidirektion Wien aufgelöst. Sie sind verpflichtet, die Örtlichkeit einzeln oder in Kleingruppen zu verlassen und auseinander zu gehen."

Wien, Kreuzungsbereich Gürtel / Prinz-Eugen-Straße

15:55 Uhr Durchsage - Sprecherin: H. J., Grl

„Hier spricht die Polizei. Weil sich in dieser Versammlung gesetzwidrige Vorgänge ereignen, wie das Nichttragen der FFP2 Maske und das Nichteinhalten des Mindestabstands, wird diese Versammlung gemäß dem Versammlungsgesetz mit sofortiger Wirkung von der Landespolizeidirektion Wien aufgelöst. Sie sind verpflichtet, die Örtlichkeit einzeln oder in Kleingruppen zu verlassen und auseinander zu gehen."

Wien, Kreuzungsbereich Gürtel / Prinz-Eugen-Straße 16:58 Uhr Durchsage - Sprecherin: H. J., Grl

„An alle anwesenden Personen. Die Landespolizeidirektion Wien gibt bekannt, dass diese Versammlung aufgelöst ist. Sie haben nun die Möglichkeit bis 17:10 Uhr einzeln oder in Kleingruppen, die Örtlichkeit inRichtung Gürtel/Hauptbahnhof zu verlassen und auseinander zu gehen. Aktuell ist es 16:58 Uhr.

Ich wiederhole:

Die Landespolizeidirektion Wien gibt bekannt, dass diese Versammlung aufgelöst ist. Sie haben nun die Möglichkeit bis 17:10 Uhr einzeln oder in Kleingruppen, die Örtlichkeit in Richtung Gürtel/Hauptbahnhof zu verlassen und auseinander zu gehen. Aktuell ist es 16:58 Uhr."

Wien, Kreuzungsbereich Gürtel / Prinz-Eugen-Straße 16:59 Uhr Durchsage - Sprecherin: H. J., Grl

„Die Polizeidirektion Wien gibt neuerlich bekannt, dass diese Versammlung aufgelöst ist. Sie haben nun die Möglichkeit bis 17:10 Uhr einzeln oder in Kleingruppen, die Örtlichkeit in Richtung Gürtel/Hauptbahnhof zu verlassen und auseinander zu gehen. Aktuell ist es 16:59 Uhr."

Wien, Kreuzungsbereich Gürtel / Prinz-Eugen-Straße 17:05 Uhr Durchsage - Sprecherin: H. J., Grl

„An alle noch anwesenden Personen:

Die Landespolizeidirektion Wien gibt neuerlich bekannt, dass diese Versammlung aufgelöst ist. Sie haben nun die Möglichkeit bis 17.10 Uhr einzeln oder in Kleingruppen, die Örtlichkeit in Richtung Gürtel/Hauptbahnhof zu verlassen und auseinander zu gehen. Aktuell ist es 17:06 Uhr."

Wien, Kreuzungsbereich Bellariastraße / Ring 18:11 Uhr Tonaufzeichnung (zweimal abgespielt):

„Eine Durchsage der Polizei:

Gem. § 54 Abs. 5 Sicherheitspolizeigesetz werden während dieser Zusammenkunft Bild- und Tonaufzeichnungen durchgeführt. Sollten sich strafbare Handlungen ereignen, kann das gewonnene Bild- und Tonmaterial zur Ausforschung von potenziellen Straftätern verwendet werden."

Wien, Kreuzungsbereich Bellariastraße / Ring

18:18 Uhr Durchsage - Sprecherin: H. J., Grl

„An die angehaltenen Personen:

Die Landespolizeidirektion Wien gibt bekannt, dass diese Versammlung aufgelöst wird, da sich strafbare Handlungen ereignet haben. Begeben sie sich einzeln, ich wiederhole: einzeln, in Richtung Bellariastraße / Museum, wo die Polizei ihre Personendaten gemäß § 118 Strafprozessordnung aufnehmen wird. Sie haben eine Mitwirkungspflicht. Halten sie ihre Ausweise bereit. Anschließend sind sie verpflichtet auseinander zu gehen.

