TE Lvwg Erkenntnis 2021/12/22 LVwG 41.25-3250/2021

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Veröffentlicht am 22.12.2021
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Entscheidungsdatum

22.12.2021

Index

50/01 Gewerbeordnung

Norm

GewO 1994 §13 Abs1 Z1 litb
GewO 1994 §13 Abs1 Z2
TilgG 1972 §6

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hat durch den Richter Mag. Michael Hackstock über die Beschwerde des Herrn B C, geb. am ****, Kberg, Mbogen, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bruck-Mürzzuschlag vom 29.10.2021, GZ: BHBM-300368/2021-3,

z u R e c h t e r k a n n t:

I.     Gemäß § 28 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 109/2021 (im Folgenden VwGVG), wird der Beschwerde vom 11.11.2021 keine Folge gegeben.

II.    Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz, BGBl Nr. 10/1985 idF BGBl I Nr. 109/2021 (im Folgenden VwGG), eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Auf Grund der dem Landesverwaltungsgericht Steiermark mit Eingabe vom 16.11.2021 vorgelegten Beschwerde des Herrn B C vom 11.11.2021 und des dieser angeschlossenen Verwaltungsverfahrensaktes ergibt nachstehender Sachverhalt:

Mit dem im Spruch dieses Erkenntnisses näher bezeichneten Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bruck-Mürzzuschlag vom 29.10.2021 wurde aufgrund der Gewerbeanmeldung des Herrn B C auf Rechtsgrundlagen § 13 Abs 1 iVm § 340 Abs 1 und 3 Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994), BGBl. Nr. 194/1994 idgF BGBl. I Nr. 65/2020, festgestellt, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung des Gewerbes „Gastgewerbe in der Betriebsart Verabreichung von Speisen in einfacher Art und Ausschank von nichtalkoholischen Getränken und von Bier in handelsüblichen verschlossenen Gefäßen, wenn hiebei nicht mehr als acht Verabreichungsplätze (zum Genuss von Speisen und Getränken bestimme Plätze) bereitgestellt werden“ durch die Herrn B C, geboren am **** in S, auf dem Standort Kberg, Wstraße, nicht vorliegen und wurde die Gewerbeausübung untersagt.

Bescheidbegründend führte die Gewerbebehörde im Ergebnis die rechtskräftige, im Strafregister der Republik Österreich aufscheinende Verurteilung [Urteil des LG Innsbruck 026 HV 125/2016k vom 09.02.2017, RK 14.02.2017, wegen § 15 StGB, § 299 (1) StGB, §§ 288 (1 u 4) StGB, mit dem Datum der (letzten) Tat: 16.08.2016, ins Treffen, mit welcher der Einschreiter zu einer Geldstrafe von 240 Tagsätzen zu je € 4,00 (€ 960,00), im Nichteinbringungsfall 120 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, davon Geldstrafe von 120 Tagsätzen zu je € 4,00 (€ 480,00), im Nichteinbringungsfall 60 Tage Ersatzfreiheitsstrafe bedingt mit einer Probezeit von drei Jahren verurteilt wurde, wobei als Vollzugsdatum der 13.09.2018 im Strafregister eingetragen war und nach dem Stand der Strafregistereintragung die Tilgung voraussichtlich mit 13.09.2023 eintreten werde.

Gemäß § 45 Abs 1 AVG bedürften Tatsachen, die bei der Behörde offenkundig seien und solche, für deren Vorhandensein das Gesetz eine Vermutung aufstelle, keines Beweises und sei Gegenstand des gemäß § 45 Abs 3 AVG einzuräumenden Parteiengehörs der von der Behörde festzustellende Sachverhalt. Die Gewährung rechtlichen Gehörs erstrecke sich hierbei ausschließlich auf das Ergebnis der Beweisaufnahme und dies auch nur dann, wenn es sich nicht um Beweismittel handle, die die Partei selbst vorgelegt habe oder auf die sie sich berufen habe. Die Würdigung der Beweismittel und die darauf gestützte rechtliche Schlussfolgerung, wie überhaupt die rechtliche Beurteilung durch die Behörde würden hingegen nicht dem Parteiengehör unterliegen, da ein Gewerbeausschlussgrund gemäß § 13 Abs 1 GewO 1994 vorliege, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Gegen diesen Bescheid Herr B C am 11.11.2021 unter Vorlage eines Strafregisterauszuges der Stadtgemeinde Kberg vom 03.11.2021 Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Steiermark, wobei beschwerdebegründend ausgeführt worden sei, dass in diesem Strafregisterauszug Strafen nicht mehr aufscheinen würden, sodass er aufgrund der diesbezüglichen Löschung, nach Rücksprache mit der juristischen Abteilung der WKO Bruck gegen den Bescheid Beschwerde einlegen wolle. Die Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung wurde nicht beantragt.