Ich wiederhole:

Die Landespolizeidirektion Wien gibt bekannt, dass diese Versammlung aufgelöst wird, da sich strafbare Handlungen ereignet haben. Begeben sie sich einzeln, in Richtung Bellariastraße / Museum, wo die Polizei ihre Personendaten gemäß § 118 Strafprozessordnung aufnehmen wird. Sie haben eine Mitwirkungspflicht. Halten sie ihre Ausweise bereit. Anschließend sind sie verpflichtet auseinanderzugehen."

Wien, Kreuzungsbereich Bellariastraße / Ring

18:20 Uhr Durchsage - Sprecherin: H. J., Grl

„An die angehaltenen Personen:

Die Landespolizeidirektion Wien gibt noch einmal bekannt, dass diese Versammlung aufgelöst wird, da sich strafbare Handlungen ereignet haben. Begeben sie sich einzeln, in Richtung Bellariastraße / Museum, wo die Polizei ihre Personendaten gemäß § 118 Strafprozessordnung aufnehmen wird. Sie haben eine Mitwirkungspflicht. Halten sie ihre Ausweise bereit. Anschließend sind sie verpflichtet auseinander zu gehen."

Besonderheiten:

Angriff auf TKF nach Durchsage um 15:55 Uhr-siehe Bericht

Seitens des erkennenden Gerichts wurde am 20.1.2021 eine öffentlich mündliche Verhandlung durchgeführt. Die wesentlichen Abschnitte des anlässlich dieser Verhandlung aufgenommenen Verhandlungsprotokolls lauten wie folgt:

„Der Beschwerdeführer verweist auf sein bisheriges Vorbringen und führt zu seinen allseitigen Verhältnissen aus:

Einkommen: 2.300 Euro

Vermögen: ein Haus

Sorgepflichten: keine

Befragt zur konkreten Situierung des Anhalteorts zeichnet der Beschwerdeführer auf den Planausdruck Beilage 1 diesen Ort ein.

Demnach liegt dieser Ort im Bereich des am Plan ersichtlichen Kinderspielplatzes und damit etwa 350 bis 400 Meter vom Bereich Arsenalstraße Höhe Hauptbahnhof entfernt.

Weiters führt der Beschwerdeführer aus:

„Unter Beilage/2-7.lege ich Fotos von der gegenständlichen Örtlichkeit vor. Auf diesen Fotos sind auch die kontrollierenden Sicherheitswachebeamten zu sehen.

Befragt zum Foto 2, auf welchem Menschen mit zwei Fahnen ersichtlich sind bringe ich vor, dass es sich dabei höchstwahrscheinlich um Personen handelt, welche sich nach Auflösung der Versammlung vom Versammlungsort wegbegeben hatten und nun einer persönlichen Freizeitaktivität nachgingen. Deutlich ist zu sehen, dass diese Personen sich nicht zu einer gemeinsamen Kundgebung an diesem Ort hinbegeben haben bzw. dort verweilten, sondern offenkundig das schöne Wetter und den Sonnenschein nutzten um in diesem Bereich des Geländes den weiteren Nachmittag zu verbringen.

Deutlich ist auf allen Fotos jedenfalls ersichtlich, dass um mich herum sich keine Personen befunden hatten, welche gerade im Begriffe waren, ein gemeinsames politisches Anliegen kundzutun und außenwirksam zum Ausdruck zu bringen.

Es trifft zu, dass ich vor diesem Zeitpunkt an der gegenständlichen Demonstration teilgenommen hatte, doch hatte ich diese 20 Minuten vorher verlassen. Ich war gemeinsam mit der Zeugin T. U. und anderen Freunden und Freundinnen unterwegs, wie etwa auch dem auf Beilage 2 ersichtlichen Sohn von Frau V..

Der Grund warum wir uns zu diesem Zeitpunkt exakt auf diesem Ort aufgehalten haben, war schlicht der Umstand, dass sich dort eine öffentliche Toilette befunden hatte und einige meiner Freunde diese aufsuchten. Im konkreten Fall befand sich gerade mindestens eine dieser Personen auf der Toilette.

Befragt, warum wir uns auch noch 20 Minuten nach dem Verlassen der Demonstration im Umkreis von etwa 300 bis 400 Meter vom ursprünglichen Demonstrationsort befunden hatten, gebe ich an, dass sich aus verständlichen Gründen vor der gegenständlichen Toillette am Spielplatz eine Menschentraube gebildet hatte, und wir daher etwa 20 Minuten warten mussten, bis auch der bzw. die erste von uns die Toilette aufsuchen konnte.“

Der Verhandlungsleiter stellt fest, dass auf diesem Foto – abgesehen von den Sicherheitswachebeamten - ausschließlich Personen abgebildet sind, welche sich ausschließlich zu privaten Zwecken auf diesem Spielpatz aufhielten. Nach dem äußeren Gehabe und derem Verhalten unterscheiden sich diese nicht vom typischen Verhalten eines üblichen Besuchers dieser Örtlichkeit.

Keine dieser Personen brachte in diesem Bereich in irgendeiner Weise ihre politische Gesinnung zum Ausdruck, und schon gar nicht in gemeinsamer Weise.

Zeugin: U. T.

„Ich kenne den Beschwerdeführer und habe an der gegenständlichen Demonstration teilgenommen. Nach der uns zur Kenntnis erlangten Mitteilung von der Auflösung der Demonstration haben wir unverzüglich den Demonstrationsort verlassen. Ich würde schätzen, dass das mindestens 20 Minuten vor der gegenständlichen Anhaltung gewesen ist. Da die Demonstration im Bereich der Prinz-Eugen-Straße und der Arsenalstraße stattgefunden hatte, verließen wir diese in die nächstgelegene Richtung, und dies war die Richtung zum Schweizer-Garten. Wir hatten keine Eile und kamen zum gegenständlichen Spielplatz, auf welchen wir auf eine Menschentraube vor einer öffentlichen Toilette aufmerksam wurden. Bei dieser Gelegenheit beschlossen auch wir, diese Toilette aufzusuchen und uns anzustellen. Wir stellten uns sicherlich etwa 20 Minuten an. Zum Zeitpunkt der Kontrolle war glaublich noch einer unserer Freunde oder eine unserer Freundinnen auf der Toilette. Im gesamten Umkreis von diesem Spielplatz befanden sich nur Personen, welche sich sichtlich ausschließlich zu privaten Zwecken, und nicht zum Zweck der Bekanntgabe einer politischen Manifestation befunden hatten. Ich habe nicht darauf geachtet, ob es sich um ehemalige Versammlungsteilnehmer handelt, doch scheint es sich nach Vorhalt des Fotos 2 dabei auch um ehemalige Versammlungsteilnehmer gehandelt zu haben. Keiner von uns wäre auf die Idee gekommen, dass sich der gegenständliche Spielplatz zum Zeitpunkt der Anhaltung im Bereich der Örtlichkeit, welche nach dem Versammlungsgesetz als Demonstrationsort einzustufen ist, befunden hat.

Unter Beilage 8 zeichne ich etwa den Ort ein, wo wir angehalten worden sind.“

Zeuge: Insp. X. Y.

„Ich kann mich an den gegenständlichen Vorfall noch erinnern. Dies deshalb, da ich, und das ist untypisch den Auftrag erhalten hatte, die gegenständliche Anzeige (Akt Seite 1 und Seite 2) verfasst habe. Zudem habe ich auch deshalb eine Erinnerung, weil ich an diesem Tag außerhalb meines typischen Dienstortes in Wien den Dienst versehen habe.

An diesem Tag fand eine COVID-Demonstration statt.

Ich hatte mit meinem Kollegen den Einsatzbefehl bekommen, mit einem Mannschaftstransporter zur Arsenalstraße oder einer Nebenstraße zu fahren. Dort kamen wir glaublich etwa 5 Minuten vor der gegenständlichen Anhaltung an.

Wir kamen aus der Richtung Matzleinsdorfer Platz, überquerten die Kreuzung des Gürtels mit der Arsenalstraße und parkten etwas danach am rechten Fahrbahnrand des Gürtels. Diesen Bereich der Abstellung zeichne ich ein (Beilage 9). Es war ohne weiteres möglich diese Kreuzung zu passieren. Meiner Erinnerung nach standen keine Demonstranten am Gürtel. Bei Passieren der Kreuzung nahm ich mehrere Personen auf der Fahrbahn der nächstgelegenen Arsenalstraße wahr.