Im Verfahrensgegenstand wurde das rechtskräftige Strafurteil von Seiten des Verwaltungsgerichtes vom zuständigen Landesgericht Innsbruck angefordert und die diesbezügliche Eingabe des LG Innsbruck vom 07.12.2021, welches auch von einem voraussichtlichen Tilgungseintritt mit 13.09.2023 ausging, dem Beschwerdeführer mit dem Hinweis, dass die gegenständliche Verurteilung nicht als getilgt anzusehen sei und ein Gewerbeausschlussgrund nach § 13 Abs 1 GewO 1994 vorliegend sei, im Rahmen des Parteiengehörs übermittelt und ihm die Möglichkeit der Abgabe einer Stellungnahme innerhalb einer Woche ab Zustellung dieses Schreibens eingeräumt.

Eine Stellungnahme des Beschwerdeführers ging beim Verwaltungsgericht nicht ein.

In entscheidungsrelevanter Hinsicht stellt das Landesverwaltungsgericht Steiermark im Beschwerdefall fest, dass Herr B C, geb. am **** in S, Türkei, mit am 14.02.2017 rechtskräftigem Urteil des LG Innsbruck zu 026 HV 125/2016k, wegen 1. des Vergehens der falschen Beweisaussage nach § 288 Abs 1 und 4 StGB und 2. des Vergehens der versuchten Begünstigung nach den §§ 15, 299 Abs 1 StGB, unter Anwendung der §§ 28, 37 Abs 1 StGB nach § 288 Abs 1 StGB zu einer Geldstrafe in Höhe von € 240,00 Tagessätzen (im Uneinbringlichkeitsfall 120 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) sowie gemäß § 389 Abs 1 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt wurde, wobei ein Teil der Gelstrafe in der Höhe von 120 Tagessätzen (im Uneinbringlichkeitsfall 60 Tage Ersatzfreiheitsstrafe), unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren gemäß § 43a Abs 1 StGB bedingt nachgesehen wurde.

Diesem Urteil lag nachstehender Sachverhalt zugrunde:

Der Angeklagte B C …. „hat am 16.08.2016 in Innsbruck

1. vor Beamten der Verkehrsinspektion Innsbruck als Zeuge bei seiner förmlichen Vernehmung zur Sache im Ermittlungsverfahren gegen D E durch die Aussage: “... D E fuhr mit normaler Geschwindigkeit am rechten Fahrstreifen geradeaus Richtung Westen- zum Unfallszeitpunkt herrschte starkes Verkehrsaufkommen. Die dortige Ampelanlage war auf Grünlicht geschalten, weshalb D E in die Kreuzung einfuhr. Wir standen mit unserem Fahrzeug etwas über der Kreuzungsmitte in der genannten Fahrtrichtung. Fahrzeuge, welche in Richtung Norden fuhren, bekamen auf ihrer Ampelanlage Grünlicht, weshalb diese losfuhren. Die Motorradlenkerin dürfte uns zu spät bemerkt bzw. übersehen haben, weshalb sie in unser stehendes Fahrzeug auffuhr und es deshalb zum Unfall kam. D E versuchte noch, etwas vorzufahren bzw. nach links auszuweichen, was auf Grund der linkseinbiegenden Fahrzeuge nicht möglich war. Ich habe gehört, dass uns jemand im hinteren Bereich des Fahrzeuges auffuhr..." in einem Ermittlungsverfahren nach der Strafprozessordnung vor der Kriminalpolizei falsch ausgesagt.