Ich kann nicht angeben, welche konkreten Einsatzbefehl meine Einsatzkommandantin damals erhalten hatte, jedenfalls gab diese an uns den Einsatzbefehl, dass wir nach dem Anhalten des Fahrzeuges den Bereich des Schweizer Gartens durchstreifen sollen und die dort anwesenden Demonstranten betreffend die Vorgaben der Maskenpflicht, des Abstandes und des Umstandes der erfolgten Auflösung der in diesem Bereich zuvor polizeilich dokumentierten Demonstration beamtshandeln sollen.

Als ich ausstieg nahm ich im Schweizer Garten Personen wahr, welche ich aus dem Grund als Demonstranten einstufe, da diese Fahnen, Pappschilder und Megaphone mit sich trugen. Zudem befanden sich auch Personen dort, welche keine dieser Utensilien bei sich trugen.

Diese Leute standen größtenteils dort und unterhalten sich. Manche Leute hörten Musik, welche offenkundig privater Natur waren und keinen Bezug zu einer politischen Manifestation hatten. Andere Handlungen nahm ich bei diesen Personen nicht erinnerlich wahr. Abgesehen von den Utensilien, die die Personen bei sich trugen, nahm ich keinerlei Handlungen oder Äußerlichkeiten wahr, welche darauf schließen ließen, dass diese aktuell im Begriff sind ihre politische Gesinnung zu manifestieren.

Befragt kann ich mich sogar an die konkrete Kontrolle des Beschwerdeführers erinnern. Dies deshalb, da er sich mit einem Dienstausweis der LPD Niederösterreich ausgewiesen hatte. Glaublich ist mir nur ein weiteres Mal erinnerlich, dass bei einer Demonstration ein Demonstrant beamtshandelt wurde, welcher sich mit dem Dienstausweis einer Polizei ausgewiesen hatte, ich kann mich erinnern, dass ich vor dem ansichtig werden des Beschwerdeführers eine Hecke durchschritten hatte und eine Gruppe von mindestens vier Personen wahrgenommen hatte, welche nicht im ausreichenden Abstand und ohne FFP2-Maske herumstanden. Ich kann mich nicht mehr genau erinnern, in welchem Bereich des Schweizer Gartens ich diese Personen gesehen hatte. Ich mache einen Kreis und füge die Ziffer 2 ein, wo ich annehme, dass dies gewesen sein könnte.

Ich ging mit meinem Gruppenkommandanten und glaublich 4 bis 5 weiteren Kollegen zu diesen hin und teilte ihnen ein Kollege mit, dass sie gehalten sind die Masken- und Abstandpflicht einzuhalten und daher aktuell gegen diese gesetzliche Vorgabe verstoßen. Es wurden die Daten aufgenommen. Bei dieser Datenaufnahme wies sich der Beschwerdeführer mit diesem Dienstausweis aus.

Unmittelbar daraufhin bekamen wir den weiteren Auftrag uns wieder zu einem anderen Ort zu begeben. Ich kann nicht mehr angeben, zu welchem Ort und zu welchem Zweck wir uns dorthin begeben sollten.

Der Polizist auf Beilage 3 bin ich.“

Im Anschluss an die Verhandlung beantragte der Beschwerdeführer eine Ausfertigung der Entscheidung.

Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:

Gemäß § 13 Abs. 1 Versammlungsgesetz 1953, BGBl. Nr. 98/1953, ist, wenn eine Versammlung gegen die Vorschriften dieses Gesetzes veranstaltet wird, sie von der Behörde (§§ 16 und 17) zu untersagen und nach Umständen aufzulösen.

§ 14 Versammlungsgesetz lautet wie folgt:

„(1) Sobald eine Versammlung für aufgelöst erklärt ist, sind alle Anwesenden verpflichtet, den Versammlungsort sogleich zu verlassen und auseinanderzugehen.

(2) Im Falle des Ungehorsams kann die Auflösung durch Anwendung von Zwangsmitteln in Vollzug gesetzt werden.“

§ 19 Versammlungsgesetz lautet wie folgt:

„Übertretungen dieses Gesetzes sind, insofern darauf das allgemeine Strafgesetz keine Anwendung findet, von der Bezirksverwaltungsbehörde, im Gebiet einer Gemeinde, für das die Landespolizeidirektion zugleich Sicherheitsbehörde erster Instanz ist, aber von der Landespolizeidirektion, mit Arrest bis zu sechs Wochen oder mit Geldstrafe bis zu 720 Euro zu ahnden.“

Gemäß § 14 Abs. 1 Versammlungsgesetz 1953 sind alle Anwesenden, sobald eine Versammlung für aufgelöst erklärt ist, verpflichtet, den Versammlungsort sogleich zu verlassen und auseinander zu gehen.