2. dadurch den D E, der eine fahrlässige Körperverletzung, somit eine mit Strafe bedrohte Handlung, begangen hatte, der Verfolgung absichtlich ganz zu entziehen versucht.“

Hinsichtlich der Strafbemessungsgründe führte das Strafgericht als mildernd die Unbescholtenheit, die teilweise Geständigkeit und den Umstand, dass eine Tat bei Versuch geblieben ist, ins Treffen. Erschwerend wurde das Zusammentreffen zweier Vergehen angenommen.

Der unbedingte Geldteil der Gelstrafe wurde am 13.09.2018 vollzogen und ein Teil der Geldstrafe mit Beschluss des LG Innsbruck vom 20.02.2020 zu 026 HV 125/2016k endgültig nachgesehen.

Der belangten Behörde wurde bis dato ein entsprechendes Nachsichtsansuchen nach § 26 GewO 1994 nicht übermittelt.

Festgestellt wird demnach, dass hinsichtlich der genannten Verurteilung bis dato Tilgung nicht eingetreten ist.

Dieser Sachverhalt ergibt sich in unbedenklicher Weise aus dem behördlichen Verfahrensakt und der darin erliegenden Urkunden sowie auf Basis der von Seiten des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark gesetzten Ermittlungsschritte, wobei das grundsätzliche Vorliegen der genannten strafrechtlichen Verurteilung beschwerdeführerseitig nicht bestritten wurde, sondern dieser lediglich von einer „Löschung“ der Verurteilung im von ihm vorgelegten Strafregisterauszug der Stadtgemeinde Kberg ausging. Die rechtskräftige Verurteilung ergab sich schlussendlich auch aus dem übermittelten rechtskräftigem Urteil des LG Innsbruck, welches mit Eingabe vom 07.12.2021 übermittelt wurde, wobei auch mitgeteilt wurde, dass die Tilgung voraussichtlich mit 13.09.2023 eingetreten werde.

Aufgrund des Vollzugsdatums ist auch ersichtlich, dass hinsichtlich der in Rede stehenden strafgerichtlichen Verurteilung Tilgung nicht eingetreten ist.

Aufgrund des festgestellten Sachverhaltes hat das Verwaltungsgericht im gegenständlichen Beschwerdefall erwogen wie folgt:

Art. 131 Abs 1 B-VG bestimmt, dass soweit sich aus Abs 2 und 3 dieser Bestimmung nicht anderes ergibt, über Beschwerden nach Art. 130 Abs 1 B-VG die Verwaltungsgerichte der Länder entscheiden.

Entsprechend der Bestimmung des Art. 130 Abs 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

§ 17 VwGVG normiert Folgendes:

„Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.“

Die im Verfahrensgegenstand maßgeblichen Rechtsvorschriften der GewO 1994 lauten wie folgt:

§ 13 Abs 1 GewO 1994:

„Natürliche Personen sind von der Ausübung eines Gewerbes ausgeschlossen, wenn sie

1.

von einem Gericht verurteilt worden sind

a)

wegen betrügerischen Vorenthaltens von Sozialversicherungsbeiträgen und Zuschlägen nach dem Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz (§ 153d StGB), organisierter Schwarzarbeit (§ 153e StGB), betrügerischer Krida, Schädigung fremder Gläubiger, Begünstigung eines Gläubigers oder grob fahrlässiger Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen (§§ 156 bis 159 StGB) oder

b)

wegen einer sonstigen strafbaren Handlung zu einer drei Monate übersteigenden Freiheitsstrafe oder zu einer Geldstrafe von mehr als 180 Tagessätzen.“

2.

die Verurteilung nicht getilgt ist.