Gemäß Artikel 10 Abs. 1 EWMRK hat jedermann Anspruch auf freie Meinungsäußerung. Dieses Recht schließt die Freiheit der Meinung und die Freiheit zum Empfang und zur Mitteilung von Nachrichten oder Ideen ohne Eingriffe öffentlicher Behörden und ohne Rücksicht auf Landesgrenzen ein. Dieser Artikel schließt nicht aus, dass die Staaten Rundfunk-, Lichtspiel- oder Fernsehenunternehmen einem Genehmigungsverfahren unterwerfen.

Gemäß Artikel 10 Abs. 2 EMRK kann, da die Ausübung dieser Freiheiten Pflichten und Verantwortung mit sich bringt, sie bestimmten, vom Gesetz vorgesehenen Formvorschriften, Bedingungen, Einschränkungen oder Strafdrohungen unterworfen werden, wie sie in einer demokratischen Gesellschaft im Interesse der nationalen Sicherheit, der territorialen Unversehrtheit oder der öffentlichen Sicherheit, der Aufrechterhaltung der Ordnung und der Verbrechensverhütung, des Schutzes der Gesundheit und der Moral, des Schutzes des guten Rufes oder der Rechte anderer unentbehrlich sind, um die Verbreitung von vertraulichen Nachrichten zu verhindern oder das Ansehen und die Unparteilichkeit der Rechtsprechung zu gewährleisten.

Gemäß Artikel 11 Abs. 1 EMRK haben alle Menschen das Recht, sich friedlich zu versammeln und sich frei mit anderen zusammenzuschließen, einschließlich des Rechts, zum Schutze ihrer Interessen Gewerkschaften zu bilden und diesen beizutreten.

Gemäß Artikel 11 Abs. 2 EMRK darf die Ausübung dieser Rechte keinen anderen Einschränkungen unterworfen werden als den vom Gesetz vorgesehenen, die in einer demokratischen Gesellschaft im Interesse der nationalen und öffentlichen Sicherheit, der Aufrechterhaltung der Ordnung und der Verbrechensverhütung, des Schutzes der Gesundheit und der Moral oder des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer notwendig sind. Dieser Artikel verbietet nicht, dass die Ausübung dieser Rechte durch Mitglieder der Streitkräfte, der Polizei oder der Staatsverwaltung gesetzlichen Einschränkungen unterworden wird.

Gemäß Artikel 12 Staatsgrundgesetz über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger (StGG) haben die österreichischen Staatsbürger das Recht, sich zu versammeln und Vereine zu bilden. Die Ausübung dieser Rechte wird durch besondere Gesetze geregelt.

Gemäß Artikel 13 StGG hat jedermann das Recht, durch Wort, Schrift, Druck oder durch bildliche Darstellung seine Meinung innerhalb der gesetzlichen Schranken frei zu äußern.

Es entspricht der verfassungsgerichtlichen Judikatur, dass im Interesse der Versammlungsfreiheit die Inkaufnahme eines gewissen Maßes von Beeinträchtigungen des öffentlichen Verkehrs bzw. einer gewissen Störung der normalen Abläufe zum Kerngehalt der Versammlungsfreiheit gehört und daher hinzunehmen ist, da ansonsten die Versammlungsfreiheit leer laufen würde (VfSlg 19.528).