Von der Ausübung eines Gastgewerbes sind natürliche Personen ausgeschlossen, wenn gegen sie eine nicht getilgte gerichtliche Verurteilung wegen Übertretung der §§ 28 bis 31a des Suchtmittelgesetzes, BGBl. I Nr. 112/1997, in der jeweils geltenden Fassung, vorliegt. Bei Geldstrafen, die nicht in Tagessätzen bemessen sind, ist die Ersatzfreiheitsstrafe maßgebend. Bei Verhängung einer Freiheitsstrafe und einer Geldstrafe sind Freiheitsstrafe und Ersatzfreiheitsstrafe zusammenzuzählen. Dabei ist ein Monat dreißig Tagen gleichzuhalten. Die Bestimmungen dieses Absatzes gelten auch, wenn mit den angeführten Ausschlussgründen vergleichbare Tatbestände im Ausland verwirklicht wurden.“

§ 339 Abs 1 GewO 1994 lautet wie folgt:

„Wer ein Gewerbe ausüben will, hat die Gewerbeanmeldung bei der Bezirksverwaltungsbehörde des Standortes zu erstatten.“

§ 340 Abs 1 und Abs 3 GewO 1994 normieren Nachstehendes:

„(1) Auf Grund der Anmeldung des Gewerbes (§ 339 Abs. 1) hat die Behörde zu prüfen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung des angemeldeten Gewerbes durch den Anmelder in dem betreffenden Standort vorliegen. Liegen die Voraussetzungen für die Ausübung des Gewerbes vor und hat die Anmeldung nicht ein in Abs. 2 genanntes Gewerbe zum Gegenstand, so hat die Behörde den Anmelder längstens binnen drei Monaten in das GISA einzutragen und durch Übermittlung eines Auszugs aus dem GISA von der Eintragung zu verständigen. Ist im Zeitpunkt der Gewerbeanmeldung ein Verfahren über eine erforderliche Nachsicht, eine Anerkennung gemäß § 373c oder eine Gleichhaltung gemäß § 373d oder § 373e anhängig, so hat die Behörde die innerhalb der im zweiten Satz festgelegten dreimonatigen Frist rechtskräftig erteilte Nachsicht, Anerkennung oder Gleichhaltung zu berücksichtigen. Als Tag der Gewerbeanmeldung gilt jener Tag, an welchem alle erforderlichen Nachweise (§ 339 Abs. 3) bei der Behörde eingelangt sind und die allenfalls erforderliche Feststellung der individuellen Befähigung gemäß § 19, eine erforderliche Nachsicht, eine Anerkennung gemäß § 373c oder eine Gleichhaltung gemäß § 373d oder § 373e rechtswirksam erfolgt ist. Als Mangel der gesetzlichen Voraussetzungen gilt auch, wenn der Firmenwortlaut im Hinblick auf den Inhalt des Gewerbes eine erhebliche Irreführung bedeuten würde.

(3) Liegen die im Abs. 1 genannten Voraussetzungen nicht vor, so hat die Behörde - unbeschadet eines Verfahrens nach § 366 Abs. 1 Z 1 - dies mit Bescheid festzustellen und die Ausübung des Gewerbes zu untersagen.“

§ 26 GewO 1994 normiert Nachstehendes:

„(1) Die Behörde hat im Falle des Ausschlusses von der Gewerbeausübung gemäß § 13 Abs. 1 oder 2 die Nachsicht von diesem Ausschluß zu erteilen, wenn nach der Eigenart der strafbaren Handlung und nach der Persönlichkeit des Verurteilten die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes nicht zu befürchten ist.

(2) Die Behörde hat im Falle des Ausschlusses von der Gewerbeausübung gemäß § 13 Abs. 3 oder 4 die Nachsicht von diesem Ausschluß zu erteilen, wenn auf Grund der nunmehrigen wirtschaftlichen Lage des Rechtsträgers erwartet werden kann, daß er den mit der Gewerbeausübung verbundenen Zahlungspflichten nachkommen wird.

(3) Die Behörde hat im Falle des Ausschlusses von der Gewerbeausübung gemäß § 13 Abs. 5 die Nachsicht von diesem Ausschluß zu erteilen, wenn auf Grund der Umstände, die zum Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens geführt haben und nach der Persönlichkeit der natürlichen Person erwartet werden kann, daß sie den mit der Gewerbeausübung verbundenen Zahlungsverpflichtungen nachkommen wird.

(4) Die Nachsicht gemäß Abs. 1, 2 oder 3 ist nicht zu erteilen, wenn andere Ausschlußgründe gemäß § 13 vorliegen als jene, für die die Nachsicht erteilt werden soll.“

Die maßgebenden Regelungen des Tilgungsgesetzes 1972 lauten wie folgt:

§ 1 Abs 1 Tilgungsgesetz:

„Die Tilgung gerichtlicher Verurteilungen tritt, sofern sie nicht ausgeschlossen ist (§ 5), mit Ablauf der Tilgungsfrist kraft Gesetzes ein.

…“

§ 2 Abs 1 Tilgungsgesetz:

„Die Tilgungsfrist beginnt, sobald alle Freiheits- oder Geldstrafen und die mit Freiheitsentzug verbundenen vorbeugenden Maßnahmen vollzogen sind, als vollzogen gelten, nachgesehen worden sind oder nicht mehr vollzogen werden dürfen.

…“

§ 3 Abs 1 Z 2 Tilgungsgesetz:

„Ist jemand nur einmal verurteilt worden, so beträgt die Tilgungsfrist

         2.       fünf Jahre,

wenn er zu einer höchstens einjährigen Freiheitsstrafe oder nur zu einer Geldstrafe oder weder zu einer Freiheitsstrafe noch zu einer Geldstrafe verurteilt worden ist oder wenn er außer im Falle der Z 1 nur wegen Jugendstraftaten verurteilt worden ist;

…“

§ 6 Abs 1, 2, 3 und 4 Tilgungsgesetz:

„(1) Schon vor der Tilgung darf über Verurteilungen aus dem Strafregister bei Vorliegen der in den Abs. 2 und 3 genannten Voraussetzungen lediglich Auskunft erteilt werden

         1.       den Gerichten, Staatsanwaltschaften, Sicherheitsbehörden und Sicherheitsdienststellen zum Zwecke eines gerichtlichen Straf- oder Unterbringungsverfahrens gegen den Verurteilten oder gegen jemand, der verdächtig ist, an derselben strafbaren Handlung beteiligt zu sein,

         1a.      den Finanzstrafbehörden zum Zwecke eines verwaltungsbehördlichen Finanzstrafverfahrens gegen den Verurteilten oder gegen jemand, der verdächtig ist, an derselben strafbaren Handlung beteiligt zu sein,

         1b.      den Gerichten zum Zweck eines gerichtlichen Verfahrens, das dem Wohl von schutzberechtigten Personen dient, hinsichtlich der Parteien, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Personen, die zum gesetzlichen Vertreter bestellt werden sollen, sowie jeweils deren engen familiären Umfelds,

         2.       in einem Gnadenverfahren des Verurteilten, das ein gerichtliches Strafverfahren oder eine Verurteilung durch die Strafgerichte betrifft, den damit befaßten Behörden,

         2a.      den zur Einleitung und Durchführung des Strafvollzuges zuständigen Anstalten zum Zweck der Vorbereitung der Klassifizierung (§§ 134, 161 des Strafvollzugsgesetzes),

         3.       den Behörden nach § 18 Abs. 2 des Waffengesetzes 1996 zum Zwecke der Vollziehung dieser Bestimmung sowie den Sicherheitsbehörden zum Zwecke der Überprüfung der in den waffenrechtlichen und sprengmittelrechtlichen Vorschriften geforderten Verläßlichkeit,

         4.       den Sicherheitsbehörden zum Zwecke der Mitwirkung an der Vollziehung der gewerberechtlichen Bestimmungen über Waffengewerbe, Erzeugung von pyrotechnischen Artikeln sowie von Zündmitteln und sonstigen Sprengmitteln, die nicht dem Schieß- und Sprengmittelgesetz unterliegen, und Handel mit diesen Erzeugnissen, Sprengungsunternehmen, Herstellung von Arzneimitteln und Großhandel mit Arzneimitteln, Pfandleiher, Berufsdetektive, Bewachungsgewerbe und Errichtung von Alarmanlagen,

         5.       den Sicherheitsbehörden zur Durchführung einer Sicherheitsüberprüfung (§ 55 des Sicherheitspolizeigesetzes),

         6.       den mit Aufgaben der nachrichtendienstlichen Abwehr betrauten militärischen Dienststellen zur Durchführung einer Verlässlichkeitsprüfung (§ 23 des Militärbefugnisgesetzes),