Der Begriff „Versammlung“ ist weder in den verfassungsrechtlichen Grundlagen (Art 12 StGG und Art 11 Absatz 1 EMRK) noch im Versammlungsgesetz definiert. Nach übereinstimmender Rechtsprechung und Literatur wird unter einer „Versammlung“ das bewusste Zusammenkommen von Menschen zum gemeinsamen Zweck der Erörterung von Meinungen oder der Kundgabe von Meinungen an andere verstanden. Nach der ständigen Judikatur des VfGH ist eine Zusammenkunft mehrerer Menschen nur dann als Versammlung iS des VersG zu werten, wenn sie in der Absicht veranstaltet wird, die Anwesenden zu einem gemeinsamen Wirken (Debatte, Diskussion, Manifestation usw.) zu bringen, sodass eine gewisse Assoziation der Zusammengekommenen entsteht. Eine "Versammlung" im Sinne des VersG ist daher eine Zusammenkunft mehrerer Menschen, die in der Absicht veranstaltet wurde, die Anwesenden zu einem gemeinsamen Wirken (Debatte, Diskussion, Manifestation usw.) zu bringen, sodass eine gewisse Assoziation der Zusammengekommenen entsteht. Im Falle einer nicht angezeigten oder über den angezeigten Zeitraum hinaus verlängerten Zusammenkunft ist für das Vorliegen einer Versammlung jenes Bild maßgeblich, das sich den einschreitenden Organen an Ort und Stelle bietet (vgl. VwGH 22.3.2018, Ra 2017/01/0359, 29.03.2004, 98/01/0213 mwN).

Laut Google-Maps sind die gegenständlich relevanten Örtlichkeiten wie folgt planmäßig darstellbar:

Screenshot (1)

Festgestellt wird, dass die angelastete Tatörtlichkeit auf einem Weg des Teils des Schweizergartens liegt, welcher zwischen der Arsenal-Straße, der Schweizer-Garten-Straße und dem Wiedner Gürtel liegt.

Bei Zugrundelegung der Ausführungen des Beschwerdeführers, der Zeugin und der vom Beschwerdeführer vorgelegten Fotos steht fest, dass der Anhalteort nächst der im Bereich des Kinderspielplatzes befindlichen öffentlichen Toilette gelegen war. Dieser Spielplatz liegt etwa 300 bis 400 Meter vom Ort der zum damaligen Zeitpunkt noch im Gange gewesenen Demonstrationsmanifestation im Bereich der Arsenalstraße nächst Hauptbahnhof entfernt.

Bei Zugrundelegung der vorgelegten Fotos, welche sichtlich während der Amtshandlung aufgenommen worden sind, sowie der übereinstimmenden Angaben des Beschwerdeführers und der ZeugInnen steht zudem fest, dass im Bereich des Anhalteorts sich ausschließlich Personen zur Wahrnehmung privater Interessen, wohl auch aufgrund des schönen Wetters, aufgehalten haben. Das Verhalten unterschied sich sichtlich nicht vom Verhalten üblicher Parkbesucher. Keine dieser Personen brachte in diesem Bereich in irgendeiner Weise ihre politische Gesinnung zum Ausdruck, und schon gar nicht in gemeinsamer Weise.

Einzig manche mit sich geführte Fahnen und Schilder etc. ließen darauf schließen, dass einige dieser Personen zuvor an der gegenständlichen Demonstration teilgenommen hatten, und sich sichtlich – denkmöglich in Entsprechung der Weisung, sich vom Versammlungsort wegzubegeben – von der Demonstration und der Menschenansammlung, welche sich zusammen gefunden hatte, um gemeinschaftlich ihre politische oder sonstige Gesinnung zum Ausdruck zu bringen, entfernt hatten.

Diese Feststellungen gründen somit auf den schlüssigen und glaubwürdigen Ausführungen des Beschwerdeführers und der ZeugInnen, welche zudem im Einklang mit der obdargestellten TKF-Dokumentation stehen, wonach die Zusammenkunft der Versammlungsteilnehmer der gegenständlichen Versammlung um 15.55 Uhr (daher zum angelasteten Zeitpunkt) im Bereich des Kreuzungsbereichs Gürtel/Prinz-Eugen-Straße stattgefunden und in diesem Bereich um 15.54 Uhr mittels Durchsage die Versammlung (neuerlich) als aufgelöst erklärt wurde. Zuvor war die Versammlung um 14.45 Uhr in der Arsenalstraße Höhe Hauptbahnhof für aufgelöst erklärt worden, sodass davon auszugehen ist, dass mehr als eine Stunde vor dem angelasteten Zeitpunkt sich Versammlungsteilnehmer in diesem Bereich aufgehaltenhatte. Dagegen findet sich in dieser Dokumentation keinerlei Indiz, dass sich nicht nur in diesen Straßenzügen, sondern zudem auch auf den Wegen des Schweizer Gartens jemals Personen zum Zwecke der Er

Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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