         7.       den Passbehörden, den Staatsbürgerschaftsbehörden, den Fremdenpolizeibehörden, dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, dem Asylgerichtshof und den mit der Erteilung, Versagung und Entziehung von Aufenthaltstiteln befassten Behörden zur Durchführung von Verfahren nach dem Passgesetz 1992, dem Staatsbürgerschaftsgesetz 1985, dem Fremdenpolizeigesetz 2005, dem Asylgesetz 2005 und dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz,

         8.       den Kinder- und Jugendhilfeträgern, soweit dies zur Vermeidung oder zur Abwehr einer konkreten von einer bestimmten Person ausgehenden Gefährdung eines bestimmten minderjährigen Kindes erforderlich ist,

         9.       Vereinen und Einrichtungen gemäß § 220b StGB, soweit dies zur Vermeidung oder zur Abwehr einer konkreten von einer bestimmten Person ausgehenden Gefährdung einer bestimmten wehrlosen Person (§ 220b StGB) erforderlich ist.

(2) Die Beschränkung nach Abs. 1 tritt sofort mit Rechtskraft des Urteils ein, wenn

         1.       keine strengere Strafe als eine höchstens dreimonatige Freiheitsstrafe verhängt worden ist,

         2.       die Verurteilung nur wegen Straftaten erfolgt ist, die vor Vollendung des einundzwanzigsten Lebensjahres begangen wurden, und keine strengere Strafe als eine höchstens sechsmonatige Freiheitsstrafe verhängt worden ist, oder

         3.       auf Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs. 1 des Strafgesetzbuches erkannt worden ist.

Bei Geldstrafen ist die Ersatzfreiheitsstrafe maßgebend, bei Verhängung einer Freiheitsstrafe und einer Geldstrafe sind Freiheitsstrafe und Ersatzfreiheitsstrafe zusammenzuzählen. Dabei ist ein Monat dreißig Tagen gleichzuhalten.

(3) Übersteigt in den Fällen des Abs. 2 das Ausmaß der Freiheitsstrafe, der Ersatzfreiheitsstrafe oder deren Summe drei Monate (Z. 1), nicht aber sechs Monate, oder sechs Monate (Z. 2), nicht aber ein Jahr, so tritt die Beschränkung nach Abs. 1 erst ein, wenn seit dem Beginn der Tilgungsfrist, im Fall einer Strafe, die ganz oder zum Teil bedingt nachgesehen oder aus der der Verurteilte bedingt entlassen worden ist, aber seit Rechtskraft der bedingten Nachsicht oder dem Zeitpunkt der bedingten Entlassung drei Jahre verstrichen sind.

(4) Ist über Verurteilungen nur beschränkte Auskunft zu erteilen, so dürfen sie außer für die im Abs. 1 bezeichneten Zwecke in Auskünfte aus dem Strafregister und in Strafregisterbescheinigungen nicht aufgenommen oder darin sonst in irgendeiner Art ersichtlich gemacht werden.“

Fallbezogen ging die belangte Behörde auf Grund der Gewerbeanmeldung des nunmehrigen Beschwerdeführers davon aus, dass dieser auf dem Standort 8605 Kberg, Wstraße, das näher beschriebene „freie Gastgewerbe“ auszuüben beabsichtigte und gelangte die Gewerbebehörde bei ihrer Prüfung, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung dieses angemeldeten Gewerbes am betreffenden Standort vorliegen, vor dem Hintergrund des Vorliegens einer nicht getilgten rechtskräftigen Verurteilungen zu einer Geldstrafe von 240 Tagessätzen, wovon diese in Bezug auf 120 Tagsätze auf eine Probezeit von drei Jahre bedingt erfolgte, hinsichtlich des Gewerbeanmelders inhaltlich zum Ergebnis des Vorliegens eines Gewerbeausschlussgrundes und untersagte die Ausübung des in Rede stehenden, näher beschriebenen Gewerbes.

In seiner Beschwerde geht der Beschwerdeführer von der „Löschung“ der Verurteilung im Strafregister, im Lichte des vorgelegten Strafregisterauszugs der Stadtgemeinde Kberg, aus, zumal auf diesem keine Strafen mehr aufscheinen würden.

Zunächst gilt es festzuhalten, dass es sich bei dem Vorliegen der genannten rechtskräftigen Verurteilung des Beschwerdeführers nicht um eine offenkundige Tatsache handelt, wobei offenkundig nach der höchstgerichtlichen Judikatur solche Tatsachen sind, deren Richtigkeit der allgemeinen Überzeugung entsprechend der Behörde als wahr bekannt sind (vgl. dazu bereits VwGH am 25.09.1978, 1959/77 und VwGH am 20.01.1984, 83/17/0173). Der allgemeinen Überzeugung entsprechend bzw. allgemein bekannt sind Tatsachen, von denen zur Folge der Lebenserfahrung anzunehmen ist, dass sie jedermann kennt oder doch jedermann ohne jede Schwierigkeit und ohne besondere Fachkenntnisse (vgl. zB VwGH am 06.11.1972, 743/72 VwSlg. 8311 A/1972, VwGH am 05.03.1976, 1529/75) bekannt sein könnten (VwGH am 04.10.1985, 82/17/0021).

Im Übrigen hätte eine Partei auch das Recht, dass allfällige Tatsachen, welche von der Behörde als offenkundig behandelt werden, im Rahmen der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme nach § 45 Abs 3 AVG bekanntgegeben zu erhalten, sich dazu zu äußern und Beweisanbote zum Erweis der Unrichtigkeit allfälliger als offenkundig behandelter Tatsachen zu erbringen (vgl. zB VwGH am 30.09.1994, 93/08/0180).

Fallbezogen wurde der Beschwerdeführer wegen einer am 16.08.2016 zuletzt begangenen Tat mit Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 19.02.2017 zu einer Geldstrafe von 240 Tagsätzen, davon die Hälfe bedingt mit einer Probezeit von drei Jahren, verurteilt, wobei dem Beschwerdeführer mit Beschluss dieses Strafgerichtes vom 20.02.2020 dieser Teil der Geldstrafe endgültig nachgesehen wurde.

§ 13 Abs 1 Z 1 lit. b iVm Z 2 GewO 1994 sieht einen Ausschlussgrund für die Gewerbeausübung u.a. dann vor, wenn eine gerichtliche Verurteilung zu einer Geldstrafe von mehr als 180 Tagessätzen vorliegend ist und diese Verurteilung nicht getilgt ist. Gewerberechtlich ist es dabei ohne Belang, ob eine gerichtlich verhängte Strafe, die das in § 13 Abs 1 Z 1 lit. b leg. cit. vorgesehene Strafausmaß überschreitet, bedingt bzw. teilweise bedingt nachgesehen wird (vgl. dazu bereits Grabler/Stolzlechner/Wendl, Gewerbeordnung 3. Aufl. RZ 14 zu § 13 GewO 1994). Ein Gewerbeausschlussgrund nach § 13 Abs 1 GewO 1994 ist somit dann als gegeben zu erachten, wenn eine Person von einem österreichischen ordentlichen Gericht wegen einer derartigen strafbaren Tat rechtskräftig verurteilt wurde und die Verurteilung (noch) nicht getilgt ist. Lediglich ungetilgte derartige gerichtliche Strafen bilden somit einen Gewerbeausschlussgrund. Mit der Gewerberechtsnovelle 2002 wurde die bis dahin geltende Regelung, wonach für den Fall der Beschränkung der Auskunft aus dem Strafregister nach § 6 Tilgungsgesetz 1972 keinen Gewerbeausschlussgrund gegeben war, aus der Bestimmung des § 13 GewO 1994 auch aus Vollzugsvereinfachungserwägungen eliminiert und kommt es nach geltender Rechtslage nicht mehr darauf an, ob bezüglich einer Verurteilung aus dem Strafregister nach § 6 des Tilgungsgesetzes 1972 lediglich beschränkt Auskunft erteilt werden darf. Gewerberechtlich vermag ausschließlich die Tilgung einer relevanten gerichtlichen Strafe einen Gewerbeausschlussgrund nach § 13 Abs 1 Z 1 GewO 1994 hintanzuhalten bzw. zu verhindern. Unbeschadet dieses Umstandes dürfen, wenn über Verurteilungen nur beschränkte Auskunft zu erteilen ist, diese außer für die nach § 6 Abs 1 Tilgungsgesetz bezeichneten Zwecke in Auskünfte aus dem Strafregister und in Strafregisterbescheinigungen nicht aufgenommen oder darin sonst in irgendeiner Art ersichtlich gemacht werden (vgl. § 6 Abs 4 Tilgungsgesetz).

Fallbezogen wurde als Vollzugsdatum der 13.09.2018 strafgerichtlich fixiert und tritt die Tilgung der beschwerdeführerseitig grundsätzlich auch nicht bestrittenen Verurteilung mit Ablauf der Tilgungsfrist kraft Gesetzes ein (vgl. § 1 Abs 1 Tilgungsgesetz 1972). Der Beginn der Tilgungsfrist ist mit dem Zeitpunkt anzusetzen, in dem alle Freiheits- oder Geldstrafen und die mit Freiheitsentzug verbundenen vorbeugenden Maßnahmen vollzogen sind, als vollzogen gelten, nachgesehen worden sind oder nicht mehr vollzogen werden dürfen.

Gemäß § 3 Abs 1 Z 2 TilgungsG beträgt die Tilgungsfrist bei einmaliger Verurteilung einer Person zu einer höchstens einjährigen Freiheitsstrafe oder nur zu einer Geldstrafe oder weder zu einer Freiheitsstrafe noch zu einer Geldstrafe oder außer im Falle § 3 Abs 1 Z 1 leg. cit. wegen Jugendstrafdaten fünf Jahre.

Aufgrund der sich derart darstellenden Sach- und Rechtslage vermag den gegenständlichen Feststellungen im Beschwerdefall folgend, ausgehend vom Vollzug der verhängten Strafe, der Ablauf der gesetzlichen Tilgungsfrist und damit der Eintritt der Tilgung der in Rede stehenden gerichtlichen Verurteilung nicht festgestellt zu werden.

Entgegen dem Beschwerdevorbringen kommt es fallbezogen nicht auf den Inhalt einer Strafregisterbescheinigung, gegenständlich jene von der Stadtgemeinde Kberg am 03.11.2021 ausgestellte an, in welcher eine Verurteilung nicht aufscheint, sondern auf den Umstand der tatsächlichen Verurteilung und der tatsächlichen Tilgung derselben.

Aufgrund dieser rechtlichen Beurteilung ist die Gewerbebehörde in ihrem Bescheid somit zurecht in Bindung an die näher beschriebene unstrittige strafrechtliche Verurteilung des Beschwerdeführers, vor dem Hintergrund der mangelnden Tilgung derselben, im Lichte des Ausmaßes der rechtskräftig verhängten Geldstrafe vom Erfüllen der Tatbestandsvoraussetzungen nach § 13 Abs 1 Z 1 lit. b iVm Z 2 GewO 1994 ausgegangen, weshalb der belangten Behörde aus den dargelegten Gründen nicht entgegengetreten zu werden vermag, wenn sie vor dem Hintergrund des vorliegenden Gewerbeausschlussgrundes nach § 13 Abs 1 GewO 1994 in Bezug auf die in Rede stehende Gewerbeanmeldung feststellte, dass die gesetzlichen Voraussetzungen nach § 340 Abs 1 GewO 1994 nicht vorliegen und im Sinne der Regelung des § 340 Abs 3 leg. cit. die diesbezügliche Ausübung des näher beschriebenen Gewerbes mit dem bekämpften Bescheid untersagte.

Die gegenständliche Beschwerde erwies sich somit als unbegründend und war dieser daher im Ergebnis keine Folge zu geben.

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Gewerbeanmeldung, Ausschlussgrund, strafgerichtliche Verurteilung, Strafe, Tilgung, beschränkte Auskunft, getilgte Strafe, Strafregisterauszug, Untersagung der Gewerbeausübung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGST:2021:LVwG.41.25.3250.2021

Zuletzt aktualisiert am

15.03.2022
Quelle: Landesverwaltungsgericht Steiermark LVwg Steiermark, http://www.lvwg-stmk.gv.at
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